Meteliai

An die Staatsanwaltschaft der Litauischen SSR.

Durchschriften an: S. E. Bischof der Erzdiözese Kaunas und Diözese Vilkaviškis.

An den Bevollmächtigten des Rates für religiöse Angelegenheiten

— von Ignas Klimavičius, Sohn des Kazys, wohnhaft im Rayon Lazdijai,

Dorf Buckūnai.

Mitteilung

Im vergangenen Jahr hatte ich auf dem Platz vor dem Treppeneingang zu meinem Haus ein hölzernes Kreuz aufgestellt. In Litauen ist es schon eine Tradition: die Katholiken verehren das Kreuz; sie stellen es auf den

Feldern und neben den Häusern auf; sie hängen es an die Wände in der Wohnung oder sie tragen es als Schmuck um den Hals. Ich war fest davon überzeugt, daß man vom Staat keine Genehmigung einholen muß, wenn man ein kleines Kreuz als Schmuck um den Hals trägt oder an der Wand im Hause hängen hat oder es auf eigenem Boden aufstellt. Doch das Exekutivkomitee des Rayons Lazdijai einigte sich, daß dieses Kreuz von dem Treppeneingang zu meinem Wohnhaus entfernt werden müsse. Als Katholik kann ich ein Kreuz nur verehren und nicht verhöhnen, deshalb ließ ich dieses Kreuz an seinem Platz. Eine Verordnung, das Kreuz zu entfernen, halte ich als Katholik für ein Verbrechen. Das wäre etwa so, als wenn ein Kommunist eine Büste oder ein Porträt Lenins zerstören müßte.

Am 25. Juli 1975 kam ein Bevollmächtigter der Miliz des Ortes Seirijai, Alberov, der Sekretär des Ortes Žagarė und der Leiter des Fischereibetriebes Meteliai für die Ortschaft Buckünai, A. Gereltauskas, zu einem Zeitpunkt, da ich mich auf meiner Arbeitsstelle befand, und begutachteten etwa eine halbe Stunde lang alles vor meinem Haus. Danach fuhren sie wieder davon. Eine Stunde danach fuhr ein Feuerwehrauto des Ortes Lazdijai mit der Nr. LIS 29-46 vor. Es war mit zwei angetrunkenen Personen besetzt (dies berichteten später Augenzeugen): der Kommandant der Feuerwehr von Laz­dijai, Vincas Janusauskas, und ein Mitarbeiter des Exekutivkomitees von Lazdijai, Markevičius. Diese Männer erschreckten meine Frau und die Kin­der, stürzten auf die Blumenbeete im Garten und auf das Kreuz; dann ent­fernten sie sich schnell.

Noch am gleichen Tag wandte ich mich an die Milizbehörde des Kreises Laz­dijai und bat um Untersuchung, wer auf meinem Grund und Boden das Kreuz abgerissen hatte, und ob diese Personen tatsächlich in angetrunkenem Zustand waren, wie die Zeugen ausgesagt hatten. Am nächsten Tag hätte man dies ja nicht feststellen können, deshalb verlangte ich die Untersuchung noch am gleichen Tag.

In der Milizbehörde wurde ich Zeuge eines Gespräches der Funktionäre: „So ein alter Kerl, kommt hierher und stellt einen Antrag; einsperren sollte man ihn, dann wüßte er, was er zu schreiben hätte!"

Der Stellvertreter des Vorsitzenden des Exekutivkomitees, Jurkevičius, er­öffnete mir, daß die sowjetischen Behörden noch nie eine Genehmigung erteilt haben und nicht erteilen werden, irgendwo Kreuze zu erstellen. Außerdem müßte ich für die Zerstörung des Kreuzes 50 Rubel an die Trunkenbolde zah­len. Hierzu erklärte ich: „Gibt es denn auf dieser Welt noch solch eine Regie­rung, die ihre Bürger zwingt, für Schäden aufzukommen, die einem selbst von Betrunkenen zugefügt wurden!" Man will mich zwingen, diesen Betrag zu zahlen, was ich nicht tun werde, auch wenn man mir hierfür meine Jacke auszieht oder meine Kuh beschlagnahmt o. ä. Ich bitte die Staatsanwalt­schaft, diesen Tatbestand zu untersuchen und dementsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Ebenso bitte ich um folgende Erklärungen:

1.    Ist es richtig, daß die sowjetischen Behörden verbieten, vor dem Haus oder auf eigenem Grund und Boden, vor dem Treppeneingang ein Kreuz zu erstellen? Wenn man das verbietet, mit welcher Begründung ist es dann nicht gestattet? Und wenn man es erlaubt, wer könnte die Geneh­migung erteilen?

2.    Wer erteilte dem Vollzugskomitee das Recht, zwei betrunkene Männer in mein Haus zu beordern und ohne mein Wissen das Kreuz zu zerstören, das nicht auf den Feldern, sondern auf meinem eigenen Boden neben den Eingangsstufen zur Wohnung erstellt war. Kann man die Katholiken so behandeln, wie man gerade Lust hat? Werden ihre Rechte durch Gesetze nicht geschützt?

Buckünai, 30. Juli 1975                                                   Ig. Klimavičius

 

Die Staatsanwaltschaft der Litauischen SSR gab diese Mitteilung von Ig. Kli­mavicius zur Überprüfung an den Staatsanwalt des Rayons Lazdijai und ordnete an, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Der Bevollmächtigte der Milizbehörde vom Ort Seirijai, Alberov, kam nach Buckūnai und befragte Augenzeugen, die zugesehen hatten, wie das Kreuz umgestürzt wurde. Die Augenzeugen waren: Teofilė Abromaitienė, Marė Jusevičienė und Ona Buškevičienė. Im Protokoll erwähnte man dann aber bewußt nicht die Trunkenheit der beiden Männer, die das Kreuz umgestürzt hatten. Die oben­genannten Zeugen hatten darüber eine Mitteilung an den Staatsanwalt von Lazdijai geschrieben und gaben diese Mitteilung Ig. Klimavičius, damit er sie an die Staatsanwaltschaft weiterleite. Diese schriftliche Aussage wurde nicht angenommen.

Der Staatsanwalt von Lazdijai, Pigėnas, schickte am 12. August 1975 an den Geschädigten Klimavicius folgendes Antwortschreiben:

Ihre Angelegenheit bezüglich des abgerissenen Kreuzes ist aufgeklärt worden. Nach Uberprüfung des vorhandenen Materials im Vollzugskomitee von Lazdijai und der Zeugenaussagen bei der Untersuchung ergab sich folgende Feststellung: Im Frühjahr 1974 haben Sie ohne Genehmigung des Kreis-architekten auf Ihrem eigenen Grundstück im Hof ein Kreuz aufgestellt. So­mit haben Sie den Beschluß des Ministerrats der Litauischen SSR vom 12. April 1974 über die individuellen Bauvorschriften, Punkt 3, verletzt. Laut Strafgesetzbuch § 114 der Litauischen SSR müssen die Bauten, die keine dementsprechende Genehmigung haben, durch den Beschluß des Exekutiv­komitees abgerissen werden, entweder auf Kosten des Eigentümers oder durch den Eigentümer selbst. Am 1. Juli 1975 wurde ein Protokoll vom Rayonsarchitekten aufgenommen über den eigenwilligen Bau des Kreuzes.

Noch am gleichen Tag erörterte das Exekutivkomitee diesen Bericht und beschloß, das ohne Genehmigung erstellte Kreuz müsse abgerissen werden. Da nun Sie (als Eigentümer) dies nicht befolgten, setzte man hierfür Männer der Freiwilligen Feuerwehr ein, die das Kreuz dann auch entfernten. Die Kosten, die dadurch entstanden, sind noch nicht berechnet worden. Beweise dafür, daß das Kreuz von betrunkenen Männern abgerissen wurde, hat man nicht. Der Beschluß des Rayonskomitees ist damit gerechtfertigt und ebenso die Taten der Personen, die den Auftrag ausführten.

Genehmigungen für irgendwelche Anbauten im Hof oder Erstellungen erteilt der Oberarchitekt des Rayons.

Pigėnas, Staatsanwalt von Lazdijai

Kučiūnai

Etwa um das Jahr 1901 unternahm Bischof Baranauskas eine Reise von Veisiejai nach Seinai. An der Wegkreuzung im Dorf Briniai wurde er von Gläubigen der drei Dörfer Pazapsiai, Briniai und Kalėdiškiai begrüßt. Der Bischof hielt eine kurze Ansprache in Litauisch, segnete die Anwesenden und äußerte einen Wunsch, daß anläßlich dieses Zusammentreffens an diesem Ort der Wegkreuzung ein Kreuz erstellt werden sollte. Jedes Dorf entsprach seinem Wunsch, und es wurden drei Kreuze erstellt.

Vor einiger Zeit hat der Kolchos neben diesen drei Kreuzen einen Tank mit Brennstoffen aufgestellt. Im Jahre 1975 haben die Gläubigen hier anstelle der drei vermoderten Kreuze ein neues Kreuz aus Holz aufgestellt. Nach Ostern hat der Ortsvorsitzende von Kučiūnai, Kočiūnas, zusammen mit dem Architekten von Lazdijai Leute befragt, warum sie an solch einem unschönen Ort ein Kreuz erstellt haben. Für das Kreuz hätte man einen schö­neren Platz bestimmen sollen, z. B. bei einer Siedlung. Mitte Juni riß man dann dieses Kreuz mit einem Bagger aus und zertrümmerte es. Die Über­reste versteckte man unter dem Tank.

Simnas

Am 6. August 1975 stellten die Gläubigen auf dem Kirchhofsplatz von Sim­nas eine Muttergottes-Statue auf. Die hiesigen Atheisten bemerkten dieses „Vergehen" und berichteten darüber den Behörden des Rayons Alytus. Der Rayonsoberarchitekt erschien am 7. August 1975 und schrieb ein Protokoll folgenden Inhalts:

„Ich, als staatlicher Bauingenieur — Inspektor A. S. Balsys, ferner als An­wesende der Vorsitzende des Exekutivkomitees der Stadt Simnas, S. Slen­fuktis, und der Sekretär des Exekutivkomitees von Simnas, D. Zurnandzian haben überprüft und festgestellt: das Kirchenkomitee von Simnas, Vorsit­zender Br. Mardosas, hat auf dem Kirchhofsplatz von Simnas eigenwillig eine Statue erstellt. Die Lage während der Uberprüfung ergab: Auf dem Kirchhofsplatz ist eine Statue auf einem Betonfundament erstellt worden; Malerarbeiten sind vorgenommen worden, vollständig aufgeräumt, rund um die Statue, verschönert mit grünen Pflanzen. Beginn der Herstellung, 5. August 1975, keine Baugenehmigung.

Es wird verlangt:

Das Kirchenkomitee von Simnas hat den eigenwillig erstellten Bau bis zum 8. August 1975 zu entfernen und alles so herzustellen, wie es ge­wesen ist.

A. Balsys S. Šlenfuktas D. Zurnandzian

Pfarrer J. Matulevičius von der Pfarrei Simnas erklärte, daß die Sta­tue ohne Genehmigung aufgestellt sei, weil die zuständigen Behörden doch keine Genehmigung erteilen. Am nächsten Tag mußten sich der Vorsitzende des Kirchenkomitees von Simnas, Mardosa, und der Gemeindepfarrer, J. Matulevičius, beim Exekutivkomitee der Stadt Alytus melden. In die Kreis­stadt waren der Bevollmächtigte des Rates für religiöse Angelegenheiten, K. Tumėnas, und der Stellvertreter des Leiters der staatlichen Behörde für Museen und Denkmalschutz, E. Misiulis, angereist. Auch von ihnen wurde der Vorwurf erhoben, warum sie ohne Genehmigung eines Architekten die Statue aufgestellt hätten. Lächerlich so etwas, als ob diese Funktionäre bevoll­mächtigt wären, Genehmigungen dafür zu erteilen. Lange Zeit versuchten die Funktionäre aus Vilnius, den Vorsitzenden des Kirchenkomitees zu überzeu­gen, daß diese Handlungsweise ein Vergehen sei und daß man die Statue ent­fernen müsse. Am Nachmittag fuhren dann die Funktionäre nach Simnas, um die dort erstellte Statue zu besichtigen. Nach Ansicht von Tumėnas sei die Sta­tue zu sehr ins Licht gerückt; man hätte sie an der Ecke hinter der Kirchentür oder auf dem Friedhof aufstellen sollen. Die Gläubigen von Simnas waren tief bestürzt über diese ärgerniserregenden Handlungen der Funktionäre aus Vilnius. Nachts hielten die Gläubigen Wache, damit die Statue nicht von etwaigen angeheuerten Rowdys abgerissen werde. Sehr viele Gläubige waren dann anwesend, als am 17. August die Marienstatue eingeweiht wurde. Das Exekutivkomitee der Stadt Simnas erhielt eine Rüge, daß man die Errich­tung dieser Statue nicht zu verhindern vermochte.

Šaukėnai

Pfarrer T. Švambarys in der Gemeinde Šaukėnai errichtete am 8. Mai 1973 auf dem Vorplatz seines Wohnhauses ein Kreuz. Von nun an verbreitete sich eine gewisse Unruhe unter den Parteifunktionären des Ortes Šaukėnai und des Rayons Keime. Der Sekretär der Parteiorganisation des staatlichen Land­wirtschaftsbetriebes, Daraška, erklärte: „Ich bin nicht mehr Daraška, wenn ich dieses Kreuz nicht ausreiße."

Der stellvertretende Vorsitzende des Exekutivkomitees in der Rayonsstadt Keime berief Pfarrer T. Švambarys zu sich und fragte ihn: „Haben Sie ein Kreuz aufgestellt? Haben Sie eine Genehmigung dafür?" Pfarrer T. Švam­barys erwiderte ihm: „Hat der staatliche Landwirtschaftsbetrieb die Geneh­migung, neben einer Werkstatt Reifen in den Erdboden halb einzugraben? Hat die Forstwirtschaft das Recht, geschälte Bäume in die Erde einzugra­ben?" Als der Pfarrer sich weigerte, sein Kreuz vor seinem Haus zu entfer­nen, drohte ihm der Funktionär Grabauskas mit einer Anklage bei den Be­hörden in Vilnius und beim Bischof von Telšiai, weil der Pfarrer ihn als Stellvertreter des Vorsitzenden nicht beachte. Einige Tage später verlangten der Vorsitzende des Ortes Šaukėnai, Jankus, und der Sekretär des Ko" Dann sah er sich das Kreuz an, und als er merkte, daß der Pfarrer das Kreuz nicht entfernen werde, bat er ihn, das Kreuz weiter von der Straße weg aufzu­stellen.

 

Zarasai

Vor neun Jahren sprengte man in der Stadt Zarasai in der Nacht eine Ma­rienkapelle. Sie befand sich in der M.-Melninkaitės-Straße. Die Gläubigen verehrten und liebten diese Kapelle und kamen oft hierher, um zu beten.

GESUCHE

Alytus

An die Redaktion der Zeitung der Komunistinis rytojus (Kommunistischer Morgen) der Stadt Alytus.

Durchschriften an: die Bischöfe des Erzbistums Kaunas und des Bistums Vilkaviškis, S.E. L. Povilonis und S.E. Dr. J. Labuskas.

Die Rayonszeitung von Alytus brachte am 26. Juli 1975 von S. Noreika einen Artikel mit dem Titel Ateistinio darbo problemos (Atheistische Arbeits­probleme) heraus. Hier hat der Verfasser die gläubigen Frauen der Kirchen­gemeinde in Simnas als „Klatschweiber mit langen Zungen" bezeichnet. „Grausame Kirchendiener" nannte er die Priester. Es wäre doch sicher besser, wenn die Zeitung der Kommunistischen Partei eine anständigere Formulie­rung anwenden würde für Menschen, die andere ideologische Ansichten haben. Besonders jetzt, wo die sowjetischen Machthaber für die freie ideologische Einstellung eines jeden ihre Unterschrift in Helsinki gaben. S. Noreika schreibt weiterhin, daß im Ort Buktininkai die Termine im Arbeitsbereich wegen der religiösen Feiertage nicht eingehalten werden und deshalb Ver­luste entstehen. Doch es ist allen Bürgern bekannt, daß diese Arbeitsausfälle nicht wegen der religiösen Feiertage entstehen, sondern wegen Trunkenheit und Unehrlichkeit der "Werktätigen. Als in Litauen die religiösen Feiertage noch mit Ehrfurcht gefeiert wurden, gab es keine Anlässe zur Trunkenheit und Unehrlichkeit. Diese beiden Laster kamen erst dann zustande, als die Atheisten die Menschen von Gott trennten. S. Noreika schreibt, „daß die kirchlichen Diener von Simnas sich nicht schämen, ihre lästigen Dienste im­mer wieder anzubieten". In der Kirchengemeinde von Simnas arbeite ich schon seit sechs Jahren, und während dieser Zeit habe weder ich noch der Pfarrer eine Ehe der Atheisten getraut, noch ihre Toten beerdigt, noch ihre Kinder getauft. Die katholischen Priester dienen nur in religiösen Angelegen­heiten und nur für gläubige Menschen. S. Noreika soll doch einen Fall nen­nen, wo und wann wir Priester unsere Dienste den Atheisten aufzwingen wollten. Ihre lästigen Dienste bieten nur die litauischen Atheisten an. Sie wollen erreichen, daß die Katholiken sich gegen ihr eigenes Gewissen auf­lehnen, nur standesamtlich heiraten und beerdigen lassen. Die Kommu­nisten werden hart getadelt, wenn sie ihre gläubigen Eltern kirchlich be­erdigen lassen. In der ZeitschriftLaikas ir ivykiai (Zeit und Geschehen) Nr. 6/1975 wurde der Gemeindevorsitzende von Kratiškiai, E. Miškinas, getadelt, weil er seine gläubige Mutter kirchlich beerdigen ließ. In der glei­chen Nummer wird noch vorgeschlagen, daß angestrebt werden solle, Fa­milienmitglieder zu überzeugen, daß das Christentum absurd sei. Sollte dies nicht möglich sein, müßte man von Beerdigungen und Taufen fernbleiben. Ein anderer Artikel, Ateistinio darbo problemos (Atheistisches Arbeitspro­blem), berichtet, daß einige Mitglieder von der Komsomol-Organisation des staatlichen Landwirtschaftsbetriebes in Simnas ihren religiösen Pflichten nachkämen. Sie feierten Weihnachten und Ostern. Hier müsse gefordert wer­den, daß sie ehrlich die Gesetze der kommunistischen Jugend befolgen. Klü­ger wäre es, wenn die kommunistischen Jugendorganisationen nur Atheisten in ihre Reihen aufnehmen würden. Jetzt aber will man nicht nur in Simnas, sondern auch in ganz Litauen in die Reihen der kommunistischen Jugend­organisationen alle gläubigen Jugendlichen hereinziehen, später wird ihnen

dann befohlen, die kommunistischen Gesetze gewissenhaft zu erfüllen, d. h., sich gegen ihr eigenes Gewissen aufzulehnen. In diesem Sinn wird die Jugend zur Untreue gezwungen, dadurch wird ihre Moral untergraben. S. Noreika freut sich, daß die atheistische Arbeit unter den Schülern „gedeiht". In der Mittelschule Simnas gibt es ebenso wie in anderen Schulen Litauens ein Ziel: gläubige Schüler in kommunistische Gewalt zu bringen. Die sowjetische Presse hat schon oft geklagt, daß vor dem Krieg die ungläubigen Schüler zum Reli­gionsunterricht herangezogen wurden. Wenn dies als Fehler angesehen wird, ist es dann richtig, daß in unserer Zeit Schüler entgegen ihrer Einstellung ge­zwungen werden, nicht nur Atheisten zu werden, sondern auch gegen ihr Gewissen zu handeln? In der Mittelschule von Simnas erteilt der Lehrer Meskelevičius allen Schülern schlechte Noten, die sich weigern, ein Thema über Atheismus zu schreiben. Wie vereinbart sich das mit der Anerkennung des Rechtes der gläubigen Schüler und ihrer Eltern? Kann man ein solches Vorgehen als Erziehung bezeichnen und sich darüber noch freuen?

Simnas, 7. August 1975                                       Pfarrer S. Tamkevičius

 

Šiupyliai

An den Bevollmächtigten des Rates für religiöse Angelegenheiten Denkschrift

Priester A. Ylius, Pfarrer in Šiupylai.

Im Jahre 1946, Ende Juli oder Anfang August, wurde ich nach Strafgesetz der UdSSR § 58 Abs. 1A, 10 wegen der Bemühungen für die freie, unabhän­gige und demokratische Republik Litauen verurteilt. Die Verhöre zogen sich über zehn Monate hin. In den Berichten des Verhörs sind, soweit ich mich er­innern kann, weder brutale oder terroristische noch kriminelle Taten ver­merkt. Waffenbesitz wurde ebenfalls nicht vermerkt. Bei meiner Verhaftung wurden weder Waffen noch Munition gefunden. Jetzt möchte ich die Frage stellen: Wer bevollmächtigte den Kandidaten der historischen Wissenschaft, St. Laurinaitis, mich öffentlich zu verleumden, indem er mich in der Zeit­schrift Komjaunimo Tiesa (Komsomolische Wahrheit) vom 2. April 1975 der Brutalität und anderer Vergehen beschuldigte? Als man mir am 30. Januar 1961 die Berechtigung, als Diener des Kultes zu wirken, nahm, fuhr ich zum Bevollmächtigten des Rates für religiöse Angelegenheiten, Rugienis, um zu erfahren, warum mit mir in dieser Weise verfahren wurde. „Du bist brutal", sagte Rugienis. „Ich bitte um Beweise, wo ich mich brutal verhalten haben soll, als ich von 1956 bis 1961 in der Pfarrei Lesčiai gewirkt habe?" Anstatt der Beweise entnahm Rugienis seinem Schreibtisch die Zeitschrift Tiesos kelias (Gerechter Weg) und zeigte mir den von mir schon im Jahre 1939 ge­schriebenen Nekrolog über Pfarrer Stromberg aus der Pfarrei Saločinai und gab ihn mir zu lesen.

„Lesen Sie bitte, wann dieser Artikel geschrieben wurde", schlug ich dem Bevollmächtigten vor. Es war 1939, und weil ich in dem Jahre diesen Artikel geschrieben habe, bin ich eines brutalen Vergehens beschuldigt. Ich habe also gegen die sowjetische Regierung einen Artikel geschrieben, als sie noch nicht in Litauen existierte. Dies ist mein brutalstes Vergehen von Lesčiai, weil ich dort die Kirche renoviert und restauriert und das religiöse Leben in der Ge­meinde erneuert habe. Was für ein Kandidat der historischen Wissenschaft ist denn St. Laurinaitis, wenn er nicht einmal die Geschichte kennt und sie sogar verfälscht? Außerdem ist allen bekannt: Der Priester Lelešius war doch nie ein Mönch in der Kongregation der Marianer. Was die Vernichtung der Klö­ster in Litauen betrifft, so sollte St. Laurinaitis sich nicht nur auf die Be­hauptungen von J. Aničas stützen, sondern objektive Quellen suchen. Ich selber erinnere mich gut, daß 1940 auf Befehl vom Kreisratsvorsitzenden Maurukas das Kloster von Marijampolė durchwühlt wurde. Tiesa apie vie-nuolynus (Die Wahrheit über die Klöster) in der ZeitungKomjaunimo Tiesa vom 2. April 1975 ist eine reine Geschichtsverfälschung zum Zwecke anti­religiöser Propaganda. Die Atheisten sollten sich schämen, sich solch falscher Fakten zu bedienen. Wie vereinbart sich dies mit irgendeiner Moral? Die Ge­schichte vergißt solche Verfälschungen nicht.

Šiupyliai                                              A. Ylius, MIC, Pfarrer in Šiušyliai

Anmerkung der Redaktion: Dieses Gesuch ist gekürzt wiedergegeben.