Rayon Lazdijai

Kampf der Bevölkerung für die Instandsetzung der Kirche

Die kleine Pfarrgemeinde Kučiūnai befindet sich an der Grenze zu Polen. Noch vor dem Ersten Weltkrieg wurdehier eine kleine provisorische Holzkirche er­richtet. 1939 begannen die Gläubigen der Gemeinde Kučiūnai mitdem Bau einer Steinkirche. Der Zweite Weltkrieg verhinderte die Fertigstellung. Unvoll­endet blieben das Dachund die Innenausstattung.

1951 entsandte die Rayonverwaltung Arbeiter, um die Kirchenmauer abzureißen. Doch die Gläubigen verjagtensie mit Stöcken. Darauf wurden Soldaten eingesetzt, aber auch sie mußten dem Widerstand der Bevölkerungweichen. In den Jahren 1957 - 1959 suchte der Pfarrgemeinderat sogar drei mal bei ver­schiedenen Stellen derRepublik um die Erlaubnis nach, die Kirche instandsetzen zu dürfen. 1959 besichtigte eine Kommission unterFührung von Frl. Dzirzins-kaitė die alte Holzkirche und gab folgenden Bescheid: „Setzt die alte Kirche wiederinstand".

Im Mai 1970 schickten 800 Gläubige der Gemeinde Kučiūnai eine Eingabe an den Ministerrat der LitauischenSSR mit der Bitte, die steinerne Kirche vollenden zu dürfen. Darauf antwortete Rugienis: „Es hat keinen Sinn inKučiūnai eine neue Kirche zu bauen. Setzt doch die alte Kirche wieder instand". Im Dezember 1971 wurdeerneut eine Eingabe an den Generalsekretär des ZK der KPdSU, L. Brežnev, gesandt. Sie wurde von 700 Gläubigen und 6 Deputier­ten unterschrieben. In derEingabe hieß es: „Wir, die Gläubigen der Pfarrgemeinde Kučiūnai, wollen die nicht fertiggebaute Kirche, dieneben der al­ten für Gottesdienste ungeeigneten hölzernen Kirche steht, vollenden. Die alte Kirche wurdebehelfsmäßig ohne Fundamente aufgebaut. Jetzt beginnen die Wände zu verfaulen. Außerdem wurde die Kirchewährend des Krieges beschä­digt, so daß die Wände einen halben Meter schiefstehen, deshalb kann man sie nichtmehr instandsetzen. Die steinerne Kirche mit ihren fünf Meter hohen Wänden, könnten wir unter Verwendungdes Daches, der Decke und des Holz­fußbodens der alten Kirche leicht wiederaufbauen".

Im Januar 1972 lud Rugienis den Pfarrer und spräter auch den Kirchengemeinde -rat zu sich und bat diese, aufdie Leute beruhigend einzuwirken. Später wurde der Pfarrer auch von dem Leiter des SicherheitsdienstesLazdijai vorgeladen. Er wurde beschuldigt, die Gläubigen aufgewiegelt zu haben. Der Leiter des Sicher­heitsdienstes sagte:

„Heutzutage wird niemand die Erlaubnis erteilen, eine steinerne Kirche zu bauen. Versucht jemand, Eingaben zuverfassen oder Unterschriften zu sam­meln, so kommt er hinter Gitter, denn dazu haben wir die Macht... DieMauer der Kirche werden wir in die Luft jagen, anderntags bleiben nur Trümmer zu­rück. Die Feuerwehr wird dieHolzkirche schließen, und die Pfarrei wird auf­gelöst".

Die Leute warteten ungeduldig auf die Rückkehr des Pfarrers. Sie waren sehr enttäuscht, als sie die Rede desLeiters des Sicherheitsdienstes zu hören bekamen.

Die Funktionäre des Exekutivkomitees des Rayons Lazdijai luden die Gemeindemitglieder des Ortes, K. Požėlazu einer Vollversammlung ein und versuchten sie zu überreden, die Mauern der unvollendeten Kirche demKolchos für den Bau eines Clubhauses zu überlassen. Bei der Abstimmung bekundeten die Gläubigen einheitlichihren Willen: die Kirche wird nicht übergeben. Im März kamen Vertreter des Exekutiv- und Parteikomitees desRayons Lazdi­jai in die Gemeinde Kučiūnai. Sie versuchten den Pfarrer und den Kirchen-gemeinderat zuüberreden, die Kirchenmauer dem Kolchos abzutreten: „Hier soll ein Restaurant entstehen, oder die Leute sollendie Mauer abreißen und die Ziegel für den Bau von Kaminen benutzen".

Nach diesem Besuch der Funktionäre entstand in der Pfarrgemeinde eine große Unruhe. Die Leute sprachen:„Die Regierung verspottet uns, indem sie uns den Aufbau der Kirche untersagt. Säufer werden dieKirchenmauern beschmutzen!" Im Mai wandte sich der Kirchengemeinderat an den Generalsekretär des ZK der KPdSU. In dem Schreiben wird ausgeführt, daß der Vorschlag der Funktionäre aus Lazdijai, die intakteKirchenmauer abzureißen und die bereits verfaulte Kirche zu renovieren, lächerlich sei. Der Vorschlag, dieMauer für den Bau eines Restaurants abzutreten, errege Anstoß.