An das Gewissen der Welt!

In Vilnius wurde vom 12.—14. April 1978 ein ehrbarer Litauer und Katholik zu zehn Jahren Straflager unter verschärftem Regime und fünf Jahren Verban­nung verurteilt: Balys Gajauskas. Das Urteil lautet praktisch lebenslänglich, denn er hat bereits 25 Jahre in Sowjetlagern verbracht, verurteilt dafür, daß er seine Heimat liebte . . . Söhne und Töchter unseres Volkes haben zu Zehn-, vielleicht Hunderttausenden auf dem Altar der Freiheit ihres Vaterlandes ihr Leben geopfert. Auch dieses Opfer wird nicht das letzte sein, es ist vielleicht nur ein weiteres unter vielen anderen. In Kürze findet in Vilnius noch ein Prozeß ge­gen Viktoras Petkus statt! Heute erfährt die Welt über jedes neue Opfer — wäh­rend früher Tausende in zahlenmäßig ungleichen Waldkämpfen umkamen oder in Viehwagen nach Sibirien deportiert wurden und keine Menschenseele von ih­rem Opfer erfuhr. Nur ein versklavtes Volk gedachte ihrer in seinen Liedern . . .

Angesichts dieses neuen schändlichen Racheaktes möchten wir sowohl den Sklavenhaltern als auch der freien Welt erklären: weder Gefängnisse noch Lager werden das litauische Volk, das seine Freiheit mehr liebt als das Leben, zur Ka­pitulation zwingen. Im Gegenteil, die dargebrachten Opfer verstärken noch die Entschlossenheit, den Kampf fortzusetzen, bis Litauen frei und unabhängig sein wird. Allerdings verstehen wir die Mächtigen dieser Welt nicht ganz, die wohl das Selbstbestimmungsrecht kleiner Völker in Afrika fördern, aber die Verskla­vung der Litauer, eines Volkes mit langer und ehrenvoller Geschichte, hinneh­men. Welches sind die Gründe einer so schrecklichen nationalen Diskriminie­rung? Warum läßt man die Roten Brigaden so lange hausen? Wir danken dem Ehepaar Liubarskis, die Balys einen Verteidiger besorgten, dem belgischen Rechtsanwalt van der Bosch für seine Bereitschaft, den Ange­klagten zu verteidigen, der großen Presse Belgiens für die Berichterstattung über die schwere Lage Litauens — wir danken allen Menschen guten Willens für ihr Mitgefühl mit dem Gefangenen und dem Lande Litauen. Vergelt's Gott ihnen allen. Wir können nur für sie beten, und das tun wir. Alle Bekannten von Balys Gajauskas und Rechtsanwalt van der Bosch bitten wir sehr, sich auch in Zu­kunft dafür einzusetzen, daß dieser Fall nicht vergessen, sondern der Welt im­mer und immer wieder in jeder möglichen Form in Erinnerung gebracht werde — bis Balys Gajauskas frei ist oder in den Westen ausreisen darf. Je mehr Pu­blicity, desto wahrscheinlicher die Chance, daß andere frei bleiben.

Bringt den Fall Litauen vor das Forum der Welt! Das leidende und kämpfende Litauen