1. Gründe, die für die Gründung des Komitees entscheidend waren.

Nachdem sich die Katholische Kirche Litauens von den schweren Jahren der stalinistischen Herrschaft erholt hatte, bemühte sie sich wieder, ihre elementarsten Rechte ihres Lebensvollzuges zu gewinnen. Die Kinder wur­den in den Kirchen wieder in Religion unterrichtet; man ließ Kinder und Jugendliche zum Ministrantendienst bei der Hl. Messe und bei den Bet­stunden zu; von der sowjetischen Regierung forderte man die Rückgabe der konfiszierten Kirchen. Als Antwort darauf ließ die Regierung die Priester Šeškevičius und Zdebskis wegen Religionsunterrichts bei Kindern verhaften; auf die Forderung der Gläubigen, die Kirche von Klaipėda und die anderen Kirchen zurückzugeben, reagierte man mit Spott oder Grabesstille; Kinder und Jugendliche, die sich aktiv an kirchlichen Zeremonien beteiligten, wurden an ihren Ausbildungs- und Arbeitsplätzen terrorisiert.

Bei einer solchen Lage der Kirche konnten die eifrigen Priester, die Gott und dem Vaterlande dienen wollten, nicht untätig bleiben. Man mußte Mittel und Wege zur Verteidigung der unschuldig Leidenden finden. Es mußte jemanden geben, der bei der Verteidigung der anderen voranging. So konstituierte sich in Litauen am 13. November 1978 das Komitee der Katholiken zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen nach dem Vorbild des Komitees der Christen in Moskau. Die ersten Mitglieder des Komitees waren die Priester: Jonas Kauneckas, Alfonsas Svarinskas, Vincas Vėlavi-čius, Sigitas Tamkevičius, Juozas Zdebskis.

ZU SEINEM 25JÄHRIGEN BISCHOFSJUBILÄUM

Gemeinsam mit unseren Hirten und allen Priestern gratulieren wir, die Gläubigen Litauens, Ihnen, Heiliger Vater, auf das herzlichste zu Ihrem ehrenvollen, mutigen, treuen und erfolgreichen Wirken, seit Ihnen vor einem viertel Jahrhundert im Namen der hl. Apostel Petrus und Paulus die Vollmacht eines Bischofs übertragen wurde.

Keiner von uns darf heute aus dem Lande des Nemunas vor den Stufen Ihres ehrenvollen Thrones niederknien; deswegen verneigen wir uns in unseren Herzen vor Ihrem Thron als Ausdruck der tiefsten Verehrung und des Dankes für die Sorge und Aufmerksamkeit, die Sie unserem kleinen Volke zeigten.

Aus Dankbarkeit und als Bitte um weiteren Segen für Sie, bringen wir dem Himmlischen Vater das unblutige Opfer Seines Sohnes Jesus Christus dar, verbunden mit den Leiden der Märtyrer Sibiriens und der Angehörigen unseres Volkes, die jetzt dort für die Kirche und die Heimat, für die Freiheit des Glaubens und des Gewissens gequält werden. Möge das als Zeichen des Dankes, der Verehrung und der Treue zum Heiligen Stuhl gelten.

Die Gläubigen Litauens

Die Dekane und Vizedekane der Erzdiözese Kaunas und der Diözese Vilka­viškis waren am 7. Mai 1983 in die Kurie zu Kaunas eingeladen, um die Belehrung des Bevollmächtigten des Rates für Religionsangelegenheiten, Petras Anilionis, anzuhören. Die Rede des Bevollmächtigten drehte sich um die Erklärungen, die die Priester Litauens in den Monaten Juli bis Oktober der sowjetischen Regierung zugesandt hatten. Um die Erklärungen zu überprüfen, war im Februar ein verantwortlicher Beamter des Rates für Religionen aus Moskau nach Litauen gekommen. Hier hatte er Begegnungen und führte Gespräche mit den Bischöfen Litauens, besuchte das Priester­seminar und beauftragte P. Anilionis, darüber mit den Dekanen zu sprechen. Da die Forderungen der Erklärungen, die aus verschiedenen Diözesen Li­tauens zugeschickt worden waren, einander glichen, zog P. Anilionis die Folgerung und behauptete, daß sie eine zentrale Stelle inspiriert haben müsse. Zu Beginn der Versammlung zitierte der Bevollmächtigte den Ar­tikel 50 der sowjetischen Verfassung, wo es heißt, daß »den Bürgern der LSSR die Gewissensfreiheit garantiert wird, sich zu einer beliebigen oder zu keiner Religion zu bekennen, religiöse Kulthandlungen auszuüben oder atheistische Propaganda zu betreiben«. P. Anilionis drehte und wand sich, um zu beweisen, daß die Geistlichen und die Gläubigen schon allein des­wegen zu der atheistischen Propaganda der ideologischen Aktivisten schwei­gen müßten, weil ihnen ja gestattet ist, religiöse Kulte auszuüben, denn andernfalls würde, nach den Worten des Bevollmächtigten, ja bereits die Gewissensfreiheit der Atheisten verletzt. Jemand hat einmal gesagt: »Der Wolf darf das Schäfchen reißen, das gerissene Schäfchen aber darf nicht einmal schreien.« Nach demselben Prinzip handelt auch die »demokratisch­ste« Verfassung der Welt, die sowjetische Verfassung, die der atheistischen Propaganda die Freiheit garantiert und die Atheisten berechtigt, die Religion mit allen modernsten Mitteln zu zerstören, wogegen den Gläubigen, die die Mehrheit der Einwohner Litauens bilden, nur das Recht gelassen wurde, schweigend zu dulden.

An den Generalsekretär der KPSU, den Vorsitzenden des Präsidiums des Obersten Rates der UdSSR J. Andropow

Erklärung

der Priester der Diözese Kaunas

Durch die Festnahme und Verurteilung der Priester Alfonsas Svarinskas und Sigitas Tamkevičius erschütterten die Aktionen der Regierung gegen die Katholische Kirche Litauens die Priester und die Gläubigen Litauens sehr.

In der Schilderung der Gerichtsverhandlung wies unsere Presse auf kein Vergehen gegen den Staat oder seine Ordnung hin, um dessentwillen der Priester A. Svarinskas verurteilt werden müßte. Die darin angegebenen an­geblichen Vergehen waren rein religiöse Handlungen, die dem Staate kei­nerlei Schaden zugefügt haben.

Auch in den Dokumenten, die die verhafteten Priester als Mitglieder des Komitees der Katholiken zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen bei den entsprechenden Organen des Staates eingereicht haben, haben sie sich mit keinem Wort gegen den Staat oder seine Ordnung ausgesprochen, son­dern sie hoben die Tatsachen in die Öffentlichkeit, die die Diskriminierung der Gläubigen in allen Bereichen des Lebens zeigen. Ihre ganze Tätigkeit war das Herausheben jener Willkürakte der Atheisten in die Öffentlichkeit, die die Gefühle der Gläubigen verletzen. Wenn aber nur derartige Willkür­akte bekannt gemacht werden, wie kann man dann so etwas als Verleum­dung des Staates und seiner Ordnung betrachten und deswegen bestrafen?

Ablaßfeier in Šiluva

Das Fest Maria Geburt wird in vielen Pfarreien Litauens mit einer fest­lichen Ablaßfeier begangen, aber die berühmtesten Ablaßfeiern an diesem Feste finden in Šiluva und in Trakai statt.

An der Ablaßfeier dieses Jahres in Šiluva nahmen etwa 45 000 bis 50 000 Pilger aus Litauen und den benachbarten Republiken teil. Scharen von Gläubigen gingen an allen Tagen der Oktav auf den Knien um den Marien­altar in der Kapelle, beteten den Rosenkranz und flehten um den Schutz der Mutter Gottes für sich selbst und die verfolgte Kirche Litauens. Die Hl. Kommunion wurde den Gläubigen nicht nur in der Kirche und in der

Kapelle, sondern auch auf dem Kirchhof gereicht. Es wurden 40 000 Kom­munionen ausgeteilt.

Am 24. September 1983 wurde der Ingenieur Vytautas Vaičiūnas nach der Verbüßung seiner Strafe aus dem Lager Bakal in die Freiheit entlassen. Vor dem Lager empfingen den würdevollen Gefangenen sein Bruder und die Jugend, die aus Litauen angereist war. In der Heimat wurde der Heim­kehrer von der Jugend und von seinen Freunden warmherzig begrüßt.

Ing. V. Vaičiūnas kam ermüdet zurück, aber stark im Geiste. Im Lager mit allgemeinem Regime kam der Ingenieur gerade noch mit dem Leben davon, denn wegen der Unsauberkeit und der Unzahl von Parasiten griffen dort ständig Epidemien und Darmtyphus um sich. Zur Zeit wohnt V. Vaičiūnas in Kaunas.

Am 16. Mai 1983 um 10 Uhr begann vor dem Obersten Gericht zu Vilnius die Gerichtsverhandlung gegen die Einwohnerin von Garliava, Jadvyga Bieliauskienė. J. Bieliauskienė wurde angeklagt wegen der Unterschriften­sammlung unter einer Erklärung an den ersten Sekretär des ZK der KP, Petras Griškevičius, in der es um die Verfolgung der Jugend ging, außerdem wegen der Mitarbeit an der »Chronik der LKK«, wegen des Sammeins von Kindern in Kinderkreisen, wegen des Organisierens von Schauspielen natio­nalen Inhalts.

Beinahe alle Kinder und Jugendlichen, die an der Gerichtsverhandlung als Zeugen teilnahmen, charakterisierten J. Bieliauskienė als eine sehr gute, gläubige Frau von hoher Moral. Der Direktor der I. Mittelschule von Gar­liava, Nausėda, bezeugte in seinen Aussagen, daß er J. Bieliauskienė nicht kenne, er habe aber schon 1979 gemerkt, daß sich in der von ihm geleiteten Schule die Schüler nicht nur einer Klasse, also Schüler verschiedenen Alters zusammengruppierten. Es gab Meldungen, daß sich die gläubigen Schüler versammelten, um gemeinsam Geburtstage zu feiern; es wurde ein Beschluß gefaßt, daß an solchen Zusammenkünften ein Lehrer teilnehmen müsse.

Am 5. Oktober 1983 wurde seine Exzellenz, der verbannte Bischof Julijonas Steponavičius, als Zeuge im Prozeß gegen Priester Sigitas Tamkevičius in das Komitee des Sicherheitsdienstes nach Vilnius zum Verhör vorgeladen. Bischof J. Steponavičius weigerte sich, während des Verhörs im Prozeß gegen Priester S. Tamkevičius als Zeuge aufzutreten und erklärte, daß er als Bischof nur stolz auf so einen Priester sein könne, aber keinesfalls imstande sei, ihn herabzuwürdigen.

Auf die Fragen, ob er die »Chronik« schon gesehen habe oder ob er nicht etwa gar beim Schreiben der Dokumente des Komitees der Katholiken zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen mitgeholfen habe usw., verweigerte der Bischof die Aussage. Das Vernehmungsprotokoll unterschrieb Bischof J. Steponavičius nicht.

Als man den Bischof zur Mittagspause gehen ließ, behielt der Tschekist den Personalausweis des Bischofs J. Steponavičius und befahl ihm, um 15 Uhr wieder im Sicherheitsdienst zu erscheinen. Nach der Mittagspause machten der Untersuchungsbeamte und noch ein Tschekist dem Bischof J. Stepona­vičius Vorwürfe und belehrten ihn. Sie fragten, warum er Priester, Gläubige und sonstige Besucher bei sich empfange; sie tadelten ihn, daß er das Ko­mitee der Katholiken zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen und die Untergrundveröffentlichung »Chronik« unterstütze, und wollten wissen, warum er kein ruhiges Leben führen wolle und warum er sich um Sachen kümmere, die ihn nichts angehen und ähnliches. So ein Gespräch dauerte eineinhalb Stunden lang.

Vilnius

Vom 28. bis 31. Juli 1983 wurden auf die Adresse des KGB von Vilnius aus Kybartai, Vilkaviškis, Kapsukas wie auch aus anderen Ortschaften Li­tauens eine Unmenge Gratulationstelegramme zum Namenstag geschickt, adressiert an den verhafteten Pfarrer der Pfarrei Kybartai, das Mitglied des Komitees der Katholiken zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen, den Priester Sigitas Tamkevičius. Die Gläubigen wollten wenigstens durch eine bescheidene Postkarte und ein paar warme Worte ihre Liebe und Verehrung dem Priester gegenüber zum Ausdruck bringen, der vom Sicherheitsdienst in Isolationshaft gehalten wurde. Leider wurden beinahe alle Telegramme an die Absender zurückgeschickt mit dem Vermerk, der Adressat wohne nicht unter der angegebenen Adresse.

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Dieses Jahr jährt es sich zum 20. Mal, daß Viktoras Petkus die Wege des Archipel GULAG geht. Bei der Gelegenheit schreibt er:

»Schon in den Jahren meiner Jugend war es mir beschieden, direkt in die Mühle des Lebens zu geraten, wo man dann unvermeidlich auch zwischen die Mühlsteine geriet, wo man wissen muß, was man will und wo man sich entscheiden können muß, wenn man am Leben bleiben will. Aber der Strom des Lebens hat die Berge der Einzelheiten weggeschwemmt, das Drama ebbte langsam ab und es blieb nur ein Entwurf des Wesens, ein Suchen danach, es zu erfassen.

Telšiai

In der Nacht zum 9. Juli 1983 haben unbekannte Übeltäter wieder die am Kirchhof stehende Säulenkapelle ausgeraubt und die neu hineingestellte Sta­tuette des Schmerzensmannes gestohlen.

Viešvėnai (Rayon Telšiai)

In der Nacht vom 20. zum 21. April 1983 wurden aus einem Kapellchen vom Kirchhof der Kirche von Viešvėnai Statuetten zweier kniender Engel­chen und der Schmerzhaften Muttergottes entwendet. Es handelt sich um holzgeschnitzte Figuren eines unbekannten Volkskünstlers.

Priester Alfonsas Svarinskas Priester Sigitas Tamkevičius Jadvyga Bieliauskienė Sergej Kowaliow Viktoras Petkus Balys Gajauskas Vytautas Skuodis Povilas Pečeliūnas Gintautas Iešmantas Antanas Terleckas Julius Sasnauskas Mečislovas Jurevičius

und andere tragen die Ketten der Unfreiheit, damit du frei leben und glauben darfst!