Nach dem Tode von Bischof Juozas Matulaitis-Labukas wurde Bischof Liudas Povilonis der apostolische Administrator der Erzdiözese Kaunas und der Diözese Vilkaviškis. Viele Priester und Gläubige, die die mutigen Worte in der Predigt von Bischof Povilonis vernommen hatten, hegten die Hoffnung, daß mit dem neuen Oberhaupt der Erzdiözese Kaunas ein neues Blatt in der Geschichte der litaui­schen katholischen Kirche aufgeschlagen würde und daß die laue Politik der Bi­schöfe ein Ende hätte. Das aber ist es auch, was die Sowjetregierung fürchtete. Sie sucht daher auch nur noch solche Bischöfe aus, die ihre Anweisungen ohne große Gegenwehr ausführen.

Schon gleich zu Beginn erpreßten einige Regierungsstellen Bischof Povilonis in hohem Ausmaß. Wahrscheinlich drohten sie, ihm die Position des Oberhirten zu nehmen, denn schon innerhalb weniger Monate traf er viele recht schmerzliche Entscheidungen. Priester wurden befördert oder der Versuch gemacht, sie zu be­fördern, unter denen offensichtlich KGB-Kollaborateure waren und solche, die sich in den Augen der Gemeinden bloßgestellt hatten und wenig priesterlichen Geist aufwiesen, dafür aber wenig Interesse zeigten, den Kampf der Kirche um ih­re Rechte zu führen.

Diese Ernennungen zerstörten bereits alle Illusionen der Priester. Das alles könnte in einer Kapitulation gegenüber dem KGB und dem Bevollmächtigten des Rates für Religionsfragen gipfeln. Die Chronik wagt nicht zu verdammen, denn sie kennt die Umstände, unter denen die litauischen Bischöfe ihre Diözesen verwalten müssen, aber sie ist sich einig mit dem Klerus und der bekennenden Gemeinde, daß Litauen keinen Valančius noch Matulionis mehr hat, obgleich es ihrer so nö­tig bedarf. Besonders, da die Voraussetzungen, der Kirche ein geringes Minimum an Rechten zuzugestehen, bisher so gering waren.

Die Hoffnung wurde durch Furcht ersetzt, daß auch jetzt litauische Bischöfe die Politik von Angst und Konzessionen fortsetzen, die Can. J. Stankevičius und Bi­schof Labukas begonnen haben. Gebe Gott, daß dies nicht geschehen soll!

Anmerkung: Die Chronik der Litauischen Katholischen Kirche berichtet nur sehr widerwillig über die peinlichen Vorfälle aus dem Leben der litauischen katholi­schen Kirche, aber sie betrachtet dies als eine notwendige schmerzhafte Opera­tion. Man sagte, die Chronik unterminiere die Autorität des Klerus und schade so der Kirche. Die Chronik betrachtet solche Einwände aber als kurzsichtig, weil sie immer das Schicksal der russisch-orthodoxen Kirche vor Augen hat. Als der russisch-orthodoxe Klerus begann, mit der Sowjetregierung zusammenzuarbeiten, verlor er an Autorität und Einfluß auf die Gläubigen. Müssen wir wirklich so lan­ge warten, bis das auch in Litauen passiert? Muß die katholische Kirche in Litau­en Handlanger der Sowjetregierung werden?