Palomenė, Rayon Kaišiadorys

An den Bevollmächtigten des Rates für religiöse Angelegenheiten, des Priesters Jonas Urbus, wohnhaft in Palomenė, Rayon Kaišiadorys

Erklärung

Im Oktober 1978, wie auch im vergangenen Jahr, haben die Klassenlehrer der achtjährigen Volksschule in Palomenė den Schülern der Klassen V—VIII be­fohlen, Fragebogen auszufüllen, die ihre religiösen Überzeugungen angehen. Das Benehmen einiger Lehrer ist weder mit der Ethik noch mit dem Recht zu vereinbaren.

Die Klassenlehrerin der Kl. V, Ona Renkevičaitė, fing an, nachdem sie auf der Tafel die Fragen aufgeschrieben hatte, den Schülern zu erläutern, wie sie auf diese antworten müssen. Alle müßten schreiben, daß sie nicht glauben; auf die Frage: »Warum nicht glauben«, schreiben — »darum, weil die Wissenschaft be­wiesen hat, daß es Gott nicht gibt«; auf die Frage: »Ob du zur Kirche freiwillig oder von den Eltern gezwungen gehst«, schreiben — »von den Eltern gezwun­gen«. Zu denen, die trotz des Befehls zur Lüge den Mut hatten, gemäß ihrem Gewissen zu schreiben, daß sie glauben, hat die Lehrerin O. Renkevičaitė ge­sagt: »Vereinbart mit euren Müttern, daß sie euch nicht zur Kirche treiben, denn die Schule verlangt, daß ihr nicht glaubt und nicht in die Kirche geht.« Die Klassenlehrerin der Kl. VI hat ihre Schüler auch so ähnlich belehrt. Den Un­wissenden, wie man auf die Fragen antworten soll — »welche Bücher atheisti­schen Inhalts habt ihr gelesen«, befahl sie zu schreiben — Už vienuolyno sienų (Hinter den Klostermauern), Nenoriu dangaus (Ich will keinen Himmel). Als die Schüler erklärten, daß sie diese Bücher nicht gelesen haben, und wenn sie je­mand fragen würde, was dort geschrieben steht, könnten sie keine Antwort ge­ben; da hat die Klassenlehrerin versichert: »Keiner wird euch fragen.« Ein Teil der Schüler hat die Frage »Glaubst du?« überhaupt nicht beantwortet. Ihnen und dem Vidas Žižliauskas, der geschrieben hatte, »ich glaube«, hat die Lehre­rin befohlen, alles aufs neue zu schreiben, und zu schreiben, »ich glaube nicht«. Besonders hat sie dem Schüler Janonis zugesetzt, der geschrieben hatte, »ich glaube«, und auf die Frage »warum glaubst du« — geantwortet — »die Wissen­schaft hat bewiesen, daß Gott existiert«.

Daraus ist zu ersehen, daß ein solches Benehmen der Lehrer nicht nur unpäd­agogisch (bei anderen Gelegenheiten lehren sie Aufrichtigkeit und Gewissenhaf­tigkeit mit Worten, aber durch ihre Taten verleugnen sie das alles), sondern auch verbrecherisch gegen Personen und Gesetze ist. Das ist ein Verbrechen ge­gen die Schüler — ihr Gewissen wird vergewaltigt; Verbrechen gegen die Eltern

— es wird das zertreten, was die Eltern ihren Kindern eingepflanzt haben; Ver­brechen gegen die Mitmenschen — die junge Generation wird gelehrt, zu heu­cheln, Verbrecher zu sein, sich nicht vom Gewissen, sondern von Nutzen und Karriere leiten lassen. Und schließlich widerspricht ein solches Benehmen der Lehrer der Verfassung der Litauischen SSR, der Allgemeinen Deklaration der Menschenrechte und der Schlußakte von Helsinki.

 

den 18. November 1978                                      Priester J. Zubrus

Josvainiai, Rayon Kėdainiai

Am 28. September 1978 hat die Vorsitzende der Volkskontrolle der Mittelschule von Josvainiai, Lehrerin Apolonija Jurevičienė, den Schülerinnen der IV. Klas­se Dalia Viptrikaitė, L. Valaitytė und Lijana Šilkaitytė befohlen, nachzusitzen. Lehrerin Jurevičienė hat sie ausgeschimpft, ausgelacht, so daß die Mädchen ge­zittert haben wie Blätter, und befahl ihnen, die Mütter deshalb mitzubringen, weil sie zur Kirche gingen und im Chor mitsingen. Lehrerin Elena Dovydienė hat ebenfalls die Schülerinnen Daiva Salagubaitė, Roma Bernatavičiutė und Rasa Urbelytė terrorisiert. Die Klassenlehrerin der Kl. IVa, Kaminskienė, hat den Schülerinnen Daiva Vasliūtė und Genutė Brigytė gedroht, die Note für das Betragen auf Drei herabzusetzen wegen ihres Glaubens und Singens im Kirchen­chor.

Die vorgeladenen Mütter erklärten, daß sie selbst zur Kirche gehen und wollen, daß auch ihre Kinder religiös aufwachsen. Der Mutter von Šilkaitytė, die auf der Schreibstube der Gemeinde von Josvainai arbeitet, und der Mutter von Va­laitytė, die im Kulturhaus von Josvainiai arbeitet, wurde gedroht, wenn sie auch weiterhin die Mädchen zur Kirche gehen lassen, müßten sie ihre Arbeitsplätze verlassen.

Lehrerin Valaitienė verwarnte und beschimpfte die Mütter für die »Schädi­gung« ihrer Kinder. Wenn sie möchten, daß ihre Kinder weiter studieren kön­nen, müßten sie sich von der Kirche lossagen. Ebenfalls verwarnt wurden die Schülerinnen Aušra und Jūratė Maziliauskaitė, Rasa Banderdorfaitė, Dalia und Aušra Vinntrikaitė.

Šiauliai

Am 17. Oktober 1978 hat die Lehrerin der V. Mittelschule in Šiauliai, Lipnickie-nė, einer Gruppe von Schülern ihrer Ia-Klasse befohlen, während des Unter­richts in der Ecke bei der Abfallkiste zu stehen, weil sie zur Schule gekommen sind, ohne das Abzeichen der »Oktoberkinder« angeheftet zu haben. Als »Ok­toberkinder« schreiben die Lehrer meistens alle Erstkläßler auf, ohne überhaupt sie selbst oder ihre Eltern um Einverständnis gefragt zu haben. Das ist ein typi­sches Beispiel der sowjetischen Pädagogik. In Litauen gibt es keine offizielle Schülerorganisation, die ein litauisches Abzeichen hätte.

Telšiai

Im Juni 1978 ist Mockevičius tragisch umgekommen. Die Kinder blieben als Waisen zurück. Kaum waren zwei Monate nach der Beerdigung vergangen, als Mockevičienė, die im Krankenhaus von Telšiai in der Kinderabteilung als med. Schwester arbeitet, von der Abteilungsleiterin Cirkova die Drohungen zu hören bekam, daß ihr die Mutterrechte abgesprochen werden, wenn ihren Kindern auch weiterhin erlaubt wird, bei der hl. Messe zu dienen. Und die Oberschwester Krupova hat gedroht, daß sie das Medizinische Institut in Kaunas anrufen wird, damit ihrem dort studierenden Sohn der Internatsplatz weggenommen werde. Im Monat Oktober wurde Mockevičienė wieder zum Oberarzt des Krankenhau­ses Janulis zwecks Rechtfertigung vorgeladen. Den Schülern Mockevičius, die in der Mittelschule Žemaite lernen, wurde die Note im Betragen herabgesetzt. »Wir können auf keinen Fall den Kirchenbesuchern die Note eines vorbildlichen Betragens geben« — erklärte der Direktor Rūkas dieser Schule. Obwohl die Atheisten auf ihren Humanismus sehr stolz sind, haben sie keine Hemmungen, sogar das größte menschliche Unglück — den Tod — auszunützen, um zum Ab­fall vom Glauben zu zwingen.

Am 18. September 1978 wurde die Schülerin der V. Mittelschule, Klasse IIIc, Kibelkytė, beerdigt. Die Klassenlehrerin Moščinskienė hat den Eltern erklärt: »Wenn ihr mit der Kirche beerdigt, lassen wir an der Beerdigung keinen einzigen Schüler teilnehmen.«

Am 6. Oktober 1978 hat die Direktorin der IV. Mittelschule von Telšiai, Ado­maitienė, die Schülerin der VIII. Klasse, Alina Stonkutę, verhört: »Warum trittst du nicht dem Komsomol bei? Warum gehst du zur Schule mit dem Abzei­chen des Eucharistiefreundes?« (In Telšiai ist es den Schülern verboten, die klei­nen, von der sowjetischen Industrie hergestellten Abzeichen zu tragen, die an den Zeitungsständen frei für 17 Kopeken verkauft werden und einen Bildstock darstellen.) Am Schluß des Gesprächs erklärte die Direktorin: »Alles muß unter uns bleiben, denn sonst wird dieser Priester das wieder in seiner Predigt bringen.«

Nach einigen Tagen hat die Klassenlehrerin Stanienė A. Stonkutę und andere Schüler, die dem Komsomol nicht beigetreten waren, nachsitzen lassen und Rechtfertigungen zu schreiben befohlen, warum sie nicht beitreten . . . Stonku­te hat geschrieben: »Ich trete nicht bei, weil es den Komsomolzen verboten ist, zur Kirche zu gehen.« Am folgenden Tag hat die Klassenlehrerin Stanienė diese Rechtfertigung vor der ganzen Klasse ausgelacht.

Die Schwester dieser Schülerin, Genutė Stonkutę, hat nach Beendigung der Mit­telschule einen Monat lang keine Charakterbeurteilung erhalten, die beim Ein­tritt in eine andere Schule notwendig ist. Ihr wurde befohlen, um die Charakter­beurteilung beim Pfarrer zu bitten. Als sie schließlich die Charakterbeurteilung erhalten hat, hatte die Direktorin mit eigener Unterschrift bezeugt, daß die Schülerin den Beitritt zum Komsomol kategorisch verweigert hat. Zum Sicherheitsdienst (KGB) in Telšiai werden seit Anfang des Jahres 1978 re­gelmäßig die Chorsänger, die Eltern derjenigen, die in der Kirche iruder hl. Mes­se dienen und Anbetung halten und deren Bekannte zum Verhör vorgeladen. Sogar Jugendliche, die Mitschüler oder Freunde von Gläubigen sind, werden zum Verhör vorgeladen. Sie werden meistens von dem Chef des Sicherheitsdien­stes Laskutovas ausgefragt. Zu diesem Zweck hat man schon öfters sogar un­gläubige Schüler und Komsomolzen zum Sicherheitsdienst vorgeladen. Anfangs kommen die Sicherheitsbeamten zur Schule. Die traditionellen Fragen beim Ausfragen sind: »Bist du gläubig? Welche Gläubigen kennst du? Gehst du zur Kirche?« Die Sicherheitsbeamten bejahen sogar den Kirchgang, nur müsse man in der Kirche einiges beobachten. Deshalb werden die Jugendlichen verpflichtet, diejenigen zu beschatten, die zur Kirche gehen, die Gespräche mit ihnen wieder­zugeben und über alle Kleinigkeiten des Lebens zu berichten. Die Sicherheitsbe­amten haben ein großes Interesse daran, welche Bücher die gläubigen Schüler le­sen, und woher sie diese bekommen. Zu diesem Zweck wurden die Schüler der IV. Mittelschule, Klasse X, Romas Perminas, Ignotas Vygantas, Augaitis, Sigi­tas Kotilius; die Schüler der V. Mittelschule Činskis, Daugelis, ebenso die Werk­tätigen Peteikis, Šileikis und viele andere öfters zum Sicherheitsdienst gerufen. In Telšiai werden die Gläubigen beschattet als gefährliche Staatsverbrecher.

Gargždai, Rayon Klaipėda

Die Lehrerin der Klasse IIc der Mittelschule von Gargždai, Papievienė, verfolgt die Schüler, welche die Kirche besuchen und bei der hl. Messe dienen. Als sie er­fahren hatte, daß die Schüler Linas Vainius, Gebrüder Remigijus und Nerijus Zekias, Kuprelis bei der hl. Messe ministrieren, hat sie diese grob verhöhnt: »Wozu geht ihr in diese Kirche, dort gibt es keinen Gott . . . Die Betschwestern bespucken das Kreuz und ihr küßt es. Ich wiederhole, daß es keinen Gott gibt, alles hat Lenin geordnet.« Die Schülerin Dumbraitė wurde dafür beanstandet, weil sie zur Anbetung geht. Man hat ihr gedroht, die Note für Betragen auf 2 (in Litauen bedeutet das 4!) herabzusetzen.

Die Lehrerin der Klasse VIb, Platušienė, ist von ihrem Unterrichtsstoff abge­schweift und hat den Schülern befohlen aufzustehen, die bei der hl. Messe mini­strieren. Aufgestanden sind Saulius Norvilas und Saulius Benaitis. Die Lehrerin verhöhnte sie, aber die Schüler, eine Dauererpressung gewohnt, haben sich nicht mehr aufgeregt: »Sie können diese Noten herabsetzen, aber auf die Kirche verzichten wir nicht.«

Kretinga

Am 22. Dezember 1978 hat die Klassenlehrerin der IX. Klasse der II. Mittel­schule von Kretinga, Radžiuviene, in ihrer Klasse folgendes Gespräch begon­nen: »Die Verfassung garantiert allen Bürgern die Gewissensfreiheit, man kann glauben, man kann auch nicht glauben. Jetzt bekennt mir, bitte, ganz aufrichtig und erhebt die Hände alle diejenigen, die an Gott glauben.« Die Mehrheit der Schüler erhob die Hände. »Jetzt erhebt die Hände, die ihr nicht glaubt.« Von 40 Schülern wurde keine einzige Hand erhoben. Die Lehrerin wurde wütend: »Du, Alma, bist Sekretärin des Komsomol und du, Danguolė, ihre Helferin, glaubt auch ihr an Gott?« — »Frau Lehrerin, Sie haben doch gerade gesagt, daß die Verfassung die Gewissensfreiheit garantiert.« — »Aber du gehörst doch zum Komsomol!« — »Was konnte ich machen, wenn Sie mich dazu gezwungen ha­ben« — rechtfertigen sich die Schülerinnen. Schließlich verlor die Lehrerin die Geduld: »Dann kann ich mit solchen Schülern nicht arbeiten.«

Kretinga

Dem Schüler der VIII. Klasse der II. Mittelschule, Antanas Puškorius, wirft der Klassenlehrer Raguckas dauernd vor: »Durch dich bin ich in die Chroniken her­eingeraten . . . Auch Radio Vatikan hat mich dekliniert.« Dem Schüler derselben Schule, Vytautas Šimkus, haben die Lehrer erklärt: da er in der Kirche bei der hl. Messe diene, würden sie nicht zulassen, daß er die Mittelschule beende. Wenn er die VIII. Klasse beendet hat, würden sie ihn zu ei­ner Fachschule hinschicken. Dasselbe haben die Lehrer auch der Mutter des Schülers wiederholt.

Palanga

Am 20. November 1978 hat der Lehrer der Mittelschule von Palanga, Vytautas Kusas, am Hals des Schülers Valdas Sudintas der Klasse IVb eine Kette mit ei­nem kleinen Kreuz bemerkt. In Gegenwart von allen Schülern hat er diese her­untergerissen und befahl, sie der Klassenlehrerin zu bringen. Die gläubige Mut­ter von Valdas hat eine Beschwerde an das Exekutivkomitee von Palanga und an das Kultusministerium geschrieben.

Raseiniai

Am 10. November 1978 haben zwei Lehrerinnen — Grikštienė von der Mittel­schule Raseiniai und Žirnienė von dem Landwirtschaftlichen Technikum in Ty­tuvenai — die gläubigen Schüler aus der Kirche anläßlich einer Beerdigung her­ausgetrieben, und sie mußten bis zum Ende des Gottesdienstes auf der Straße frieren. Wer hat den Lehrern das Recht gegeben, in der Kirche sich als Herren aufzuspielen?

Kapsukas

Am 10. November 1978, abends gegen 21.00 Uhr, haben auf dem Kirchplatz der Pfarrkirche von Kapsukas unbekannte Gottlose die Statue Mariens zerschlagen, die in einer Nische der Kirchenwand von außen gegenüber dem Hochaltar ge­standen hatte. Etwa zwei Wochen vor diesem Ereignis haben die Zöglinge des neben der Kirche gelegenen Schulinternates die Kirche mit Dreck beworfen.

Gižai, Rayon Vilkaviškis

Am 20. Oktober sollte die Schülerin Ilona Golubovskaitė kirchlich beerdigt wer­den. Der Direktor der Mittelschule von Gižai, R. Savickas, hat mit den Lehrern verlangt, daß die Eltern ihre Tochter nach gottlosem Ritus beisetzen. Den Eltern hat man gedroht, wenn bei der Beerdigung ein Priester dabeisein werde, dann wird man die Leute nicht von der Arbeit freilassen, um die Verstorbene zum Friedhof zu geleiten, und sie würden auch viele andere Unannehmlichkeiten be­kommen. Das gläubige Mädchen wurde nach atheistischem Ritus beigesetzt.

Druskininkai

Ende des Schuljahres 1977/78. Die Abiturienten stehen im Physikexamen. Es examiniert der Schuldirektor Bazys. Nun kommt zum Examinator der Abitu­rient Žilionis. Als der Direktor auf der Brust des Jugendlichen ein kleines Kreuz erblickt, wird er ausfällig:

— »Nimm sofort das Kreuzlein weg!«

— »Nein!« antwortet Žilionis mutig.

— »Nimm weg«, schreit der Direktor mit scharfer Stimme.

Der hartnäckige und mutige Schüler hat auf den Direktor nicht gehört. Darauf­hin hat der wütende Direktor den Abiturienten, der früher gut gelernt hatte, durch verwirrende Fragen ganz durcheinandergebracht und ihm eine unzurei­chende Note gegeben. Das Schicksal des Jugendlichen ist verschandelt — der Eintritt in die Hochschule verbaut.

Biržai

Der Schüler der VI. Klasse der Mittelschule von Biržai, Vilius Meškauskas, hat im Frühjahr 1978 sich geweigert, ein atheistisches Lied zu singen. Dafür mußte er seine Eltern mitbringen, man hat sich mit ihm in der Klassenversammlung be­faßt, und man hat zwei Schüler bestimmt, ihn zu beschatten.