Linkmenys (Rayon Ignalina)

Am Allerheiligentag 1984 ging der Pfarrer von Linkmenys, Priester Jonas Lauriūnas, nach dem Gottesdienst in der Kirche, wie es im liturgischen Ze­remonienbuch vorgesehen ist, mit den Gläubigen zum Friedhof, der etwa 200 Meter vom Kirchhof entfernt ist, um dort gemeinsam zu beten. Bald darauf wurde der Pfarrer in das Rayonexekutivkomitee nach Ignalina vor­geladen. Die Stellvertreterin des Vorsitzenden Stankevičiene ermahnte den Pfarrer, daß er damit die öffentliche Ordnung verletzt und gegen das Gesetz verstoßen habe. »Aber die Atheisten gehen doch auch zum Friedhof, um ihre Verstorbenen zu ehren!«, verteidigte sich der Pfarrer. »Das ist eine Diskriminierung der Gläubigen!« — »Was für eine Diskriminierung soll das sein? Ihr könnt doch auch einzeln beten«, erwiderte Stankevičienė.

Šiauliai

Der Vikar der St. Georg-Kirche von Šiauliai, Priester Vytautas Brilius, wurde am 22. November 1984 in das KBG der Stadt Šiauliai zu dem Sicherheits­beamten Edmundas Jekas vorgeladen. Den Sicherheitsbeamten interessierte, auf welche Weise eine früher stattgefundene Unterhaltung zwischen ihm und Priester V. Brilius in die »Chronik« gelangen konnte. Der Tschekist bemühte sich zu beweisen, daß die »Chronik« eine verleumderische Untergrundver­öffentlichung sei. Auf die vom Priester V. Brilius vorgelegten Tatsachen über die Diskriminierung der Schüler, gab der Sicherheitsbeamte zur Ant­wort: »Man braucht sich auch nicht zu wundern, daß die Gläubigen manch­mal darunter leiden müssen, sie machen ja in der Schule nur die Minderheit  aus...«

Der Tschekist E. Jekas versuchte mit Drohungen auf einen kompromittieren­den Artikel in der Zeitung der Republik, aber auch durch das Versprechen einer besseren Pfarrei, den Priester V. Brilius zur Mitarbeit mit dem KGB zu überreden.

Šakiai

Am 25. Dezember 1984 wurden in der Kirche von Šakiai Unterschriften für die Freilassung der verhafteten Priester Sigitas Tamkevičius, Priester Alfonsas Svarinskas, Priester Jonas-Kąstytis Matulionis und des Jugendlichen Romas Žemaitis gesammelt.

Nach einigen Tagen wurde der Vikar der Kirche von Šakiai, Priester Juozapas Gražulis in das Rayonexekutivkomitee vorgeladen. Die Stellvertreterin des Vorsitzenden, Eugenija Kasparevičienė, machte ihm Vorwürfe, daß er die Leute aufgefordert hätte, die Texte der Erklärungen zu unterschreiben.

Am 16. Januar 1985 wurde der Dekan, Priester Juozas Žemaitis und drei Mitglieder des Kirchenkomitees der Pfarrei, Jeronimas Martinaitis, Juozapas Martinaitis und Juozapas Rakickas in das Rayonexekutivkomitee vorgeladen. In Anwesenheit des Vorsitzenden des Rayonexekutivkomitees, Augonis, las die Stellvertreterin des Vorsitzenden, E. Kasparevičienė, eine Mahnung des Bevollmächtigten des RfR, Petras Anilionis vor, in der der Pfarrer der Pfarrei, Priester J. Žemaitis und das Kirchenkomitee streng verwarnt werden, weil sie erlaubt hatten, in der Kirche Unterschriften zu sammeln.

Vidukle

Schon drei schriftliche Verwarnungen hat der Pfarrer von Vidukle, Jonas Tamonis, vom Bevollmächtigten des RfR, Petras Anilionis, deswegen er­halten, weil er hl. Messen für die gefangenen Priester, mit ihren Worten — für Staatsverbrecher, gefeiert hatte.

Am 17. Januar 1985 war der Vorsteher des Sicherheitsdienstes im Rayon Raseiniai, Gardauskas, in das Pfarrhaus von Vidukle gekommen. Der Pfarrer, Priester J. Tamonis, war aber verreist, um seine kranke Mutter zu besuchen. Ihn vertrat der Priester Kestutis Brilius. Der Sicherheitsbeamte verlangte von dem Priester den Personalausweis. Nach der Überprüfung der Unterlagen griff Gardauskas Priester K. Brilius an, warum dieser arbeite, ohne sich an­zumeiden (obwohl der Priester K. Brilius erst zwei Tage zuvor nach Viduklė gekommen war). Der Sicherheitsbeamte verbot dem Priester K. Brilius streng, wieder nach Viduklė zu kommen.

Am 31. Januar 1985 wurden an das Kirchenkomitee Vorladungen verschickt in die Ortsverwaltung von Vidukle zu kommen. Hingegangen sind nur fün Mitglieder. Die Vorsitzenden des Exekutivkomitees von Raseiniai, Nacienė, und ihre Stellvertreterin Stonienė sagten, daß in Viduklė angebliche schreck­liche Sachen passierten, Gedenkfeiern fänden statt, d. h. für die Gefangenen wird die hl. Messe gefeiert. Sie forderten das Kirchenkomitee auf, Maßnah­men zu ergreifen und die zum Beten versammelten Priester und Gläubigen zu verjagen. Sie schlugen außerdem vor, an solchen Tagen die Kirche von Vidu­kle zuzusperren, damit niemand hineingehen könne. Die Gläubigen stimmten nicht zu.

Kiaukliai (Rayon Širvintai)

Am 25. Februar 1985 war der Pfarrer der Pfarrei Kiaukliai, Priester Rokas Puzonas ins Rayon zu dem Stellvertreter des Vorsitzenden des Rayonexeku­tivkomitees, D. Tvirbutas vorgeladen, der den Pfarrer mit einer Verwarnung folgenden Inhalts in Kenntnis setzte: »Es wurde festgestellt, daß Priester R. Puzonas am 26. Januar 1985 in der Kirche von Viduklė (im Rayon Ra­seiniai), ohne eine Zustimmung des Exekutivkomitees des Rayons Raseiniai bekommen zu haben, religiöse Andachten organisiert und abgehalten hat, bei denen er die Staatsverbrecher, Priester Sigitas Tamkevičius und Priester Alfonsas Svarinskas verherrlichte. Er benützte die Kirche, um gegnerische Propaganda zu verbreiten, und nicht, um die religiösen Bedürfnisse der Gläubigen zu befriedigen.

Gleichzeitig hat der Priester Rokas Puzonas durch seine Taten auch den Artikel 19 des Statuts der religiösen Gemeinschaften verletzt, in dem darauf hingewiesen wird, daß der Tätigkeitsbereich eines Kultusdieners durch den Wohnbereich der Mitglieder der religiösen Gemeinschaft, die er zu versorgen hat und durch den Ort des dazugehörigen Bethauses beschränkt ist.«

Ich verlange von Priester R. Puzonas die Einhaltung der sowjetischen Ge­setze und verwarne ihn, denn wir werden wegen seiner gesetzwidrigen Tätig­keit gezwungen sein, gegen ihn strenge Maßnahmen zu ergreifen. Der Be­vollmächtigte des Rates für für Religionsangelegenheiten, Petras Anilionis.

Am 8. 2. 1985.«

Die Verwarnung unterschrieb Priester R. Puzonas nicht. An seiner Stelle unterzeichneten die Zeuginnen Morkūnienė und Andrikonienė.

Kaunas

Am 4. Januar 1985 erschien in der Radiofabrik, wo Teresė Kurtinaitytė arbeitet, der Sicherheitsbeamte Kalaschnikow. Nachdem er sie angelogen hatte, er wolle ihr ein religiöses Buch zurückgeben, das bei einer Durch­suchung mitgenommen wurde, brachte er T. Kurtinaitytė aus der Arbeit nach Hause, mit der Absicht, bei ihr und bei Ona Dranginytė in der Wohnung eine Durchsuchung durchzuführen. Die Wohnungsdurchsuchung leitete der Ober­untersuchungsbeamte Major Pilelis. Während der Durchsuchung wurde im Zimmer von O. Dranginytė Vladas Lapienis festgenommen. Mitgenommen wurden: von V. Lapienis eine Schreibmaschine, ein Manuskript seiner Er­innerungen aus seinem Leben im Lager, einige Nummern der »Chronik der LKK« und von »Lietuvos ateitis« (»Die Zukunft Litauen«); von der Inha­berin der Wohnung zwei Schreibmaschinen und Bilder der Gefangenen Priester S. Tamkevičius, Priester A. Svarinskas, J. Bieliauskienė und des verstorbenen Priesters V. Jaugelis.

Die Durchsuchung dauerte drei Stunden. Gegen 15 Uhr kam Major Petraus-kas und nahm T. Kurtinaitytė mit in den Sicherheitsdienst. Während des Verhörs interessierte sich der Tschekist, ob V. Lapienis oft zu Ona Drangi­nyte gekommen sei, ob im Zimmer von Ona Dranginytė oft mit einer Schreib­maschine geschrieben wurde, wann T. Kurtinaitytė ins Kloster eingetreten sei, wer sie zu diesem Schritt veranlaßt habe, wie das Kloster heiße, wie T. Kurtinaitytė als Ordensfrau heiße, wann sie die Ordensgelübde abgelegt habe, ob sie nicht wisse, wieviele »Chronik«-Nummern sie abgeschrieben habe; wer die »Chronik« schreibe usw. Nach einer Unterhaltung, die einein­halb Stunden dauerte, äußerte der Tschekist Petrauskas die Hoffnung, daß T. Kurtinaitytė alles richtig verstanden habe. Anschließend kam Major Pilelis in das Arbeitszimmer und legte T. Kurtinaitytė das Durchsuchungs­protokoll zur Unterschrift vor, was sie aber nicht tat.