Kučiūnai

An den Bevollmächtigten des Rates für religiöse Angelegenheiten.

Durchschrift: An den Apostolischen Administrator des Erzbistums Kaunas, Bischof Labukas.

Priester Juozas Krisčunas, wohnhaft in Kučiūnai

Gesuch

Nach dem Morgengottesdienst in der Kirche von Kuciünai am 7. Juli 1975 kamen der Gemeinderatsvorsitzende Kučiūnas, der Parteisekretär Sakavi-čius, die Sekretärin der Kommunistischen Jugend, Dirnšinė, in die Kirche.

Ich selbst war im Beichtstuhl und hörte einzelne Kinder bei ihren Gebeten ab. Andere Kinder saßen in der Kirche und warteten, bis sie an die Reihe kamen.

Am 9. Juli saß ich wieder im Beichtstuhl, und Kinder standen auf beiden Sei­ten des Beichtstuhls, die dann einzeln zu mir herankamen und laut antwor­teten auf das, was ich sie fragte. Dies war ein Versuchsbeichten. Die örtlichen Vorsitzenden der Behörden schrieben eine Anklageschrift, und die Admini­strationskommission des Rayons Lazdijai bestrafte mich wegen der Lehre des Katechismus an Kindern mit 50 Rubeln. Akten Nr. 154 vom 17. Juli 1975. Obwohl ich erklärte, daß ich keinen Katechismus unterrichtete, denn dies bringen die Eltern zu Hause den Kindern bei.

Ich bitte Sie, Herr Minister, den Beschluß der Administrationskommission zu verhindern, und bitte weiterhin zu veranlassen, daß mir keine Hindernisse gestellt werden, meine priesterlichen Pflichten zu erfüllen.

25. Juli 1975                                        J. Kriščiūnas, Pfarrer in Kučiūniai

Žibalai

In der Diözese Kaišiadorys wurde im Jahre 1975 die Feier zur Spendung des Sakramentes der Firmung nur in den Orten Vievis und Zibalai gestattet. Die Pfarrei Zibalai ist klein und liegt abseits, deshalb betreut diese Gemeinde der Pfarrer von Kianchiai, A. Čarna.

Es wurde verkündet, daß das Firmungssakrament am 6. Juli in Zibalai ge­spendet wird. Als der Tag herannahte, verlegte man die Feier auf den 13. Juli, später wurde sie ohne Angabe eines Termins verlegt. Am 29. Juli, an einem Dienstag, verschickte der Verhalter der Diözese Kai­siadorys, Kan. Andrikonis, Telegramme an alle Pfarrgemeinden, daß am 3. August das Firmungssakrament in Zibalai gespendet werde. Da es von der Kanzel aus nicht möglich war, dies zu veröffentlichen, wurde es über Post­boten, Angestellte und Milchläden verbreitet. Selbst die Pfarrer der Pfar­reien liefen in die Dörfer, aber es nützte nicht viel, die Zeit war zu kurz, des­halb kamen nicht, wie erwartet, mehrere tausend Firmlinge zur Firmung. Und so wurde nur einigen hundert Kindern das Sakrament der Firmung ge­spendet. Durch diese unglückliche Situation blieben die Nachbarspfarreien ohne Gottesdienst, weil die Pfarrer in Zibalai bei der Feier der Firmung an­wesend waren. Manchmal erteilen die Behörden auf solche Weise die Ge­nehmigung zur Spendung der Firmung.

Alanta

1973 störten die Behörden unter dem Vorwand „Ernteeinbringung" die Feier der Firmung in Alanta. Am 6. Juli 1974 sollte in Alanta das Sakrament der

Firmung gespendet werden. Doch die Behörden versuchten mit allen Mitteln, dies zu verhindern: die Kinder wurden in Sommerlager verschickt und zu Ausflügen gezwungen; den Kolchosen verbot man, Autos zu vermieten; auf den Straßen kontrollierten die Prüfer für Straßenverkehr private Personen­wagen und suchten Gründe verschiedener Art, um die Weiterfahrt zu verhin­dern. Im Städtchen Alanta wurden Verkehrszeichen aufgestellt, die eine Einfahrt verhinderten. In den Hof des Pfarrers konnte man nicht hineinfah­ren, denn davor waren Verkehrsschilder mit Einfahrtsverbot aufgestellt. Der Pfarrer von Videniskiai, Kan. J. Jonys, transportierte für den Bischof litur­gische Paramente und wurde genötigt, an Verbotsschildern vorbeizufahren. Der Oberprüser des Rayons Moletai, Grigaliūnas, und Prüfer Michniov stoppten ihn und strichen seinen Talon durch, so daß er gezwungen war, sei­nen Führerschein neu zu erwerben. (Talons werden in der UdSSR mit dem Führerschein vergeben, und hier werden Verkehrssünden eingetragen.) Dem Pfarrer C. Zazeckas aus Suginčiai und dem Kaplan P. Budriūnas aus Anyk-šiai wurden angebliche Verkehrssünden eingetragen, indem man ihnen Löcher in die Talons machte. Lastwagenfahrer, die Personen mitgenommen hatten, ließen die Menschen schon vor der Stadt aussteigen, da ihnen sonst als Strafe der Führerschein entzogen würde.

Der Leiter des Finanzamtes des Rayons, Laurikėnas, und Oberprüfer Girs-kienė machten zusammen mit der Miliz Jagd auf Verkäufer von religiösen Gegenständen, nicht nur im Vorhof der Kirche, sondern auch in der Kirche. Als diese Funktionäre einen zu Boden gestürzten Verkäufer, der religiöse Gegenstände anbot, hinausschleppten, entstand eine große Unruhe. Dann er­suchten die Priester die wütenden Funktionäre, die Kirche zu verlassen.

Valkininkiai

Im Juni 1975 wurde der Pfarrer A. Keina der Pfarrei Valkininkiai zum Sicherheitskomitee in Vilnius vorgeladen, weil man ihm sein persönliches Eigentum zurückgeben wollte, das ihm bei einer Hausdurchsuchung abge­nommen wurde. Von den beschlagnahmten Gebet- und Religionsbüchern gab man ihm nur je ein Stück zurück. So wurden etwa 50 Gebetbücher und 40 Religionsbücher Sveika Maria (Sei gegrüßt, Maria) zurückbehalten. Der Funktionär Markevičius erklärte, daß diese Bücher an die Papierfabrik Gri-giskiai geschickt würden. Folgende Bücher erhielt er ebenfalls nicht zurück: Deimančiukai (Diamantchen), Verfasser Krupavičius, Dievo ir zmoniu tar-nyboje (Im Dienste für Gott und Menschen), Verfasser Maceina, Bažnycia dabarties pasaultje (Die Kirche in der Welt von heute), Reikia duoti pilna religijos laisve (Man muß die Freiheit zur Ausübung der Religion gewähren) und noch andere. Die Schreibmaschine wollte man ihm später zurückgeben.

Kaišiadorys

An alle Gemeinderatsvorsitzenden des Kreises Kaišiadorys wurde 1975 ein Schreiben verschickt, nach dem folgende Untersuchungen durchgeführt wer­den müßten:

1.   Datum und Zeitpunkt des behördlichen Besuchs.

2.   Auskunft über Kultdiener (d. h. ihre Familiennamen, Vornamen, seit wann er als Priester dient; Referenzen vom Ortsvorsitzenden über ihr Verhalten).

3.   Ob „Zwanzigerkomitees" und Listen von Revisionskommissionen am Ort vorhanden sind.

4.   Sind die religiösen Feiertage oder Wallfahrtstage bezeichnet worden?

5.   Wieviel Männer, Frauen, Jugendliche und Schüler sind dabeigewesen?

6.   Inhalt der Predigt (Hauptgedanken, politische Einstellung, Zweideutig­keit, Mahnungen); was dabei gelesen wird (Abschnitte aus der Bibel, Hirtenbriefe etc.).

7.   Wer hilft während des Gottesdienstes, wer ministriert bei der Meßfeier, sind minderjährige Knaben dabei? Wer streut Blumen? Sind minderjäh­rige Mädchen dabei?

8.   Wurden bei Prozessionen Fahnen nichtreligiösen Charakters mitgetra­gen? Trugen die Menschen Nationaltrachten bei der Prozession? Wie viele waren es?

9.   Typen und Nummern der Autos, die neben der Kirche parken?

 

10. Wurde irgendwelche Literatur vor oder neben der Kirche verkauft oder religiöse Gegenstände, Souvenirs, Bonbons o. ä.?

11. Wurden am gleichen Tag politische Veranstaltungen in Bibliotheken, Schulen oder bei Sportwettkämpfen durchgeführt?

Untersuchung durchgeführt...........................

Familienname, Vorname, Arbeitsstelle...........

Datum...................    Unterschrift...................

Kelmė

Am 10. März 1975 bekamen alle Pfarrer und Kirchenratsvorsitzenden im ganzen Rayon Kelmė eine Einladung, d. h. mehr eine Vorladung, vom stell­vertretenden Vorsitzenden des Vollzugskomitees, Vytautas Grabauskas. An­fangs hatte ein Funktionär aus Vilnius das Wort. Er erhob Vorwürfe, daß ohne Genehmigungen Kirchen restauriert wurden, und drohte mit Bestrafun­gen. Die hierfür eingestellten Arbeiter müßten ja ohnehin ihren Lohn von den Geistlichen erhalten. Nach Meinung dieses Funktionärs aus Vilnius soll­ten dem Kirchenkomitee nur geschulte Personen angehören. Aus der Pfarrei Vaiguva meldete sich Pfarrer Šimkus zu Wort und erklärte, daß nach dem Gesetz alle Bürger gleich seien und jeder in den Kirchenrat gewählt werden könne. Der Stellvertretende des Vollzugskomitees, Grabauskas, schimpfte über Kirchenrenovierungen, die ohne Genehmigung ausgeführt wurden, und auch darüber, daß gestorbene Priester mit Fahnen und Kreuzen zur letzten Ruhe geleitet werden. Der Pfarrer der Pfarrei Šaukėnai erinnerte, daß solche Verbote nur zur Zarenzeit existierten. Hierauf erwiderte Grabauskas er­zürnt: „Jetzt ist es auch wie in der Zarenzeit."

Salos

Am Feiertag „Maria, Hilfe der Christen", am 25. Mai 1975, hatte die Ver­waltung des Sovchos von Salos im Rayon Rokiškis diesen Tag zum Arbeitstag erklärt, obwohl es ein Sonntag war. Am Vorabend des Feiertages warnten die Brigadiere die Arbeiter: „Wenn ihr morgen nicht zur Arbeit kommt, gibt es kein Futter und keinen Weideplatz für eure Kühe. Ihr könnt dann Fut­ter suchen, wo ihr wollt, von uns bekommt ihr es nicht." Ein Mitglied des Kirchenkomitees von Salos, Izidorius Bagdonas, und seine Frau beachteten diese Warnungen nicht und besuchten an diesem Tag den Gottesdienst. Der Brigadier Matiuk beschwerte sich über dieses Verhalten beim Stellvertreter des Vorsitzenden des Sovchos Salos, Steponavičius. Da­nach wurde sofort die neben dem Haus von Bagdonas liegende Weide be­schlagnahmt, und man stellte ihm einen Weideplatz weit entfernt von sei­nem Haus zur Verfügung. Einige Arbeiter des Sovchos waren am Feiertag verreist, sie wurden nicht zur Rechenschaft gezogen, denn sie waren ja nicht in der Kirche.

Im Oktober 1974 tobte ein heftiger Sturm, der Bäume entwurzelte. Neben der Kirche von Salos wurde ein großer Baum aus den Wurzeln gerissen, der noch mehrere Bäume mißriß. Diese Bäume fielen auf die Kirchplatzmauer und beschädigten sie, blieben dann auf dem Eingang zum Kirchhofsplatz liegen. (Er steht unter Denkmalschutz.) Der Kirchplatz war so von entwur­zelten Bäumen bedeckt.

Die Putzfrauen der Kirche, M. Šukytė und Bartkevičienė, sahen dies, melde­ten es dem Direktor des Sovchos und baten ihn, er möge diese Bäume weg­räumen lassen. Der Direktor Steponavičius lachte nur und erklärte: „Was wollt ihr, ich soll den Kirchhofplatz säubern, ihr habt doch einen jungen Pfarrer, soll der dies doch wegräumen." Der Vorsitzende des Kirchenkomi­tees von Salos, Šukytė, bekam eine mündliche Genehmigung von der Orts­vorsitzenden Raugalienė, die kleineren Bäume zu zersägen und sie der Putz­frau der Kirche, Šukytė, zu geben. Jedoch die Eiche und die anderen fünf Bäume, die eine Gefahr bildeten, ließ man stehen. Auf Bitten des Kirchen­komitees bildete das Ortskomitee im Jahre 1975 eine Kommission, die fest­stellte, daß die sechs schiefstehenden Bäume auf dem Kirchhofsplatz und auf der Parkanlage eine Gefahr bildeten. Im Februar 1975 erhielt das Ortskomi­tee Salos vom Naturschutzkomitee des Rayons Rokiškis eine Genehmigung, die Eiche und die anderen Bäume zu fällen. Ortsvorsitzende Raugalienė in­formierte das Kirchenkomitee über diese Genehmigung und erklärte: „Fällen Sie bitte die Bäume, wir geben schriftlich keine Genehmigung, denn sie ist nicht notwendig." Die Bäume wurden gefällt, und die Ortsvorsitzende wurde eingeladen, um den Arbeitsablauf zu beobachten. Sie kam aber nicht. Das Kirchenkomitee hatte beschlossen, die Eiche und zwei Ahornbäume ins Sägewerk zu fahren, weil zur Restaurierung der Kirche Material benötigt wurde. Danach beschlagnahmte der Stellvertreter des Direktors des Sovchos dieses Material.

Am 6. April 1975 wandte sich das Kirchenkomitee von Salos an den Staats­anwalt der Litauischen SSR und an den Bevollmächtigten des Rates für religiöse Angelegenheiten, Tumėnas, mit einer Beschwerde. Von Tumėnas erhielten sie keine Antwort, doch die Staatsanwaltschaft Litauens sandte die Beschwerde an die Staatsanwaltschaft in die Kreisstadt Rokiškis. Im Mai 1975 erschien aus Rokiškis Staatsanwalt Cibulskis in Salos und beschuldigte den Pfarrer Nykštus, er hätte ohne irgendeine Genehmigung die auf dem Kirchhofsplatz stehenden Bäume gefällt. Hier nannte er schon sieben Bäume, obwohl es sechs waren. Für die Eiche hätte man sogar eine Sondergenehmi­gung benötigt. Der Staatsanwalt beachtete nicht einmal die Einwände von Pfarrer Nykštus, daß es nur sechs Bäume waren und daß die Genehmigung zum Fällen der Bäume ja erteilt war. „Geben Sie mir die schriftliche Geneh­migung der Ortsverwaltung und des Försters, ich benötige die Belege", er­klärte der Staatsanwalt. Der stellvertretende Direktor des Sovchos von Salos leugnete, daß er die Genehmigung erteilt habe, die Bäume zu fällen. Die Ortsvorsitzende Raugalienė tat ebenfalls so, als habe sie nie etwas von dieser Angelegenheit gehört, geschweige denn eine Genehmigung erteilt, diese sechs Bäume zu fällen. Die genannten Zeugen wurden hierzu nicht verhört. Der Vorsitzende des Kirchenkomitees, Šukys, wurde vom Staatsanwalt verhört. Er fragte ihn, wer die Beschwerde an die Staatsanwaltschaft der Litauischen SSR geschrieben, wer sie unterzeichnet und wer das Fällen der Bäume orga­nisiert habe u. a.

Der stellvertretende Direktor Steponavičius beschimpfte in Gegenwart des Staatsanwaltes den Vorsitzenden des Kirchenkomitees, Šukys, als Dieb. Kurz darauf wurden bei Šukys drei Durchsuchungen durchgeführt, wie viele Haus­tiere er besitze. Laut Gesetz darf man nur zwei Schweine halten, und bei Šukys fand man drei Schweine. „Was für ein Verbrechen." Der stellvertre­tende Direktor des Sovchos zwang ihn sofort, ein Schwein dem Staat zu ver­kaufen. Beim Kirchenrechner Mažeikis nahm man ebenfalls eine Durch­suchung vor, die Haustiere wurden gezählt. Man fand eine Kuh und ein

Kalb. Laut Gesetz ist nur eine Kuh genehmigt. Auch er wurde aufgefordert, das Kalb dem Staat zu verkaufen, obwohl er allein seine Familie, die aus sechs Personen besteht, unterhalten muß. Auf Befehl des Staatsanwaltes mußte der Funktionär für Naturschutz, Blažys, ein Protokoll aufnehmen. Dieses Protokoll wurde gegen den Vorsitzenden des Kirchenkomitees, Šukys, gerichtet, der wegen angeblich eigenwilliger Handlung mit 36 Rubeln Strafe belegt wurde. Er hatte die große Eiche ohne Genehmigung fällen lassen. Einer Arbeiterin der Ortsverwaltung, Baronienė, wurde auf der Parteiver­sammlung ein Verweis erteilt, weil sie dem Kirchenkomitee eine Kopie der Genehmigung vom Funktionär für Naturschutz für das Fällen der besagten Bäume ausgehändigt habe. Ohne diese Kopie der Genehmigung hätte das Kirchenkomitee für die gesamten gefällten Bäume eine Strafe hinnehmen müssen. Nun, der Vorsitzende des Kirchenkomitees, Šukys, bekam noch eine Drohung von Funktionären der Behörde: „Wenn er weitere Beschwerden einreichen werde, müsse er für die gesamten gefällten Bäume über 1000 Ru­bel bezahlen."

Der Staatsanwalt des Rayons und der stellvertretende Direktor haben mit ihrem Verhalten bestätigt, daß die Gläubigen keine Rechte haben und schweigen müssen. Versucht man sich zu beschweren, werden mehrere Gründe erfunden, sie zu bestrafen.

Krekenava

Am 3. September 1973 warnte der Ortsvorsitzende von Krekenava, Mali-nauskas, den Pfarrer K. Dulksnis schriftlich, weil er angeblich das Natur­schutzgesetz verletzt habe. An einen Baum auf dem Kirchhofsplatz hatte er eine Ehrentafel für den litauischen Dichter Maironis befestigt. Bis zum 10. September sollte er diese Tafel entfernen. Das Kirchenkomitee von Kre­kenava zog die Nägel aus dem Baum, womit die Ehrentafel befestigt war. Statt dessen befestigte man die Tafel mit Draht am Baum. Den Ortsvor­sitzenden informierte man darüber. Nach etwa einem Monat war die Ge­denktafel für Maironis auf dem Kirchhofsplatz verschwunden.

Viekšniai

Die Bewohnerin des Dorfes Žibikai, Jadvyga Grabienė, hatte 1973 ihren Sohn in den Vereinigten Staaten von Amerika besucht. Auf der Rückreise fuhr sie über Rom und kaufte für sich und ihre Verwandten Rosenkränze. An der sowjetischen Grenze führten die sowjetischen Zollbeamten bei der alten Frau eine gründliche Durchsuchung durch und fanden die Rosenkränze, die sie vor ihren Augen zerrissen. Die Zollbeamten wollten der alten Frau

Grabiene auch den letzten Rosenkranz abnehmen, den sie krampfhaft in ihrer Hand hielt. „Dieses teure Kleinod gebe ich nicht her, auch wenn ihr mir die Arme auskugelt", sagte die alte Frau weinend.

Der Verfasser dieser Zeilen wurde vor acht Jahren Augenzeuge eines tragi­schen Schauspiels russischer Zollbeamten an der Grenze, wie sie die beschlag­nahmten Rosenkränze, Bilder und kleine Statuen in Säcke packten. „Wozu benötigen Sie diesen Blödsinn?" spotteten die Beamten. Eine Frau fragte: „Wohin bringen Sie denn diese beschlagnahmten heiligen Sachen?" — „Wir bringen das in die Müllgrube", war die Antwort der Funktionäre. Die Stimmung der Reisenden war gedrückt; einige wischten sich sogar die Tränen aus den Augen.

Laugaliai

Der Direktor des Alten- und Invalidenheimes, Striauka, verwehrte dem Prie­ster, die alten Leute zu besuchen und sie mit den hl. Sakramenten zu ver­sehen. Im April 1975 schrieben die alten Leute an das Vollzugskomitee Klaipėda ein Gesuch, in dem sie für den Priester die Erlaubnis erbaten, sie mit den hl. Sakramenten zu versehen. Danach stattete der stellvertretende Vorsitzende des Vollzugskomitees, Imbrasas, dem Altenheim einen Besuch ab und erklärte den Insassen, daß ihr Anliegen nicht erfüllt werden könne, da kein Raum hierfür vorhanden sei. Er sah bei einem alten Mann neben seinem Bett ein religiöses Bild und verlangte von ihm, dies zu entfernen. Frau Riaukaitė, eine Invalidin, wandte sich an den Parteisekretär von Gargždai mit der Bitte, dem Priester die Erlaubnis zu erteilen, das Alten-und Invalidenheim zu besuchen. Frau Riaukaitė wurde beschimpft: „Stö­ren Sie mich nicht bei meiner Arbeit mit solchen Lappalien", war die Ant­wort auf ihre Bitte.

Jurbarkas

Anfang 1975 warnte die Aufsiditsfunktionärin des Kinderheimes die Medizi­nalschwester für die Kinder der Milizfunktionäre, Kleinienė: „Wenn Sie Ihrem Sohn Kirchenbesuche und Dienst bei der Meßfeier erlauben, verlieren Sie Ihr Mutterschaftsrecht." Die Medizinalschwester Kleinienė antwortete: „Meinem Sohn verbiete ich den Kirchenbesuch nicht und werde es nie tun! Seitdem mein Sohn den Meßdienst verrichtet, ist er besser, folgsamer und lernfreudiger geworden. Das Mutterschaftsrecht nehmt denen ab, deren Kin­der schwererziehbar sind. Vor kurzem haben Rowdys die Schulfenster ein­geschlagen, verwüsteten die Schulapotheke und zerstörten die Schulbänke. Haben Sie den Eltern dieser Kinder die Elternrechte schon entzogen? Mein

Sohn hat keine Straftat begangen; warum wollen Sie mir das Mutterschafts­recht entziehen?" — „Das geht mich nichts an", erklärte die Aufsichtsfunk-tionärin. „Ich bin von höherer Stelle beauftragt worden, Sie zu warnen, und ich habe meinen Auftrag ausgeführt."

Klaipėda

Während der ganzen Karwoche 1975 war die kleine Kirche in Klaipėda voll­besetzt von Gläubigen. Schüler und Jugendliche beteten die ganze Osternacht am Auferstehungsgrab des Herrn. Nach Ostern befahl der stellvertretende Vorsitzende des Exekutivkomitees, Ruginis, dem Pfarrer von Klaipėda, Baikauskas, die betenden Mädchen vom Altar wegzuschicken. Der Pfarrer erschrak über den Befehl, und er erklärte den betenden Mädchen, daß sie nur mit Genehmigung des stellvertretenden Vorsitzenden hier beten dürften. Die Mütter der Mädchen, die zum Beten gehen wollten, versuchten, von Ruginis eine Erlaubnis hierfür zu erhalten, aber sie stießen auf ein hartes „Es ist nicht möglich". Die Eltern fügten sich dieser Anordnung nicht. Die Mädchen beteten weiter, ohne die Verfügung zu beachten.

Vilnius

Eine Gruppe von 15 Priestern, an ihrer Spitze Bischof R. Krikščiūnas aus Panevežys, fuhr am 6. Juli 1975 von Vilnius nach Moskau. In Moskau bekam diese priesterliche Pilgergruppe verschiedene Anweisungen, und sie reiste weiter nach Rom. Diese Reise einer Pilgergruppe von Priestern nach Rom war von den sowjetischen Behörden organisiert und mit dem propagandisti­schen Ziel geplant, der Weltöffentlichkeit zu zeigen, wie es um die Freiheit des Glaubens in Litauen bestellt sei. Zur gleichen Zeit, während diese Priester aus Litauen die Kirchen in Rom besuchten, verurteilte das Oberste Gericht der Litauischen SSR Nijolė Sadūnaitė zu drei Jahren Haft in einem Arbeits­lager. Sie hatte nämlich mit der Schreibmaschine elf Seiten der „Chronik der Litauischen Katholischen Kirche" abgeschrieben.