An den

Beauftragten des Rates für religiöse Angelegenheiten, K. Tumėnas., Stellvertretender Vorsitzenden des Exekutivkomitees des Rayon Vilkaviškis, J. Urbonas

Eingabe

der Gläubigen des Wohngebietes Klausučiai, des Versuchsgutes Rumokai, der katholischen Pfarrei Žalioji.

Der Zweck dieser Eingabe ist, unser Ärgernis kundzutun wegen der Umwand­lung unserer Kirche im Wohngebiet Žalioji in eine Mühle, nach der Abreise des Beauftragten des Rates für religiöse Angelegenheiten aus Žalioji, am 30. Juni 1977. Nach den uns vorliegenden Informationen ist das ein vorsätzlicher Verstoß gegen unsere Rechte. Nach Ihrer Abreise wurde in der Mühle unver­züglich die Arbeit aufgenommen. Wir nehmen an, daß dieses auf Ihre An­weisung hin geschehen ist. Wir werden nicht nachgeben. Geben Sie uns die Kirche zurück. Sie gehört nicht irgend jemandem, sondern uns, und wir wollen dort nicht Korn mahlen, sondern nach gewissenhafter Arbeit beten. Wir erinnern daran, daß dieses Gebäude seit 1948 in Vilnius vom Beauf­tragten des Rates für religiöse Angelegenheiten, B. Pušinis, nicht als land­wirtschaftliches Gebäude, sondern als Kirche gemeldet ist. Versicherungen und andere Abgaben, werden wie für eine Kirche gezahlt. Der 1948 abge­schlossene Vertrag mit dem Rayon Vilkaviškis bezeugt, daß es sich um eine Kirche mit einem Turm handelt. Kann man jetzt abstreiten, was rechtlich anerkannt und bestätigt ist? Gesetz soll Gesetz und Vertrag soll Vertrag bleiben. Es schmerzt, wenn das alles mißachtet wird. Wir, die Gläubigen der katholischen Pfarrei Žalioji, empfinden alle Maßnahmen seitens der Atheisten gegen unser ehemaliges Heiligtum als Verstoß gegen unsere Grundrechte. Wir bitten Sie, uns die Kirche unverzüglich zurückzugeben!

Die Gläubigen des Wohngebietes Klausučiai
des Versuchsgutes Rumokai, der Pfarrei Žalioji
den 15. August 1977 (Unterschrieben von 136 Personen)

Am 11. September 1977 beantwortete der Beauftragte des Rates für religiöse Angelegenheiten dieses Schreiben mit dem Hinweis, daß die Eingabe zur Überprüfung an das Exekutivkomitee des Rayons Vilkaviškis weitergeleitet wurde. Die Bevölkerung ist über diese Handlungsweise von K. Tumėnas sehr empört, weil er die Eingabe dem Beschuldigten selbst zur Entscheidung übergeben hat.

An den

Beauftragten des Rates für religiöse Angelegenheiten, K. Tumėnas Eingabe

der Gläubigen der Kolchose „Švyturys", der Pfarrei Žalioji. Im Jahre 1963 wurde die katholische Pfarrkirche Žalioji, in der wir zu beten pflegten, unrechtmäßig geschlossen. Wir stehen hinter der Forderung der Gläubigen des Wohngebietes Žalioji, die gewaltsam enteignete Kirche zurück­zuerhalten. Wir sind bestürzt über die Umwandlung der Kirche in eine Mühle. Wir halten diese Handlung als einen Verstoß gegen unsere Grundrechte und Angriff auf unsere Gewissensfreiheit, in dieser Kirche zu beten, die uns schon seit dem Krieg gehört. In Vilnius und Vilkaviškis ist sie seit 1948 nicht als landwirtschaftliches Gebäude, sondern als Kirche anerkannt, und es wurden für sie als solche die Versicherungen und Steuern bezahlt.

Mit dieser Eingabe fordern wir: Geben Sie uns die Kirche Žalioji zurück und hindern Sie uns nicht, zu arbeiten und zu beten. Sie gehört nur uns. 27. Juli 1977

Diese Eingabe wurde von 80 Gläubigen

der Pfarrei Žalioji aus dem Kolchos „Švyturys",

wohnhaft in den Dörfern Šukliai und Gustaičiai, unterschrieben.

Am 23. September 1977 besuchten die Gläubigen der Pfarrei Žalioji, B.Micke­vičius, J. Nešukaitis, B.Kardauskas, K. Bubnaitienė, T. Kaminskienė und A. Lenkienė, den Stellvertretenden Vorsitzenden des Exekutivkomitees des Rayon Vilkaviškis, J. Urbonas, wegen der Rückgabe der Kirche. Urbonas erklärte, die Eingabe der Gläubigen sei nicht rechtmäßig. Die Gläubigen forderten J. Urbonas auf zu erklären, was in der Eingabe nicht rechtmäßig sei. Der Stellvertretende Vorsitzende holte ein „Dokument", welches in der Ecke mit Bleistift an den ehemaligen stellvertretenden des Rayons Vilkaviškis, Rogovas, adressiert war und forderte auf, sich über die Schließung der Kirche zu informieren. Die Gläubigen hatten vorher schon öfters bei J. Urbonas vorgesprochen, sogar in Vilnius waren sie, und hatten ihn wiederholt gebeten, dieses „Dokument" zu zeigen, das J. Urbonas jetzt von selbst anbot.

„Warum gaben Sie es uns nicht früher, als wir Sie darum baten?" __

fragte T. Kaminskienė.

„Wir hatten es irgendwo verlegt. Erst jetzt habe ich es gefunden," __

drückte sich der Stellvertretende Vorsitzende.

Als der Beauftragte K. Tumėnas die Pfarrei Žalioji besuchte, gab er den Leuten den Rat, sich irgendwo ein Gebäude zu kaufen oder zu mieten. Als die Gläubigen an diese Worte von Tumėnas erinnerten, protestierte Urbonas, es würde nichts daraus werden. Die ehemalige Kirche hätte einem schlechten Standort und sei als Mühle notwendig, deswegen werde man die Kirche nicht wieder öffnen.

Bronius Mickevičius erklärte, sie würden nicht schweigen, sondern sich an höhere Stellen wenden. Darauf reagierte der Stellvertretende Vorsitzende überhaupt nicht. Die Gläubigen versuchten zu erklären, daß die in der Kirche eingerichtete Mühle an einem ungeeigneten Platz stünde, außerdem werde sie nur vier Stunden in der Wochen betrieben. Was sollten die Leute tun, die arbeiten müssen, wenn die „Mühle" mahlt? B. Kardauskas erklärte, die Leute würden ihr Korn doch irgendwo anders zum Mahlen bringen. Der Stellvertretende Vorsitzende erwiderte: „Mich interessiert gar nicht, wo ihr das Korn hinbringt".

Am 27. September 1977 sprach beim Stellvertretenden Vorsitzenden des Exekutivkomitees des Rayon Vilkaviškis, J. Urbonas, eine Delegation der Gläubigen der Pfarrei Žalioji (J. Nešukaitis, J. Mickevičius, Gudaitis, K. Bubnaitienė) erneut vor. Der Stellvertretende Vorsitzende beschied sie grob: „Ihr braucht nicht zu uns zu kommen — die Kirche wird nicht geöffnet".

An den

Sekretär des ZK der Litauischen KP, Petras Griškevičius

Eingabe

der Gläubigen der katholischen Pfarrei Žalioji

Schon seit einigen Monaten lesen wir in den Zeitungen und hören im Rundfunk, daß den Bürgern der UdSSR nach dem Inkrafttreten der neuen Verfassung, die verschiedensten Rechte nochmals zugesichert wurden, auch das Recht auf Freiheit zum Ausüben des religiösen Kults. Weil im Rayon Vilkaviškis und konkret bei uns, den Gläubigen der Pfarrei Žalioji, alles dem Entwurf der Verfassung entgegengesetzt geschieht, wenden wir uns an Sie.

Unsere Kirche wurde 1963 vom Stellvertretenden Vorsitzenden des Exekutiv­komitees des Rayons Vilkaviškis, Stasys Rogovas, eigenmächtig geschlossen. Seitdem haben wir keinen Platz zum Beten. Wir waren damals überzeugt, daß es bei uns keine Gewissensfreiheit gebe. Jetzt hören wir um so öfter durch die Presse und den Rundfunk, daß bei uns jeder Bürger das Recht hat, zu glauben oder nicht zu glauben, zu beten oder nicht zu beten. Wir wandten uns an den Stellvertretenden Vorsitzenden des Rayons Vilkaviškis, J. Urbonas, an den Beauftragten des Rates für religiöse Angelegenheiten, K. Tumėnas. Aber statt die Ungerechtigkeit zu beseitigen, wurden wir beschimpft und uns wurde gesagt, daß die Kirche nicht geöffnet und die Pfarrei nicht angemeldet wird. Zu unserem Schmerz und zur Schande der Regierungsbeamten wurde im Anschluß an den Besuch des Beauftragten des Rates für religiöse Angelegenheiten an einigen betriebsamen Tagen nach dem 30. Juni, im Innern unserer Kirche eine Mühle eingerichtet. Obwohl wir uns an viele Stellen wandten, hintergingen uns alle Beamten, und die Kirche blieb geschlossen. Deswegen wenden wir uns jetzt an Sie, weil Sie uns am ehesten helfen können. Bitte, eröffnen Sie die Kirche und die Pfarrei Žalioji, oder lassen Sie in die neue Verfassung der UdSSR eintragen, daß es den Bürgern der Litauischen SSR nicht gestattet ist, die Kulthandlungen zu erfüllen.

Žalioji, Rayon Vilkaviškis, den 30. September 1977

Diese Eingabe wurde von 30 Menschen, die der katholischen Pfarrgemeinde Žalioji angehören, unterschrieben. Viele von ihnen sind für hervorragende Arbeit im Versuchsgut Rumokai mit staatlichen Preisen ausgezeichnet. Sie fühlen es aber als ihre Pflicht und ihr Recht, die gewaltsam abgenommene Kirche wieder zurückzuerhalten.

Der Direktor des Versuchsgutes, E. Adomavičius, überredete Vaclovas Puskunigis, in der-Kirche als Müller zu arbeiten. Das Parteimitglied Raguk-kas lehnte es ab mit der Begründung, er schäme sich, vor den Leuten in der Kirche Korn zu mahlen.