Im Februar wurde der Vikar von Simnas, Priester S. Tamkevičius, in die Republik-Staatsanwaltschaft nach Vilnius eingeladen. Der Staatsanwalt warf ihm eine verzerrte Darstellung der sowjetischen Wirklichkeit in seinen Predigten vor und wies ihn an, sich der sowjetischen Regierung gegenüber loyal zu verhalten und die Kinder nicht in Glaubenswahrheiten zu unterrichten. Anderenfalls drohte man ihm ein Gerichtsverfahren mit einem Freiheitsentzug von zwei Jahren an.
Ende April wurde gegen Priester Tamkevičius ein „Verweis höchsten Grades" verhängt, an dem sechs Regierungsvertreter und als Zeugen: der Dekan von Alytus, Priester Grigaitis, der Dekan von Daugai, Priester Turčinskas sowie der Pfarrer von Simnas, Priester Matulevičius, teilnahmen. Priester Tamkevičius wurde beschuldigt, Nachrichten ins Ausland übermittelt zu haben, die sowjetische Schule verleumdet und sich noch andere antisowjetische Handlungen habe zuschulden kommen lassen. Eine Rechtfertigung wurde nicht zugelassen.
KAUNAS
In der Wohnung des Priesters Šalčius, Kaplan der Kirchengemeinde von Aleksotas, wurde im April eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Hierbei wurde nach „Samizdaf'-Literatur gefahndet.
PRIENAI
In der Pfarrei der Kirchengemeinde von Prienai wurde im März bei einer Hausdurchsuchung gründlichst nach Gebetbüchern und „Samizdaf'-Werken gefahndet.
VILNIUS
Am 13. März mußten sich die Priester Laurinavičius und Žemėnas beim Beauftragten des Rates für religiöse Angelegenheiten melden. Ganz besonders barsch wurde Priester Žemčnas vom Beauftragten angefahren, weshalb er die Erklärung unterschrieben habe, in der verlangt werde, Bischof J. Steponavičius wieder in sein Amt einzusetzen, Gebetbücher in größerer Auflage zu drucken u.a.m. (siehe Chronik der LKK, Nr. 1). Der aufgebrachte Beauftragte nannte Priester Zemėnas einen unverschämten Satan und ließ die Bemerkung fallen: „Demnächst wollt ihr euch noch im Kreml breitmachen!"