Leipalingis

An den ersten Sekretär des ZK der KP LSSR P. Griškevičius Erklärung

des Grigas Antanas, (Sohn des) Antanas, wohnhaft in Rayon Lazdijai, Leipalingis, Naujoji g-vė 13.

Im Jahre 1978 wurde mein Sohn Robertas Grigas, nachdem er alle Auf­nahmeprüfungen sehr gut bestanden hatte, in die Fakultät für ausländische Sprachen des Staatlichen Pädagogischen Instituts zu Vilnius, für ein Spezial­Studium der deutschen Sprache aufgenommen. Die Semesterprüfungen im I.

wie auch im II. Kursus bestand er ebenfalls sehr gut und er bekam deswegen ein höheres Stipendium und wurde als erster mit einem Abzeichen ausge­zeichnet. Robertas war aber nicht nur begabt und fleißig, sondern auch, wie die Kuratorin, Oberlektorin Mikalauskienė und andere Lektoren ihn uns Eltern charakterisiert haben, Nichtraucher, einer der keine alkoholischen Getränke zu sich nimmt, keine Fluchwörter gebraucht und, was schon »sehr schlimm« sei, ein Jugendlicher, der selbständig denkt. Und gerade solche, wie es sich herausstellt, sind auf unseren Hochschulen unerwünscht. Es zeich­neten sich sehr augenscheinliche Bemühungen ab, ihn loszuwerden.

Am 28. November und am 27. Dezember 1979 führte der Oberleutnant des KGB Antanas Bimbyris im Dekanat der Fakultät mit Robertas eine »Erzie­hungsarbeit« durch. Er sprach über den Verlust eines richtigen Uberblicks über die Vergangenheit, über die Gefahren, die bei Freundschaft mit den »Nationalisten« entstehen; er ängstigte sich, daß die letzteren »böse Spröß­linge« unter der Jugend hinterlassen. Den Inhalt der beiden »Erziehungs­sitzungen« verlangte der Tschekist geheim zu halten, bot seine Telefon­nummer an, lud ein, sich zu »freundlichen Unterhaltungen« in der Stadt zu treffen. Mein Sohn weigerte sich grundsätzlich, diese Tatsachen vor den Studenten zu verheimlichen, daß das Dekanat als eine Nebenstelle des KGB benützt wird. Er wies alle Angebote des Sicherheitsbeamten zu­rück. Als im Herbst 1980 die Studenten des III. Fachkursus der deutschen Sprache gewohnheitsmäßig für einen Monat in die DDR gefahren sind, wurde hinsichtlich Robertas eine offene Diskriminierung gemacht. Ihm wurde nicht erlaubt mitzufahren, mit der Begründung, daß er kein Mitglied des Kom­munistischen Jugendverbandes sei.

Der Stellvertreter des Staatsanwaltes, J. Vilutis, hat ihn am 12. September 1980 in die Staatsanwaltschaft von Vilnius vorgeladen und ihn ein Kind eines Bourgeois, einen Amerikaner, einen sozialen Außenseiter genannt. Er er­mahnte Robertas wegen der Teilnahme an sogenannten »öffentlichen« poli­tischen Prozessen und drohte ihm mit strafrechtlicher Verantwortung. Am 2. Dezember desselben Jahres verhörte der Untersuchungsbeamte der Staats­anwaltschaft des Leninrayons, Sergej Wiktorowitsch Molodkin meinen Sohn, und etwa eine Woche später der Untersuchungsbeamte der Abteilung für kriminelle Untersuchungen des Leninrayons. Robertas weigerte sich, irgend­welche Fragen bezüglich eigener Überzeugung und seiner Freunde zu be­antworten. Dann drohte der Untersuchungsbeamte, grob schreiend, ihn hinter Gitter zu bringen, in eine psychiatrische Heilanstalt einzusperren. Er bedauerte, daß jetzt nicht mehr die Zeiten Stalins seien. Als er aber nichts erreicht hatte, drohte er, daß er Mittel finden werde, »so einen« zur Ordnung zu bringen. Und siehe da, auf Anweisung des Geschäftsträgers im Pädago­gischen Institut Klipčius, schlug der Sprecher der II. Abteilung des Studen­tenheimes, Gediminas Muliuolis, am 14. Januar 1981 um 24 Uhr Robertas, der nichts verbrochen hatte, derart zusammen, daß dieser sich zwei Wochen lang im Krankenhaus der Stadt Druskininkai und anschließend noch lange Zeit zu Hause hat behandeln lassen müssen. Das Studium wurde unterbro­chen, der Sohn ging in die Semesterferien, die Repressalien hörten aber nicht auf. Am 10. und am 11. Juni 1981 wurde Robertas Grigas von dem KGB-Major Mieželis in den Sicherheitsdienst von Lazdijai vorgeladen. Er verhörte meinen Sohn am ersten Tag sechs Stunden und am zweiten Tag drei Stunden lang. Als mein Sohn auf Grund dessen, daß es ein Ver­gehen ist, ihn wegen der Inanspruchnahme der Fresse-, Rede- und Über-zeugungsfreiheit zu verfolgen, sich weigerte, an den Verhören teilzunehmen, begann sich der Major über die Lektoren für die marxistische Philosophie am Staatlichen Pädagogischen Institut zu Vilnius zu ärgern. Die Lektoren hätten das Wissen von Robertas Grigas unüberlegt mit der Note »sehr gut« bewertet. Der Tschekist wunderte sich, wie ein Student noch an Gott glauben kann. Mein Sohn erklärte ihm, daß gerade das Studium des Marxismus-Leninismus die Oberflächlichkeit dieser Wissenschaft gezeigt und seine religiöse Weltanschauung gestärkt habe. Der Untersuchungsbeamte drohte ihm während des Verhörs mit Gefängnis.

Am 11. Dezember 1981 wurde in unserem Haus in Leipalingis, Naujosios 13, unter der Leitung des Hauptmanns der Miliz Petrulėnas, eine Hausdurch­suchung gemacht. Während dieser Durchsuchung wurden mit der Schreib­maschine geschriebene religiöse Literatur, das Tagebuch meines Sohnes und ... atheistische Bücher mit handgeschriebenen Randbemerkungen mitgenom­men. Die unberechtigt mitgenommenen Sachen sind bis jetzt noch nicht zu­rückgegeben worden. Nach den Semesterferien in das Institut zurückgekehrt, wurde mein Sohn, angeblich wegen »Mangels an Fortschritt«, aus dem In­stitut ausgestoßen. So sind die Worte der Vertreter des VLKJS Komitees des Pädagogischen Instituts in Erfüllung gegangen, die sie ihm noch im ersten Kursus, nach erfolglosem Uberreden, der Kommjugend beizutreten ,gesagt ha­ben: »Wirwerden dafür sorgen, daß solche Studenten das Institut vorzeitig ver­lassen müssen!« Alle Studenten, die an den Prüfungen teilgenommen haben, merkten die Inobjektivität der Prüfer und nahmen Anstoß daran. Eine inter­essante Einzelheit: Den Ausschluß teilten unserem Sohn Robertas nicht die Vertreter des Instituts mit, sondern die des Sicherheitsdienstes und der Miliz, nachdem sie am 11. Februar 1982 in der II. Abteilung des Studenten­heimes im Zimmer 210 des Staatlichen Pädagogischen Instituts zu Vilnius eine Durchsuchung gemacht und die Entwürfe seiner Gedichte, das Manu­skript der Übersetzungen der in Amerika gehaltenen Reden von Solschenizyn und das Buch »Romas Kalanta« konfisziert hatten. Artikel 19 der Allgemei­nen Deklaration der Menschenrechte, der den freien Austausch von Infor­mationen garantiert, sagt nichts vom Verbot solcher Sachen. Im Gegenteil, hier ist die Durchsuchung selbst schon ein Vergehen, das die internationalen Verpflichtungen der UdSSR und die Freiheit der Überzeugung verletzt.

Wir geben uns keinen naiven Illusionen mehr hin, daß ein Superstaat, der die Lehre über die Relativität der Moral zu seiner ideologischen Grundlage gemacht hat, beginnen würde, die Vereinbarungen und die internationalen Verträge zu Fragen der Menschenrechte einzuhalten, die er selbst unter­zeichnet hat. Uns geht es darum, die Aufmerksamkeit aller Menschen guten Willens auf die andere Seite der Sache zu lenken. Es ist allen gut bekannt, daß man sich in unserem Land, im Kampf gegen die Personen mit für das Regime unerwünschten Anschauungen, nicht mit der »Erziehungsarbeit« allein begnügt, mit Verleumdungen in der Presse, mit Beseitigungen aus den Hochschulen und mit der ganzen Skala der im Strafgesetzbuch verankerten Maßnahmen. Die mysteriöse Ermordung des Professors Kazlauskas, der ungeklärte Tod des Dichters Mindaugas Tamonis, die wiederholten sonder­baren Sterbefälle beim Militärdienst, und schließlich die schaurige Serie der Morde an Priestern, deren letztes Opfer — das Mitglied der Helsinkigruppe Litauens, Priester Br. Laurinavičius war, sprechen dafür, daß die offizielle Gerechtigkeit nur die Spitze eines Eisberges ist, die aus dem Wasser heraus­ragt .. . Deswegen ist unsere, der Eltern Sorge wegen der Drohungen der Beamten an die Adresse unseres Sohnes, Drohungen, deren Verwirklichung ein nach ihnen folgendes Zusammenschlagen im Studentenheim und die Entfernung aus dem Institut gewesen sind, völlig begründet. Verehrter Sekretär, wir machen uns Sorgen um das Leben unseres Sohnes.

Leipalingis, am 31. März 1982        Antanas Grigas

Tverai (Rayon Plungė)

Der Pfarrer der Pfarrei Tverai, Kostas Velioniškis, war am 23. März 1982 in das Rayonexekutivkomitee von Plungė vorgeladen, um an einer Sitzung der Administrativkommission teilzunehmen. Dem Pfarrer wurde mitgeteilt, daß gegen ihn eine Beschwerde der Lehrer der Schule von Tverai einge­gangen sei... Die Administrativkommission klagte den Pfarrer an und verlangte eine Stellungnahme, warum er der Jugend erlaube, in der Kirche zu singen, anzubeten, am Altar zu dienen und warum er sie zu Prozessionen einlade.

Am 9. März 1982 haben die Stellvertreterin der Direktorin der Schule von Tverai, die Lehrerin Aldona Sudžiuvienė und die Lehrerin der französischen Sprache Regina Rubavičienė die Schülerin der VI. Klasse, Vilma Jurkutė, wegen Kirchenbesuch verhört. Das Mädchen wurde gezungen, bis zur Fein­heit eines »Mohnkörnchens« alles genau zu erzählen, was sie über die Kin­der wisse, welche die Kirche besuchen. »Auf dich müßte man den Fuß setzen und dich richtig verprügeln« — hatte schon früher die Lehrerin Regina Rubavičienė der Vilma Jurkutė gedroht.

Am 12. März 1982 versetzte die Lehrerin Regina Rubavičienė dem gläu­bigen Schüler Alfredas Šniukas Schläge, weil er sich weigerte, an den Sonn­tagsveranstaltungen teilzunehmen.

Die Lehrerin an der Schule von Tverai, Regina Čeplinskienė, befahl den Mädchen der III. Klasse Birutė Skiparytė, Gražina Šniaukaitė, Rasa Juciutė, Audra Žemgulytė und Alma Zalepūgaitė für die Sonntagsveranstaltung (am 14. März 1982) Gedichte zu lernen und drohte, sie in die »schwarze Liste« einzutragen, falls sie an diesem Tag in die Kirche und nicht in die Sonntagsveranstaltung gehen würden. Einige dieser Mädchen singen im Kirchenchor. Die Lehrerin R. Čeplinskienė befahl den Mädchen, um sie zu verspotten, sich vor die Klasse hinzustellen und sofort ein Kirchenlied zu singen, wofür sie ihnen in Musik die beste Note einzutragen versprach. Als die Mädchen sich weigerten, zu singen, sang voller Spott die Lehrerin R. Čeplinskienė selbst.

»Wenn du nicht in die Kirche gehen wirst, werde ich dir in allen Fächern die beste Note geben, auch wenn du überhaupt nichts weißt« — versprach die Lehrerin Regina Čeplinskienė der Schülerin Sonata Tonaitytė. Am nächsten Tag fragte sie Sonata wieder:

»Na, wie ist es denn jetzt? Willst du jetzt immer mit den besten Noten lernen oder in die Kirche gehen?«

»Ich werde lieber in die Kirche gehen, als auf diese Art die besten Noten sammeln« — erwiderte Sonata Tonaitytė der Lehrerin. Am 12. März 1982 sprach die Lehrerin der II. Klasse an der Schule von Tverai, Bronė Katkutė, bei der Rechenschaftsabgabe über ihre atheistische Arbeit mit der Klasse vor der Leitung der Schule: »In der Klasse sind 27 Schüler. 4 Kinder, gezwungen von den Großeltern oder Eltern, besuchen die Kirche, die sie von sich aus nicht besuchen würden. Ich habe mit der Klasse zwei Diskussionsstunden durchgeführt: »Warum die Menschen glauben« und »Der Mensch und die Religion«. Ich habe die Religiosität der Schüler und ihre Gründe untersucht. Ich machte die Schüler mit dem Begriff der Religion, den Ursachen ihrer Entstehung und verschiedenen Wundergesche­hen bekannt. Mit den Schülern, die die Kirche besuchen, und mit der ganzen Klassengemeinschaft führte ich individuelle Gespräche. An jedem Montag führe ich ein Gespräch durch und erfahre dabei, ob die Schüler die Kirche besuchten oder nicht, und warum. Ich erziehe atheistisch, soweit es möglich ist, auch während des Unterrichts. Ich bemühe mich, jene Schüler, die die Kirche besuchen, zur Teilnahme an den am Sonntag stattfindenden Nach­mittagsvorstellungen zu zwingen. Für kommenden Sonntag (den 14. März 1982) bereiten die Schüler, die die Kirche besuchen, ein kleines Programm vor...«

Am 5. April 1982 haben die Gläubigen der Gemeinde Tverai an die Direk­torin der Mittelschule von Tverai, A. Petrošienė, ein Protestschreiben folgen­den Inhalts gerichtet:

»Wir, die unten unterzeichneten gläubigen Eltern der Gemeinde Tverai, haben von unseren Kindern über die wegen der Kirchenbesuche an der von Ihnen geleiteten Schule durchgeführten Verfolgung und den Terror erfahren. Dagegen erheben wir unseren schärfsten Protest.

Schon seit einiger Zeit werden unsere gläubigen Kinder auf besondere Weise gehindert, damit sie an Sonn- und Feiertagen nicht an den Gottesdiensten teilnehmen können. Jene aber, die sich zutrauen, hinzugehen, werden wegen des Singens, des Dienstes am Altar, der Teilnahme an der Anbetung oder an einer Prozession und wegen der aktiven Teilnahme während des Gottes­dienstes ausgeschimpft. Damit die Kinder an Sonntagen nicht in die Kirche gehen und ihre Pflichten erfüllen können, werden in der von Ihnen geleiteten Schule oder im Kulturhaus gerade zu derselben Zeit (von 10 bis 14 Uhr) verhindernde Übungen (Tänze, Wettbewerbe und andere Vergnügungen) veranstaltet, die früher auch an Werktagen durchgeführt wurden. Die Kinder aber, die die Kirche besuchen, werden extra verpflichtet, an der Programm­gestaltung mitzuwirken.

Unsere gläubigen Kinder werden wegen des Kirchenbesuches in die »schwarze Liste« eingetragen, Nach dieser werden sie nachher genötigt, verhört, ein­geschüchtert und verspottet. Damit zeichnen sich besonders die Lehrerin Regina Rubavičienė und die Lehrerin Regina Čeplinskienė aus. Damit sie solche »schwarze Listen« zusammenstellen können, werben die Lehrerinnen die Kinder an, ihren Kameraden nachzuspionieren und später öffentlich in der Klasse, wie sie den Ausdruck benützen, so fein wie ein »Mohnkörnlein« genauestens zu erzählen. Zu diesem Zweck nützen die Leh­rerinnen die faulen, unbegabten Schüler aus. Sie schreiben ihnen gute Noten, auch wenn sie gar nichts können. Auf diese Weise wirbt die Lehrerin Regina Čeplinskienė die Kinder an.

Die anderen Schüler ängstigen sie mit Eintragung in »besondere Listen«.

Die Lehrerinnen Regina Rubavičienė, Greivienė, Tilvikaitė, Prajerienė ängstigen die Kinder, indem sie drohen, sie zu schlagen.

Die Lehrerin R. Rubavičienė, Lehrerin Greivienė und der Lehrer Simanauskas schlagen die Kinder wegen des Kirchenbesuchs wie auch wegen anderer Sachen.

Sie drohen ihnen mit dem Ausschluß oder schließen sie sogar aus den in der Schule gegründeten Kreisen oder Gruppen aus, die den Schülern Spaß machen (Lehrerin Čeplinskienė).

Sie setzen die Note im Betragen wegen Kirchenbesuches herab und stellen auf diese Weise die guten Kinder den boshaften Kindern gleich (Lehrerin R. Rubavičienė).

Sie loben jene Kinder, die ihre Kameraden »Betschwestern« schimpfen, jenen aber, die solchen Beschimpfungen entgegnen, setzen sie die Note im Betragen bis ungenügend herab (so hat es die Lehrerin R. Rubavičienė mit der Schülerin Šniukaitė gemacht).

Jeden Montag verhören sie die ganze Klasse, wer am Sonntag in der Kirche gewesen ist (Lehrerin R. Rubavičienė und Lehrerin Bronė Kutkutė). Sie drohen den Schülern, sich noch einmal mit ihnen zu unterhalten, sie zur Direktorin mitzunehmen oder andere Maßnahmen zu ergreifen (Lehrerin R. Rubavičienė und Lehrerin Aldona Sudžiuvienė).

Sie befehlen ihnen, die Eltern mitzubringen, wenn sie sehen, daß sie mit der Unterstützung der Eltern die Kinder einschüchtern könnten. Wenn aber die Eltern selber zu einem Gespräch zu ihnen kommen, dann verstecken sie sich, um die Begegnung zu vermeiden. (Die Lehrerin R. Rubavičienė hat den Vater der Schülerin Vilma Jurkutė nicht empfangen). Sie ängstigen die Kinder wegen des Kirchenbesuchs mit schlechten Charak­teristiken und der Unmöglichkeit, in eine Hochschule einzutreten (Lehrerin R. Rubavičienė).

Sie zwingen die Kinder, zu lügen, und verspotten sie nachher öffentlich, indem sie ihnen den Namen »Lügner« geben (Lehrerin R. Rubavičienė, Lehrerin A. Sudžiuvienė).

Sie ziehen die Kinder an den Haaren, an den Ohren, schlagen sie auf den Kopf, indem sie sie mit einer Hand festhalten oder an die Wand andrücken. Damit zeichnet sich besonders die Lehrerin R. Rubavičienė und der für die Ordnung verantwortliche Lehrer Šimanauskas aus. Er führt die Kinder zum Schlagen in ein Arbeitszimmer und fragt dann, auf welches Ohr er schlagen soll.

Wenn die Kinder sagen, daß sie gläubig sind und daß sie die Kirche besu­chen, werden sie der »Revolte gegen die Lehrerund der Frechheit« beschul­digt und dafür bestraft (Lehrein R. Rubavičienė, Lehrerin R. Čeplinskienė).

Sogar an Weihnachten und zu Ostern verbietet man den Kindern, die Kirche zu besuchen. Es wird alles mögliche unternommen, damit die Kinder an die­sen Tagen beschäftigt werden; oder sie müssen ausdrücklich schwören, daß sie an den Feierlichkeiten nicht teilnehmen werden.

Da die Lehrerinnen wissen, daß viele Mütter tagsüber beschäftigt sind (als Melkerinnen, Schweinemägde) und selber selten in die Kirche gehen können, erlauben die Lehrer den Kindern, nur gemeinsam mit ihren Eltern die Kirche zu besuchen.

An den Prozessionen teilzunehmen, am Altar zu dienen, besonders aber, in der Kirche zu singen und an den Gottesdiensten sich aktiv zu beteiligen, ist den Kindern strengstens untersagt.

Die Lehrerinnen befehlen den Kindern, ihren gläubigen Eltern nicht zu ge­horchen, indem sie die Eltern als ungebildete und rückständige Menschen bezeichnen. Sie behaupten gegenüber den Kindern, daß es besser wäre, in der Nacht ins Kino oder zum Tanzen zu gehen, als die Kirche zu besuchen. So zwingen die Lehrerinnen unsere Kinder, Rowdys zu werden.

Die Lehrerinnen zwingen nicht nur die Kinder zu spionieren, sondern sie verkleiden sich auch selbst und kommen als Spitzel in die Kirche. Uns ist bekannt, daß Sie, die Direktorin A. Petrošienė selbst, den Worten der Kinder nach, an Ostern 1982 sich in eine Zigeunerin verwandelt haben. Sie haben sich angeschmiert und die Kleider einer Zigeunerin angezogen, damit Sie von den Leuten nicht wiedererkannt werden. Auf diese Weise haben Sie die Kinder in der Kirche beobachtet. Zu einer solchen Geheimagentin-Spionin hatte sich am 7. Februar 1982 die Lehrerin R. Rubavičienė gemacht. Sie verfolgte die Kinder, die in die Kirche gingen und hielt sie an. Hier ist nur ein Teil dessen erwähnt worden, was an der von Ihnen geleiteten Schule geschieht. Wir, die Eltern der Schüler, verlangen folgendes: Schaffen Sie die Sonntagsveranstaltungen ab, die nur zu den schon genannten Störungszwecken vorbereitet werden und die unsere Kinder vom Kirchen­besuch abhalten. Sollten diese Veranstaltungen für die Schule erforderlich sein, dann dürfen Sie sie ruhig mit den ungläubigen Kindern ausführen. Sie sind weder für uns, die gläubigen Eltern, noch für unsere Kinder notwendig. Die Sonntage gehören uns und unseren Kindern und die Schule hat kein Recht, sie uns durch ihre Veranstaltungen wegzunehmen. Wir betrachten das als eine absichtliche Kampfmaßnahme gegen unsere Uberzeugung und die Überzeugung unserer Kinder.

Sie müssen aufhören, unsere gläubigen Kinder wegen des Kirchenbesuches zu verspotten. Eine Schule ist eine Bildungsstätte und kein Ort der anti­religiösen Propaganda und der Nötigung der Kinder.

Unsere Kinder dürfen nicht mehr geschlagen, an den Ohren gezogen, herum­getrieben oder irgendwie anders physisch bestraft werden. Das gegenseitige Bespitzeln in der Schule wegen religiöser Uberzeugung muß abgeschafft werden. Das schädigt die Kinder und deswegen werden wir strengstens dagegen kämpfen.

Die Noten im Betragen und in anderen Fächern dürfen wegen des Kirchen­besuches unseren gläubigen Kindern nicht herabgesetzt werden. Die gläubigen Kinder dürfen nicht aus verschiedenen Kreisen oder Gruppen ausgeschlossen werden, weil sie die Kirche besuchen und nur aus diesem Grunde die gerade für Sonntag angesetzten Übungen nicht besuchen können. In der Schule dürfen unsere Kinder nicht gezwungen werden, in antireligiösen Fragebogen Angaben über unsere Familien oder sich selbst zu machen. Unsere Kinder müssen aus den »schwarzen Listen«, die sie verletzen und erniedrigen, gestrichen werden.

Wir protestieren ganz entschieden gegen den Zwang, unsere Kinder zu Atheisten zu erziehen.

Wir sind gegen alle außerschulischen Veranstaltungen, die uns unsere Kinder wegnehmen, die Kinder selbst hindern, die Kirche zu besuchen und die uns hindern, sie zu den Sakramenten vorzubereiten ...

Wir wollen für uns selber und für unsere gläubigen Kinder die volle Reli­gionsfreiheit ... Wir wollen nicht, daß unsere gläubigen Kinder an anti­religiösen Veranstaltungen teilnehmen und auf diese Art gezwungen werden, sich selbst zu verspotten.

Wir betrachten es als grobe Verletzung, wenn die Lehrerinnen sich zu Spitzeln machen und unsere Kinder in der Kirche und außerhalb der Kirche bespit­zeln . .. Wir verurteilen das aufs schärfste und wir werden mit allen erlaub­ten Mitteln dagegen kämpfen.

Wir sind gegen jede Form von Verlockungen unserer Kinder (indem man ihnen die Noten erhöht und dadurch ermöglicht, Schlendriane zu werden), wie auch gegen Einschüchterungen (durch die Herabsetzung der Note im Betragen wegen Kirchenbesuch).

Wir protestieren aufs schärfste gegen die Versuche, aus unseren Kindern Versprechungen oder Geständnisse herauszubekommen, die gegen ihre eigene Überzeugung sind, wie z. B. »Ich glaube nicht an Gott«, »Ich werde nicht in die Kirche gehen«, »Ich werde nicht in der Kirche singen..., an den Pro­zessionen teilnehmen« oder ähnliches. Ein Herausbekommen solcher Ver­sprechungen von den Kindern ist die brutalste, niederträchtigste Sache und mit der Menschlichkeit nicht zu vereinbaren.

Wir protestieren dagegen, daß man die Kinder zwingt, zu lügen und zu heucheln, um sie nachher Lügner oder Heuchler nennen zu können. Die Eltern könnte man dann beschuldigen, sie hätten ihre Kinder zu Lügnern und Heuchlern erzogen, indem sie von den Kindern verlangt haben, ihre Pflichten als Gläubige zu erfüllen.

Wir protestieren ganz entschieden dagegen, daß unsere, der Gläubigen Kin­der, gezwungen werden, bei der Suche nach die Priester belastendem Ma­terial zu helfen und als Zeugen gegen die Priester aufzutreten. Am Schluß möchten wir noch die letzten Neuigkeiten über die »Streifzüge« der Lehrer erwähnen, die während der Exerzitien in unserer Pfarrei (vom 1. bis 3. April 1982) und am Palmsonntag vollbracht wurden. Exerzitientage sind Erneuerungstage für die ganze Pfarrei. Alle Gläubigen sollen daran teilnehmen und der Palmsonntag ist einer der größten Feiertage. Die Kinder sind zu Exerzitien mit ihren Eltern und auch ohne die Eltern gekommen. Kurz darauf erreichte uns die Nachricht, daß die Lehrer schon an den Tagen der Exerzitien mit Verhören der Schüler begonnen haben. Für Palmsonntag wurde eine extra Veranstaltung »Na, Mädchen« organisiert. Die Knaben waren verpflichtet, bei der Jurykommission dabei zu sein. So wurden die Kinder zwangsweise von sehr wichtigen Pflichten der Gläubigen zurückge­halten.

Am 2. April 1982 haben die Lehrerin Vaičekauskaitė, die Stellvertreterin der Direktorin, Lehrerin A. Sudžiuvienė und Sie selbst, Direktorin, die Schüler Budrys, Stonkus, Alfredas Sniauka und andere, die während der Exerzitien in der Kirche gewesen sind, verhört. Sie haben den Knaben befohlen, Recht­fertigungen zu schreiben... An demselben Tag haben die Lehrerin A. Sudžiuvienė und Sie selbst die ganze VI. Klasse verhört. A. Sudžiuvienė rief unsere Kinder einzeln in das Arbeitszimmer für Methodik und verhörte sie dort. Sie sagten, daß man die Kirche nicht zu besuchen brauche, und die Stellvertreterin stellte den Kindern verschiedene Fragen. Sie haben versucht, den Schüler Stonkus zu Ihrem Spitzel zu machen.

Das war noch nicht alles. Jetzt haben die Lehrerinnen mit einem »Feldzug« gegen die Osterfeiertage begonnen. Sie versuchen auf jede Art und Weise, die Kinder zu behindern, damit sie auch daran nicht teilnehmen können. So haben nicht nur Sie, sondern auch Ihre Untergebenen die Absicht, das für uns größte Fest zu verhindern und unseren Kindern die Möglichkeit zu nehmen, an der Osterfeier teilzunehmen. Uns ist bekannt, daß früher nur die Lehrerin Greivienė allein die Kinder geschlagen und terrorisiert hat, die die Kirche besuchen. Seitdem die Schule unter Ihrer Leitung steht, hat sich die Zahl der Lehrerinnen vergrößert, die die Schüler terrorisieren. Ihnen, der Leiterin der Schule, wollten wir das in Erinnerung bringen. Wir wollten auch die anderen die Schule und den Glauben betreffenden Instanzen damit bekanntmachen. Wir haben die Abschriften dieses Schreibens an den Vorsitzenden des Exekutivkomitees des Deputierten-Rates der werktätigen Menschen (DŽDT) der Gemeinde Tverai, Prajeris, an den Stellvertreter des Vorsitzenden für Kultusangelegenheiten des Exekutivkomitees des Rayons Plungė, A. Buivydas, an den Pfarrer der Pfarrei Tverai, Kostas Velioniškis, und an den Apostolischen Administrator der Diözese Telšiai, Antanas Vaičius, zugeschickt.«

Unter diesem Protestschreiben unterzeichneten die Eltern der Schüler — 21 Unterschriften.

Um sich über die Verhältnisse zwischen der Schule und der Kirche zu unter­halten, ist am 15. April 1982 zu dem Pfarrer der Pfarrei Tverai, Kostas Velioniškis eine Stellvertreterin des Redakteurs der Rayonzeitung »Ki­birkštis« (»Der Funke«) gekommen. Ihren Namen sagte sie nicht. Die Angekommene versuchte klarzumachen, daß in der Schule alles »zum Wohle des Kindes« getan wird. Schon seit einiger Zeit werden in Tverai an Sonntagen während des Gottesdienstes für die Schüler außerschulische Übun­gen veranstaltet, an denen die gläubigen Schüler gezwungen werden, teilzu­nehmen. Denn wenn man später an einer Hochschule studieren will, wird eine gute Charakteristik verlangt, und die kann man nur dann bekommen, wenn man sich an den außerschulischen Tätigkeiten beteiligt. Sie habe den Eindruck, daß die Sache verstanden wurde. Die Kirche wolle das eine, die Schule aber das andere. Die Ziele gehen auseinander. Man sollte ohne Be­hinderungen auskommen, damit keine Unzufriedenheit entsteht, beendete die Stellvertreterin des Redakteurs ihre »Rede«.

Am 25. April 1982 fand im Kulturhaus des Städtchens Tverai für die Schüler eine Sonntagsübung statt — ganz gewöhnliche Schauspiele, an denen die gläubigen Schüler zwangsweise teilnehmen mußten. Dem gläubigen Euge­nijus Rapalis wurde die Aufgabe des Souffleurs übertragen. Die Lehrer schüchterten den E. Rapalis ein, daß er als der wichtigste Beteiligte unbe­dingt zu der Sonntagsveranstaltung kommen muß; denn die anderen Schüler seien nicht dazu gekommen, ihre Rollen richtig zu lernen, die sie erst am Freitag zugeteilt bekommen haben; und deswegen könne ohne Souffleur alles zusammenbrechen.

Damit die Schüler, die gezwungen waren, an den Veranstaltungen teilzuneh­men, nicht doch noch zum Gottesdienst gehen konnten, wurden die Auffüh­rungen öfters durch Tanzpausen verlängert.

Am 26. April 1982 waren die Mitglieder des Pfarrkomitees von Tverai Mažeika, Šimkus und Vičys zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Rayon­exekutivkomitees H. Buivydas vorgeladen. Er befragte die Vorgeladenen über das Protestschreiben der gläubigen Eltern der Gemeinde Tverai an die Direktorin der Mittelschule A. Petrošienė, in dem die gläubigen Eltern über den an der Mittelschule zu Tverai herrschenden Terror gegen die gläubigen Kinder ihr Entsetzen zeigen.

Stellvertreter H. Buivydas fragte während des Gesprächs über den Organisten der Pfarrei aus und wiederholte ausdrücklich, daß den Schülern verboten sei, im Kirchenchor zu singen ... Als Mažeika ihn fragte, ob es in der Verfassung stehe, daß es verboten sei, in der Kirche zu singen, erwiderte H. Buivydas, daß es an der Verfassung »gewisse Korrekturen« gibt. »Ich kann nichts da­für. Wenn es Ihnen nicht paßt, dann schreibt nach Moskau. Macht euere eigenen Vorschläge, bittet, daß sie euch erlauben... Jetzt aber darf man nicht.« Der Stellvertreter versuchte zu beweisen, daß die Protesterklärung verleumderisch sei... »Kinder sind schlechte Zeugen... Sie können auch Unwahrheit erzählen. Wir werden uns die Eltern vornehmen. Sie werden sich mit dem Staatsanwalt treffen müssen. Wir wissen, wer das geschrieben hat: Priester Jonas Paliukas«, ärgerte sich der Stellvertreter H. Buivydas. Am Ende seiner Rede fügte H. Buivydas hinzu: »Ihr müßt den Priester zur Ordnung bringen. Du, Mažeika, bist der Vorsitzende, Du, Šimkus, bist Mit­glied. Also, dann führt euere eigene Ordnung durch. Ihr müßt alles ordnen. Stellt die Gebühren für die Dienstleistungen fest, veranschlagt die Ausga­ben ... Der Pfarrer hat damit gar nichts zu tun. Er ist nur ein bezahlter Kultdiener...«

Mažeika erwiderte darauf, daß das Pfarrkomitee nach dem kirchlichen Recht nur ein Helfer des Pfarrers ist, auf keinen Fall aber ein »Ordnungsmacher«.

Vom 27. bis 30. April 1982 wurden die Tatsachen der Protesterklärung der Gläubigen der Gemeinde in der Mittelschule von Tverai überprüft. Die »Uberprüfung« der Tatsachen ging so vor sich: die Lehrer zwangen schon im voraus auf jede Art (mit Versprechungen, Drohungen usw.) die Schüler, zu lügen, daß sie niemand gehindert habe, an den Sonntagen die Kirche zu be­suchen und daß niemand jene ausschimpft oder verfolgt, die die Kirche besuchen. Der Lehrer Juška verlangte, daß die Schüler sagen sollen, daß sie den Fragebogen mit den Fragen »Glaubst du an Gott?«, »Besuchst du die Kirche?«, »Besuchst du die Kirche, weil du es willst, oder von den Eltern gezwungen?«, »Was gefällt dir an der Kirche?« schon damals ausgefüllt haben, als sie noch in der vierten Klasse waren, nicht aber vor zwei Monaten. Die Schüler wurden im Arbeitszimmer der Direktorin unter der Teilnahme der Direktorin A. Petrošienė oder ihrer Stellvertreterin Aldona Sudžiuvienė verhört.

Die Schüler haben sie nach ihrer Wahl vorgeladen; nicht vorgeladen haben sie jene Schüler, die wegen des Kirchenbesuchs am meisten gelitten haben. Befragt haben sie aber nur die Schüler, die ungläubig sind.

Vilnius

Als der Schüler der Technischen Berufsschule Nr. 2 der Stadt Vilnius, Petras Brokevičius, im Frühjahr 1982 in der St.-Nikolaus-Kirche bei der hl. Messe zu ministrieren begann, lud die Meisterin Janina Kazėnienė den Jungen zu sich nach Hause. Sie begann ihn auszufragen: »Warum gehst du in die Kirche und ministrierst bei der Messe?... Sollte dich jemand danach fragen, dann sage einfach, daß das nicht du bist. Wenn du versprichst, die Kirche nicht mehr zu besuchen, dann werde ich selber sagen, daß die Spitzel sich geirrt haben und damit wird alles zu Ende sein. Wenn aber nicht, dann wird es für dich und für mich Unannehmlichkeiten geben. Den Priester können sie deswegen irgendwo anders versetzen«, — erklärte ihm die Meisterin. Petras Brokevičius gab auf alle Ängstigungen der Janina Kazėnienė zur Antwort: »Ich habe die Kirche besucht und werde sie auch weiterhin besuchen.« Kurz darauf hat der Stellvertreter des Direktors der Schule für Unterrichts­wesen den Petras Brokevičius zu einem neuen Gespräch eingeladen. Er fragte ihn, zu welcher Kirche er gehe, ob er wirklich bei der Messe ministriere, ob er auch weiterhin so zu tun gedenke.

Im Mai 1981 hat die Sekretärin der Kommjugend der Schule den Petras Brokevičius verhört.

»Sie werden dich in ihren Netzen fangen und werden dich nachher als Werk­zeug benützen« — ängstigte ihn die Sekretärin. Sie hat ihm atheistische Bücher zum Lesen angeboten und versprach ihm zu beweisen, daß es keinen Gott gebe und daß der Mensch sich aus einem Affen entwickelt habe. Als Petras Brokevičius auch weiterhin die Kirche besucht und bei der hl. Messe gedient hat, sind seine Beziehungen zur Leitung der Schule schlechter geworden. Die Meisterin der Gruppe, Janina Kazėnienė begann schikanös nach Anlässen für neue Konflikte zu suchen ... Wegen Diebstahl und Dro­hungen durch Rowdys wurde das weitere Leben im Studentenheim uner­träglich. Als Petras Brokevičius umzog, um bei Petras Cidzikas zu wohnen, ergossen sich neue Angriffe: »Bei wem wohnst du? Wo bist du mit ihm bekannt geworden? Ist er mit dir irgendwie verwandt? Wo arbeitet er? Be­sucht Petras Cidzikas die Kirche? Was zahlst du für das Zimmer?« — griff ihn die Lehrerin für Geschichte, Misiūnienė an. So ein Verhör dauerte bei­nahe eine ganze Stunde.

Am 20. Juni 1981 lud die Meisterin der Gruppe, Janina Kazėnienė den Petras wieder zu sich und riet ihm, alles ernsthaft zu überlegen, denn wid­rigenfalls werde es schlimm — er werde noch mehr Unannehmlichkeiten bekommen.

Nach den Sommerferien, am 12. Oktober, folgten neue Verhöre ... Die Sekretärin der Kommjugend der Schule griff den Jugendlichen an, ob dieser sich endlich entschieden habe. Als Petras Brokevičius geantwortet hatte, daß er sich entschieden habe, daß er nicht beabsichtige, seine Uberzeugung zu ändern, verlangte die Sekretärin seinen Kommjugendausweis zurück. Am 16. November 1981 verhörte der Direktor der Schule den Petras Bro­kevičius: »Gehst du in die Kirche? Wirst du auch weiter in die Kirche ge­hen?« Als der Jugendliche erklärte, daß er auch weiterhin die Kirche besuchen werde, begann der Direktor ihn zu ängstigen: »Ich verweise dich der Schule.« Er gab ihm den Rat, »freiwillig« eine Erklärung zu schreiben mit der Begründung, daß seine Eltern alt seien und seine Unterstützung benötigten.

Die Kommjugendlichen Akstinas, Visoskas und andere stießen am 25. No­vember den Petras Brokevičius in einen dunklen Schlupfwinkel hinein, warfen ihn zu Boden, fingen an, ihn mit Füßen zu treten. Sie stießen ihn in den Bauch, in die Brust, in die Seiten. Als er sich vor Schmerzen zusam­mengekrümmt hatte, stießen sie weiter ins Gesicht. Sie haben dann den zer­trampelten, blutüberströmten Petras zur Meisterin Janina Kazėnienė ge­schleppt. Janina Kazėnienė spottete über ihn und sagte: »Wie siehst du aber aus?... das ist für dich die Belohnung für alles. .. Na, wie gefällt dir deine Nase?... Wer mir nicht gehorchen will, wird von den »Aktivisten der Gruppe« auf diese Weise umerzogen« — hörte Janina Kazėnienė nicht auf zu spotten. Der zu der Zeit im Arbeitszimmer anwesende Mathematiklehrer Dovydavičius versuchte, Janina Kazėnienė zu warnen, daß man so etwas nicht tun darf. Sie aber erwiderte, daß sie vor niemandem Angst habe.. . Als Petras Brokevičius sagte, daß er morgen in der Schule fehlen werde, — er werde in die Poliklinik gehen, protestierte Janina Kazėnienė: »Wenn du gehen willst, dann gehe jetzt gleich (zu der Zeit arbeitete die Poliklinik nicht), morgen aber, schau, daß du im Unterricht dabei bist; wenn du aber nicht dabei sein wirst, dann wird noch etwas anderes kommen.« Am 11. Dezember 1981 hat die Meisterin Janina Kazėnienė durch ein Eil­telegramm die Eltern des Petras Brokevičius eingeladen. »Wie Sie sehen, hat er sich mit solchen Menschen zusammengetan... sie gehen in die Kir­che ... er hat freiwillig die Erklärung geschrieben, ihn nach Hause zu ent­lassen... Er hat schlechte Freunde, man muß ihm helfen ... Seine Erklä­rung haben wir schon, wir brauchen nur noch euer Einverständnis. Wir lassen ihn nach Hause gehen, andernfalls kann er in einer Kolonie unter­gebracht werden« — machte die Meisterin Janina Kazėnienė den Eltern klar. Nachdem eine Erklärung der Eltern durch Drohungen erwirkt war, erklärte der Direktor lügenhaft: »Für Ihren Sohn ist es unmöglich, in Vilnius zu bleiben. Es ist ein Befehl der Miliz gekommen, ihn wegzubringen.«

Vilnius

Am 14. April 1982 druckte die Zeitung »Komjaunimo tiesa« (»Die Wahrheit der kommunistischen Jugend«) einen Artikel »Nei matyta, nei girdėta« (»Weder gesehen, noch gehört«) von Vytautas Valikonis ab. Am Anfang des Artikels steht:

»Am Anfang war es eine Meldung des Blättchens der Klerikalen von Chi­cago »Draugas« (»Der Freund«). Diese Meldung wiederholte Wort für Wort das Radio Vatikan. Lasset uns doch vorlesen: — An der Mittelschule zu Tauragė befahl die Lehrerin Eidikytė jenen Schülern der dritten Klasse, die Hände hochzuheben, die an Gott glauben. Darauf folgten Drohungen, daß die Gläubigen wie die Verbrecher mit Gefängnis bestraft werden. Nach einer kurzen Weile befahl sie wieder den gläubigen Kindern, die Hände zu heben. Als wieder ein Wald von Händen sich erhob, erklärte die Lehrerin, daß alle Gläubigen in das Internat für Zurückgebliebene in Skaudvilė übergeben werden.

Als Argument, um die Wahrheit der Tatsachen zu widerlegen, griff Vyt. Valikonis zu dem im Namen der Lehrerin in der Nachricht unterlaufenen Fehler — an Stelle von Eidukytė stand Eidikytė gedruckt. Wenn man in einem anderen Fall so etwas als einfachen Korrekturfehler betrachten würde, ge­nügt der genannte Fehler nach der Meinung des Korrespondenten Vyt. Vali­konis vollkommen, um den Schluß daraus zu ziehen, daß die ausländische Zeitung Erdichtungen, Lügen, falsche Nachrichten verbreitet. Der Kor­respondent greift in seinem Artikel in die Erdichtungen der Kinder ein, aus denen klar zu ersehen ist, daß als Zeugen zur »Untersuchung« der Tatsachen Vyt. Valikonis schon im voraus ausgesuchte (sogar ungläubige) Kinder zu Hilfe genommen hat. Er stellte den Schülern der III. Klasse speziell vorbereitete Fragen, die sie anders gar nicht beantworten konnten.

Varsėdžiai (Rayon Šilalė)

Im Dezember 1981 hat die Direktorin der Achtjahreschule von Varsėdžiai, Marytė Pintverienė während des Unterrichts die Schüler ausgeschimpft, weil sie in die Kirche gehen und bei der Messe ministrieren.

per Schüler der V. Klasse, Remigijus Lapinskas, erschrak nicht vor dem Zorn der Direktorin, sondern erklärte: »Ich bin bis jetzt gegangen, und ich werde auch weiterhin gehen.«

Während der Pause packte ihn die Direktorin M. Pintverienė am Ohr und schleppte ihn ins Lehrerzimmer. Sie brachte noch einen Schüler der V. Klas­se den Arvydas Petravičius, mit. Dort begann die Direktorin, die Kinder hysterisch anzuschreien, nannte sie »Bourgeois« und fragte sie: »Werdet ihr noch immer in die Kirche gehen?«

Als Remigijus bestätigte, daß er gehen werde, schlug ihm die wütende Di­rektorin ins Gesicht und befahl ihm, die Eltern mitzubringen. Interessant ist die Tatsache, daß etwa 12 Lehrer der Achtjahreschule von Varsėdžiai diesen »Strafprozeß« beobachtet haben. Aber keiner von ihnen hat sich getraut, die wütende Direktorin zu ermahnen.

Girdžiai (Rayon Jurbarkas)

Während der Fastenzeitexerzitien 1982 in der Pfarrei Girdžiai wurde an der Mittelschule des Städtchens nicht durch Zufall (Inspektoren fuhren durch die Schulen des Rayons und forderten dazu auf, die atheistische Arbeit zu akti­vieren), eine atheistische Woche angekündigt.

Die Schüler der unteren Klassen waren verpflichtet, atheistische Zeichnungen anzufertigen..., die Neuntkläßler, auf Veranlassung der Lehrerin Šimans­kienė, einen Aufsatz »Was würde ich meinem Freund sagen, der vor dem Altar kniet« zu schreiben ... Die Schüler schrieben diesen Aufsatz nicht. Autorkorrektur von Artikel 53 vom 27. 12. 1985

Der Schülerin der IV. Klasse an der Mittelschule zu Girdžiai, Naira Ro-čaitytė, wurde im zweiten Trimester die Note im Betragen bis »zufrieden­stellend« herabgesetzt. Die Klassenerzieherin Genienė erklärte, daß die Note wegen des Kirchenbesuchs herabgesetzt wurde.

Veisiejai (Rayon Lazdijai)

Der Klassenerzieher der Klasse VIHc an der Mittelschule von Veisiejai, Boleslovas Vyšniauskas, hat am 16. Februar 1982 seine Klassenschülerin Aurelija Poteliūnaitė der Unterschriftensammlung »gegen die Lehrer« be­schuldigt und ihr befohlen, schriftlich zu erklären, was sie in der Kirche macht. Als das Mädchen sich weigerte zu gehorchen, erstattete der Lehrer Boleslovas Vyšniauskas der Familie Poteliūnas einen Besuch, bei dem er auf jede Art und Weise die Eltem zu überzeugen versuchte, daß ein solches Benehmen der Tochter »böse enden könnte«.

Am 17. Februar wurde Aurelija Poteli0naite in das Arbeitszimmer des Di­rektors vorgeladen, in dem der Sicherheitsbeamte Gylys auf sie wartete. »Was für Unterschriften sammelst du da gegen die Lehrer?« — fuhr der Tschekist sie an. Als Aurelija klarstellte, daß sie keine Unterschriften gegen die Lehrer gesammelt hatte, begann der Sicherheitsbeamte das Mädchen zu schelten, weil sie an der Geburtstagsfeier von Mindaugas Judeikis teilge­nommen hatte. »Ihr habt dort nicht einen Geburtstag gefeiert, sondern euch mit dem Priester Juozas Zdebskis unterhalten. Wer war noch dabei gewe­sen?« — verhörte Gylys weiter. Als sich Aurelija weigerte zu reden, ver­suchte der Tschekist mit Güte auf sie »einzuwirken«: — Du könntest viel erreichen ...

Rokiškis

Am 6. März 1982 verhörte die Führerin der atheistischen Gruppe an der Edvardas-Tičkus-Mittelschule zu Rokiškis, Lehrerin Milda Dilienė, die Schülerin der Klasse VII c Jolanta Sadauskaitė. Die Lehrerin M. Dilienė zwang J. Sadauskaitė, die Namen ihrer Freunde zu nennen, die die Kirche besuchen und in der Kirche singen.

»Du bist meine Klassenschülerin gewesen, deswegen mußt du mir alles mit­teilen. Geh in die Kirche, wann immer du willst. Du darft sogar singen. Aber teile mir nur alles mit, wer von den Schülern im Kirchenchor singt und wer bei der hl. Messe ministriert... Wir wollen sie alle ermitteln und bestrafen« — versuchte die Lehrerin M. Dilienė dem Mädchen klarzumachen.

Am 10. März und am 17. März verhörte die Lehrerin M. Dilienė die Schü­lerin der Klasse Vc, Gita Tervydytė. Sie schimpfte die Schülerin deswegen aus, weil sie die zwangsweise umgebundene Halsbinde nicht trägt und den Kinderchor der Kirche besucht. Die Lehrerin M. Dilienė drohte ihr, wegen des Kirchenbesuchs ihre Eltern mit Geldstrafen zu belegen. Lehrerin Milda Dilienė kommt in die Kirche, schreibt sich die Namen der anbetenden und während der hl. Messe ministrierenden Schüler auf, und terrorisiert nachher diese Schüler.

Die Lehrerin an der E.-Tičkus-Mittelschule zu Rokiškis, Gasparavičienė, verspottet ebenfalls die gläubigen Schüler.

Tūbinės (Rayon Šilalė)

Am 18. November 1981 statteten der Korrespondent der Republikzeitung »Tiesa« (»Die Wahrheit«) und die Direktorin der Achtjahreschule, Valerija Lidienė, den Einwohnern von Tūbinės, der Familie Katauskas, einen Besuch ab Die Schuldirektorin Valerija Lidienė griff schreiend Reda Katauskytė an daß sie die Mädchen zu Anbetungen organisiere. Die Direktorin beschul­digte die Familie Katauskas, daß sie dem Vikar von Šilalė, Priester Vytautas Skiparis erzählt haben solle, wie die Lehrerinnen an der Achtjahreschule zu Tūbinės — Jakienė und Jonelienė — die Schüler, welche die Kirche be­suchen, verspotten. Der Priester hätte das in der Predigt den Leuten gesagt. Als der Korrespondent der Zeitung »Tiesa« gefragt hat, ob die Lehrer wirklich über die gläubigen Kinder spotten, bejahte Reda Katauskytė, daß sie spotten und daß die Direktorin der Schule V. Lidienė das selbst als erste vormache.

Prienai

Der Klassenlehrer der Klasse VIIc an der I. Mittelschule zu Prienai, Arvydas Narvydas, verhörte am 12. Februar 1982 seine Klassenschülerin Jolanta Urbšaitė. Den Lehrer A. Narvydas interessierte es, wer an Weihnachten am Kirchhof als Weihnachtsmann verkleidet war, was er zu den versammelten Kindern und der Jugend gesprochen habe, wer an dem Tag von den Bekann­ten in der Kirche war, ob Jolanta im Kirchenchor singe, warum sie nicht der Kommjugend beiträte?

Als Jolante Urbšaitė auf die Fragen keine Antwort gab, drohte ihr der Lehrer A. Narvydas, daß er ihr die Note im Betragen herabsetzen werde. Wenn sie die Schule einmal abschließen werde, werde sie nirgends weiter­lernen können.

Birštonas (Rayon Prienai)

Am 7. April 1982 führte die Lehrerin Kudžmaitė in der Mittelschule die Schüler der Klasse IVa, Romas Bunevičius und Vaižgantas 2ičkus, zur Di­rektorin der Schule, Sofija Žiukienė, und teilte ihr mit, daß die beiden bei der hl. Messe ministrieren. Die Direktorin befahl streng dem Romas Bune­vičius und Vaižgantas Žičkus, die Kirche nicht mehr zu besuchen.

Am 12. April ließ die Lehrerin Kudžmaitė die Schüler der Klasse IVa, Ineta Jaruševičiūtė, Lina Pūkaitė, Romas Bunevičius und Vaižgantas Žičkus nach dem Unterricht nachsitzen, weil sie am Ostermorgen in der Kirche von Birštonas am Auferstehungsgottesdienst teilgenommen hatten.

 

Garliava (Rayon Kaunas)

Der Schüler der IX. Klasse an der Mittelschule zu Garliava, Arturas Slep-kovas, ministriert bei der hl. Messe in der Kirche.

Die Lehrer, besonders aber die Klassenlehrerin Petruševičienė, machen ihm andauernd Vorwürfe, daß er ein Heuchler sei, daß er kein Recht habe, wäh­rend des Gottesdienstes zu dienen, weil er ein Kommjugendlicher ist.

Am 5. April 1982 fuhr A. Slepkovas in das Rayonkomitee der Kommjugend. »Ich will kein Heuchler sein!« — erklärte der Schüler bei der Rückgabe des Ausweises der Kommjugendlichen.

Der Direktor Nausėda brachte den Kommjugendlichen-Ausweis von A. Slepkovas in die Schule zurück, und die Klassenerzieherin Petruševičienė steckte ihn dem Schüler in die Tasche. Der Junge ging zum Direktor und sagte bei der Rückgabe des Ausweises:

»Sie haben ihn zurückgebracht, dann behalten Sie ihn auch. Im Komitee der Kommjugend wurde mir gesagt, daß man einem Gläubigen einen Komm­jugendausweis nicht ausstellen darf.«

Nun versuchte man, Druck auf ihn auszuüben. Die Klassenerzieherin Petru­ševičienė und der Lehrer für militärische Vorbereitung, Neimontas, drohten dem Arturas Slepkovas mit der Verschickung in das Psychoneurologische Krankenhaus nach Žiegždriai. Sie prophezeiten ihm, daß er zum Wehrdienst an einen Ort geschickt werde, wo keiner lebendig zurückkommt; sie rieten ihm, alles gut zu überlegen. Arturas Slepkovas antwortete, daß er seinen Glauben nicht verleugnen werde. Er würde zu jeder Zeit, wenn sich die Gelegenheit bietet, bei der hl. Messe ministrieren. Den Kommjugendlichen­ausweis werde er nicht mehr annehmen.