Viduklė

Die Klassenlehrerin der Klasse XI b, Mikolaitienė, teilte am 23. Mai 1984 der Schülerin ihrer Klasse, Jūratė Kaplinaitė mit, daß sie nicht zur Abitur­prüfung zugelassen werde, weil sie einen zurückgekehrten Gefangenen be­grüßt und in der Kirche gemeinsam mit allen öffentlich für den inhaftierten Pfarrer der Pfarrei Priester Alfonsas Svarinskas, gebetet habe. Obwohl das Mädchen während der Elternversammlung nur gelobt und in keiner Weise beanstandet wurde, beschuldigte die Stellvertreterin des Direktors, S. Ba-lutienė, Jūrate der antisowjetischen Tätigkeit und nannte sie moralisch heruntergekommen. Die Eitern brachten dem Bildungsminister eine Erklä­rung, in der sie ihren Protest gegen ein solches Vorgehen der Lehrer zum Ausdruck brachten. Zu dem Minister konnte man erst im zweiten Anlauf, und beinahe nur mit Gewalt, für kurze Zeit gelangen. Der Minister erklärte, daß er nicht helfen könne, er müsse alles an Ort und Stelle überprüfen, dazu habe er aber keine Zeit. »Die Hauptbefugnisse in dieser Angelegenheit hat die Bildungsabteilung des Rayons, wendet euch deswegen dorthin«, erklärte der Bildungsminister den Eltern.

An den Bildungsminister der SSR Litauen

Erklä rung

der Kaplanienė Salomėja, Tochter des Rapolas,

wohnhaft im Rayon Raseiniai, Gemeinde Viduklė, Bahnstation Viduklė, Darbininkų 9

Ich wende mich an Sie, verehrter Minister, wegen meiner Tochter Jūratė Kaplanaitė. Meine Tochter besucht die Mittelschule in Viduklė. Jetzt hat sie die elfte Klasse abgeschlossen und wird nun ohne Grund nicht zur Abitur­prüfung zugelassen. Schon während des Schuljahres wurde meiner Tochter gedroht, daß sie wegen antisowjetischer Tätigkeit nicht zu der Prüfung zu­gelassen werde. Am Ende des Schuljahres wurde ihr aus diesem Grund schon die Note im Betragen herabgesetzt. In letzter Minute teilte ihr die Klassenlehrerin mit, daß sie wegen antisowjetischer Tätigkeit nicht zur Prü­fung zugelassen werde. Ich verstehe nicht, worin die antisowjetische Tätig­keit bestehen soll. Meine Tochter ist gläubig und besucht die Kirche. Ist denn das womöglich eine antisowjetische Tätigkeit? Der Direktor A. Kuodis machte mir klar, daß sie nicht wegen ihres Glaubens von der Prüfung aus­geschlossen werde und auch nicht wegen antisowjetischer Tätigkeit, sondern weil das Mädchen vor drei Jahren irgendeinem ehemaligen Gefangenen Blumen überreicht und weil sie Verbindungen mit Gefangenen habe. Jetzt verstehe ich wieder nicht, wo sie Kontakte mit den Gefangenen pflegt und welcher Art die Verbindungen sein sollen. Das Mädchen ist niemals zu den Gefangenen hingefahren, um sie zu besuchen. Aus welchem Grund wird meine Tochter so merkwürdig beschuldigt? Ich habe den Direktor um einen Auszug aus dem Beschluß des Pädagogenrates gebeten. Den Auszug gab er mir nicht. Er erklärte mir, daß das Exekutivkomitee befohlen habe, ihn nicht herauszugeben, und die Stellvertreterin des Direktors, S. Balutienė, begann mich zu beleidigen, daß das Mädchen moralisch verkommen sei. Einige Mädchen in unser Schule, eines aus der achten Klasse und eines aus der neunten, erwarteten ein Kind; sie wurden trotzdem zur Prüfung zu­gelassen. Das ist moralisch. Meine Tochter aber gilt als verkommen, weil sie die Kirche besucht.

Als ich den mir versprochenen Auszug abholen wollte, erklärte mir der Direktor, daß das Exekutivkomitee verboten habe, ihn herauszugeben, des­wegen habe ich von der Schule keinen Auszug bekommen.

Den anderen gläubigen Kindern wurde von den Lehrern ebenfalls angedroht, daß es auch ihnen so gehen werde wie Jūratė.

Ich bitte Sie, verehrter Minister, diese verwickelte Angelegenheit zu klären und meiner Tochter zu erlauben, die Prüfung zu machen.

Mit der Begründung, daß sie den aus dem Gefängnis zurückgekehrten Vy­tautas Vaičiūnas begrüßt hatte, wurde der Schülerin der X. Klasse an der Mittelschule zu Viduklė, Valda Bakanaitė, am Schluß des Schuljahres 1984 die Note im Betragen auf »Zufriedenstellend« herabgesetzt. Die Schülerin wurde vor die ganze Klasse gestellt, damit alle ihre Zustimmung gäben, daß ihr die Note im Betragen zu Recht herabgesetzt wurde. Da die Klassenkame-raten aber nicht zustimmten, drohte die nervös gewordene Klassenlehrerin den Sicherheitsdienst zu rufen.

Kybartai

Die Klassenlehrerin der XI. Klasse an der Mittelschule von Kybartai, Ža­kienė, teilte am 24. Mai 1984 dem Schüler dieser Klasse, Romas Žemaitis, mit, daß er nicht zur Abiturprüfung zugelassen werde. Als Grund nannte sie einen Vorfall, der sich vor einigen Tagen zwischen R. Žemaitis und dem Schüler der X. Klasse, Merkevičius, abgespielt habe. Als Romas auf dem Schulhof einen Jungen aus der Nachbarschaft weinen sah und erfuhr, daß ihn ein Schüler der oberen Klasse geschlagen hatte, verlangte er, daß der Schläger sich entschuldige. Dieser aber lud seinen Freund Merkevičius ein und bat diesen, sich an Romas zu rächen, R. Žemaitis war gezwungen, sich zu verteidigen. Ungeachtet dessen, daß Romas an diesem Vorfall nicht schul­dig war, beschloß die Lehrerkonferenz, ihn nicht zur Abiturprüfung zuzu­lassen. Am 28. Mai fuhren die Eltern von R. Žemaitis zusammen mit ihrem Sohn zum Bildungsminister der LSSR, wo sie dem Bildungsminister Spurga eine Erklärung überreichten, in der sie klarlegten, daß der wahre Grund, weshalb Romas nicht zur Prüfung zugelassen wurde, seine religiöse Über­zeugung sei, denn schon vor einem Jahr sei ihm wegen der aktiven Teil­nahme am kirchlichen Leben gedroht worden, nicht zur Prüfung zugelassen zu werden. In der XI. Klasse wurde ihm nach seiner Teilnahme am Ge­richtsprozeß des Priesters Sigitas Tamkevičius wiederum gedroht, daß er aus der Schule entfernt und nicht zur Prüfung zugelassen werde. Unter der Erklärung, in der die Umstände des Vorfalls mit dem Schüler der X. Klasse Merkevičius präzise dargelegt waren und auch, daß Romas seit Jahren we­gen des Glaubens terrorisiert wird, unterschrieben 14 Schüler, die den Vor­fall gesehen hatten.

Als die Miliz und der Sicherheitsdienst danach forschten, wer in der Nacht des Februar auf dem Kamin des Kesselraumes der Schule die litauische Tricolore gehißt und die Wände des Exekutivkomitees, der Post und anderer Häuser mit antisowjetischen Parolen beschmiert hatte, wurden bei Familie Žemaitis am 17. und 22. Februar, unter dem lügenhaften Vorwand, daß man nach einem gestohlenen Moped und seiner Teile suche, eine Durchsu­chung gemacht. Bei den Verhören, die den Durchsuchungen folgten, hatten der Sicherheitsdienst und die Miliz das »gesuchte« Moped wahrscheinlich

»vergessen«. Während der Verhöre wurden R. Žemaitis und seine Brüder Arvydas und Edmundas (X. Klasse) unter Druck gesetzt, zuzugeben, daß sie die Fahne gehißt und die Wände der Gebäude beschriftet hätten. Romas wurde andauernd mit Gefängnis gedroht.

Der Bildungsminister Spurga interessierte sich, ob Romas wirklich gläubig sei, ließ ihn die 10 Gebote Gottes vorsagen und schickte ihn dann ohne eine klare Aussage seinerseits zu Ispektor Kairys. Dieser erklärte, daß der Vor­fall überprüft werde.

Am 31. Mai fragten die Inspektoren der Bildungsabteilung des Rayons Vilkaviškis, Žilinskas und Pakrosevičienė jene Schüler aus, die die Erklärung unterschrieben hatten. Die Schüler bekräftigten wieder, daß Romas unschul­dig sei. Da die Mehrheit der Unterzeichner Komsomolzen gewesen waren, drohte die Schulleitung, daß ihnen nicht vergeben werde, daß sie Romas verteidigen. Sie erklärte außerdem, daß Komsomolzen wissen müßten, was sie unterschreiben und was sie nicht unterschreiben sollten. Sie unterstrich, daß sie sich in Politik hineinmischten.

Am 31. Mai fand erneut eine Sitzung des Lehrerkollegiums statt, bei der der Beschluß, Romas Žemaitis nicht zur Prüfung zuzulassen, bestätigt wurde.

Kaunas

Im November 1983 ließ die Stellvertreterin der Direktorin der XV. Mittel­schule zu Kaunas, L. Urbonavičienė, die zwei Schülerinnen der fünften Klasse, Danguolė Žukaitytė und Laimutė Marazaitė, in ihr Arbeitszimmer kommen. Die Stellvertreterin fragte sie aus, ob die Mädchen die Kirche besuchten. Als diese dies zugegeben hatten, redete sie ihnen ins Gewissen und sagte, daß er eine Schande sei, an der sowjetischen Schule zu lernen und die Kirche zu besuchen; sie versuchte, sie zu überzeugen, daß das zwei unversöhnliche Sachen seien, weil die Kirche von der Schule getrennt sei. Laimutė Marazaitė versuchte der Stellvertreterin klarzumachen, daß der Staat den gläubigen Kindern doch eine Sonderschule einrichten solle, wenn er nicht wolle, daß sie die sowjetische Schule besuchen. Auf die Frage der Stellvertreterin, welche Kinder noch die Kirche besuchten, schwiegen die Mädchen. Als L. Urbonavičienė nichts herausbekommen konnte, sagte sie, daß sie auch ohne ihren Verrat alle Schüler der XV. Mittelschule kenne. Danguolė Žukaitytė und Laimutė Marazaitė wurden nicht zum ersten Mal auf ähnliche Weise ausgefragt.

*

Im Dezember 1983 erließ der Leiter der Bildungsabteilung der Stadt Kaunas an alle Leiter der litauischen Schulen der Stadt Kaunas eine Anordnung, am 24. Dezember Schallplattenpartys zu veranstalten und dafür zu sorgen, daß möglichst viele Schüler daran teilnähmen. Als manche Klassenleiter von den Direktoren ihrer Schule solche Anweisungen bekamen, forderten sie die Schüler eindringlich auf und verlangten von ihnen, an diesem Abend ausnahmslos an dieser Veranstaltung teilzunehmen. An manchen Schulen wurde sogar gedroht, daß jene, die nicht daran teilnähmen, Rechtfertigungen schreiben müßten.

Auf diese Weise wollte man die Kinder aus dem heimelig-trauten Familien­kreis herausreißen, damit sie nicht mit ihren Eltern den Heiligen Abend feiern könnten und damit sie nicht die Möglichkeit hätten, am Hirtenamt (litauisch »Burschenmesse«) teilzunehmen, sondern im Taumel des Tanzes die religiösen Traditionen der Familie und des Volkes vergäßen.

Krakės (Rayon Kėdainiai)

Am 17. Dezember 1983 kündete die Direktorin der Mittelschule von Krakės, Šepaitienė, während der Elternversammlung an, daß den Kindern, die die Kirche besuchen, in Zukunft die Note im Betragen herabgesetzt wird, ohne Rücksicht darauf, ob sie in anderen Fächern lauter Spitzenbewertungen haben.

Rokiškis

Die Lektorin an der Kulturschule zu Rokiškis, Vaičiūnienė, lud im Dezem­ber 1983 ihre gläubige Schülerin Jolanta Jurgelevičiūtė zu sich ein und machte ihr klar, daß die kulturelle Arbeit mit der Religion und dem Besuch der Kirche unvereinbar sei. Am 4. Januar 1984 wurde J. Jurgelevičiūtė in das Arbeitszimmer der Schuldirektorin geladen, wo ein unbekannter Mann auf sie wartete, um mit ihr zu reden. Als er Jolanta über das Lernen und über ihre Familie ausgefragt und dabei erfahren hatte, daß die Schülerin gläubig sei und die Kirche besuche und deswegen nicht der Kommunisti­schen Jugend beitrete, bot sich der Mann an, sich über ähnliche Themen täglich mit ihr zu unterhalten. Jolanta war damit nicht einverstanden und sagte, daß es nicht nötig sei. Nachdem J. Jurgelevičiūtė den Unbekannten konkret aufgefordert hatte, sich vorzustellen und ihr zu erklären, mit wel­cher Absicht er sich um sie kümmere, und als sie ihm klargemacht hatte, daß sie sich weigere, mit ihm zu reden, wenn er sich nicht vorstelle, ver­suchte der Unbekannte ihr auseinanderzusetzen, daß Jolanta nicht ihre eigenen Worte rede, sondern daß sie von jemandem dazu angeleitet sei, bis er sich endlich nach kurzem Schweigen als Vertreter der Kommunistischen Jugend vorstellte. Auf weitere Erläuterungen und Ratschläge des Gastes gab J. Jurgelevičiūtė keine Antwort.

Im Februar sprach die Direktorin der Schule mit J. Jurgelevičiūtė über Fragen des Glaubens. Sie räumte ein, daß Jolanta sehr begabt sei, in bezug auf den Glauben aber irre sie sich, und deswegen wollten sie ihr alle helfen. »Nicht ich irre mich, Direktorin, sondern ihr seid alle in die Irre gegangen. Und überhaupt — ich bin volljährig, und deswegen trage ich die Verant­wortung für mich selbst. Für Eure Bereitschaft, mir zu helfen, danke ich Euch, ich habe aber Eure Hilfe nicht nötig«, erklärte Jolante Jurgelevičiūtė der Direktorin.

Die Eltern von Jolanta kamen daraufhin in die Schule, um mit der Direktorin über ihre Tochter zu sprechen. Nachdem die Direktorin den Eltern ver­sichert hatte, daß ihre Tochter begabt sei, gut lerne, und daß die Schule ihr deswegen das Stipendium erhöht habe, begann sie den Eltern vorzuwerfen, daß sie selber im Irrtum seien und daß deswegen auch ihre Tochter schlecht erzogen sei, denn, mit den Worten der Direktorin ausgedrückt, »wenn man nur den Glauben erwähnt, dann sträubt sich Jolanta wie ein Igel; die kul­turelle Arbeit sei aber eine atheistische Arbeit.«

Am 4. März war allen Schülern der Kulturschule strengstens untersagt, nach Hause zu fahren. (An dem Tag wurde in allen Kirchen Litauens das Jubi­läum des 500. Todestages des hl. Casimirs gefeiert — Bern. d. Red.). Am 5. März lud die Stellvertreterin der Direktorin der Schule, Sinkevičienė, J. Jurgelevičiūtė vor und befahl ihr, eine Rechtfertigung zu schreiben, warum sie nicht gehorcht habe, am 4. März nach Hause gefahren sei und nicht an einem Konzert teilgenommen habe. Als Jolanta erklärt hatte, daß ihr das Geld ausgegangen sei, hielt es die Stellvertreterin nicht mehr aus: »Du bist in die Kirche gefahren«, sagte sie. Darauf folgte eine atheistische Umerzie­hung, während der J. Jurgelevičiūtė schwieg. Noch am selben Abend lud die Direktorin der Schule J. Jurgelevičiūtė zu sich und erklärte ihr, daß sie ab 6. März der Kulturschule von Rokiškis verwiesen sei.

Kapsukas

Die Schülerin der Kulturschule von Kapsukas, Lina Marčaitytė, wohnhaft in Alyvų la, wurde am 2. Februar 1984 in die Staatsanwaltschaft von Kap­sukas vorgeladen. Der Stellvertreter des Staatsanwaltes fragte sie aus, ob die Milizbeamten am 28. Januar die Tür aufgebrochen hätten, wer den Schlüssel gehabt habe, ob sie wirklich im Badezimmer gewesen sei, als die Miliz­männer anklopften und ob sie wirklich in das Badezimmer eindringen woll­ten?

Am 7. Februar 1984 wurden dieselben Fragen der Schülerin der Kultur­schule, Jolanta Kalvaitytė, gestellt. Der Direktor der Kulturschule, Jonuška, verlangte mit der Begründung, daß die Wohnungsinhaberin Genovaitė Na­vickaitė zu jung sei und daß sie die Mädchen in einen »Schmuggel« verwickeln könnte, daß beide Mädchen möglichst bald sich aus Alyvų la abmelden und in ein Schülerinternat umziehen sollten.

Die Mutter von L. Marčaitytė, Genė Marčaitytienė, kam daraufhin in die Kulturschule, um sich zu erkundigen, aus welchen Gründen ihre Tochter gezwungen werde, sich abzumelden. Sie erklärte dem Direktor der Schule, Jonuška, daß Lina in ihrer Wohnung von niemandem beim Lernen gestört werde und daß sie nicht einverstanden sei, ihre Tochter in ein Internat um­ziehen zu lassen.

Varėna

Als sich die Osterfeiertage 1984 näherten, wurden die Schüler der Schulen von Varėna ermahnt, nicht an den Gottesdiensten teilzunehmen. Am Oster-tag beobachteten Beamte, die man eigens geschickt hatte, welche Schüler sich am Gottesdienst und an der Prozession beteiligten. Nach den Oster-feiertagen begann die »Erziehung« der in der Prozession und während des Gottesdienstes beobachteten Schüler; sie wurden genötigt, jene Kameraden zu verraten, die an Gottesdiensten und Prozessionen teilgenommen haben; sie wurden davor gewarnt, die Kirche weiterhin zu besuchen. Einem der Schüler wurde gedroht, man werde seine Tante, die für ihn sorgt, und die als Straßenkehrerin arbeitet, aus ihrer Arbeit entlassen, falls er auch weiter­hin aktiv an Gottesdiensten teilnehme und seine Kameraden nicht verrate.

Dubičiai (Rayon Varėna)

Auf Anweisungen der Rayonbeamten werden die Schüler der Mittelschule von Dubičiai verpflichtet, während der größeren kirchlichen Feiertage an verschiedenen Veranstaltungen teilzunehmen. Am ersten Ostertag wurde ein Sportfest organisiert, dessen Beginn für 8 Uhr morgens — wenn in der Kirche der Auferstehungsgottesdienst beginnt — angekündigt war. Erst später, als sich die Lehrer überzeugt hatten, daß so früh am Sonntagmorgen die Schüler nicht kommen würden, erlaubte die Rayonverwaltung, das Fest ein paar Stunden später zu beginnen.

An Pfingsten findet in der Kirche von Dubičiai die große Ablaßfeier mit 40stündiger Anbetung statt. Zu dieser Gelegenheit wurde der Schule befoh­len, am Pfingsttag eine Pflichtwanderung zu organisieren.

Simnas (Rayon Alytus)

Die Klassenlehrerin der Klasse VIII b an der Mittelschule zu Simnas, L. Žilionienė, gab am 29. April und am 3. Mai 1984 in der Klasse einen Brief wieder, den sie angeblich erhalten habe. Darin wurden die Überzeugungen und das Benehmen ihrer Schülerin Reda Tarasevičiūtė verleumdet. Am 8. Mai 1984 wandte sich Petronė Tarasevičienė, die Mutter von Reda, mit einer Erklärung an den Bildungsminister Litauens, an die Bildungsabteilung des Rayons Alytus und die Direktorin der Mittelschule zu Simnas, mit der Forderung, das ihrer Tochter zugefügte moralische Unrecht wiedergutzu­machen, andernfalls werde sie ihre Tochter nicht mehr in die Schule lassen. »Die Klassenlehrerin verspottete meine Tochter angeblich aufgrund eines anonymen Briefes, weil diese die Kirche besuche und viel zu früh mit Jungen derselben Überzeugungen flirte«, schreibt P. Tarasevičienė in ihrer Erklä­rung. Am 15. April 1984 wurde P. Tarasevičienė in die Bildungsabteilung des Rayons Alytus eingeladen. Im Beisein des Leiters Makštutis gab die Lehrerin L. 2ilionienė zu, Unrecht getan zu haben, verteidigte sich aber, nervös gewesen zu sein, doch sei das Vorlesen des Briefes in Übereinstim­mung mit der Direktorin geschehen. Sich bei der Schülerin zu entschuldigen, weigerte sich die Lehrerin L. Žilionienė mit der Ausrede, daß das ihre Au­torität bei den Schülern vermindern könnte. Der Abteilungsleiter Makštutis stimmte zu, daß die Lehrerin falsch gehandelt und die Schülerin entwürdigt habe, sich zu entschuldigen sei aber seiner Meinung nach nicht nötig. Mak­štutis warnte P. Tarasevičienė, daß sie mit einer Administrativstrafe von 30 Rubel belegt werde, falls sie den Schulbesuch ihrer Tochter nicht erlauben sollte.

 

Tauragnai (Rayon Utena)

Am 30. April 1984 bereiteten sich die Gläubigen von Tauragnai auf das 25jährige Priesterjubiläum ihres Pfarrers Bronius Šlapelis vor. Auch die Lehrer der Mittelschule von Tauragnai zeigten ihr Interesse an den Jubi­läumsfeierlichkeiten. Sie verlangten von den Schülern, am Tag der Feier­lichkeiten nicht in die Kirche zu gehen. Der Klassenlehrer der fünften Klasse, Belapetravičius, drohte seinen Schülern, daß Vertreter des Rayon­parteikomitees und des Exekutivkomitees wie auch der Schule alle Schüler aufschreiben würden, die am 30. April die Kirche besuchten.