Pater Karolis Garuckas SJ, Mitglied der Litauischen Helsinkigruppe und Gemeindepfarrer von Ceikiniai,verstarb am 6. April 1979 nach schwerer Krankheit im Krankenhaus von Švenčionys (Ostlitauen).
Unser Volk hat einen aktiven und tapferen Kämpfer für grundlegende Menschenrechte, die Kirche einen rührigen und umsichtigen Apostel verloren. Am Tage der Bestattung (10. April) war eine riesige Menge von Gläubigen aus allen Teilen Litauens angereist, um Pater Garuckas das letzte Geleit zu geben und für das Heil seiner Seele zu beten. Unter den Teilnehmern waren über 400 Priester, die in Verbannung lebenen Bischöfe Julijonas Steponavičius und Vin-cantas Sladkevičius und der Verwalter der Erzdiözese Vilnius, A. Gutauskas. Bewegende Trauerpredigten hielten die Pfarrer Jonas Lauriunas, Algimantas Keina und Bronius Antanaitis, am Grabe sprach Pfarrer Alfonsas Svarinskas, Mitglied des katholischen Komitees zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen. Ein Teilnehmer der Bestattungsfeierlichkeiten schreibt uns: »Beim Anhören der bewegenden Worte der Freunde und Mitstreiter unseres Pater Karolis schweiften die Gedanken unwillkürlich hin zu dem kleinen litauischen Ort Paberžė, wo einst Pfarrer Antanas Mackevičius (1828—1863) wirkte, und in den Herzen der Menschen den Geist des Widerstandes gegen Unterdrückung, Unrecht und Ausbeutung entfachte.
A. Mackevičius war zwölf Jahre hindurch Pfarrer der kleinen Gemeinde Paberžė und einer der geistigen Führer gegen zaristische Unterdrückung in Litauen. Er wurde am 28. Dezember 1863 auf Befehl des Zarengenerals Muravjev in Kaunas hingerichtet.
Ist Pater Karolis wirklich nicht mehr unter uns?
Nein, er bleibt bei uns. Das Eichenkreuz über seinem Grab mahnt jeden Litauer und fordert ihn auf, der Unterdrückung Widerstand zu leisten und für ewige Werte zu kämpfen.«
Die Chronik der Litauischen katholischen Kirche teilt zusammen mit dieser Kurzmeldung mit, daß ein Sonderdruck über Leben, Werk und die letzten Lebenstage von Pater Karolis Garuckas in Vorbereitung ist. (Beilage — zwei Bilder von der Bestattungsprozession für Pater Karolis Garuckas SJ und der Menschen an seinem Grabe vom 10. 4. 1979.)
An Seine Exzellenz, den Verwalter des Bistums Telšiai
Aufruf
der Geistlichen des Bistums Telšiai
In den Spalten der Zeitungen, in Fernsehsendungen und Rundfunkberichten vernehmen wir Tag für Tag so manches von Überschwemmungen, Orkanschäden, Erdbeben und anderen Katastrophen, die riesige materielle Verluste verursachen und Tausende Menschenleben fordern.
In unserem Lande kommen solche Naturkatastrophen Gott sei Dank nicht vor. Doch müssen wir befürchten, an einem anderen Schaden zugrunde zu gehen — wir meinen die Springflut der Trunksucht, die nicht weniger Opfer verlangt. Männer und Frauen, junge Menschen und solche im schulpflichtigen Alter sind der Trunksucht verfallen, selbst Diener der Kirche und manche unserer eigenen Confratres befinden sich darunter.
Man trinkt und sagt »Gesundheit« — während gerade die Gesundheit darunter leidet; man wünscht sich Glück, während doch in Wirklichkeit der einzelne und das ganze Volk durch Trunksucht ins Unglück geraten. Mehr noch — selbst seelisch zu Schaden kommen. Christus selbst hat gesagt, Trunkenbolde werden nicht ins Himmelreich kommen.
Angesichts der Gefahr für Leib und Seele und dem Unheihdas dadurch über unser ganzes Land zu kommen droht, haben wir, die unterzeichneten Priester des Bistums Telšiai, beschlossen, auf den Konsum alkoholischer Getränke zu verzichten und andere zu veranlassen, ebenfalls darauf zu verzichten. Wir wenden uns an Sie mit der Bitte, die Autorität Ihres Amtes in Wort und Schrift einzusetzen, um Priester und Gläubige unseres Bistums aufzurufen, alles zu unternehmen, daß unser Land zu den Traditionen der Enthaltsamkeitsbewegung des Bischofs Valančius zurückkehre.
Motiejus Valančius (1801 —1875), Bischof von Samogitien (der Žemaitija, der westlichen Niederlande Litauens). Eine der bedeutendsten Persönlichkeiten im geistigen und nationalen Leben des litauischen Volkes. Zu seinen großen Verdiensten gehört neben der Organisation des Bücherdrucks in Preußen (während der Zeit des zaristischen Druckverbots litauischer Literatur in lateinischen Lettern, 1864—1904) der Aufbau einer großen Abstinenzlerbewegung. Sie erfaßte fast die Hälfte der Gesamtbevölkerung Litauens (im Bistums Samogitien gehören 84% der Bewohner der Bewegung an). Die staatlichen Einnahmen aus dem Alkoholvertrieb gingen bereits im Gründungsjahr 1858 um 67% zurück. Die Bewegung wurde schließlich im Jahre 1864 als staatsgefährdend verboten.
Unterzeichnet von den Geistlichen:
Jonas Beinoris, Kanzler und Kanonikus
Kazimieras Gaščiunas, Kanonikus
Antanas Kiela, Kanonikus
Klemensas Ariauskas
Bronislavas Burneikis
Jonas Elskis
Jonas Kauneckas
Juozas Meidus i
Bronius Pakalniškis
Jonas Petrauskas
Antanas Striukis