Kaunas

Die Leitung der 29. Mittelschule wurde höheren Orts wegen Vernachlässigung der atheistischen Arbeit gerüffelt. Einer der Abiturienten, Jonas Ivanauskas, war in das Priesterseminar Kaunas eingetreten.

Besonderen Eifer zeigt hier die Klassenlehrerin (VI 0 Frau Dana Mikaliūniene. Ob der Schüler nun will oder nicht, sie bindet ihm den roten Schlips um, und schon ist man Jungpionier. Die Schülerin Laima Sutkutė wagte es, das ihr so verliehene Halstuch wieder abzulegen und hatte deswegen größte Schwierigkei­ten. »Ihre Tochter ist der einzige weiße Rabe der Klasse«, bekam die Mutter von der Pädagogin zu hören.

Gargždai,  Rayon Klaipėda

Am 9. September wurde hier Justinas Stanijauskas beerdigt, dessen Tochter die Klasse IVe der II. Mittelschule besucht. In der Absicht, ihrer Schülerin zum To­de des Vaters ein Beileid zu bezeugen, führte die Klassenlehrerin, Frau Petraus­kienė, die Schüler der Klasse zur Beisetzung. Als sie aber eines Priesters ansich­tig wurde, befahl sie ihren Schützlingen, die Blumen an einer Tragbahre neben dem Müllplatz abzulegen und den Friedhof zu verlassen. Bedauerlich, daß es in unseren Sowjetschulen so schlecht erzogene Lehrer gibt, die ihren Mitmenschen in der Stunde größter Trauer, statt Beileid zu bezeugen, noch zusätzlich Kummer bereiten. Es ist besser an einem Begräbnis erst gar nicht teilzunehmen, als sich ein so kulturloses Benehmen zu leisten.

Molėtai

Die Schüler der hiesigen Mittelschule — Virginijus Kisielius (Klasse VIII b), Julius Bareikis (VIII) und Romualdas Gudonis (VIIa) verübten am 26. März ei­nen Diebstahl in der Kirche von Molėtai. Sie nahmen den Schlüssel des Taber­nakels, das Kreuz vom Seitenaltar und zwei schöne Kerzen mit, eine davon vom Boden der Sakristei. Der Besuch der ungebetenen Gäste wurde festgestellt, als der Priester während der Messe den Tabernakel öffnen wollte, um die Kom­munion an die Gläubigen zu verteilen.

In der Schule zeigten die Diebe ihre Beute herum, so daß die Sache alsbald ruch­bar wurde. Die Schülerschaft fühlte sich sehr unangenehm berührt, zumal die Diebe von den Lehrern auch noch ermutigt wurden. Zu Beginn einer jeden Un­terrichtsstunde begannen die Schüler, sobald der Lehrer erschien, von der Neuigkeit, dem Kirchenraub, zu erzählen. Nur einige Lehrer rügten das Verhal­ten der Diebe, andere, wie der Lehrer Kazlas oder Frau Gaidienė, taten,als ver­stünden sie nicht. Die Klassenlehrerin (VIII b), Frau Vitalija Sabuckienė, mach­te aus der Schülerin Vita Žiegždrytė die eigentliche »Schuldige« — sie habe als ständige Kirchgängerin den Diebstahl überhaupt erst bekanntgemacht. Die Die­be wurden zu Helden, und Frau Subackienė beschimpfte die Schülerin Vida und ließ zu, daß andere Kinder das Mädchen verhöhnten. In dieser Atmosphäre war Vida so irritiert, daß sie sich allen Ernstes für schuldig hielt, während die Diebe triumphierend Vida verspotteten, die weinend und völlig aufgelöst nach Hause lief. Vida wurde bis zum Ende des Schuljahres schikaniert. Die Betragensnoten des Schülers Kisielius erfuhren keine Minderung, obwohl er als notorischer Dieb wiederholt beim Bestehlen seiner Mitschüler und der Schule selbst erwischt worden ist. Der Kirchendiebstahl diente als willkommener An­laß, die atheistische Erziehung zu verstärken. Bis zum Ende des Schuljahrs wur­de dreimal das Ausfüllen atheistischer Fragebogen verlangt. Vida, von den Leh­rern demonstrativ übersehen und isoliert, hatte die ganze Schwere und Gemein­heit der Demütigung auszukosten.

Šiauliai

Am 1. Oktober 1978 wurde hier der Schüler Gintaras Skorubskas, Abiturient der VIII. Mittelschule von Šiauliai,beerdigt. Bereits vorher hatte die Schullei­tung die Eltern des Verstorbenen angefleht, ja keinen Priester zur Beerdigung zu laden,und die Mitschüler waren gewarnt, den Kirchenraum ja nicht zu betreten. Als der Trauerzug an der Kirche hielt, verboten die Leiter der Schule, Jonaitis und Frau Lukšienė, den Schülern sogar das Betreten des Friedhofs. Wer es trotzdem tat, wurde dort von der Leiterin des Atheistenzirkels, Frl. Grebeničen-kaitė, weiterverfolgt. Die Schüler der unteren Klassen gehorchten den Lehrern zwar, doch nutzten die Oberkläßler die zeitweilige Ablenkung von Frau Lukšie­nė und betraten demonstrativ den Friedhof. Der Pfarrer ersuchte die unschlüssi­ge Menge schließlich, den Kirchenraum zu betreten. An der Kirchentür aber hatte sich Frl. Grebeničenkaitė postiert. Sie nahm den Schülern die mitgebrach­ten Blumengebinde weg und drohte den Eintretenden; doch nun drängten die Schüler auch ohne Blumen ins Innere. Die Schulleiterin Jonaitienė kam jetzt ih­rer Kollegin zu Hilfe, zerrte einzelne Schüler beiseite, um sie zu identifizieren und auszufragen. Schülern der VIII. Klasse erklärte sie: »Ihr dürft nicht in die Kirche gehen.« Daraufgab ein Mädchen mutig zur Antwort: »Ich fürchte mich vor der Kirche nicht!« Angesichts der Fruchtlosigkeit ihrer Bemühungen griff Frl. Grebeničenkaitė zu offenen Drohungen: »Wartet nur, morgen werden wir weitersehen . . .«, und schlich sich dann selber in das Kircheninnere, um die Schüler zu beobachten — wer niederkniet, betet oder nur unschlüssig herum­steht. Zu Beginn der Messe knieten alle Anwesenden nieder — die Lehrerin al­lein blieb stehen.

Nach der Beisetzung überschütteten die Lehrer die Schülerschaft mit Vorwür­fen, Spott und Drohungen. Die Geschichtslehrerin, Frau Vaičiugienė, machte sich kritisch und höhnend über den Priester lustig, dem sie »Unhumanität« vor­warf.