An den Sekretär des ZK der KP Litauens, Genossen Griškevičius An den Gesundheitsminister, Genossen Kleiza

Eingabe

der litauischen Gläubigen

Am 10. März 1976 wurde der Gemeindepfarrer von Šlavantai, J. Zdebskis, Rayon Lazdijai, in Vilnius von einem Mitarbeiter der Verkehrspolizei an­gehalten und der Trunkenheit beschuldigt. Der Priester wurde zur Fest­stellung des Trunkenheitsgrades in eine psychoneurologische Klinik ge­bracht. Im Krankenhaus wurde unter Mißachtung des Wunsches des Prie­sters, eine Blutanalyse vorzunehmen, Trunkenheit konstatiert. Die Ver­kehrspolizei entzog ihm daraufhin für IV2 Jahre die Fahrerlaubnis und be­legte ihn mit einer Geldstrafe in Höhe von 30 Rubel.

Priester J. Zdebskis ist den litauischen Gläubigen als Priester und Mensch gut bekannt — er genießt überhaupt keine alkoholischen Getränke — des­halb halten wir seine Bestrafung für einen wohlüberlegten Versuch, die Priester zu kompromittieren und zu verfolgen.

Das Verhalten der Ärztin und des Beamten der Autoinspektion, die auf Verlangen des KGB einverstanden waren, die Anklageschrift ungerecht­fertigt zu unterschreiben, halten wir für verantwortungslos. Solche Leute dürften in offiziellen Ämtern keinen Platz einnehmen. Wie kann man einem solch gewissenlosen Arzt das Wohlergehen der Menschen anver­trauen?

Am 13. April druckte die Rayonzeitschrift Darbo vėliava (Arbeitsfahne) die Nachricht, daß der Einwohner des Kuckucksdorfes, Juozas Zdebskis, am 23. März den „Verlockungen des Gläschens nicht widerstehen konnte" und in Vilnius hinter dem Steuer seines Autos angehalten wurde.

Wir ersuchen das ZK, sich darum zu kümmern, daß die in der Rayon-zeitschrift von Lazdijai veröffentlichte Verleumdung, Priester Zdebskis sei betrunken gewesen, dementiert und ihm unverzüglich die Fahrerlaubnis und die Geldstrafe zurückerstattet werden. Wir bitten ferner dafür zu sorgen, daß sich ähnliche Vorkommnisse unter den Sowjetbeamten nicht wiederholen. Die Antwort, welche Schritte unternommen wurden, die nichtgewissenhaften Beamten zu verwarnen, bitten wir direkt an Priester Zdebskis zu übermitteln.

8. Juli 1976        Litauische Gläubige

(212 Unterschriften)

An den Staatsanwalt der Litauischen SSR Eingabe

Uns Gläubige erreichte die schmerzliche Nachricht, daß am 10. März 1976 in Vilnius der Beamte Jurevič den Gemeindepfarrer von Šlavantai, J. Zdebskis, mit der Beschuldigung, er sei betrunken, angehalten habe. Jurevic brachte Priester Zdebskis in das psychiatrische Krankenhaus, wo, ohne eine Blutanalyse vorzunehmen, Trunkenheit konstatiert wurde. Die Verkehrspolizei entzog daraufhin dem Priester für 18 Monate die Fahr­erlaubnis, und die Rayonzeitschrift veröffentlichte einen verleumderischen Artikel, daß Priester Zdebskis dem Gläschen nicht habe „widerstehen" kön­nen.

Am 3. Mai 1976 hielten Staatsfunktionäre in Ukmergė Priester Zdebskis an, nahmen ihm den Motorradführerschein ab und unterzogen ihn einer genauen Körperkontrolle.

Uns Gläubigen ist Priester Zdebskis, der schon über 20 Jahre in vielen Gemeinden tätig ist, gut bekannt. Er versieht äußerst gewissenhaft die Pflichten des Priesters und besitzt große Autorität bei den anderen Prie­stern und Gläubigen. Wir beteuern, daß niemand zu keiner Zeit Priester Zdebskis in betrunkenem Zustand gesehen hat, denn er selbst ist ein strenger Abstinenzler, der unter den Gläubigen mit Wort und gutem Bei­spiel gegen die Trunksucht kämpft. Dies können alle Gläubigen jener Gemeinden, in denen Zdebskis tätig war, bezeugen.

Wir begreifen nicht, warum Priester Zdebskis von den Staatsfunktionären verfolgt und verleumdet wird? Warum wurde ihm der Führerschein ent­zogen? Glauben denn die Atheisten wirklich, daß sie uns Gläubige mit sol­chen Mitteln gegen die Priester aufbringen können? Wir Gläubigen ehren unsere Priester und werden für sie einstehen, die unschuldig verfolgt und verleumdet werden. Wir erheben Einspruch gegen die ungerechtfertigten Maßnahmen der Staatsfunktionäre gegen Priester Zdebskis und fordern die Rückgabe des Führerscheins.

Die Antwort auf unsere Eingabe bitten wir an Priester Zdebskis, Rayon Lazdijai, Šlavantai, zu richten.

Klaipėda, 16. Juli 1976        Unterschriften vieler Gläubiger

Eingaben ähnlichen Inhalts erhielten verschiedene Staatsinstanzen von den Gläubigen der Gemeinden Kaunas, Panevėžys, Prienai und anderer Ortschaften. Der Staatssicherheitsdienst „antwortete" darauf folgenderma­ßen: Das Bistum Kaunas und die Bischofskurie von Vilkaviškis erhielten einen anonymen Brief der „Gläubigen von Šlavantai", in dem diese sich beklagen, daß Priester Zdebskis sein Amt schlecht versehe und amora­lisch sei. Es ist unklar, mit welcher Begründung seine Exzellenz Bischof Povilonis diese anonyme Beschuldigung dem Dekan von Lazdijai, Stri­maitis, übergab, der ja besonders jene Priester verabscheut, die vom KGB verfolgt werden. Strimaitis machte Zdebskis mit dem Inhalt der Klage bekannt. Die Priester sind sehr verwundert, daß die Kurie auf die von Sicherheitsorganen verfaßten anonymen Beschuldigungen reagiert.