Vilnius

Im November 1980 waren folgende Schüler der 22. Mittelschule in Vilnius, antisowjetischer Parolen während der Demonstration der »Oktoberfeier« beschuldigt und wegen der Verunehrung der sowjetischen Flagge festge­nommen worden: Vladas Noreika und Sinkevičius. Die Eltern von Noreika arbeiten in der Fabrik und die von Sinkevičius sind Dozenten an der Staat­lichen Universität Vilnius. Nach Verurteilung auf Bewährung ließ man die Schüler frei. Die Verwandten ließen verlauten, daß man die Verhafteten im KGB mit Gummistöcken geschlagen habe.

Anfang Februar 1981 legte der Vorgesetzte der Sicherheitsabteilung, Baltinas, Frau Irena Skuodienė nahe, sie möge ihre Töchter vom Einfluß antisowjeti­scher Leute schützen. Der Sicherheitsbeamte versuchte ihr einzureden, daß ihr Mann V. Skuodis zu Recht und nach allen Gesetzen verurteilt worden ist, — nur das Ausland verdrehe absichtlich die Fakten. Ebenso warnte er sie, bei eventuellem Treffen mit ausländischen Diplomaten, die Fakten über die Gerichtsverhandlung ihres Mannes zu »verdrehen«!

 

Kaunas

Im Februar 1981 war die Auszubildende der Schwesternschule, Marytė Vėlyvytė in das KGB von Kaunas gebeten worden. Der Untersuchungsrich­ter interessierte sich für die Jugendlichen, die an der Neujahrsfeier teilge­nommen hatten. Während der Untersuchung war M. Vėlyvytė dreimal alleine im Kabinett gelassen worden. Das Mädchen entdeckte einen ungewohnten Geruch und schlief ein. Danach fühlte sie sich sehr niedergeschlagen. Als es nicht gelang, die Schülerin im KGB einzuschüchtern, legten die KGB-ler eindringlich den Eltern nahe, ihre Tochter müßte in einem psychiatrischen Krankenhaus behandelt werden.

Kulautuva

Am 14. Oktober 1980 ist in Kulautuva die Fremdsprachenlehrerin (jetzt Rentnerin) Felicija Kasputytė verhaftet worden. Es wurde eine ausführliche Durchsuchung ihres Sommerhäuschens und der Wohnung in Kaunas, Žuvinto 13—21, vorgenommen. Während der Haussuchung erklärten die KGB-Mit-arbeiter, sie würden nach Untergrundpublikationen und antisowjetischer Literatur suchen. Sie konfiszierten die Manuskripte: »Ligonės meditacijos« (Meditationen einer Kranken), »Žmoniskojo kilimo pakopos« (Die Stufen des menschlichen Emporsteigens), »Asmenybės ugdymas« (Die Persönlich­keitsentwicklung); die mit der Schreibmaschine getippten Hefte: »Amžinųjų būties problemų apmąstymai« (Erwägungen ewiger Probleme der Existenz), »Meiles ir sekso kolizijos« (Zwiespalt zwischen Liebe und Sex), »Milasiaus mistika« (Mystik von Milašius), »Dienoraščio fragmentai« (Tagebuch­fragmente), »Asmenybes problemos« (Persönlichkeitsprobleme), u. a. Nach einigen Tagen andauernden Verhörs, ließ man die Festgenommene frei. — F. Kasputytė leidet an einer Herzkrankheit. Drei Monate stellte man sie unter Hausarrest.

Am 18. Juni 1977 überfiel im Wald von Kulautuva der Milizbeamte Va-lutkevičius die F. Kasputytė und drohte ihr mit seinen Gehilfen, er würde sämtliche Besucher von ihr fern halten, und sie selbst würde früher oder später sowieso liquidiert werden.

 

Kelmė

Am 24. Dezember 1980 wurde Regina Teresiūtė in die Staatsanwaltschaft des Bezirks Kelmė, zu dem für besondere Prozesse verantwortlichen obersten Untersuchungsrichter Astaška, vorgeladen.

Der Untersuchungsrichter erklärte, daß Teresiūtė zur Verwarnung vorgela­den wurde, denn immer mehr und mehr verstricke sie sich in Vergehen ein. Seiner Meinung nach, habe sie sich mit den Priestern des Katholischen Ko­mitees zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen, A. Svarinskas und J. Sdebskis zusammengetan. Der Untersuchungsrichter bedauerte, sie sei eines der Opfer der reaktionären Priester. Er bot ihr an, zu helfen in das Medi­zinische Institut oder die Musikhochschule einzutreten (Teresiūtė hatte schon einige Jahre versucht, an die Musikhochschule zu gelangen). Die Vorgeladene verzichtete auf die Hilfe und verlangte, man möge ihr ihre Sachen zurückgeben, die man ihr am 12. September 1980 während einer Haussuchung konfisziert hatte. Der oberste Untersuchungsrichter unterstrich, daß man ihr die Sachen nicht zurückgeben werde, da Teresiūtė unter Ver­dacht stehe, zu den Organisatoren der Pilgerprozession 1980 nach Šiluva zu gehören. Außerdem werde sie beschuldigt, Leute zu der Gerichtsverhand­lung am 16. Dezember 1980 von G. J. Stanelytė in Keime bestellt zu haben, und dafür könne man sie strafrechtlich zur Verantwortung ziehen. Der Untersuchungsrichter Astaška warf den Gläubigen vor, warum sie keine Genehmigung für die Umzüge nach Šiluva erbitten würden und versicherte gleichzeitig, »daß im kommenden Jahr keine Erlaubnis für die Prozession nach Siluva gegeben werde«. Das Verhör dauerte etwa 1 Stunde.

 

Jurbarkas

Am 24. Oktober 1980 wurde im Dorf Antakalniškiai, Kreis Jurbarkas, in der Wohnung von Lekšaitis eine Haussuchung auf »gestohlene Sachen« durchge­führt. Es wurden »Aušra« (Die Morgenröte) Nr. 21 und ein Jagdgewehr konfisziert. Die Durchsuchung führten Mitarbeiter der Abteilung für Innere Angelegenheiten in Jurbarkas durch.

Am 16. Dezember 1980 verhörte die KGB-Mitarbeiterin Nina Okunova, zuständig für die Strickwaren-Abteilung im Universal-Kaufhaus von Jur­barkas, eine gute halbe Stunde lang die Verkäuferin dieser Abteilung, Jadzė Locaitienė. Die KGB-Bedienstete interessierte sich für die Ansichten der Verkäuferin, für Bücher religiösen Inhalts und woher sie diese bekommen habe. Als Jadzė Locaitienė ihr erklärte, daß sie diese Bücher von einer unbekannten Frau erhalten habe, bemühte sich Nina Okunova besonders, ihren Namen, ihre Adresse und ähnliches zu erfahren. Beim Abschied befahl Okunova unverzüglich im KGB anzurufen, wenn diese erwähnte Frau wieder auftauchen sollte.