DEN LIEBEN IRISCHEN BRÜDERN

Am 12. Mai d. J. brachte der Vatikansender in litauischer Sprache die erfreu­liche Nachricht, eine Gruppe irischer Katholiken habe im März versucht, der Sowjetmacht, über deren diplomatische Vertretung in Dublin, wegen der Verfolgung der katholischen Kirche in Litauen ein Memorandum zu über­geben. Die Sowjetregierung habe die Annahme dieser Erklärung aber ver­weigert. Die irischen Katholiken hätten daraufhin am Eingangstor zur so­wjetischen Gesandtschaft den Rosenkranz gebetet und seien dann auseinan­dergegangen. Der Text des zurückgewiesenen Memorandums wurde am Tage darauf von den Zeitungen der Hauptstadt abgedruckt. Die „Chronik der Litauischen Katholischen Kirche" dankt den irischen Freunden herzlich für diese moralische Hilfe. Die Katholiken Litauens sind in einen Kampf um Sein oder Nichtsein mit dem sogenannten militanten Atheismus verwickelt, den eine gigantische Staatsmacht stützt. Welch entsetzliche Heuchelei spricht aus den Verlautbarungen der Sowjet­presse, wenn die UdSSR afrikanische Nationalisten unterstützt, während Litauer, die ihr Volk lieben, nach Sibirien verbannt oder in Irrenhäuser ge­sperrt werden, wenn entlassenen Häftlingen die Wohnanmeldung verweigert wird und sie ihre Arbeitsplätze verlieren. Die Sowjetpresse meldet, daß die UdSSR die Katholiken Nordirlands mit allen Mitteln, sogar mit Waffen, unterstütze. Zur selben Zeit wird die katholische Kirche in Litauen erbar­mungslos zermalmt und unsere alten, geschichtlich und künstlerisch bedeut­samen Kirchenbauten als Lagerhäuser oder Museen entweiht. Die Kathedrale von Vilnius wurde in eine Gemäldegalerie, der Dom St. Kazimir in ein athe­istisches Museum verwandelt. Man versucht, die Tugend unseres Volkes zu brechen, den Charakter Litauens zu verstümmeln.

Am 15. Mai 1940 trennte uns die Rote Armee vom Heiligen Stuhl St. Peter und von der gesamten nichtkommunistischen Welt. Nachrichten über das Leben der westlichen Welt erreichen uns wegen verschiedener Störmanöver nur verspätet und entstellt. Doch wir wissen und freuen uns darüber, daß Ir­land den größten Prozentsatz an Missionaren stellt, daß 91 Prozent der irischen Katholiken sonntags zur Kirche gehen, daß die irischen Emigranten in den USA das qualitativ bedeutsamste Katholikenkontingent stellen. Wir hoffen daher, daß dieser Protest irischer Katholiken nicht der einzige bleibt. Den westlichen Katholiken ist leider zu empfehlen, vom Kommunismus zu lernen, wie man für Ideale kämpft. Seit vielen Jahren z. B. erhob die kom­munistische (und auch die nichtkommunistische) Presse ihre Stimme wegen Manolis Glezas und erreichte ihr Ziel. Die amerikanische Negerin Angela Davis ist trotz eines kriminellen Deliktes zur Heldin hochstilisiert worden. Doch über die Verfolgung der Katholiken in Litauen, über die Tatsache, daß fünf Millionen Katholiken in der Ukraine nicht über eine einzige Kirche verfügen, daß es in Weißrußland nur noch einige wenige, überalterte Priester gibt, die nicht einmal — wie in der Ukraine — einen geheimen Bischof haben, berichtet die katholische Presse nur gelegentlich in Meldungen von wenigen Zeilen . .. Sollte nicht gerade das leidgeprüfte Irland verstehen, was Glau­bensverfolgung wirklich bedeutet!?

Die litauische katholische Kirche — letzte Bastion der Kirche im euro­päischen Norden — steht seit Jahrzehnten in einem ungleichen Kampf mit dem aus der Fremde importierten Atheismus. Ihr, unsere katholischen Brüder in aller Welt, so helft uns doch! Euer Gebet, jedes Zeichen des Protestes gibt uns moralische Kraft, hilft uns standzuhalten, den Kampf zu gewinnen für das Recht, Gott ungehindert zu loben und gleichberechtigte Bürger in unserer eigenen Heimat zu sein.

Die öffentliche Meinung ist die einzige Macht, die jeder Verbrecher scheut und die auch der militante Atheismus fürchtet. Die Juden haben den ent­schlossen handelnden Senator Jackson. Sollten wir Katholiken nicht jemand ähnlichen finden?

Sagt es doch aller Welt, daß wir Katholiken hier nicht einmal die Rechte amerikanischer Neger besitzen, keine Presse, keine katholischen Kalender, Gebetbücher oder Katechismen haben, daß unsere Priester ins Gefängnis kommen, wenn sie religiösen Unterricht erteilen, daß unsere Jugend wegen Kirchenbesuches verfolgt wird und daß, wer glaubt, dafür in den Schulen die diskriminierende Betragensnote „genügend" bekommt. Sagt es doch aller Welt, daß die Bistümer Litauens nicht einen Ordinarbischof haben. Vilnius, die Hauptstadt Litauens, hat weder einen Bischof noch eine Kathedrale. Zwei Bischöfe — Julijonas Steponavičius und Vincentas Sladkevičius —leben seit 15 Jahren ohne Gerichtsurteil in der Verbannung. Unser einziges Priesterseminar in Kaunas durften jährlich nur ein paar Priester absolvieren, doch angesichts der Proteste im In- und Ausland sind jetzt zehn Absolven­ten jährlich zugelassen. In jedem Jahr aber rafft der Tod in Litauen zwanzig Geistliche dahin. Das Durchschnittsalter unserer Priester liegt bei über sech­zig Jahren.

Ihr unsere irischen Brüder, bildet Missionare auch für Litauen aus! Bis zum heutigen Tage gedenkt die Ukraine in Dankbarkeit der aufopfernden Tätig­keit irischer Priester in Lwow und andernorts. Eines Tages werden solche hoffentlich auch in unsere notgeprüfte Heimat kommen ... Euer Gebet, Eure entschiedenen Proteste sind die Garantie unserer Ausdauer, unseres Sieges.