Nachdem die sowjetische Regierung im Sommer 1982 dem Bischof der Diözese Kaišiadorys Vincentas Sladkevičius erlaubt hatte, sein Amt wieder auszuüben, gab es im Westen Stimmen, daß sich die Lage der Kirche in Litauen gebessert habe. In Wirklichkeit aber wurden die Schrauben der Unterdrückung nur noch stärker angezogen. Der Rat für Religionsangelegen­heiten hat immer mehr die Priester attackiert, die Statuten der religiösen Gemeinschaften einzuhalten. Die Priester wurden wegen der Nichteinhaltung crmahnt, getadelt, »Extremisten« genannt oder sogar mit Administrativ­strafen belegt. Sowohl den Priestern als auch den Laien wurde ständig der Gedanke eingehämmert, daß der eigentliche Hausherr in der Pfarrei das von der sowjetischen Regierung bestätigte (d. h. auch von ihr gänzlich kon­trollierte) »Exekutivorgan« sei, der Pfarrer aber — nur ein Kultusdiener. Jene »Zwanziger« der Pfarreien, die noch keine sogenannten »Verträge« mit den Rayonexekutivkomitees abgeschlossen hatten, wurden genötigt, so schnell wie möglich diese abzuschließen, d. h. wenigstens pro forma ihr Einverständnis zu erklären, daß sie die Hausherren der religiösen Gemein­schaften seien, durch die das Rayonexekutivkomitee die Pfarrei verwalten kann. In sehr vielen Pfarreien verlangte die sowjetische Regierang, man weiß nicht aus welchem Grand, daß das kirchliche Eigentum: liturgische Gefäße, Bilder und anderes, geschätzt werden soll.

Anfang Dezember 1982 kam ein Beamter des Rates für Religionsangelegen­heiten der Katholiken aus Moskau nach Litauen. Er besuchte das Priester­seminar, die Bischöfe und sogar einige der Dekane; er versuchte zu über­zeugen, daß es für die Priester besser wäre, wenn nicht sie, sondern die »Exekutivorgane« der Pfarreien sich um die Angelegenheiten der Kirche kümmern würden.

Damit den Priestern Litauens die Lust vergehe, den Statuten der religiösen Gemeinschaften entgegenzuwirken, wurde am 26. Januar 1983 der Pfarrer von Viduklė, Mitglied des Komitees der Katholiken zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen, Priester Alfonsas Svarinskas, verhaftet. Die wich­tigsten Gründe seiner Verhaftung waren folgende:

Das mutige Verhalten der Priester Litauens ruft bei der sowjetischen Regie­rung eine große Beunruhigung hervor. Die Verhaftung eines der mutigsten

Priester sollte den anderen Angst einjagen und sie zwingen, den Statuten der religiösen Gemeinschaften zu gehorchen.

Die ganze Schuld am sogenannten »religiösen Extremismus«, d. h. das Ein­halten der kirchlichen Gesetze und nicht des Statutes der religiösen Gemein­schaften, schieben die Mitarbeiter des RfR (Rates für Religionsangelegen­heiten) dem Komitee der Katholiken zur Verteidigung der Rechte der Gläu­bigen zu. Den Priester A. Svarinskis betrachtete das KGB als die Seele dieses Komitees, deswegen sollte seine Verhaftung der Lähmung der Tätig­keit des Komitees dienen.

Die sowjetische Regierung hat schon immer krankhaft auf Erscheinungen reagiert, wie zum Beispiel auf die Prozessionen nach Šiluva, auf Jugendzu­sammenkünfte und andere, die bei ihr Unruhe hervorrufen. Die Verhaftung des Priesters A. Svarinskas zeigt anschaulich, daß die sowjetische Regierung sich sehr schwach fühlt, und daß sie in der Katholischen Kirche Litauens und in jedem aktiveren Geistlichen ihren Todesfeind sieht.

Im Hinblick auf das kommende St.-Kasimir-Jubiläum und die 600-Jahr-Feier der Einführung des Christentums in Litauen wird im Volke eine geistige Wiedergeburt spürbar. Da die sowjetische Regierung diese Wieder­geburt lähmen möchte, hat sie alle propagandistischen Mittel eingesetzt. Als diese aber nichts halfen, zog sie das KGB hinzu, damit es helfe, die fleißig­sten Priester Litauens auszuschalten. Die Feinde der Kirche haben sich aber immer schmerzlich getäuscht: Guillotinen, Galgen und Lager erwecken die Kirche immer zu neuem Leben.