Vilnius

Ein Bürger A. P. aus Vilnius wollte sich eine Bibel beschaffen, weil seine eigene ihm vor seiner Deportation nach Sibirien abgenommen worden war. Da er das gewünschte Buch in Litauen nicht bekommen konnte, wandte er sich diesbezüglich an seinen Freund in Amerika. Dieser Freund schickte von Amerika ein Neues Testament, welches in Litauen gedruckt worden war. Von der Zollbehörde bekam der Bürger A. P. eine Benachrichtigung, daß Drucke dieser Art nicht ausgehändigt werden können. Nun wandte sich A. P. an die Diözese Vilnius mit der Bitte, ihm ein Exemplar der Heiligen Schrift zu beschaffen. Von hier bekam er die Antwort, daß keine Bibel vor­handen sei. Woher können Gläubige die Heilige Schrift erhalten?

 Mažeikiai

Am 15. August 1975 wurden die Lehrkräfte Antanas Skiparis und seine Frau Maria Skiparis ihres Amtes enthoben, weil sich der Sohn entschlossen hatte, Theologie zu studieren. Er hatte sich beim Priesterseminar angemeldet. 27 Jahre lang unterrichtet Antanas Skiparis bereits, seine Frau 25 Jahre. Beide waren sehr gute Pädagogen, waren von der Sowjetregierung geachtet und hatten mehrere Auszeichnungen erhalten. Die Eheleute wurden vom Schulamt gezwungen, ein Gesuch einzureichen, in dem sie um ihre Entlas­sung aus ihrem Amt baten. Die Anordnung kam vom Kultusministerium. Man erklärte ihnen, daß sie keine gleichwertige Tätigkeit mehr ausüben könnten, wenn man ihnen kündigen würde. Beide Lehrer reichten ein schriftliches Gesuch ein, mit dem sie um Entlassung aus ihrem Amt baten.

Mažeikiai

Die Bürgerin dieser Stadt, Emilie Gelumbauskiene, hatte vor ihr Haus ein heiliges Eichenkreuz stellen lassen. Sie wohnte in der Ausrostraße Nr. 7. Der Stadtrat von Mažeikiai verlangte von E. Gelumbauskiene, daß sie dieses Kreuz sofort entferne, da sie es ohne Genehmigung der Behörden aufgestellt habe. Man begründete dies Verlangen weiterhin damit, daß die­ses Kreuz nicht weit von einer belebten Straße stehe und für die Nach­barn ein Ärgernis bedeute. E. Gelumbauskiene erklärte den Stadträten, daß dieses Kreuz vier Meter vom Bürgersteig entfernt stehe und niemanden störe, außerdem sei dieses Kreuz ein Kunstwerk und alle Menschen, die vor­übergingen, bewunderten es mit Freude. „Sie müssen es dennoch abreißen!" schrien der Vorsitzende des Vollzugskomitees, Povilavičius, und der Archi­tekt Lava. Die alte Frau weinte und erzählte, wie sie auf verschiedenen Ämtern versucht hätte, eine Genehmigung zu erhalten, dieses Kreuz an seinem Platze stehen zu lassen. Im Mai 1975 bekam Gelumbauskiene vom Kreisvorsitzenden des Vollzugskomitees, Mažeikie, eine Aufforderung, das Kreuz bis zum 30. Mai zu entfernen. Unterschrieben war das Schreiben vom Vorsitzenden des Kreisvollzugskomitees, Tomkevičius, und der Sekre­tärin Nevorauskienė. „Das Kreuz entferne ich nicht", erklärte erneut die alte Frau, „und wenn es stört, maure ich es in die Wand meines Hauses ein." „Wir werden das Kreuz mitsamt deiner Wand zertrümmern, und du be­zahlst noch dafür", drohten die Beamten. Im Mai fuhr dann Gelumbau­skiene zum Bevollmächtigten für Religionsangelegenheiten der LSSR, K. Tumenas, nach Vilnius. „Machen Sie es so, wie es der Gemeinderat Ihrer Stadt entschieden hat, ich kann da nichts machen", erklärte ihr der Bevoll­mächtigte. „Ich zerstöre das Kreuz nicht, lasse es aber auch nicht zu, daß jemand anderes es zerstört", erklärte die Frau energisch und fuhr nach Hause. Bis heute hat niemand das Kreuz angerührt.

Mažeikiai

 Viele Jahre schon steht neben der Kirche der Dorfgemeinde Pievėnai ein von den Gläubigen beliebtes altes Kreuz. Dieses Kreuz halten die Gläubi­gen wie eine Reliquie. Bevor die Toten dieses Ortes beigesetzt werden, wird ihr Sarg geraume Zeit als letzte Ehrerweisung neben dieses Kreuz gestellt. Ein Beamter in Čekys, Kreis Mažeikiai, befahl 1975, dieses Kreuz zu ent­fernen. Die Gläubigen wollten nicht nachgeben. Das Kirchenkomitee wandte sich an die Diözese Telšiai mit der Bitte um Beistand, daß man dieses Kreuz schonen möge. Als die Regierung erkannte, daß die Gläubigen nicht nachgaben, gingen sie mit Betrug vor. Sie sollten das Kreuz erst einmal entfernen, wenn dann die Genehmigung von Vilnius erteilt würde, könnten sie ja ein neues Kreuz neben die Kirche oder auf den Friedhof setzen. Doch die Gläubigen befürchteten, daß das Kreuz beschädigt werden könne und stellten es vors Hauptportal der Kirche.

Šilutė

 

Die Musiklehrerin Bukauskaitė aus diesem Ort nahm im August 1975 an einer kirchlichen Eheschließung teil. Für dieses „angebliche Vergehen" ließ man die Lehrerin nur noch einen Tag unterrichten, sie wurde fristlos ent­lassen.

Kaltinėnai

Mit 20 Rubeln Strafe belegte das Vollzugskomitee die Invalidin Visman-taite, weil sie fünf Kinder zur Beichte vor der Erstkommunion vorbereitete.

Gargždai

Am 20. September 1975 wurden nachts auf dem Friedhof zu Gargždai fünf Statuen geschändet. Schon in der Vergangenheit schändete man die Kruzifixe an den Kreuzen. 1964 steckten Atheisten im Dorf Gordovėnai die Kapelle der heiligen Maria an, neben welcher die Gläubigen zum Mariengottes­dienst zusammenkamen.

 Šiluva

Anfang September strömten von allen Teilen Litauens große Menschen­mengen herbei, um die Geburtsfeier der heiligen Maria in Šiluva mitzuer­leben und um hier zu beten. Am 9. September hielt die Verkehrspolizei der Stadt Raseiniai den Pfarrer der Gemeinde Vadaktai, Antanas Valantinas, an und hinderte ihn an der Weiterfahrt, er möge nach Hause zurückkehren. „Warum halten Sie uns an, wir sind doch keine Verbrecher, wenn wir welche sind, dann erschießen Sie uns doch." Pfarrer A. Valantinas wurde nach Raseiniai gefahren und hier bestrafte man ihn mit 15 Tagen Arrest. Er kam jedoch nicht ins Gefängnis, sondern wegen seines schlechten Gesund­heitszustandes ins Krankenhaus.

Am 9. September entzog die Verkehrspolizei einem Taxifahrer aus Kaunas seinen Führerschein, weil an Feiertagen keine Personen von Kaunas nach Raseiniai befördert werden dürften. Am 12. September um 22.00 Uhr nahmen fünf Polizeibeamte mit einem Durchsuchungsbefehl in der Kirche und der Kapelle in Šiluva Durchsuchungen vor. In der Kapelle fanden sie einen Bund mit Kerzen und in der Kirche eine Aktentasche mit Opfer­gaben. Danach beschimpften die Beamten den Gemeindepfarrer und be­schlagnahmten die Opfergaben.

Am Sonntag, dem 14. September 1975, waren so viele Menschen nach Šiluva gekommen, daß die Straßen verstopft waren und die Verkehrspolizei sich keinen Weg hindurchbahnen konnte.

Sangrüda

Am 5. Oktober 1975 feierte die Diözese Sangrüda (Kreis Kapsukas) ihr 50jähriges Bestehen. 1971 hatten unbekannte böse Hände die Kirche von Sangrüda angesteckt. Dank der Energie des Gemeindepfarrers Kazimiras Skučas wurde in einem Haus eine gemütlidie Kirche eingerichtet. Bereits am 2. Oktober wurden Polizisten und Grenzsoldaten eingesetzt, die alle Wege, die nach Sangrūda führten, bewachten und Ausweise von allen Durchreisen­den verlangten. Da dieser Ort Zonengrenze ist, kam niemand durch, der keinen Passierschein besaß. Nun wußten sich die Leute aber auf andere Art und Weise zu helfen, sie gingen über die Felder und kamen auch so ans Ziel. Den hiesigen Kolchosen war dieser Tag als Arbeitstag angekündigt worden und die Schulen hatten nicht geschlossen. Doch kamen nur zwei Schüler zum Unterricht. Bischof Ludwigas Povilionis wurde von einer großen Menschen­menge begrüßt. Mit ihm kamen zwei Pfarrer, K. Skučas und P. Dumbliaus-kas. Den beiden Pfarrern war es nicht möglich, allen Leuten die Beichte abzunehmen und an sie die hl. Kommunion zu verteilen. Viele Gläubige mußten ohne Beichte und Kommunion heimkehren. An solchen Tagen kön­nen sich die Polizisten besonders bewähren, indem sie die Gläubigen hin­dern, diese kirchlichen Feste zu besuchen und zu feiern.

Sližiai

An der Straßenkreuzung Sližiai stand ein Kreuz aus Granit mit der In­schrift: Am 25. Juli 1917 fielen im Kampf gegen die Deutschen, unser täg­lich Brot verteidigend, Dornas Žilinskas, Juozas Žilinskas, Kazys Saka-lauskas, und vor Gram und Schmerz starben H. Sakalauskas, Jurgis Ja-sionis, Pranas Novikas, Veronika Novikaitė. Datum: 15. Mai 1928. Ehre sei den Helden. Dieses Kreuz wurde auf den Friedhof gestellt. Auf An­fragen der Bewohner bei der Stadtverwaltung, warum sie dieses Kreuz auf den Friedhof gestellt habe, bekamen sie die Antwort: „Begreifen Sie denn nicht, daß nicht alle ertragen können, am Kreuze Jesu vorbeizugehen?"

Panevėžys

In die Kirche Sankt Peter und Paulus in Panevėžys wurde am 16. Sep­tember 1975 eingebrochen. Die Opferkästchen wurden aufgebrochen. Am 17. September 1975 wurde aus der Kathedrale Panevėžys ein wunder­schönes Kunstwerk entwendet. Die Diebe stiegen durchs Fenster ein. Am 21. September 1975 wurde die Kirche von Karsakiskis nachts ausgeraubt. Viele Kunstgegenstände, heilige Bilder und Requisiten zur heiligen Kom­munion wurden gestohlen. Ebenso wurde auch die Kirche Naujamiestis ausgeplündert.