Am 25. Dezember 1978 übersandte das katholische Komitee zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen dem Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR ein Dokument mit der Feststellung, das vom Präsidium des Obersten Sowjets der Litauischen SSR erlassene »Statut der Religionsgemeinschaften« widerspreche der Verfassung der Litauischen SSR, der Allgemeinen Erklärung der Menschen­rechte und anderen internationalen Abkommen, denen die UdSSR beigetreten ist. Es wird verlangt, dies Statut außer Kraft zu setzen. Die Geistlichkeit aller Diözesen Litauens hat sich mit diesem Dokument des katholischen Komitees zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen solidarisiert und verschiedenen Sowjetbehörden entsprechende Eingaben unterbreitet, die wir nachfolgend im vollen Wortlaut wiedergeben. Die Eingaben stellen eine wichtige Dokumentation dar. Sie bekunden, daß die überwiegende Mehrheit der Priester Litauens aus geistig ungebrochenen Männern besteht, die entschlos­sen sind, die Absichten des Staatsatheismus, die katholische Kirche Litauens dem Erstickungstod auszuliefern, kämpfend zu vereiteln.

An den Generalprokurator der Litauischen SSR

Durchschriften an:

Kurie des Erzbistums Vilnius

Bevollmächtigter des Rates für religiöse Angelegenheiten beim Ministerrat der UdSSR und beim Ministerrat der Litauischen SSR

Katholisches Komitee zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen Erklärung

der Priester der Erzdiözese Vilnius

Verschiedene Exekutivkomitees unserer Republik haben in den letzten Jahren Aufklärungsversammlungen für Geistliche und Exekutivbeauftragte der Kir­chengemeinden eingeführt und verlangen von ihnen die volle Inkraftsetzung des 1976 vom Präsidium des Obersten Sowjets der Litauischen SSR beschlossenen »Statuts der Religionsgemeinschaften«. Da dieses Statut eindeutig gegen Glau­bensfreiheit und freie Betätigung der Religionsgemeinschaften verstößt, verur­sacht der Befehl, es voll in Kraft zu setzen, große Unruhe unter der Geistlichkeit wie auch innerhalb der gläubigen Öffentlichkeit.

1. Verantwortliche Vertreter von Staat und Partei haben wiederholt und feier­lich versichert, der Staat habe sich nicht in innerkirchliche Angelegenheiten ein­zumischen, und die Kirche habe das Recht, ihre eigenen Angelegenheiten nach den Bestimmungen und Gesetzen ihrer Glaubenslehre selbst zu ordnen. Das oben erwähnte »Statut der Religionsgemeinschaften« erwähnt dies Recht erst gar nicht, sondern verneint es geradezu. Die katholische wie die orthodoxe und andere Kirchen verfügen über eine in der Geschichte und im kanonischen Recht begründete hierarchische Struktur. Nur geweihte Personen — Bischöfe und Priester — sind zum Ausüben von Führungsämtern der Kirche und ihrer Teil­gliederungen befugt. Das »Statut« dagegen will der Kirche die Struktur gewisser Sekten aufzwingen, wonach Laien als Vertreter der Gläubigen Führungspositio­nen zuerkannt werden. Noch merkwürdiger: lokalen (atheistischen) Sowjetbe­hörden wird ein Mitspracherecht bei der Auswahl von Amtsträgern ausführen­der Organe einer Religionsgemeinschaft zugesprochen, ein Recht, das der kirchlichen Hierarchie ausdrücklich aberkannt wird. Das bedeutet wohl, der Kirche habe egal zu sein, wer die Angelegenheiten der einzelnen Gemeinden re­gelt — gläubige Christen oder Marionetten der Atheisten . . . Das ist mehr als Einmischung in innerkirchliche Angelegenheiten, sondern ein Anschlag gegen den Auftrag der Kirche, den ihr Christus selbst erteilt hat und der daher nicht verändert werden kann. Christus und die Kirche gebieten dem Priester: »Gehet hin in alle Welt und verkündet das Evangelium« (Markus 16,15). Das »Statut« aber verbietet ihnen die Betreuung Schwerkranker und Sterbender außerhalb des Territorialbereichs ihrer jeweiligen Gemeinde. Es steht außerhalb jeden Zweifels, wessen Gebot ein Diener Gottes in diesem Falle folgen wird. Vielmehr entsteht eine andere Frage: warum bringt der Staat Priester und Gläubige erst in eine Lage, die sie zwingt, staatliche Weisungen zu mißachten?

2.   In den »Grundbestimmungen« über Rechtsprobleme im Bildungswesen, standesamtlichen und Ehefragen und anderen Sowjetgesetzen gilt ausdrücklich der Grundsatz: falls die Teilbestimmung eines Sowjetgesetzes einem interna­tionalen Abkommen widerspricht, das von der Sowjetregierung ratifiziert wor­den ist, so ist die entsprechende Teilbestimmung ungültig, und die Bestimmung des internationalen Abkommens kommt zur Anwendung. Im »Statut« des Jah­res 1976 widersprechen nicht nur einzelne Artikel, sondern die Mehrzahl der Be­stimmungen sowohl Geist wie Buchstaben internationaler Abkommen. Konkret widerspricht das »Statut« z. B. Art. 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte über Freiheit des Religionsunterrichts; Artikel 19 — über freie Verbreitung von Ideen — und Art. 30, letzterer verbietet generell eine Ausle­gung der Bestimmungen im Sinne der Beschränkungen von Rechten und Frei­heiten. Ein weiterer Widerspruch ergibt sich auch in bezug auf die »Konvention zur Bekämpfung der Diskriminierung im Bildungswesen« (1960), deren Artikel 56 verlangt, daß Eltern die Möglichkeit garantiert werde, ihre Kinder im Sinne der elterlichen Moralvorstellungen und Überzeugungen zu erziehen. Dieser Ar­tikel verbietet in Sonderheit, Kindern eine religiöse oder antireligiöse Erziehung aufzuzwingen, die dem Willen der Eltern und Kinder selbst widerspricht. Art. 3 derselben Konvention verpflichtet die Unterzeichnerstaaten, alle gesetzlichen und Verwaltungsbestimmungen außer Kraft zu setzen, die diesem Abkommen widersprechen. Doch das Präsidium des Obersten Sowjets unserer Republik ignoriert diese Konvention offensichtlich.

3.   Eine Reihe von Paragraphen des »Statuts« widerspricht dem Grundsatz der Glaubensfreiheit und der Gleichstellung gläubiger mit nichtgläubigen Bürgern. Sie sind unvereinbar mit den Artikeln 52 und 34 der Verfassung der UdSSR und entsprechenden Paragraphen der Konstitution der Litauischen SSR. Aus den dargelegten Gründen sind wir, Gläubige wie Priester (die wir zur Aufklärung der Gläubigen verpflichtet sind), nicht in der Lage, das »Statut« als rechtsver­bindlich anzuerkennen; auch unser Gewissen verbietet uns, alle seine Bestim­mungen zu befolgen.

Die Verfassung verpflichtet Sie, sehr geehrter Generalprokurator der UdSSR, zur höchstgesetzlichen Verteidigung der Gesetzlichkeit auf dem gesamten Terri­torium der Sowjetunion. Wir ersuchen daher zu verfügen:

a) Außerkraftsetzung des vom Präsidium des Obersten Sowjets der Litauischen SSR erlassenen »Statuts«.

b) Garantie des Rechtes aller Kirchen (Konfessionen), sich an die eigenen Auf­baustrukturen und kanonischen Vorschriften zu halten, ebenfalls Zubilligung des Statuts juristischer Personen (Körperschaften) für Religionsgemeinschaften.

c)   Garantie des Rechts auf freie Verbreitung eigener Meinungen für die Hierar­chie, die einzelnen Religionsgemeinschaften und jeden Gläubigen — bei deren Gleichstellung mit Vertretern anderer Weltanschauungen; ebenso Garantie für die Freiheit des systematischen Religionsunterrichts für Kinder und Jugendli­che, gemäß der eigenen und der Willensbekundung der Eltern.

d) Garantie für Bürger, die ihren Glauben offen bekennen, beim Vorliegen ent­sprechender sachlicher Qualifikationen, in allen Zweigen der Produktion, des Kulturlebens und sonstigen Bereichen öffentlicher Tätigkeit, Posten bekleiden zu dürfen.

Die Verwirklichung voller Gesetzlichkeit und völliger Gleichstellung aller würde erheblich zu einer wahren Einigkeit der Bürger beitragen, die Erfüllung wirt­schaftlicher, kultureller und moralischer Aufgaben fördern und das internatio­nale Ansehen der UdSSR erhöhen.

Litauische SSR im Februar 1979

Priester der Erzdiözese Vilnius:

Pfarrer K. Garuckas und Pfarrer B. Laurinavičius

Mitglieder der Öffentlichkeitsgruppe Litauen zur Verwirklichung der Helsinki­beschlüsse

V. Černiauskas                        P. Jankus

A. Keina                                S. Malachovski

J. Lauriūnas                            L. Savickas

M. Petravičius                         S. Valiukėnas

J. Vaitonis                              J. Slėnys

A. Andriuškevičius                   J. Juodagalvis

K. Gajauskas                          V. Bronickis

N. Pakalka                             P. Bekiš

N. Jaura                                 K. Vasiliauskas

D. Baužys                              I. Paberžis

K. Molis                                I. Jakutis

J. Budrevičius                         A. Valatka

J. Grigaitis                              P. Tarvydas

M. Stonis                               R. Blažys

K. Pukėnas                             J. Tunaitis

A. Dziekan                             S. Puidokas

A. Trusevič                             V. Aliulis

J. Obremski                             S. Tunaitis

K. Vaičionis                            A. Čeponis

V. Rūkas                                J. Baltušis

A. Simonaitis                           J. Kardelis

K. Gailius                               D. Puidokas

K. Žemėnas                            M. Savickas

D. Valančiauskas                      A. Petronis

A. Kanišauskas                        A. Merkys

A. Ulickas                              K. Valeikis

D. Valiukonis                          V. Jeskelevičius

R. Černiauskas                         J. Kukta

S. Kakarieka                            S. Markevičius

 

An das

Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR, Präsidium des Obersten Sowjets der Litauischen SSR

Durchschriften an:

Katholisches Komitee zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen Bischöfe und Bistumsverwalter Litauens

Bevollmächtigter des Rates für Religionsangelegenheiten, P. Anilionis Erklärung

der Priester des Erzbistums Vilnius

Wir, die endunterzeichneten Priester der Erzdiözese Vilnius, bekunden unsere Übereinstimmung mit der Erklärung Nr. 5 des katholischen Komitees zur Ver­teidigung der Rechte der Gläubigen, datiert vom 25. Dezember 1978 und gerich­tet an das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR, das Präsidium des Ober­sten Sowjets der Litauischen SSR, die Bischöfe und Bistumsverwalter Litauens und den Bevollmächtigten des Rates für Religionsangelegenheiten, P. Anilionis. Wir erklären ferner, daß wir das »Statut der Religionsgemeinschaften« als rechtlich nicht existent betrachten und außerstande sind, seine Bestimmungen einzuhalten, denn seine Vorschriften diskriminieren die Gläubigen, tun ihren Gewissen Zwang an, widersprechen Lehre und kanonischem Recht der katholi­sehen Kirche, der Verfassung der UdSSR wie der litauischen, der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und anderen internationalen Verpflichtungen der UdSSR.

Litauen, 25. Januar 1979

Pfarrer Karolis Garuckas, Pfarrer Bronius Laurinavičius — als Mitglieder der Öffentlichkeitsgruppe Litauen zur Verwirklichung der Helsinki­beschlüsse.

Die Priester

V. Černiauskas A. Keina M. Petravičius J. Vaitonis J. Lauriūnas A. Andriuškevičius K. Gajauskas N. Pakalka N. Jaura D. Baužys K. Molis J. Budrevičius J. Grigaitis M. Stonys K. Pukėnas A. Dziekan A. Trusevič J. Obremski K. Vaičionis L. Savickas P. Jankus S. Malachovski S. Valiukėnas J. Slėnys V. Bronickis K. Vasiliauskas S. Puidokas S. Tunaitis

A. Čeponis A. Simonaitis K. Žemėnas A. Kanišauskas D. Valiukonis D. Valančiauskas A. Ulickas J. Baltušis J. Kardelis M. Savickas A. Merkys V. Jeskelevičius J. Kukta I. Paberžis P. Tarvydas R. Blažys J. Tunaitis S. Kakarieka V. Rūkas K. Gailius R. Černiauskas D. Puidokas

A. Petronis
K. Valeikis
J. Jakutis

B. Bekiš
A. Valatka

S. Markevičius

An das Präsidium des Obersten Sowjets der Sozialistischen Sowjetrepublik Li­tauen

Durchschriften an:

Bischöfe und Bistumsverwalter Litauens und das

katholische Komitee zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen

Erklärung

von Priestern und Erzdiözesen Kaunas Postadresse 23 5467 Žagarė, Rayon Joniškis Pfarrer Gustavas Gudanavičius

Vertreter von 34 Staaten, darunter die UdSSR und der Vatikan, haben am 1. August 1975 die Schlußakte der Helsinkikonferenz unterzeichnet, in der wir lesen:

·       Die Teilnehmerstaaten werden die Menschenrechte und Grundfreiheiten achten, darunter die Freiheit des Denkens, des Gewissens, der Religion und Weltanschauung, ohne Rücksicht auf Unterschiede der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder des Glaubensbekenntnisses.

·       In diesem Sinne wollen die Teilnehmer die Freiheit der Persönlichkeit, die Beichte, individuell oder in Gemeinschaft mit anderen abgelegt, die Freiheit der Religion und Weltanschauungen je nach dem individuellen Gewissen anerken­nen und achten.

·       Die Teilnehmerstaaten anerkennen die Bedeutung der Menschenrechte und Grundfreiheiten . . .

·       Auf dem Gebiet der Menschenrechte und Grundfreiheiten wollen sich die Teilnehmerstaaten an die Ziele der UNO-Satzung und der Allgemeinen Erklä­rung der Menschenrechte halten. Zitiert nach der Schrift »Für Frieden, Sicher­heit und Zusammenarbeit«, Vilnius, Mintis-Verlag, 1976, S. 22—23.

In der Verwirklichung der Souveränitätsrechte, darunter des Rechts auf Gesetz­gebung und Erlaß von Verwaltungsvorschriften, werden sie (die Teilnehmer­staaten) die eigenen Rechtsbestimmungen mit den Normen des internationalen Rechts in Einklang bringen. Sie werden ferner die Bestimmungen der KSZE-Schlußakte entsprechend berücksichtigen und durchführen (dortselbst, § 26). Die Katholiken Litauens und Angehörige anderer Glaubensgemeinschaften hofften, daß mit der Unterzeichnung eines so bedeutsamen Dokuments auf höchster Ebene nun das Ende aller religiösen Diskriminierung gekommen sei und daß alle gegen die Gläubigen gerichteten Verordnungen aufgehoben und ungültig gemacht würden. Leider war das Gegenteil der Fall. Am 26. Juli 1976 erließ das Präsidium des Obersten Sowjets der Litauischen SSR eine neue Ver­ordnung, mit deren Hilfe die katholische Kirche in Litauen möglichst kurzfristig vernichtet werden soll. Somit erbrachten uns die internationalen Verpflichtun­gen der UdSSR rein gar nichts.

Nach Kenntnisnahme dieser Verordnung des »Statuts der Religionsgemein­schaften« sind wir als Priester und nach kanonischem Recht berufene Leiter und legale Sprecher unserer Gemeinden, auch als Künder der tiefsten Nöte, Kümmernisse, sonstigen Sorgen der Gläubigen unseres Erzbistums aus eigener Gewissensnot gezwungen, festzustellen: dieses Gesetz ist verfassungswidrig, an­tihuman und widerspricht den internationalen Verpflichtungen der UdSSR. Deshalb können wir uns nicht daran halten. Wir möchten ferner daran erin­nern, daß die katholische Kirche ihrer Natur nach keine politische Organisation, sondern eine ausschließlich religiöse Gemeinschaft ist. Sie regelt auch ihre inne­ren Angelegenheiten selbsttätig nach kanonischem Kirchenrecht. Das haben auch Vertreter der Sowjetmacht festgestellt und anerkannt. Der Sowjetstaat und die Organe der Sowjetmacht mischen sich in die inneren Angelegenheiten der Kirche, d. h. ihr kanonisches und dogmatisches Wirken, nicht ein (J. Rugienis — »Die Sowjets und die religiösen Kultgesetze«; in: Tary­bų darlas, Arbeit der Sowjets, Nr. 9, 1972, S. 17). Doch die Praxis sieht anders aus. Zur Illustration hier einige Beispiele. In dem der Kirche aufgezwungenen sogenannten »Vertrag«, mit dessen Hilfe man seit einem Jahrzehnt Priester und Laien gleichermaßen plagt, heißt es in Artikel 4:

»Dieser Vertrag kann nach festgesetzter Ordnung aufgehoben werden durch Be­schluß, das Bethaus (Kultgebäude) zu schließen, dessen Nutzung nach dem Ver­trag gestattet war.«

Die Paragraphen des Vertrages sind bewußt nebulös formuliert, und dieser Mangel an Präzision gibt den Behördenvertretern und Atheisten genügend Spielraum zur willkürlichen Auslegung zu deren Nutzen und Schaden für die Kirche. Das »Statut der Religionsgemeinschaften« liefert uns auf Gnade und Ungnade den Atheisten und Vertretern des Exekutivkomitees jeden Ranges aus. Nochmals möchten wir daran erinnern, daß die Katholiken Litauens ihre Kir­chenbauten aus eigenen Mitteln und mit ihrer Hände Arbeit im Laufe von 600 Jahren selbst errichtet haben. Schon der Gedanke ist ungeheuerlich, daß irgend­wer irgendwo und irgendwie unsere Heiligtümer antasten könnte, von denen viele als geschichtliche Baudenkmäler von Unions- und Republikbedeutung an­erkannt sind. Die Frage der von Stalin und Chruščev geschlossenen Gotteshäu­ser bleibt eine blutende Wunde in den Herzen aller Gläubigen. Wir sind durch­aus der gegenteiligen Meinung und, gestützt auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und die Schlußakte von Helsinki, fest davon überzeugt, daß die Gläubigen in Klaipėda, Eelektrenai, Akmenė und in zahlreichen Mikrorayons größerer Städte neue Kirchenbauten brauchen.

Artikel 3 des »Statuts« läßt Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft erst mit dem 18. Lebensjahr zu. Nach kirchlicher Lehre und kanonischem Recht wird ein Mensch aber bereits mit seiner Taufe vollwertiges Mitglied der Kirche. Wir Priester der Erzdiözese Kaunas haben das Dokument Nr. 5 des katholi­schen Komitees zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen sorgfältig studiert, stimmen ihm voll zu und ersuchen das Präsidium des Obersten Sowjets der Li­tauischen SSR, die Verordnung Nr. 287 vom 28. Juli 1976 über das »Statut der Religionsgemeinschaften« für ungültig zu erklären.

Kaunas, den 25. Januar 1979

Am Tage der Bekehrung des Paulus

Unterzeichnet von 102 Priestern der Erzdiözese Kaunas

Gustavas Gudanavičius Leonardas Jagminas Bischof Julijonas Steponavičius Juozas Dobilaitis Bronius Nemeikšis Julijonas Kazlauskas Vaclovas Polikaitis Aleksandras Počiulpis Jonas Alesius Vladas Luzgauskas Jonas Bujokas Lionginas Vaičiulionis Jonas Babonas Zigmas Grinevičius Jonas Račaitis Vladas Valavičius Vaclovas Ramanauskas Pranciškus Ščepavičius Antanas Jokübauskas Jonas Survyla Leonas Kalinauskas Eugenijus Jokübauskas Jurgis Ušusienis Pranciškus Matulaitis Vlatentinas Beržinis Romualdas Mizaras Kleopas Jakaitis Antanas Imbras Jurgis Birbilas Steponas Pilka

Mykolas Dobrovolskis Antanas Kazlauskas Liudvikas Semaška Juozapas Matulevičius Eduardas Simaška Petras Meilus Antanas Danyla Petras Liubonas Gerardas Dunda Jonas Voveris Jonas Albavičius Albertas Perminąs Velerijonas Kekys Klemensas Valavičius Boleslovas Vairą Vladas Petkevičius Jonas Girdzevičius Vytautas Pesliakas Juozas Vaičeliūnas Jonas Tamonis Alfonsas Bulota Juozas Indriūnas Alfonsas Svarinskas Juozapas Razmantas Petras Našlėnas Romualdas Macevičius Petras Tavoraitis Pranas Gimžauskas Jonas Rakauskas Pranciškus Bastys

Ričardas Mikutavičius Jonas Fabijanskas Antanas Slavinskas Povilas Pranckūnas Algirdas Močius Jonas Augustauskas Eugenijus Bartulis Aleksandras Markaitis Jonas Kazlauskas Pijus Žiugžda Vytautas Griganavičius Antanas Urbanavičius Vladas Simaška Boleslovas Radavičius Jonas Gudas Viktoras Šauklys Juozapas Armonas Jonas Buliauskas Kanonikus Juozapas Želvys Jonas Maleckis Petras Marcinkus

Vladas Požėla Pranciškus Tuminas Vytautas Radzevičius Kęstutis Diknevičius Feliksas Baliūnas Antanas Lileika Vaclovas Tamoševičius Bronius Gimžauskas Jonas Povilaitis Prosperas Bubnys Mykolas Buožius Petras Mikutis Bronius Gaižutis Jonas Jakubonis Stasys Kadys Mazimieras Simnas Jonas Aleksiūnas Vincas Pranskietis Liudvikas Mažonavičius Antanas Ylius Jouzas Vaicekauskas

An das Präsidium des Obersten Sowjets der Litauischen SSR

Erklärung

der Priester der Diözese Vilkaviskis

Wir, die unterzeichneten Priester, bekunden hiermit unsere Meinung über die Verordnung »Statut der Religionsgemeinschaften« des Präsidiums des Obersten Sowjets vom 28. Juli 1976 wie folgt:

Das »Statut der Religionsgemeinschaften«

a)   diskriminiert gleichermaßen Priester wie Laien und macht aus beiden Bürger zweiter Klasse;

b) widerspricht der Verfassung der Litauischen SSR, der Allgemeinen Erklä­rung der Menschenrechte und anderen von der Sowjetunion unterzeichneten in­ternationalen Abkommen;

c)   steht im Dienste der Atheisten, denen es hilft, in innere Angelegenheiten der Kirche in brutaler Art und Weise hineinzuverwalten.

Kein Priester oder Gläubiger, der auf sein Gewissen hört, kann sich an dieses Statut halten, das dem Kirchenrecht widerspricht. Der Zwang, seine Bestim­mungen einzuhalten, wird viele unliebsame Folgen zeitigen, wie sich dies bereits im Gerichtsverfahren gegen den Gemeindepfarrer von Kybartai, S. Tamkevi­čius, am 10. Januar 1976 gezeigt hat.

Wir bekunden als Geistliche unsere volle Übereinstimmung mit Dokument Nr. 5 des katholischen Komitees zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen, in wel­chem die Einstellung der Priester und Gläubigen Litauens zum »Statut der Reli­gionsgemeinschaften« zutreffend wiedergegeben ist.

Wir ersuchen das Präsidium des Obersten Sowjets, unsere Stellungnahme dem Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR zu unterbreiten und von ihm die Genehmigung zum Widerruf zu erwirken.

10. Januar 1979

Unterzeichnet von 92 Priestern der Diözese Vilkaviškis
Dekanat Alytus                         Antanas Jančiauskas

Leonardas Kavaliūnas               Andrius Rimas

Kęstutis Bekasovas                   Juozas Pilipaitis

Vincas Akelis                          Pranas Liutvinas

Juozas Berteška (Dekan)            Juozas Pečiukonis
Antanas Meldažys

Vladas Bobinas                       Dekanai Kapsukas

Vytautas Būdas                       Vaclovas Degutis (Dekan)

Jonas Baranauskas                    Lionginas Kunevičius

Juozas Gumauskas                    Jonas Kubilius

Juozas Radzevičius                   Kazimieras Burba

Juozas Matulevičius                  Andrius Gustaitis

Vitas Urbonas                         Juozas Mieldažys

Leonas Leščinskas

Dekanai Aleksotas                    Juozas Varvuolis

Vaclovas Stakėnas                    Juozas Šalčius

Povilas Jančiauskas                   Antanas Bakys

Petras Dumbliauskas                 Jonas Maskvytis

Juozas Užupis                         Kazimieras Kudirka

Antanas Gražulis                     Kazimieras Juškevičius

Jonas Paliukaitis                      Kazimieras Skučas

Vincas Čėsna                          Albinas Deltuva

Vaclovas Radzevičius               Jonas Rusinąs

Antanas Pangonis                    Juozas Matulaitis

Vincas Dumčius                      Gvidonas Dovydaitis

Petras Vagneris                       Albinas Jaudegis

Mykolas Žemaitis Pranciškus Šulskis

Dekanai Lazdijai Pranas Adomaitis Ignas Plioraitis Boleslovas Jarušauskas Juozas Kriščiūnas Gintautas Steponaitis Konstantinas Ambrasas Stanislovas Račkauskas Alfonsas Sadauskas Jonas Grudzinskas Jurgis Švertickas Juozas Zdebskis Antanas Vitkus Krizantas Juknevičius

Dekanai Šakiai Jonas Būga Gintautas Skučas Vytautas Užkuraitis Stanislovas Mikalajūnas Juozas Jakaitis Jonas Bučinskas Antanas Akevičius

Juozas Frainas Juozas Adomaitis Antanas Maskeliūnas Antanas Aleksandravičius Petras Sitka Antanas Račkauskas Juozas Žemaitis (Dekan) Jonas Malinauskas Salemonas Samuolis Juozas Juškaitis

Dekanai Vilkaviškis Boleslovas Ražukas Antanas Lukošaitis Juozas Kupstaitis Vytautas Vaitauskas Sigitas Tamkevičius Vincas Jalinskas Boleslovas Čegelskas Juozas Preikšas (Dekan) Algis Pasiliauskas Vladas Bilius Kazimieras Montvila Virgilijus Jaugelis Algirdas Andrišiūnas

An das

Präsidium des Obersten Sowjets der Litauischen SSR An die Bischöfe und Bistumsverwalter Litauens

An P. Anilionis, Bevollmächtigter des Rates für religiöse Angelegenheiten Erklärung

der Priester des Bistums Kaišiadorys

Wir, die Priester des Bistums Kaišiadorys, erklären in Zustimmung zum Schrei­ben des katholischen Komitees zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen vom 25. Dezember 1978, betreffend das 1976 veröffentlichte »Statut der Religionsge­meinschaften«, daß dies Statut einen Versuch darstellt, die in Litauen bestehen­de Diskriminierung gläubiger Katholiken nun auch gesetzlich zu verankern. Un­sere Erfahrung bei der Arbeit im täglichen Leben bietet genügend Material und

Fakten, diese Feststellung zu belegen. So erklärte vor kurzem die stellvertreten­de Vorsitzende des Exekutivkomitees des Rayons Molėtai, Frau Gančerienė, den zusammengerufenen Geistlichen des Rayons, nach den Bestimmungen des Statuts sei Kindern die Ableistung des Meßdienstes nicht zu erlauben, Priestern sei verboten, Kinder bei der Vorbereitung auf die Erstkommunion in Gruppen zu prüfen. Außerdem wurde von den Geistlichen verlangt, daß sie ohne Geneh­migung der Rayonbehörden keine ortsfremden Pfarrer zu Ablaßfeiern einladen. Wir erklären, daß das »Statut der Religionsgemeinschaften« die katholische Kirche Litauens eindeutig diskriminiert.

a)   In keiner Weise verleiht dies Statut dem Willen und der Meinung des litaui­schen Volkes Ausdruck, das zu rund 70 Prozent aus gläubigen Katholiken be­steht.

b) Es mißachtet durchweg das kulturelle Erbe des litauischen Volkes, wie es im Verlaufe vieler Jahrhunderte entstanden ist.

c)   Das Statut widerspricht direkt dem kanonischen Recht der Kirche, der von der UN-Generalversammlung verabschiedeten »Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte« und den Verpflichtungen der Helsinkischlußakte.

d) Den Gläubigen und der katholischen Kirche Litauens wird durch dies Statut eine Haltung abverlangt, die im Widerspruch zu dem steht, was die Bestimmung des kanonischen Kirchenrechts von Priestern und Laien abverlangt. Wenn die Sowjetmacht das Bestehen der katholischen Kirche zuläßt und dazu wiederholt erklärt hat, sie mische sich in die kanonischen Rechtsverhältnisse der Kirche nicht ein, warum bringt dies »Statut« die Gläubigen in eine derartige kontrover­se Situation?

So erklären wir denn: in allen Fällen, in denen staatliche Verwaltungs-Organe uns ein Verhalten abverlangen, das den Bestimmungen kirchlichen Rechts wi­derspricht, werden wir uns an das kanonische Recht und nicht an das »Statut der Religionsgemeinschaften« halten, das die Rechte der Gläubigen diskrimi­niert und der Verfassung der Litauischen SSR widerspricht. Bei dieser Gelegenheit bitten wir erneut darum, die langjährige Verbannungs­strafe gegen den rechtmäßigen Bischof des Bistums Kaišiadorys, V. Sladkeviči­us, aufzuheben und ihn in sein Amt als Bischof der Diözese Kaišiadorys wieder­einzusetzen.

11. Februar 1979

Die Erklärung trägt die Unterschrift von 42 Priestern:

Jonas Pilka                              Alfonsas Šatas

Petras Laskauskas                     Mykolas Balnys

Bronislavas Bulika                    Vilius Cukuras

Zenonas Navickas Juozapas Matulaitis Marijonas Petkevičius Bischof Vincentas Sladkevičius Bronislavas Novelskis Juozapas Stasiūnas Pranciškus Venckus Edvardas Kraujelis Jonas Jonys Ignas Milašius Stanislovas Kiškis Juozapas Masalskis Petras Kražauskas Petras Budrauskas Česlovas Žazeckas Jonas Voveris Jonas Danyla

Jonas Kaušyla Petras Žiugžda Jonas Tomkus Antanas Arminas Vytautas Sudavičius Jonas Zubrus Juozapas Anusevičius Petras Valatka Jonas Ažubalis Bronislavas Klimas Juozapas Gylys Albinas Šilkinis Stanislovas Stankevičius Antanas Jurgilas Jonas Žvinys Zigmantas Stančiauskas Jonas Mintauckis

Stasys Lindé

 

An das

Präsidium des Obersten Sowjets der Litauischen SSR Erklärung

der Priester des Bistums Panevėžys

Die bedeutendsten Staaten der Welt, darunter auch die Sowjetunion, haben die »Allgemeine Erklärung der Menschenrechte« des Jahres 1948 unterschrieben, ebenso auch die Helsinkibeschlüsse zur Verteidigung der Menschenrechte. Sie verpflichteten sich gleichzeitig, keine Gesetze und Verordnungen zu erlassen, die den Menschenrechten widersprechen, und versprachen, bestehende, die Men­schenrechte beeinträchtigende Verordnungen, Befehle zu widerrufen. Die sowjetische Verfassung fordert die Freiheit, eine Religion zu bekennen. Gäbe es in der Verfassung nicht einen Paragraphen (Nr. 50), der die Propagie­rung des Glaubens einschränkt und somit die Glaubensfreiheit der überwiegen­den Mehrzahl der Bevölkerung Litauens (75 Prozent) verletzt — gleichzeitig aber einer kleinen Minderheit von Atheisten unbegrenzte Propagandafreiheit erteilt —, man könnte die Bestimmung für demokratisch halten. Daß die Gott­losenregierung aber die Gläubigen in die Rolle verachtungswürdiger und recht­loser Bürger zwingt, das bezeugen schandbare Dokumente — wie das »Statut der Religionsgemeinschaften« (1976) und der staatlich approbierte Text der Mietverträge für Kirchenbauten, der den Gläubigen zur Unterzeichnung vorge­legt wird. Die ursprüngliche Textfassung des Entwurfs geht auf Stalin (1948) zu­rück, die zweite, noch schärfere Variante wird seit zehn Jahren zur zwangswei­sen Unterzeichnung präsentiert.

Uns ist bekannt, daß sich das katholische Komitee zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen wegen dieser diskriminierenden und Rechte schmälernden Doku­mente am 25. Dezember 1978 an die Sowjetregierung gewandt hat und daß die Gläubigen mehrerer Bistümer Litauens gleiche Aktionen vorbereiten. Wir hat­ten erwartet und gehofft, daß die Staatsregierung den Bitten der Benachteiligten stattgeben und die genannten Dokumente außer Kraft setzen werde, die, ange­sichts der Unterzeichnung der Menschenrechtskonvention durch die Sowjet­regierung, automatisch ungültig geworden sind.

Solange diese rechtswidrigen Dokumente jedoch nicht widerrufen sind, erach­ten wir es als unsere Pflicht, zum Widerruf zu bitten, und werden die berechtig­ten Bitten aus anderen Bistümern unterstützen. Wir tuen dies gestützt auf Arti­kel 47 der Verfassung der Litauischen SSR: »Jeder Bürger der Litauischen SSR hat das Recht, staatlichen Organen und öffentlichen Organisationen Vorschläge zwecks Verbesserung ihrer Tätigkeit zu machen.«

Allerdings ist uns unbegreiflich, warum der Bevollmächtigte des Rates für reli­giöse Angelegenheiten, P. Anilionis, eine Aktion eingeleitet hat, um die Gläubi­gen der Diözese Panevėžys daran zu hindern, ihre berechtigten Anliegen vorzu­bringen — und dazu auch noch die Kurie des Bistums einschaltet, um sein Ziel zu erreichen.

Deshalb bitten wir, die unterzeichneten Priester des Bistums Panevėžys, als Ver­treter von 400000 Gläubigen der Diözese die Sowjetregierung, Ihre Aufmerk­samkeit darauf zu richten, daß die genannten Dokumente die Gläubigen diskri­minieren und darauf abzielen, die katholische Kirche in Litauen zu vernichten.

1. Betr. »Statut der Religionsgemeinschaften«

Als man im Jahre 1978 des 30. Jubiläums der Annahme der Allgemeinen Men­schenrechtserklärung gedachte, unterbreitete die Sowjetregierung den Gläubi­gen Litauens das »Statut der Religionsgemeinschaften«, das eine erneute Belei­digung und Erniedrigung der Gläubigen darstellt und die Drohung enthält, die Vernichtung der katholischen Kirche auf dem Verwaltungswege zu erreichen. Das »Statut« ist zu einem schriftlichen Beweisstück der Glaubensverfolgung in Litauen geworden. Solange es gilt, wird es der Sowjetregierung unmöglich sein, wann immer Sachen der Glaubensfreiheit auf internationaler Ebene diskutiert werden, zu beweisen, daß es in der UdSSR Glaubensfreiheit gibt. Das Doku­ment Nr. 5 des katholischen Komitees zur Verteidigung der Rechte der Gläubi­gen, das »Statut der Religionsgemeinschaften« betreffend, findet unsere volle Billigung.

2. Betr. Mietverträge für Kirchenbauten

Die von Stalin diktierten grausamen Mietverträge für Kirchenbauten wurden in Litauen 1948 überall eingeführt. Die zweite Version derselben, die noch weit stärkere Druckmittel gegen den Glauben enthält, wird seit 10 Jahren unter An­wendung von Gewalt, List und Willkür zur Unterschrift vorgelegt und beab­sichtigt die Versklavung und Vernichtung der katholischen Kirche in Litauen.

Der Vertragstext selbst ist im internationalen Maßstab Beweis genug für die Verfolgung der katholischen Kirche in Litauen.

Alle Welt weiß, daß die Kirchen Litauens im Laufe von sechs Jahrhunderten von den Gläubigen selbst, aus ihren Spenden und mit ihrer Hände Arbeit errich­tet worden sind. Dasselbe gilt von den Kunstwerken und anderen Inventar­gegenständen in diesen Kirchen. Aufgrund der Nationalisierungsakte sind die Kirchenbauten in die Verfügungsgewalt der Atheisten geraten. Den Gläubigen blieb nur die Möglichkeit, die Kirchenbauten zur Nutzung zu mieten. Hierbei zeigte sich die Willkür einer gottlosen Beamtenschaft, die für einen Vertragstext sorgte, der ein Diktat darstellt. Nach diesem Vertrag wird das gesamte Kirchen­inventar, einschließlich konsekrierter Geräte und Kunstgegenstände ebenfalls enteignet. Eingeschüchtert, bedroht und dem Bemühen, trotz allem als Gemein­schaft weiterzuexistieren, sind die Gläubigen gezwungen, solche »Verträge« zu unterzeichnen. Das sind keine Übereinkünfte, sondern Gewaltakte. Welche Mieten müssen die Gläubigen für die von ihnen selbst errichteten Kir­chenbauten zahlen?

Die Gläubigen müssen dem Staat für den Kirchenbau Miete zahlen, Versiche­rungen abschließen, Reparaturen durchführen (die mitunter mehr kosten als Jahrzehnte an Mietzahlungen). Sie müssen dem Staat alle Kunstgegenstände, einschließlich Kultgegenstände, das gesamte kirchliche Inventar ausliefern. Oh­ne Rücksicht auf die Intention der Stifter müssen auch alle zukünftig ange­schafften oder gespendeten Sachen abgeliefert werden. Im Jahre 1976 schenkte Papst Paul VI. der katholischen Kirche (und nicht den Atheisten) Litauens neue Meßbücher. Warum mußten diese nach den Verträgen eigentlich in das Eigen­tum der Nichtgläubigen übergehen? Laut Vertrag müssen Komiteemitglieder Auskunft erteilen über Einkünfte ihres Priesters (Entgelt für geleistete religiöse Dienste). Gleichzeitig wird verlangt zu melden, wer namentlich religiöse Dienste in Anspruch genommen hat.

Dies aber ist bereits ein Eingriff in die Gewissensatmosphäre eines Menschen. So wird in anderen Sowjetrepubliken bereits verfahren, wo ähnliche »Verträge« bereits voll in Kraft sind. Andererseits verpflichtet sich die Staatsgewalt zu gar nichts — nicht einmal zur Bereitstellung von Material für Reparaturzwecke. Der Vertrag enthält ferner Bestimmungen über Schließung einer Kirche, nicht nach gesetzlichem Beschluß, sondern auf Grund von Eigenbestimmungen desselben Vertrages. Die Staatsmacht schließt den Vertrag auch nicht etwa mit dem Kir­chenkomitee, sondern mit Einzelpersonen ab. Einzelpersonen sind aber keine Körperschaft. Welchen Wert hat wohl so ein Vertrag? Die bloße Existenz eines solchen Vertragsdokumentes zeigt doch, daß die katholische Kirche in der UdSSR sich in einer Lage der Rechtslosigkeit befindet.

Daher ersuchen wir:

1.   Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts (juristische Person) für die katholische Kirche und ihre Gliederungen in Litauen.

2.   Nichtbehinderung der katholischen Kirchengemeinden bei Gründung und Tätigkeit von Gemeindekomitees nach dem kanonischen Recht der römisch­katholischen Kirche, unter Bestätigung durch die kirchliche Obrigkeit.

3.   Aufhebung von Dokumenten der Unrechtmäßigkeit des »Statuts der Reli­gionsgemeinschaften« und der aufgezwungenen Mietverträge für Kirchenbau­ten, die durch frei ausgehandelte bilaterale Verträge zu ersetzen sind.

Die heutigen Zwanzigergruppen und andere Exekutivorgane der Gemeinde sind ja in Wirklichkeit staatlicherseits anbefohlen und formiert. Solange keine Kirchenkomitees existieren, erklären wir als Pfarrer, daß wir nach dem Prinzip der Gleichberechtigung an der Arbeit der Zwanzigergruppen und anderer Exekutivorgane teilnehmen werden.

4. Beendigung des Priestergenocids, veranlaßt durch die Existenz nur eines ein-
zigen Priesterseminars, Kaunas, für ganz Litauen.

Im Jahre 1946 wurde die Zahl der Kleriker durch den Sowjetstaat eingeschränkt — von über 400 Seminaristen durften nur noch 150, im Jahre 1949 nur noch 75, schließlich noch 25 verbleiben. In den Jahren 1969 und 1971 konnte das Prie­sterseminar jeweils nur drei Neupriester stellen. In den letzten zehn Jahren wur­den im Bistum Panevėžys nur 12 Neupriester geweiht. In diesem Jahr darf unser Bistum nur zwei Seminaristen stellen, im nächsten Jahr nur einen. Zum Ver­gleich wurden allein im Jahre 1949 in der Diözese Panevėžys 12 Neupriester ge­weiht. In den drei vergangenen Jahren (1976, 1977, 1978) starben 17 Priester un­serer Diözese. Die Gläubigen wissen sehr wohl, daß der Priestermangel nicht et­wa auf Kandidatenmangel zurückzuführen ist, sondern darauf, daß der Staat gewissen Jugendlichen die Aufnahme ins Priesterseminar Kaunas verunmög-licht.

Gottlose Beamte bedrohen die Gläubigen, verhängen Geld- und Haftstrafen we­gen Vorbereitung der Kinder auf die erste hl. Kommunion. Vorbereitung auf die Erstkommunion in Gruppen wird als »Schulgründung« denunziert, wobei man sich selbst der Rolle von Verfolgern des Schulwesens nicht schämt. Nir­gends in der Welt wird die Vorbereitung von Kindern auf die Erstkommunion als Schulunterricht angesehen. Indem sie Vorbereitungen zu Erstkommunion behindern, verstoßen die Gottlosen gegen die Freiheit der Kultausübung und da­mit gegen die Verfassung und die mitunterzeichneten Konventionen der Men­schenrechte. Denn wo man Kultausübung verunmöglicht, wird auch die aner­kannte Gewissensfreiheit sinnlos. Die Priesterschaft findet sich mit dieser Rechtlosigkeit nicht ab und wird alle, die darum ersuchen, auf den Empfang der Sakramente vorbereiten. Wir ersuchen um Berücksichtigung der gerechten An­sprüche der Gläubigen.

1979, im März.

Unterschrieben von 118 Geistlichen des Bistums Panevėžys:

Petras Adomonis                        Jonas Juodelis

Bronius Antanaitis                      Jonas Jurgaitis

Vincentas Arlauskas                    Antanas Juška

Balys Babrauskas                     Alfonasas Kadžius

Jonas Bagdonas                         Antanas Kairys

Juozas Bagdonas                     Vytautas Kapočius

Antanas Balaišis                  Aleksandras Kaškevičius

Bronius Balaiša                        Lioginas Keršulis

Vytautas Balašauskas                    Petras Kiela

Jonas Balčiūnas                        Anicetas Kisielius

Juozas Balčiūnas                     Vladas Kremenskas

Jurgis Balickaitis                  Stanislovas Krikštanaitis

Kostas Balsys                    Stanislovas Krumpliauskas

Petras Baltuška                        Petras Kuzmickas

Algis Baniulis                           Jonas Lapinskas

Kazimieras Baronas                    Antanas Liesis

Gediminas Blynas                       Juozas Lukšas

Laimingas Blynas                       Leonas Lukšas

Adolfas Breivė                        Petras Markevičius

Petras Budriūnas                      Vytautas Marozas

Jonas Buliauskas                    Pranciškus Masilionis

Povilas Ciuckis                         Leonas Mažeika

Juozas Dubnikas                      Antanas Mikulėnas

Kazimieras Dulksnys                 Algirdas Miškinis

Steponas Galvydis                     Povilas Miškinis

Juozas Garska j                         Antanas Mitrikas

Juozas Giedraitis                       Jonas Morkvėnas

Kazimieras Girnius                  Kazimieras Mozūras

Mykolas Gylys /                      Jonas Nagulevičius

Antanas Gobis )                          Algis Narušis

Alfonsas Gražys                      Lionginas Neniškis

Antanas Gružauskas                    Petras Nykstąs

Klemensas Gutauskas               Povilas Paškevičius

Gaudentas 1 karnas                  Steponas Pelešynas

Vincentas Inkratas                   Albinas Pipiras

Alfonsas Jančys                       Jonas Pranevičius

Povilas Jankevičius                   Augustinas Pranskietis

Juozas Janulis                         Leopoldas Pratkelis

Bronius Jareckas                      Izidorius Puriuškis

Jonas Jatulis                           Antanas Rameikis

Pranciškus Raščius                   Stanislovas Tamulionis

Petras Rauduvė                       Pranciškus Tamulionis

Jonas Rimša                           Petras Tarutis

Pranciškus Sabaliauskas             Petras Tijušauskas

Petras Senulis                         Vytautas Tvarijonas

Leonardas Skardinskas              Jonas Uogintas

Vincentas Stankevičius             Sigitas Uždavinys

Mykolas Stonys                       Eduardas Vaišnoras

Bronius Strazdas                     Antanas Valančiūnas

Alfonsas Strelčiūnas                 Antanas Valantinas

Aloyzas Sungaila                     Juozas Varnas

Povilas Svirksis                       Povilas Varžinskas

Ignas Šiaučiūnas                      Antanas Vaškevičius

Bronius Šlapelis                      Titas Vinkšnelis

Povilas Šliauteris                     Antanas Zakrys

Gediminas Šukys                     Antanas Zulonas

Juozas Šumskis                       Bronius Žilinskas

Albertas Talačka                      Serafinas Žvinys

Leonardas Tamošauskas            Benediktas Urbonas.

ste zu reagieren.