Kaunas

Eine kleine Schar Jugendlicher aus verschiedenen Ortschaften Litauens ver­sammelte sich am 4. März 1984 am Sarg des hl. Casimir in der St. Peter und Paul-Kirche zu Vilnius, trug Gedichte vor und sang heilige Lieder.

Anfang Juni 1984 fingen im Sicherheitsdienst, am Arbeitsplatz und in den Schulen die Verhöre wegen der Teilnahme an der Jubiläumsgedenkfeier für den hl. Casimir und des dort vorgetragenen Programmes an.

Der Sicherheitsbeamte Jonas Matulevičius nahm die Lehrerin der unteren Klassen an der 7. Mittelschule zu Kaunas, Laimutė Truskauskaitė, aus der Schule in das Sicherheitskomitee zu einem Verhör mit. Dem Tschekisten gefiel es nicht, daß L. Truskauskaitė an der Gedenkfeier für den hl. Casimir in Vilnius teilgenommen hatte; er warf ihr vor, daß sie den Gefangenen Briefe schreibe; einige davon lagen auf dem Tisch des Arbeitszimmers, ohne die Adressaten erreicht zu haben. J. Matulevičius drängte L. Truskauskaitė, eine Rechtfertigung zu schreiben, in der sie versprechen sollte, ihr Betragen zu ändern. Nachdem die Verhörte erklärt hatte, daß es ihrer Überzeugung nach die Pflicht eines jeden Christen sei, so zu handeln, weigerte sie sich, irgendwelche Versprechungen zu schreiben. Erzürnt drohte der Tschekist, daß er L. Truskauskaitė in die Kellerzellen werfen und sie dort zusammen mit Ratten drei Tage lang festhalten könne. Nach einem Verhör von zwei Stunden und nach einer Drohung mit einem baldigen Wiedersehen, bei dem »anders gesprochen wird«, ließ der Tschekist J. Matulevičius L. Truskaus­kaitė frei.

Die Leitung der Mažylis-Medizinschule zu Kaunas verwarnte wegen der Teilnahme an der St. Casimir-Jubiläumsgedenkfeier die Einwohnerin von Kaunas, Vilė Masytė, streng.

Die beauftragten Personen des Sanitätsautohofs zu Kaunas verhörten An­tanas Žilinskas und bemühten sich, ihn umzuerziehen.

Die Vertreter des Fleischkombinats in Kaunas führten ein Gespräch mit Jolanta Grebliauskaitė.

Die Verwaltung der Kliniken in Kaunas hatten Befürchtungen wegen Giedrė Cibauskaitė und Ilona Šupenytė.

Den Sicherheitsbeamten und den Erziehern gefielen am wenigsten die am Sarg des hl. Casimir vorgetragenen Gedichte, besonders aber das letzte:

 

»Dir gelobt das Volk, heiliger Casimir,

bei den Gräbern der Helden, bei Märtyrerblut:

Wir werden auf den Burghöhen neues Feuer zünden!

Litauen wird keinem Feinde Untertan!

Auch Nemunas schwieg Jahrhunderte in Ketten,

auch Nemunas sehnte sich nach Freiheit und nach Sturm...

Mögen scharfe Blitze die Finsternis der Schreckensnacht zerreißen!

Möge sich eine Flut ergießen und die angehäuften Sünden

wieder wegwischen.

Dir gelobt das Volk, heiliger Casimir,

unter dem Kreuz fest zu stehen und auf die Morgenröte zu warten...

 

Utena

Ein Vertreter der Behörde des Rates für Religionsangelegenheiten sprach im Frühjahr 1984 zu den Mitgliedern der Pfarrkomitees des Rayons Utena. Er machte klar, welch große Verbrecher die Priester Alfonsas Svarinskas und Sigitas Tamkevičius seien; er hetzte die Mitglieder der Komitees auf, von den Pfarrherren die Verwaltung der Pfarreien zu übernehmen. Der Redner nahm Anstoß an den Aussagen des Priesters Professor P. Ra-binauskas über den hl. Casimir durch den Radio Vatikan. Besonders miß­fiel ihm die vom Priester Prof. P. Rabikauskas geäußerte Meinung über den Artikel des Kandidaten der Geschichtswissenschaften, des Dozenten V. Lau-raitis »Kaip Kazimieras tapp >šventuoju<« (»Wie ist Casimir >heilig< ge­worden«), abgedruckt in »Komjaunimo tiesa« (»Die Wahrheit der Komm­jugend«) am 23. 10. 1982. Es sei nicht Sache der Priester, die Arbeiten der Historiker zu bewerten und zu entscheiden, ob den Propagandisten des Atheismus die wissenschaftliche Einstufung rechtsmäßig zuerkannt worden sei.

Polekėlė (Rayon Radviliškis)

Am 4. März 1984 wurde in der Kirche von Polekėlė das Fest des hl. Casimir feierlich begangen. Die Ortsverwaltung war beunruhigt, daß dieses Fest zu einem feierlichen Gedenkjubiläum des hl. Casimir werden könnte. Der Vorsitzende des Kolchos schickte eine Frau zum Pfarrer von Polekėlė, Prie­ster K. Daknevičius, um ihn zu ersuchen, daß am Festtag keine Prozession stattfinden möge und keine Gastpriester anwesend seien. Der Pfarrer machte klar, daß er die Feierlichkeit des Festes nicht mindere, und alles so sein werde, wie es sein solle. Am Festtag stand vor der Kirchentüre ein Auto des Sicherheitsdienstes. Männer in Zivilkleidung beobachteten den Gottes­dienst, besonders aber die Prozession und die daran teilnehmende Jugend.