Als im Jahre 1940 die Sowjetunion gewaltsam Litauen besetzte, waren 85,5 % des 3-Millionen-Volkes römisch-katholisch, 4,5% protestantisch, 7,3% jüdisch, 2,5% orthodox und 0,2% anderen Glaubensrichtungen angehörig. In den zwei Erzdiözesen und vier Diözesen gab es: 708 Kirchen, 314 Kapellen, 73 Klöster, 85 Konvente, 3 Erzbischöfe, 9 Bischöfe, 1271 Diözesanpriester, 580 Mönche, davon 168 Priester. 470 Studenten wurden in vier Seminaren ausgebil­det. Außerdem gab es 950 Nonnen.

Die Nonnen leiteten 35 Kindergärten, 10 Waisenhäuser, 25 Altersheime, 2 Kran­kenhäuser, 1 Jugendheim und 1 Taubstummeninstitut.

Am 15. Juni 1940 marschierte die Rote Armee in Litauen ein, die unabhängige Regierung wurde durch ein Marionettenregime ersetzt.

Am 14. und 15. Juli fanden Scheinwahlen statt. Am 21. Juli erklärte die neue Volksvertretung — die Rote Armee hatte das Repräsentantenhaus umzingelt — »einmütig«, daß Litauen von nun an eine Sowjetisch-Sozialistische Republik sei. Am 25. Juni 1940 wurde die Kirche vom Staat getrennt und der Vertreter des Hei­ligen Stuhles ausgewiesen.

Kirchlicher Besitz wurde konfisziert, die Gehälter und Pensionen der Priester wurden abgesetzt und ihre Ersparnisse eingezogen. Die Kirchen wurden jeglicher Unterstützung beraubt. Die katholischen Druckereien wurden geschlossen und re­ligiöse Literatur vernichtet.

Am 28. Juni 1940 wurden Religionsunterricht und öffentliche Gebete in den Schulen verboten. Das Universitätsinstitut für Theologie und Philosophie wurde aufgehoben und alle Privatschulen verstaatlicht. Die Seminare Vilkaviškis und Telšiai wurden geschlossen und das Seminar in Kaunas in seiner Tätigkeit auf ein Minimum reduziert. Der Klerus stand unter ständiger Überwachung. Am 15. Juni 1941 wurden 34260 Litauer zu geheimgehaltenen Orten in der So­wjetunion in Viehwagen abtransportiert. Die Massendeportationen fingen damit nach dem 2. Weltkrieg wieder an und dauerten bis 1953. Vincentas Borisevičius, Bischof von Telšiai, wurde am 3. Februar 1946 festge­nommen und nach einem Geheimprozeß zum Tode verurteilt. Sein Amtsbruder,

Bischof Pranas Ramanauskas, wurde ebenfalls arretiert und nach Sibirien depor­tiert. Bischof Tefilius Matulionis von Kaišiadorys und Erzbischof Mečislovas Rei­nys von Vilnius wurden in ein sibirisches Arbeitslager deportiert. Erzbischof Rei­nys starb am 8. November 1953 im Gefängnis von Vladimir. 1947 hatte Litauen nur noch einen einzigen Bischof, Kazimieras Paltarokas von Panevėžys. Er starb 1958.

1947 wurden die letzten Konvente und Klöster geschlossen, ihre Gemeinschaften zerstreut und alle klösterlichen Einrichtungen geächtet.

Nach Stalins Tod im Jahre 1953 besserte sich die Situation der Religion ein wenig. Bischof Matulionis und Ramanauskas durften nach Litauen zurückkehren, je­doch ohne die Erlaubnis, ihre Diözesen betreuen zu können oder mit dem Klerus und Laien in Verbindung zu treten.

Bischof Ramanauskas starb 1959 und Erzbischof Matulionis 1963. Im Jahre 1955 wurden von Rom zwei neue Bischöfe ernannt und geweiht: Julijo­nas Stepanovičius und Petras Maželis. Stepanovičius erhielt jedoch nie die Er­laubnis, seine Diözese betreuen zu können. Bischof Vincentas Sladkevičius, 1957 geweiht, stand ebenfalls unter strenger staatlicher Kontrolle. Im Jahre 1965 wurde Monsignore Juozas Labukas-Matulaitis in Rom zum Oberhaupt der Diözese Vil­kaviškis und der Erzdiözese Kaunas geweiht.

Eine Lockerung des Druckes auf die Gläubigen offenbarte sehr bald, daß das li­tauische Volk immer noch sehr religiös war. In der Mitte der fünfziger Jahre be­schloß man daher, erneut einen Angriff zu starten. Hauptmittel dieses Angriffes sollte unbegrenzter moralischer Druck sein, da physischer Terror die Gläubigen nur noch mehr zu stärken und zu einigen schien.

Im Jahre 1972 begann »Die Chronik der Litauischen Katholischen Kirche«, dort insgeheim herausgegeben, die freie Welt in unregelmäßiger Folge zu erreichen. Gedacht, die Katholiken in Litauen über ihre Kirche zu informieren, stellt das li­tauische »Samizdat« einen ständigen Appell an die freie Welt dar, die mißliche Lage eines Volkes, das gegen eine drückende Übermacht für seinen Glauben und seine fundamentalen Menschenrechte kämpft, nicht zu vergessen.

Pfarrer Casimir Pugevičius

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