Weißrußland
Zaludka, Gebiet von Gardinas
Der Vorsitzende der Religionsgemeinschaft der Pfarrei Zaludka, Sakel, wurde 1978 mit einer Strafe von 50 Rubel dafür belegt, weil an der Osterprozession Kinder teilgenommen haben. Zwei Monate später wurde Sakel zum Rayon (Scucin) vorgeladen,und dort hat man ihm mitgeteilt, daß er wegen Verstoßung gegen die Kultgesetze mit einer Strafe von 50 Rubel bestraft werde. Die Rayonregierung hat der Kolchosleitung befohlen, die Strafe vom Lohn des Sakel abzuziehen.
Zaludka, Gebiet von Gardinas
Am 13. Juni 1978 hat in der Kirche von Zaludka der Priester Anton Chanko feierlich seine erste hl. Messe zelebriert. Weil das die erste Primizfeier in Weißrußland nach dem Krieg war, ist eine unübersehbare Menschenmenge zusammengeströmt. Am Primiztag wurde auf Befehl des Schuldirektors in einer Entfernung von 20 Metern von der Kirche ein Lautsprecher montiert, damit die Leute den Ablauf des Gottesdienstes nicht hören konnten. Die Vertreter des Kirchenkomitees haben gebeten, den Lautsprecher abzuschalten, aber niemand hat auf sie gehört. Erst später, kurz vor dem Hochamt, hat man ihn ausgeschaltet, als die aufgebrachten Menschen gedroht haben, daß sie wegen Behinderung des Gottesdienstes in Moskau sich beklagen werden.
Senosios Vasiliškės
Als der Pfarrer Prišmontas gestorben ist, hat die Regierung des Rayons die Kirche, die eine von den schönsten in Weißrußland ist, geschlossen. Lange Zeit haben die Menschen geschrieben und sind öfters hingereist nach Minsk und nach Moskau, mit der Bitte, die Kirche zu öffnen. In Moskau hat man gesagt, man müsse ein Komitee der Religionsgemeinschaft bilden und die Liste beim Rayon einreichen. Wenn die Regierung des Rayons sie nicht genehmigen würde, dann müsse man sich wieder nach Moskau wenden.
Die Pfarrangehörigen von Senosios Vasiliškės haben an das Rayon in Ščučin geschrieben, ebenso an ihre Ortsregierung in Gardinas und auch an die Hauptstadt Moskau, aber eine Antwort bekamen sie nirgendwo . . .
Šemetovščyzna, Gebiet von Vitebsk
Am 30. Oktober 1978 wurde der Pfarrer von Šemetovščyzna, Kučinskas, nach Minsk zum Bevollmächtigten des Rates für religiöse Angelegenheiten eingeladen. Zalevskij und Ponomariov haben ihm gesagt, daß das Seminar in Weißrußland nicht mehr nötig sei, denn es gibt ein Priesterseminar in Riga, und außerdem wurde erwähnt, daß es in Weißrußland keine Kandidaten gäbe. Es ist jedoch bekannt, daß in diesem Jahr die Eingaben von sechs Kandidaten verworfen wurden . . .
Moldau
Ein Telegramm nach dem anderen bekommt der einzige Priester von Moldau aus allen Ecken mit herzzerreißenden Bitten, zu kommen, um Beichte zu hören und die Sterbenden mit Sakrament zu versehen. Die Sowjetregierung hat für solche Bitten nur Spott und Hohn übrig.
Riskiert der Priester mal, ohne Regierungserlaubnis die Sterbenden mit Sakrament zu versehen, dann wird er festgehalten, bestraft und es wird ihm gedroht. Dabei sind besonders »eifrig« die Rayons von Kamenka und Ribnyca. So ist am 21. November 1978, von der Enkelin eingeladen, der Priester nach Ribnyca gefahren, um die kranke Großmutter zu versorgen. Unweit von Ribnyca hat der Priester bemerkt, daß er verfolgt wird. Kaum war man in das Städtchen hineingefahren und der Priester aus dem Wagen ausgestiegen, da hat die Miliz, die dem Wagen nachgefolgt war, den Fahrer festgehalten, ihn zur Abteilung mitgenommen und strengstens verboten, in Zukunft den Priester zu fahren.
Sloboda-Raskov
Am 25. November ist es ein Jahr her, seitdem die Sowjetregierung das Kirchlein abgerissen und die Menschen auseinandergejagt hat. Aber dessenungeachtet versammeln sich die Menschen hier jeden Abend zum gemeinsamen Gebet in einem kleinen Zimmer und sogar unter dem freien Himmel, denn der kleine Raum kann nicht alle fassen. Regen, Schnee und Kälte hält sie nicht vom Gebet zurück. Schlimmer als das schlechte Wetter belästigt sie der Gemeindevorsitzende Bogorozas. Er kommt immer angetrunken und vertreibt die Kinder. Vom 1. bis zum 15. November ist Bogorozas dreimal in angetrunkenem Zustand gekommen, hat die Kinder grob verjagt, die gemeinsamen Gebete der Gläubigen gestört. Am 13. November ist der Vorsitzende während des Gebetes in das kleine Zimmer eingedrungen und hat die Kinder einzeln nach draußen gezerrt. Die Erwachsenen nicht mitgerechnet, sind im Zimmer nur noch zwei Halbwüchsige geblieben — die Schülerin der 10. Klasse, Svetlana Pogrebnaja, und der Schüler der 11. Klasse, Stanislav Malciuk. Bogorozas ist zu Svetlana gestürzt und wollte sie mit Gewalt vertreiben. Das Mädchen hat ruhig geantwortet: »Wenn ich gebetet habe, dann gehe ich auch so.« Zornig ist Bogorozas zu Stanislav Malciuk hingesprungen und hat im guten gebeten, herauszugehen. Der Jugendliche hat auf seine flehentlichen Bitten überhaupt nicht reagiert. Dann schrie Bogorozas aufgebracht auf: »Ich werde mit euch in der Schule abrechnen!« Ein Stachel, der dem Gemeindevorsitzenden von Raskov keine Ruhe gibt, ist die Kerze, die angezündet und gehütet wird von den Katholiken in Raskov an der Stelle, wo der Altar der zerstörten Kirche gestanden hat. Auf dem freien Feld, bei Tag und bei Nacht, bei klarem und feuchtem Wetter, vom Wind geschützt, flackert eine kleine Kerze und erinnert jeden, daß an dieser Stelle des allerhöchsten Gottes, des eucharistischen Jesus Zelt gewesen ist, das von brutalen Händen zerstört wurde.
Wenn die Bewohner von Raskov sich an das Zentralkomitee oder den Rat für Religionsangelegenheiten in Moskau wenden, mit der Bitte um Erlaubnis für den Priester, zu den Kranken oder zu den Sterbenden zu kommen, dann werden die Schreiben zurückgeschickt nach Kischiniov. Die letzte Antwort, nachdem A. I. Raneta der Ortsregierung einen Befehl gegeben hat, dem Priester keine Seelsorgeerlaubnis zu genehmigen, schickt er eine etwa folgende Antwort zu: »In Beantwortung Ihres Schreibens, das an das ZK der KP der Sowjetunion gerichtet war, teilen wir mit, daß, da im Rayon von Kamenka die katholische Gemeinde und Priester nicht registriert sind, die Frage wegen Einladung des Priesters aus einem anderen Rayon die Ortsregierung entscheiden muß.« Unterschrieben hat der stellvertretende Bevollmächtigte des Rates für religiöse Angelegenheiten, A. I. Raneta.