Am 3. Dezember 1971 wurde der Pfarrer von Margininkai, Petras Orlickas, dafür bestraft, daß er § 143 des Straf­gesetzbuches der Litauischen SSR verletzt habe - er hat mit den Kindern Netzball gespielt!

Im Beschluß der Administrativkommission des Rayon Kaunas steht geschrieben, daß der Priester Orlickas mit den Kin­dern gearbeitet (Sport getrieben, Netzball gespielt), ihnen Dias gezeigt hat usw.

Die Atheisten ,und Parteifunktionäre haben lange Zeit die Kinder gleicham übersehen, die auf dem Platz vor dem Kontor des Kolchos ungesittet gespielt und geflucht haben.
Der Pfarrer hat es gesehen und einen Spielplatz für Netzball eingerichtet. Hier haben nicht einmal die größten Rowdys geflucht.           

Was hat die Rayonregierung von Kaunas, die Parteifunktio­näre und einige Lehrer in Unruhe versetzt? Bei der Beer­digung eines Schülers sah man in der Kirche viele Schü­ler. Die Lehrer versuchten sogar, die Schüler an der Hand aus der Kirche herauszuführen. Außerdem dienten bei der Messe mehrere Knaben. Der Direktorin gelang es nicht, obwohl sie sich sehr anstrengte, die Kinder vom Altare wegzuziehen. Daraufhin kamen wie gewohnt Funktionäre der Rayonregierung der sowjetischen Schule zu Hilfe. Ob es beamtete oder nichtbeamtete Mitarbeiter des Sicherheits­dienstes waren, wissen wir nicht genau, sie photogra-phierten jedenfalls die Kinder am Altare, damit diese nicht darauf kommen könnten, ihr "Vergehen" abzuleugnen. Die Regierungsfunktionäre kamen in die Schule und ver­anstalteten ein Verhör. Die Schüler wurden mit langen Fragen belästigt. Da die Kinder infolgedessen nicht zur gewohnten Zeit aus der Schule nach Hause kamen, fanden sich einige Mütter auf der Suche nach ihren Kindern in der Schule ein. über die Terrorisierung ihrer Kinder em­pört, nahmen sie diese mit nach Hause.

Der Pfarrer wurde von den Regierungsvertretern verwarnt, er solle sich nicht mit den Kindern befassen, aber die­ser wußte sehr wohl um den Befehl Christi "Laßt die Kleinen zu mir kommen", und war ihretwegen bereit, jedes Opfer auf sich zu nehmen.

Am 3. Dezember 1971 wurde Pfarrer P. Orlickas zur Sitzung der Kommission für administrative Strafen im Rayon Kaunas vorgeladen. Hier wurde er beschuldigt, er verderbe die sowjetische Jugend, und wurde mit einer Strafe von 50 Rubeln belegt. Auf die Erklärung des Pfarrers, ihm hätten sogar die Ärzte das Sporttreiben angeraten, warf der Vor­sitzende der Kommission, S. Jančiauskas, ein: "Du kannst mit der Haushälterin spielen." Während der ganzen Sitzung war der Vorsitzende taktlos und grob.

Wie zu erwarten war, wurde Hochw. Orlickas aus der Pfarrei Margininkai sofort versetzt. Das geschah auf Be­treiben des Bevollmächtigten des Rates für religiöse An­gelegenheiten - ein tatkräftiger Priester wird aus der Pfarrei entfernt, damit die Atheisten erfolgreicher den Glauben der Schüler zerstören können.

Mit Geldstrafen, Verhören und sogar Gefängnisstrafen trachtet die atheistische Regierung, die Jugend Litauens für sich zu gewinnen. Natürlich sind das die äußersten Mittel, aber diese werden nicht selten angewendet. Ihr Ziel ist - die Priester einzuschüchtern, damit sie ihre Pflichten vernachlässigen und die Kinder von der Kirche fernhalten. Manchmal wird das Ziel erreicht.

In der letzten Zeit ist folgende Entwicklung festzustel­len - die Verfolgung härtet sowohl Priester als auch Eltern und Schüler ab. Es gibt immer mehr Priester, die ihre Freiheit riskieren und keine Kompromisse mit ihrem Gewissen eingehen, es gibt auch immer mehr Eltern, die begreifen, daß man die Kinder vor jeder Sorte von Verge­waltigern verteidigen muß, die mit äußeren Machmitteln den Glauben zerstören wollen. Es finden sich immer mehr Schüler, die öffentlich in der Klasse wagen, ihre Über­zeugung zu bekennen oder die Behauptungen der Atheisten zu kritisieren.

Die Glaubensverfolgung zerstört immer mehr die Autorität der Regierung, denn es wird allen klar, daß diese nicht auf die Initiative der einzelnen Atheisten zurückzuführen ist, sondern auf den Druck von Partei und Sowjetregierung Ist es nicht an der Zeit, die Diskriminierung der Gläubi­gen zu beenden, wenn man den Abstand zwischen der kommu­nistischen Partei und der gläubigen 'Öffentlichkeit etwas verringern will?