Heiliger Vater, es ist schwer, heute die passenden Worte zu finden, mit denen das gläubige Litauen seine herzlichste Dankbarkeit und Liebe zu Ihnen für Ihre große Aufmerksamkeit unserem kleinen Volke gegenüber zum Ausdruck bringen könnte.

Es war eine freudenbringende Nachricht, als wir erfahren durften, daß Bischof Vincentas Sladkevičius zum Vorsitzenden der Bischofskonferenz und zum Kardinal für Litauen ernannt wurde. Die Ernennung eines Kardinals ist ein kostbares Geschenk, ein großes, bedeutungsvolles Ereig­nis für die ganze Katholische Kirche Litauens und das ganze litauische Volk; wir sind entschlossen, uns dessen würdig zu erweisen.

Verehrte Eminenz, eine Woge der Freude und des Dankes zu Gott ging über unsere ganze Heimat Litauen, als wir von Ihrer Erhöhung und Ernen­nung zum Kardinal erfahren haben. Wir haben gesehen, wie Sie 24 Jahre lang geduldig das Schicksal des Verbannten trugen. Wir beobachteten und bewunderten das Werk Gottes in Ihnen und durch Sie. Wir sind Zeugen dessen, mit welcher Hingabe Sie in den kleinen, ganz an der Grenze zu Lettland liegenden Pfarreien Nemunėlio Radviliškis und Paberžė gearbeitet haben, wie Sie das feierliche Gedenken der liturgischen Feiertage vorbei-reiteten, wie Sie uns feierlich, herzlich und einfühlsam das Wort Gottes erklärten, so, wie Sie es auch heute feierlich und herzlich Tausenden von Gläubigen verkünden. Bescheidenheit, Einfachheit und asketische Lebens­weise zierten und zieren immer noch Ihre Person, und Ihr Beispiel zwingt manchen von uns zum Nachdenken und lehrt uns die Werte, nach denen wir uns ausgerichtet haben, neu zu überdenken.

Da wir sehr wohl verstehen, daß Ihre neuen Aufgaben sehr verantwor­tungsvoll und schwer sind, sind wir entschlossen, Sie durch unser Gebet und Opfer, vor allem aber durch unsere Treue und unseren Gehorsam zu unterstützen. Durch die Fürsprache der heiligsten Jungfrau Maria, bitten wir den Allmächtigen, der göttliche Geist der Stärke, der Vernunft und der Weisheit möge Sie immer begleiten.

Mit Hochachtung und Liebe, die Katholiken Litauens.

 (Eine Predigt des Kardinals Vincentas Sladkevičius, gehalten am 12. Juli 1988 in Marijampolė, aus Anlaß der Feierlichkeiten des seligen Erzbischofs Jurgis Matulaitis.)

»Ich bin von einer weiten Reise zurückgekommen, aus dem Zentrum unserer Christenheit, aus der ewigen Stadt Rom, und bringe Euch mit das Wohlwollen und die Liebe des Heiligen Vaters und darüber hinaus einen für unser Land bestätigten Kardinalstitel, also Anerkennung und Ehre. Wem gehört dieser Titel, diese Ehre und diese Auszeichnung? Nicht mir, meine Teuren, sondern Euch, dem ganzen Volk Litauens, dem christlichen Litauen. Ihm ist dieser Kardinalstitel, ihm ist diese Kardinalsehre, diese hohe Auszeichnung zuteil geworden! Ihr seid die Inhaber dieses Titels und dieser Ehren, ich bin nur der Träger, der dies alles in seinen Händen und in seinem Herzen hat. Ich selbst bin nicht würdig dieses Titels. Ihr, genauer unser ganzes Volk, hat durch sein 600-jähriges christliches Leben, durch seine Opferbereitschaft, durch sein Leiden, durch seine Treue zum Heiligen Stuhl, durch sein hohes sittliches Leben und die schöne erhabene litauische christliche Kultur diesen ehrenvollen Titel des Kardinals, diese Ehre und diese Auszeichnung verdient. Jetzt können wir sagen, daß unser Volk ein auserwähltes Volk ist. Der heilige Paulus hat seinerzeit gesagt: Ihr seid ein erlesenes Geschlecht, ein auserwähltes Volk, eine königliche Priesterschaft. Und wenn er heute hier stehen würde, dann würde er sagen: Ihr seid das auserwählte Volk.

An den Generalsekretär des ZK der KPdSU, M. Gorbatschow Abschriften an die Bischöfe und Verwalter der Diözesen Litauens

Erklärung

der Priester der Diözese Telšiai und der Prälatur Klaipėda.

Als im Jahre 1976 das Statut der religiösen Gemeinschaften vorbereitet wurde, wandten sich die Bischöfe und Priester der Katholischen Kirche Litauens schriftlich an die sowjetische Regierung mit der Bitte, daß das Statut mit den Canones der Katholischen Kirche abgestimmt werden solle. Leider wurden damals diese Wünsche nicht berücksichtigt und das Statut, das das religiöse Leben in unserem Lande regelt, wurde nur von atheistisch gesinnten Beamten der sowjetischen Regierung vorbereitet.

Die Priester und die Gläubigen müssen die Canones der Kirche einhalten. Als Bürger der UdSSR müssen sie auch die sowjetischen Gesetze einhal­ten, was aber unmöglich ist, weil sich die Verfassung selbst widerspricht, imdem sie die Gleichberechtigung der Bürger proklamiert, gleichzeitig sie aber in zwei Klassen teilt: in Nichtgläubige und Gläubige. Den Nichtgläu­bigen wird das Recht zugesprochen, atheistische Propaganda zu betreiben, den Gläubigen aber nur das Recht, religiöse Kulthandlungen auszuüben.

Kretinga. Bronius Poškus, wohnhaft in Kretinga, Žemaičių 8 - 58, wurde am 22. Januar 1988 zum Sicherheitsvorsteher des Rayons Kretinga, Pocevičius, vorgeladen.

Zu Beginn der Vernehmung erklärte Pocevičius, daß die Fragen dieser Ver­nehmung die Staatsanwaltschaft von Vilnius zugeschickt habe. Die Fragen betrafen die „Chronik d. L.K.K.", ob er diese Veröffentlichung gelesen habe, von wem er sie bekommen und an wen er sie weitergegeben habe, ob er die Erklärung an den Kongreß der Vereinigten Staaten und die an den Generalsekretär Gorbatschow wegen der Erlaubnis, den 16. Februar feiern zu dürfen, unterschrieben habe, wann und unter welchen Umstän­den er die genannten Erklärungen unterschrieben habe, ob er den Einwoh­ner der Stadt Vilnius Petras Cidzikas kenne ?

Nachdem er B. Poškus mit den Fragen der Vernehmung bekannt gemacht hatte, versuchte Pocevičus die Vernehmung als solche von Grund auf zu verharmlosen; nach seinen Worten sei das nicht eine Vernehmung oder ein Verhör, sondern eine einfache Klärung der von der Staatsanwaltschaft zugeschickten Fragen. „Wie soll man jetzt Ihre Sprache verstehen ?" wun­derte sich der Vorgeladene. „Ich bekam eine Aufforderung, eine spezielle Vorladung mit einem Stempel und einer Unterschrift eines Mitarbeiters des Sicherheitsdienstes, wo ganz klar in litauischer Sprache geschrieben steht, daß das Erscheinen unerläßlich ist, aus Ihren Worten könnte man aber entnehmen, daß ich freiwillig gekommen bin. Wenn es so steht, dann weigere ich mich irgendwas dazu freiwillig zu sagen", - sagte Poškus. Der Vorsteher Pocevičius verbesserte sich widerwillig, daß er ihn befragen müsse.

Priester Sigitas Tamkevičius schreibt:

»Der Morgen des 21. Juni war für mich der erste nach der Operation... und wie gut tat es mir, die guten Wünsche lesen zu dürfen.

Und so bin ich nach Staro Sainakowo gekommen. Am 18. Mai um 5 Uhr morgens kam ich, wie gewöhnlich, aus der Arbeit in die Baracke zurück. Ich wurde in die Wache gerufen, mir wurden Fingerabdrücke abgenommen und befohlen, alle meine Sachen zu bringen. Nach einer Durchsuchung wurde ich zum Bahnhof nach Wseswetskaja gebracht und in einen „Stoly-pin" gesetzt. Hier erfuhr ich, daß ich nach Tomsk fahre. Am nächsten Tag war ich im Gefängnis von Swerdlowsk. Hier verbrachte ich einige Tage in der Einzelzelle, und in der Nacht des 22. Mai fuhr ich weiter. Über Tiumen, Omsk und Nowosibirsk ratterten wir bis Mariinsk (im Gebiet von Kemerowo). Nachdem wir hier eine Nacht die Wanzen gefüttert hatten, reisten wir wieder zurück in Richtung Tomsk.

Am 27. Mai waren wir schon im Gefängnis von Tomsk. Ich durfte zwi­schen einer Gemeinschafts- oder Einzelzelle wählen. Ich wählte mir die letztere, denn ich hatte schon genug Gesichter der Kriminellen gesehen und ihre Reden gehört. Meine Einzelzelle war wesentlich kleiner als eine Zelle der Ordensleute, es zog, es gab aber keine unersättlichen Viecher, und als ich mich eingerichtet hatte, fühlte ich mich gar nicht schlecht. -Man kann sogar Exerzitien machen. Die Vorgesetzten geizten nicht mit der Zeit - wie wenn es ihnen von Oben eingegeben worden wäre. Man will ja möglichst schnell in die Freiheit hinaus, aber man will auch das vollenden, was man begonnen hat. Da ich vom 27. Mai bis 10. Juni in Tomsk geblie­ben bin, hatte ich für alles zur Genüge Zeit.

Kaunas. Am 30. Juni 1988 waren alle Dekane der Erzdiözese Kaunas und der Diözese Vilkaviškis zu einer Begegnung mit dem Bevollmächtigten des RfR, Petras Anilionis, in die Kurie der Erzdiözese Kaunas eingeladen.

Nachdem P. Anilionis mitgeteilt hatte, daß er heuer keine traditionelle Rede zu den Dekanen halten werde, schlug er vor, sich gemeinsam über die aktuellen Fragen zu unterhalten. P. Anilionis begann selbst zu erklären, daß die Steinmetzwerkstätten schon angewiesen seien, auf Wunsch der Bürger offiziell auf den Grabsteinen religiöse Zeichen einzumeißeln, was ihnen bis jetzt von der Regierung verboten war; es sei den Regierungs­behörden auch nicht mehr verboten, Anträge für die Errichtung von Grab­kreuzen anzunehmen.

Der Bevollmächtigte versuchte den Dekanen einzuflüstern, daß es jetzt sehr leicht und zweckmäßig sei, die auf den Namen der Priester errichteten Bauten der Pfarreien und Pfarrhäuser dem Staate zu überschreiben, der sich verpflichte, sie an Kirchendiener zu vermieten.

Zum Gedenken an das 1000-jährige Jubiläum der Taufe der Kiewer Rus'.

Nachdem der Fürst Wladimir im Jahre 988 die Taufe im byzantinischen Ritus aus Konstantinopel angenommen hatte, unterstand die Kiewer Rus' in kirchlicher Hinsicht direkt dem Patriarchen von Konstantinopel. Als der Patriarch von Konstantinopel Kerularius sich 1054 von Rom trennte, riß die Kiewer Rus' nicht sofort ihre Verbindungen zu dem Nachfolger Petri in Rom ab. Sogar noch im Jahre 1458 nahm der Metropolit von Kiew Gregor die Bischofsweihe in Rom an. Die Orthodoxie begann sich viel später unter den Christen der Kiewer Rus' zu verbreiten, besonders dann, als Moskau mächtiger wurde und sich bemühte, die Bewohner der russischen Gebiete, die zum Großfürstentum Litauen gehörten, wenigstens in seiner kirch­lichen Abhängigkeit zu behalten.

Als Widerstand gegen diesen fremden Einfluß und als Treuebekundung gegenüber dem Nachfolger des Apostels Petrus verkündete die Mehrheit der Bischöfe Litauens der orthodoxen Kirche im Jahre 1596 in Brest Litowsk ihre Einheit mit dem Apostolischen Stuhl mit Beibehaltung des griechischen Ritus und der slavischen Sprache als liturgischer Sprache. Bei­nahe 400 Jahre lang blieb diese Idee der Union im Herzen der Katholiken der Ukraine und Weißrußlands in der orientalischen Liturgie lebendig. Zahlreiche Märtyrer haben ihr Blut vergossen oder ihr Leben für diese Union mit Rom geopfert (der Erzbischof von Polock Josaphat Kuncevičus, der Jesuitenpater Andreas Bobola). Besonders viel Blut wurde vergossen und viele Lebensopfer wurden dargebracht in den schweren Zeiten des Verbots der Union (in den Jahren 1839 bis 1905) und im Jahre 1946; die Schwierigkeiten dauern aber auch in unseren Tagen an.