Anfang Februar 1988 wurden auf Anweisung des Staatsanwaltes der Repu­blik in den Ortsstaatsanwaltschaften folgende Personen ermahnt:

Priester Antanas Šeškevičius (Vikar der Pfarrei Gargždai) Priester Vincas Vėlavičius (Benefiziant der Kathedrale von Telšiai) Genovaitė Krisiūnaitė (Organistin der Pfarrei Alytus) Veronika Beišytė (in Kapsukas) Kryževičius (in Kaunas) Monika Gavėnaitė (in Šiluva) Sigitas Gudaitis (in Prienai)

Ihnen allen wurde nachdrücklich klar gemacht, daß sie gemäß §68 des StGB bestraft würden, wenn sie ähnliche Erklärungen unterschrieben, wie es der „Aufruf an alle Menschen guten Willens in aller Welt" ist.

Kapsukas. Nach dem Abschluß der Gerichtsverhandlung gegen Petras Gražulis am 2. Februar 1988 wurden folgende Personen vom Sicherheits­dienst unberechtigt und grob festgehalten: Vincas Danielius (aus Šiauliai), Gintas Sakavičius (aus Kapčiamiestis), Rimantas Matulaitis (aus Kapsukas) und Bronė Valaitytė (aus Sasnava). Der Inspektor der Kriminalunterabtei­lung, Stripinaitis, wendete gegen die Festgehaltenen physische Gewalt an, und gemeinsam mit anderen Milizoffizieren beschimpfte er sie in unan­ständiger Ausdrucksweise. Nachdem der Richter Rudženskas die Fest­gehaltenen der Verletzung des Artikels 187 des Administrativstrafbuches (Nichtbefolgung der berechtigten Anweisungen der Beamten - Rowdytum) beschuldigt hatte, verurteilte er sie zu je 15 Tagen Arrest. Das Wachperso­nal war zwar streng, aber gerecht, die höheren Beamten der Miliz dagegen verspotteten die Arrestanten dauernd; der Kommandant Avietynas erschien oft in betrunkenem Zustand. Am 3. Februar hat ein Sicherheits­beamter, der sich nicht vorgestellt hat, R. Matulaitis vorgeladen und ver­nommen. Der Tschekist interessierte sich, worüber sich V. Danielius mit R. Matulaitis und G. Sakavičius unterhalte. Am 10. Februar wurde V. Danielius vernommen. Auch diesmal nannte der Tschekist seinen Namen nicht, versprach es aber nachzuholen, weil, wie er wörtlich sagte, das nicht die letzte Vernehmung von V. Danielius sei. Der Tschekist wollte erfahren, wie V. Danielius über die Verweigerung von P. Gražulis, an der militä­rischen Ausbildung teilzunehmen, denke und ob er beabsichtige, das Prie­sterseminar zu besuchen. Er behauptete, daß im Zusammenhang mit die­sen Arresttagen für V. Danielius nicht unerhebliche Schwierigkeiten ent­stünden, in das Priesterseminar einzutreten. Er fragte V. Danielius außer­dem, wie dieser beabsichtige, des 16. Februar zu gedenken. Am Schluß gab er ihm den Rat, sein Verhalten zu überdenken, daraus Schlüsse zu ziehen und, solange es nicht zu spät sei, einen anderen Weg einzuschlagen. Am 17. Februar wurden alle Arretierten freigelassen. Vor der Abteilung für innere Angelegenheiten der Stadt Kapsukas wartete eine Schar (etwa 20 Personen) Gleichgesinnter mit Blumen auf sie. Nach einem Gebet in der Kirche von Kapsukas besuchten alle den Friedhof und legten Blumen auf den Gräbern der für die Freiheit Litauens gefallenen Soldaten nieder.

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Šiauliai. Mitte Februar 1988 wurden der Oberbühnenmaschinist, Sta­nislovas Kazokaitis, und der Beleuchtungstechniker, Domas Kančiauskas, am Schauspielhaus von Šiauliai in das Arbeitszimmer des Schauspielhaus­direktors zu einem Verhör gerufen. Die Fragen des Verhörs befaßten sich mit Vincas Danielius, wohnhaft in Šiauliai, Kauno 34-1. Der Tschekist Kanapė war interessiert zu erfahren, wie V. Danielius gearbeitet habe

(V. Danielius war im Schauspielhaus von Šiauliai als Maler tätig), ob er nicht die Disziplin verletzt hätte, welche politische Anschauungen er habe, ob er sich an der Demonstration in Vilnius am 23. August beteiligt habe, ob nicht bei ihm zuhause antisowjetische oder religiöse Literatur gesehen worden sei.

Der Tschekist bat, V. Danielius zu warnen, er solle seine Anschauungen ändern, denn widrigenfalls müsse er mit vielen Unannehmlichkeiten rech­nen oder sogar damit, auf der Anklagebank zu landen.

Am 14. April wurde der Chauffeur der Autostation, Arūnas Zembleckis, in das Arbeitszimmer des Vorstehers der 4. Kolonne der Autostation von Šiauliai des Verkehrsministeriums Litauens zu einem Verhör gerufen. Der Sicherheitsbeamte, der das Verhör führte, nannte seinen Namen nicht. Der Tschekist versuchte A. Zembleckis anzuwerben, ein Agent des Sicherheits­dienstes zu werden und zu melden, mit wem und über was V. Danielius spricht, wofür er sich interessiert; er verlangte dieses Gespräch geheim zu halten. A. Zembleckis versprach dies nicht und verweigerte es kategorisch, mit dem KGB zusammenzuarbeiten.

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