Die Gedenkfeierlichkeiten des 600-jährigen Jubiläums rollen durch ganz Litauen. Das wird das ganze Jubiläumsjahr andauern.

In den einzelnen Pfarreien wird es unterschiedlich begangen, was davon abhängt, wieviel inneres Engagement und wieviel Einsatz die Seelsorger der Pfarreien und auch die Gläubigen selber aufbringen.

Die zentralen Gedenkfeierlichkeiten dieses Jubiläums fanden am 28. Juni in Vilnius in der St. Peter und Paul-Kirche während des Hochamtes statt. Zur selben Zeit fanden in noch fünf anderen Kirchen in Vilnius Gedenk­feiern statt. Den feierlichen Gottesdienst in der St. Peter und Paul-Kirche leitete S. Exz. Erzbischof Liudvikas Povilonis; in der St. Theresien-Kirche Bischof Romualdas Krikščiūnas und der Verwalter der Erzdiözese Vilnius, Algirdas Gutauskas; in der St. Nikolai-Kirche Bischof Julijonas Stepona­vičius und der Verwalter der Diözese Panevėžys, Kazimieras Dulksnys; in der Kirche der Unbefleckten Empfängnis Mariae Bischof Juozapas Preik­šas. In zwei Kirchen von Vilnius, und zwar in der Hl. Geist-Kirche, in der Bischof Vladislovas Michelevičius, und in der St. Raphael-Kirche, in der Bischof Vincentas Sladkevičius feierten, wurde der feierliche Gottesdienst in polnischer Sprache abgehalten.

An den Jubiläumsfeierlichkeiten haben auch Gäste teilgenommen, die dazu gekommen waren: der Bischof von Riga und Vertreter der ortho­doxen und der protestantischen Kirche.

Seitens der Regierung nahmen die Bevollmächtigten der Union und der Republik, Chartschew und P. Anilionis, teil.

Während des Gottesdienstes wurde den Gläubigen ein Hirtenbrief der Bischöfe und der Verwalter der Diözesen vorgelesen, der diesen Feierlich­keiten gewidmet war und der sie aufforderte, „zu lernen, nach dem leben­digen christlichen Geiste mit der Gnade und den Gaben des Hl. Geistes zu leben und sich von ihm leiten zu lassen."

Vielleicht in der wärmsten Atmosphäre, in einer geistig erhabenen Stim­mung, verlief das Gedenken in der St. Nikolai-Kirche. Die Gläubigen haben mit Wärme und Herzlichkeit ihren Hirten S. Exz. Bischof Julijonas Steponavičius empfangen, dem es schon seit 26 Jahren nicht erlaubt wird, nach Vilnius zurückzukehren. Ohne die Aufforderung der atheistischen Regierung zu beachten, während der Feierlichkeiten nur eine Predigt zu halten - den Hirtenbrief der Bischöfe vorzulesen, sprach Bischof J. Stepo­navičius unmittelbar vom Altar zu den zahlreich versammelten Gläubigen. In seiner Predigt gab er einen bewegenden Überblick über den Weg der katholischen Kirche in den sechs Jahrhunderten in unserer Heimat, das Fallen und das Wiederaufstehen, das die Kirche und das Volk erleben mußten.

Die hervorragendste Rolle fiel den unermüdlichen Arbeitern im Weinberg, den Geistesriesen und unauslöschlichen Trägern des Lichtes zu, die durch ihr Beispiel nicht nur dem eigenen Volke, sondern auch der ganzen Welt gezeigt haben, daß die Kirche eine Felsenfestung ist, die sich weder Ver­suchungen noch den Angriffen der Hölle ergeben wird. Das sind der hl. Casimir, der Selige Mykolas Giedraitis, der selige Erzbischof Jurgis Matulaitis, Mažvydas, Poška, Sirvydas, Bretkūnas, Valančius, Baranauskas, Maironis, Vaižgantas, Jakštas und viele andere.

„Jede für die Kirche schwere Zeitspanne, alle unverdienten Verluste und Leiden, wie auch der derzeitige staatliche Atheismus, zeugt und bringt unter Einwirkung der Gottesgnade immer wieder neue Verteidiger des Glaubens, ja sogar Märtyrer hervor. Nicht Furcht oder Entsagung, sondern Tapferkeit und Treue muß jene begleiten, denen unser Glaube, denen Chri­stus die kraftvollste Stütze und Erlöser ist", sagte Bischof J. Steponavičius.

Die Kinder, Jugendlichen, jungvermählten Ehepaare, die Familieneltern, die Seminaristen und die Priester haben in den Kirchen während der all­gemeinen Gebetsstunden feierliche Versprechen dem Allmächtigen gegen­über und ihre Danksagungen zum Ausdruck gebracht. Den gemeinsamen Anbetungen schloß sich auch die tausendfache Masse der Gläubigen an, die die Kirchen, die Kirchhöfe, bei manchen Kirchen aber auch die Straßen und Plätze füllten. Unter der Leitung Ihrer Exz., der Bischöfe, erneuerte das Volk das Taufbekenntnis, und dabei wurde auch eine aus diesem Anlaß geprägte Medaille geweiht.

Als die Feierlichkeiten zu Ende waren, verteilten sich die Gläubigen, die sich aus allen Ecken Litauens versammelt hatten, nachdem sie ihre Hirten nach Hause begleitet hatten, und trugen in ihren Herzen das erneuerte

CREDO und die Hoffnung, daß Gott auch weiterhin die Kirche Litauens in der heutigen totalitären Atheisierung segnen und beschützen wird.

Während die Vorbereitungen zu diesen Hauptfeierlichkeiten des 600-jäh­rigen Jubiläums der Taufe Litauens getroffen wurden, wurden die Ordinar-bischöfe und die Kommission der Jubiläumsfeierlichkeiten ständig gezwungen, sich in organisatorischen Fragen (sogar in rein kirchlichen Fragen, wie z.B. wieviele Predigten gehalten werden sollen usw.) mit den entsprechenden Regierungsbeamten, konkret mit der Behörde des Bevoll­mächtigten des RfR, P. Anilionis, zu beraten und von ihr auch für die geringste Bewegung eine Erlaubnis zu bekommen. Der Bevollmächtigte selbst und andere seiner Art ließen nicht die geringste Gelegenheit aus, während der Begegnungen mit Bischöfen, Priestern oder den Gläubigen wie auch in der Presse und im Fernsehen von dem unermeßlichen Wunsch der Regierung zu reden und ihre großen Anstrengungen auszuposaunen, der katholischen Kirche Litauens zu helfen, sich für diese außerordentliche Feierlichkeit vorzubereiten, damit sie so reibungslos und so feierlich wie möglich begangen wird.

Wir wollen uns kurz an einige „Bemühungen zu helfen" erinnern, mit denen sich die Regierung vor den Gläubigen hervortat. Blättern wir ein wenig in der sowjetischen Presse. In diesem Jubiläumsjahr wurden in der Presse die Katholische Kirche, der Papst, die Priester und die Gläubigen wie niemals zuvor angegriffen; hemmungslos wurde über die heiligsten Gefühle des gläubigen Menschen gespottet. Wir brauchen nur die Perio­dika des Monats Juni durchzublättern. Sie sind voll von atheistischen Arti­keln, wie beispielsweise:

„Tiesa" (vom 13.) „Vatikanas ir paskutines arkivyskupo mišios" - „Der Vati­kan und die letzte Messe des Erzbischofs"; „Tiesa" (vom 4.) A. Balsys „Mistikos skraiste nuskleidus" - „Wenn man den Vorhang der Mystik hoch­zieht"; „Tiesa" (vom 7.) „Keliauninkas iš Vatikano" - „Der Reisende vom Vatikan"; „Tiesa" (vom 6.) Henrikas Jaškūnas „Negaliu tylėti" „Ich kann nicht schweigen"; „Literatūra ir menas" - „Literatur und Kunst" (vom 13.) „Vadinant tikraisiais vardais"- „Beim richtigen Namen genannt"; „Komjau­nimo tiesa" (vom 18.) „Švelnusis inkvizitorius" - „Der milde Inquisitor"; „Komjaunimo tiesa" (vom 19.) J. Stankaitis „Iš kur šventieji ir kam jie" -„Woher kommen die Heiligen und wozu gibt es sie" usw, usw.

Das Fernsehen... Auch das Fernsehen hat sich bemüht, wie es nur konnte, vor dem Jubiläum zu „helfen". Eine Sendung folgte der anderen. Der Sendung „Akiračiai" - „Horizonte" und dem Journalisten Stuina zur Hilfe wurde eine ganze Reihe von Filmstreifen herangezogen, die schon wer weiß wie oft gezeigt worden waren, wie beispielsweise „Gylys" - „Der Stachel", „Devyni nuopuolio ratai" - „Die drei Räder des Verfalls", „Kunigo nauda velniai gaudo" - „Auf die Habe des Priesters lauern die Teufel" usw. Und das Ziel war einzig und allein, die Kirche anzuschwärzen, die Gläubi­gen zu verspotten oder, wie P. Anilionis sagt, bei den Jubiläumsvorberei­tungen zu helfen.

Das Fernsehen Litauens hat sogenannte Gespräche mit verschiedenen Ver­tretern der Gesellschaft veranstaltet. Man kann sofort verstehen: Gläubige sind nicht dabei gewesen. Wichtiges Objekt eines solchen Gesprächs war der Berg der Kreuze. Die Teilnehmer dieser Sendung nahmen, wie schon gewohnt, „einstimmig" Anstoß an diesem „Herd der Obskurität und des extremsten Fanatismus"; die Katholiken hätten angeblich die Bestattungs­stätte ihrer heidnischen Ahnen mit ihren Kreuzen entweiht; sie forderten auf, den Berg selbst, der eine Schande für die nach hoher Kultur strebende Stadt Šiauliai sei, zu vernichten und ähnl. Über welche Kultur wird hier geredet, wenn schon böse Hände sich nicht nur einmal gegen diesen ein­maligen Berg der Kreuze erhoben haben, von dem es keinen gleichen in der ganzen Welt gibt, auf dem auf jedem Flecken Erde mit den Kreuzen auch die Erwartungen, die Hoffnungen, Danksagungen und Gebete ein­gewachsen sind: Oder werden vielleicht die Taten des Vandalismus oder Barbarismus zu Normen der sowjetischen Kultur erhoben?

Am 16. Juni hat P. Anilionis die Bischöfe und die Verwalter der Diözesen Litauens eingeladen. Als Tagesordnung dieser Begegnung nahm sich der Bevollmächtigte drei Fragen vor:

Die Gedenkfeierlichkeiten des Jubiläums in den Pfarreien. P. Anilionis for­derte die Bischöfe auf, nicht an Energie zu sparen, sondern alle Anstren­gungen zu unternehmen, damit während der Feierlichkeiten keine von der Regierung sogenannten „extremistischen Exzesse" vorkommen. Was ver­steht P. Anilionis unter den sogenannten furchtbaren Exzessen?

Um eine Predigt während der Jubiläumsfeierlichkeiten in der Pfarrei Var­laukis am 9. Mai zu halten, habe der Pfarrer Edmundas Atkočiūnas den der Regierung bekannten „Extremisten" Priester Petras Našlėnas eingeladen. Einem solchen aber müsse, wie der Bevollmächtigte sagt, überhaupt ver­boten werden, während der Gedenkfeierlichkeiten zu sprechen. Außer­dem habe der Priester E. Atkočiūnas Jadvyga Bieliauskienė erlaubt in der Kirche zu sprechen, die P. Anilionis auch weiter als schlimmste Staatsver­brecherin betrachtet, die nur wegen ihrer schlechten Gesundheit von der sowjetischen Regierung aus ihrem Strafverbüßungsort entlassen wurde. J. Bieliauskienė forderte aber die Gläubigen nur auf, sich der Abstinenz­bewegung anzuschließen, die in letzter Zeit auch offiziell propagiert wird. Deswegen dürfte ein nüchtern denkender Mensch, auch wenn er aktiver Atheist ist, die Rede von J. Bieliauskinė nicht als Staatsverbrechen betrach­ten, aber... für P. Anilionis ist schon die Tatsache selbst ein Verbrechen, daß es solchen Menschen erlaubt wird, in der Kirche zu sprechen, was sei­ner Meinung nach mit den Cañones der Kirche unvereinbar und sogar eine Herausforderung für den ganzen sowjetischen Staat ist, mit einem Wort (und das ist für den Bevollmächtigten das Schrecklichste), das sei eine Nachahmung der extremistischen Aktionen des Priesters Alfonsas Svarins­kas und der klerikalen Befürworter der „Solidarnošč" Polens, und solche Exzesse würden auch in der Zukunft nicht geduldet und streng bestraft.

Nicht weniger extremistische Exzesse habe es auch am 14. Juni in der Pfarrei Vabalninkas gegeben. Der allergrößte von ihnen sei die Teilnahme des Bischofs Julijonas Steponavičius und die von ihm gehaltene Predigt gewesen. An der Gedenkfeier in der Kathedrale von Kaunas, wo er als Extremist nicht habe in Erscheinung treten können, habe Bischof J. Stepo­navičius nicht teilgenommen, aber nach Vabalninkas sei er bereitwillig gefahren, griff P. Anilionis den Bischof an. Es hat P. Anilionis auch nicht gefallen, daß der Pfarrer, Priester Algimantas Keina, dem Priester Jonas Boruta, der das Untergrundpriesterseminar abgeschlossen hat, erlaubt hatte, während der Gedenkfeier eine Predigt zu halten.

„In manchen Kirchen sind während der Gedenkfeierlichkeiten kurze Darbietungen gezeigt worden, in denen die erlebten Einschränkungen der Kirche zu Zeiten des Zaren und auch seitens der sowjetischen Regierung herausgehoben wurden. Das wird nichts Gutes bringen, besonders deswe­gen nicht, weil man vergißt, die Unterstützung der sowjetischen Regierung bei den Vorbereitungen des Jubiläums herauszuheben - den Druck der Heiligenbildchen und der Taschenkalender in den staatlichen Drucke­reien ..." - sagte P. Anilionis. Während der Feierlichkeiten in Vabalninkas wurde auch der inhaftierten Priester Alfonsas Svarinskas, Sigitas Tamkevi-čius und Jonas-Kąstytis Matulionis gedacht. Das aber sei eine Herausforde­rung gegenüber dem Vatikan, der der sowjetischen Regierung zugesichert habe, daß während der Gedenkfeierlichkeiten der Taufe Litauens in Rom ihre Namen nicht genannt werden. „Die Bischöfe müssen Sorge dafür tra­gen, daß ähnliche Vergehen gegen die öffentliche Ordnung während der Gedenkfeierlichkeiten nicht mehr vorkommen", sagte der Bevollmächtigte erregt. P. Anilionis brachte auch seine Ansichten über die Priesterdelega­tion zum Ausdruck, die zu den Jubiläumsfeierlichkeiten nach Rom fahren wird. Er machte kfar und drohte zugleich, daß vorbeugend, damit keine anti­sowjetischen Exzesse vorkommen, schon Leute der Regierung nach Rom geschickt worden seien, die beobachten werden, wie sich die Delegation benehmen wird. Er forderte die Bischöfe auf, die Mitglieder der Delegation zu ermahnen, daß im Falle von „Exzessen" die gesamte Delegation vorzeitig zurückgerufen werden könne, bevor noch die Feierlichkeiten stattgefunden haben. Dafür werde angeblich die Gesandschaft der UdSSR in Rom sorgen.

Er verlangte weiter, darüber zu wachen, daß auch in Vilnius keine Exzesse vorkommen. P. Anilionis soll angeblich gehört haben, der Verwalter der Diözese Panevėžys, Prälat Kazimieras Dulksnys, der vorgesehen ist, die Jubiläumsfeierlichkeiten in der St. Nikolaus-Kirche zu leiten, plane, die für ihn vorgesehene Leitung dem Bischof J. Steponavičius zu überlassen. An dieser Stelle wandte er sich direkt an Prälat K. Dulksnys und ermahnte ihn: „Wenn das geschieht, dann denke daran, daß du auch noch weiter in der Sowjetunion wirst leben müssen. Einen solchen Gefallen einem Extre­misten gegenüber werden wir nicht verzeihen".

Die zweite Frage, die der Bevollmächtigte bei dieser Begegnung berührt hat, betraf die Angelegenheiten des Priesterseminars zu Kaunas. „Die sowje­tische Regierung versteht die Lage, sie will und bemüht sich auch darum, daß Litauen mehr Priester bekommt, die Bischöfe aber schaffen im Gegen­satz dazu solche Bedingungen, damit die Extremisten die sowjetische Regierung wegen des Priestermangels beschuldigen können", - so legte P. Anilionis es aus. Anders könne man, seiner Meinung nach, die Tatsache nicht erklären, daß dieses Jahr drei Seminaristen die Priesterweihe verwei­gert wurde. Besondere Aufmerksamkeit wurde dem Fall des Seminaristen Zubavičius gewidmet. „So weit können die Extremisten die Bischöfe und die Verwalter der Diözesen an der Nase herumführen, wie z. B. der Bischof J. Steponavičius und die Priester Donatas Valiukonis und Algimantas Keina. Das ist ihr Werk, daß diesem positiv gesinnten Seminaristen die Priesterweihe verweigert wurde", - entrüstete sich P. Anilionis. „Es ist eure Sache", fuhr er fort, „ihr braucht von uns aus keinen zu weihen, dann aber muß man die Erklärungen und Beschwerden, daß es an Priestern mangelt, als antisowjetische Verleumdungen betrachten. Offensichtlich weihen die Bischöfe die der Regierung gegenüber loyalen Seminaristen deswegen nicht zum Priester, weil sie ein Arbeitsfeld für die illegal geweihten Priester schaffen wollen. Wir waren der Meinung, daß mit der Anklage gegen die Priester A. Svarinskas und S. Tamkevičius der Strom der Illegalen aufhören wird, aber, ganz unverändert, auch dieses Jahr hat der Bischof von Kaišia­dorys zwei frischgebackenen Illegalen das Priesterzeugnis ausgestellt. Des­wegen wird dieses Jahr das Limit der in das Priesterseminar aufgenomme­nen jungen Männer um zwei herabgesetzt, und auch in der Zukunft wird es dabei bleiben: Soviele Illegale sie geweiht haben, soviel weniger werden in das Priesterseminar aufgenommen." Den Bischof von Kaišiadorys warnte er aber, daß sich das nicht mehr wiederholen dürfte. „Wir werden schon Mittel und Wege finden, wie man ungehorsame Ordinarbischöfe wegen solcher Tätigkeit bestrafen muß"; je länger er sprach, desto nervöser wurde der Bevollmächtigte P. Anilionis.

Die dritte, nach Ansicht von P. Anilionis die wichtigste Frage, die nach einer unverzüglichen Beratung verlangt, würde in etwa so klingen: Die Diözesen unterstützen den Friedensfond sehr schwach. Nur der Verwalter der Erzdiözese Vilnius zahlt für jede Pfarrei 100 Rubel ein. Die traurigste Lage sei in den Diözesen Telšiai und Kaišiadorys - dort werden nur 46 Rubel pro Pfarrei einbezahlt. Bischof Antanas Vaičius begann zu klären: „Sie sind inkonsequent, Bevollmächtigter, wenn Sie sagen, daß es in der Diözese Telšiai zu viel kleine Pfarreien gibt, als daß man für jede einzelne Pfarrei einen Pfarrer ernennen könnte, andererseits aber verlangen, daß auch die kleinste Pfarrei für den Friedensfond genau dieselbe Summe zu­sammenbringen soll wie die großen Pfarreien in den Städten". P. Anilionis schwieg. Etwas später griff er die Bischöfe an, daß sie es während der Bischofskonferenz gewagt haben, eine von der Regierung vorgeschlagene katholische Zeitschrift abzulehnen, von der sie nur die zwei ersten Seiten für die Informationen der Behörde P. Anilionis' reservieren sollten. „Wenn Sie auch nicht wollen, die Zeitschrift wird trotzdem kommen. Wir haben Priester, die auch ohne Ihre Zustimmung die Zeitschrift herausbringen werden", - schloß P. Anilionis.

Unmittelbar vor den Feierlichkeiten, am 25. Juni, machte P. Anilionis seine letzte Visite vor den Jubiläumsfeierlichkeiten in der Kurie von Vilnius und in allen Kirchen, in denen die Gottesdienste des Taufjubiläums stattfinden sollten. Der Bevollmächtigte war darum bemüht, die letzten Ermahnungen zu erteilen und sich noch einmal zu vergewissern, ob die Forderungen der Regierung, die den Bischöfen übermittelt wurden, auch wirklich weiterge­geben und nicht vergessen worden sind, oder anders gesagt, „um der Kir­che zu helfen, damit die Feierlichkeiten schön und reibungslos verlaufen."

Er ermahnte also alle Pfarrer der Kirchen und die Vorsitzenden der Pfarr­komitees, daß es eine ihrer allerwichtigsten Pflichten sei, aufmerksam die Kanzel zu überwachen, damit kein extremistischer Priester auf den Gedan­ken komme, den Exzess des Priesters Antanas Jokubauskas während des St. Casimir-Jubiläums in der St. Peter und Paul-Kirche des Jahres 1984 zu wiederholen; sie müssen versichern, daß die einzige Predigt während der Feierlichkeiten das Vorlesen des von der Behörde des Bevollmächtigten zensierten und genehmigten Schreibens der Bischöfe an die Gläubigen sein wird; die Komiteemitglieder sollen darüber wachen und jeglichen Ver­such der Priester oder der Gläubigen, in der Kirche oder auf dem Kirchhof eine Rede zu halten, unterbinden. Zu den Pflichten der Pfarrer und der Komiteemitglieder müsse es, nach Ansicht von P. Anilionis, auch gehören, dafür zu sorgen, daß es vor den Kirchen keine Bettler und Devotionalien­verkäufer gibt; was würden denn die Gäste aus dem Ausland darüber den­ken? Es wäre doch eine Schande für die sowjetische Regierung.

Bei dem Besuch in der St. Peter und Paul-Kirche wurde der Bevollmäch­tigte verlegen, als er den nicht gerichteten, aufgewühlten Kirchhof der Kirche sah. Erst nachdem Priester Vaičekonis erklärt hatte, daß das des­wegen so sei, weil die Regierung nicht erlaubt habe, ausreichend Zement­platten für die Wege einzukaufen, blieb er still; dabei liegen neben dem ethnographischen-historischen Museum ganze Haufen der genannten Plat­ten. Die Teilnehmer der Jubiläumsfeierlichkeiten, die in der St. Peter und Paul-Kirche keinen Platz mehr gefunden hatten, mußten beim Regen im Dreck stehen.

Nachdem wir einige der „großen Anstrengungen der Regierung zu helfen" in Erinnerung gerufen haben, ist grundsätzlich noch unerklärbar die Teil­nahme der Bevollmächtigten für Religionsangelegenheiten aus Moskau und Vilnius - Chartschew und P. Anilionis - an dem Hauptgottesdienst in der St. Peter und Paul-Kirche. Haben sie doch noch nicht genug „geholfen"?

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In diesem Jubiläumsjahr der Katholischen Kirche Litauens gab der Verlag „Mintis" in einer Auflage von 5000 Exemplaren ein Album heraus, das „Bažnyčia Lietuvoje" - „ Die Kirche in Litauen" genannt wurde.

Sorgfältig eingebunden und äußerlich schön gestaltet, erscheint die Ver­öffentlichung auf den ersten Blick ganz passabel. Man könnte schon den­ken, daß es wirklich ein Geschenk ist für die Gläubigen, die das 600-jährige Jubiläum feiern. Leider... ein einleitendes Wort kommentiert das Album. Es erhebt sich die Frage, ob das Album überhaupt ein derartiges Einlei­tungswort nötig hatte, wenn es für die Gläubigen Litauens vorgesehen ist.

Wir wollen einige Stellen wiedergeben: „Der sowjetische Staat mischt sich nicht in die inneren Angelegenheiten der Kirche und ihre Tätigkeit, sondern bestimmt nur die Prinzipien und Ordnung der Gründung der religiösen Gemeinschaften . . . Die Mehrheit der Bürger Sowjetlitauens bekennt sich, den alten Traditionen des Freidenkertums unseres Landes folgend, zu überhaupt keiner Religion." Es wird auch nicht vergessen zu unterstreichen, daß alle Kirchen und das gesamte Kultinventar Eigentum des Staates sind usw. Vielleicht muß man die sowjetischen „Freiheiten" anderen erklären, nicht aber dem litauischen Katholiken - er kennt sie viel zu gut. In dem Einleitungswort wird darauf hingewiesen, daß das Album am meisten jene interessieren könnte, die sich für Architektur und Kunst interessieren, das steht aber nur im Einleitungswort... Von den 630 noch tätigen Kirchen sind Aufnahmen von 127 Kirchen untergebracht, manche von ihnen in schlechter Qualität und nicht von besonders bedeutungs­vollen Kirchen; die Geschichte der Errichtung der Kirchen wird nur bei den bedeutungsvolleren Kirchen gegeben, die den Leuten auch so schon bekannt ist, aber tendenziös wird nirgends vergessen, auf die Zeit der Restaurierung der Kirchen hinzuweisen...

Und schließlich... wie kann ein Gläubiger Litauens dieses Album erwer­ben, wenn sein Preis in Dollars angegeben wird. Die Buchhandlung „Pažanga" in Kaunas hat es nur an spezielle Vereine verkauft?!