Dank der jahrelangen Anstrengungen, Gebete, Erklärungen und Protest­schreiben der Priester und der Gläubigen, denen sich übrigens in den letz­ten Monaten außer den Gläubigen, auf die Initiative der Bewegung zur Befreiung der Gefangenen hin, auch ein nicht geringer Teil der Andersden­kenden angeschlossen hatten, dank der Hungeraktionen, bei denen der Bürger der Stadt Vilnius Petras Cidzikas, sein eigenes Leben riskierte und sogar 30 Tage lang gehungert hat, kehrten Anfang November dieses Jahres die letzten der der breiten Öffentlichkeit Litauens wohlbekannten politi­schen Häftlinge und Gewissensgefangenen nach Litauen zurück. Wenn man von den Anstrengungen für die vorzeitige Rückkehr dieser Gefange­nen in die Heimat spricht, darf man die Bemühungen der Abgeordneten der Vereinigten Staaten wie auch anderer Länder, der öffentlichen interna­tionalen Organisationen und die Bemühungen vereinzelter Gruppen und einzelner Menschen guten Willens nicht unerwähnt lassen.

Am 2. November 1988 kehrte Viktoras Petkus aus seiner Verbannung nach Litauen zurück. V. Petkus verbrachte wegen seiner Treue zur Heimat und zu Gott 29 Jahre in sowjetischen Lagern und in der Verbannung. Eine Schar seiner Freunde, Bekannten und Gleichgesinnten empfing den lang­jährigen Gewissensgefangenen am Bahnhof von Vilnius. Es wehten feier­lich die gelb-grün-roten Flaggen Litauens, die Versammelten begrüßten V. Petkus herzlich, dankten ihm für seine Opferbereitschaft und für seine Treue zu den Idealen, die er sich gesetzt hatte.

In der Nacht zum 4. November empfingen die Bürger der Stadt Vilnius den aus der Verbannung in seine Heimat heimkehrenden Journalisten und Dichter Gintautas Iešmantas. Nach schweren Jahren in der Gefangenschaft kehrte G. Iešmantas mit stark angegriffener Gesundheit, aber, zur Freude aller, geistig ungebrochen und voll schöpferischer Ziele zurück.

Am Morgen des 4. Novembers versammelte sich eine große Menge Gläu­biger aus verschiedenen Gegenden Litauens mit den Nationalflaggen Litau­ens und den Flaggen des Papstes auf dem Bahnhof von Vilnius, um den aus der Verbannung zurückkehrenden Priester Sigitas Tamkevičius zu emp­fangen. Als der von allen erwartete, geliebte verbannte Priester in der Tür des Waggons erschien, brach aus der Tiefe der Herzen das Lied „Maria, Maria" heraus und über die Köpfe der Menschen bewegte sich ein Meer von Blumen.

Nach dem Empfang auf dem Bahnsteig des Bahnhofs sammelten sich die Gläubigen im Tor der Morgenröte, um dort Gott und Maria, der Mutter der Barmherzigkeit, für den Schutz und für die dieses Jahr durch Ihre Für­sprache so reichlich erhaltenen Gaben zu danken. Die Dankmesse feierten der ehemalige verbannte Priester Sigitas Tamkevičius, Jonas-Kąstytis Matu­lionis, Robertas Grigas, Jonas Boruta, Rokas Puzonas, Juozapas Poderis und Vaclovas Stakėnas. Nach der hl. Messe dankte Priester S. Tamkevičius allen für ihre Solidarität und für ihre moralische und materielle Unterstüt­zung. Aus dem Tor der Morgenröte zogen die Versammelten, litauische Volkslieder singend, durch die Altstadt zu der Kathedrale, unserem Haupt­heiligtum, bei der für die Befreiung der politischen Häftlinge und Gewis­sensgefangenen gehungert und gebetet worden war. In der Person von Petras Cidzikas dankte Priester Sigitas Tamkevičius all jenen, die gehungert hatten, für ihren Entschluß und ihre Opfer. Es wurde jener Landsleute gedacht, die den Hunger, die Kälte, die Qualen nicht ertragen konnten und für ewig in den Eisregionen Sibiriens geblieben sind. Es wurde für sie gebetet und „Der Engel des Herrn" gesungen.

Am 7. November empfing eine Menge seiner Landsleute mit Blumen und Nationalflaggen auf dem Flughafen Karmėlava bei Kaunas den langjähri­gen politischen Gefangenen Balys Gajauskas, der 37 Jahre in sowjetischen

Lagern verbracht hatte und zuletzt in der Verbannung war. Es wurden Reden gehalten, es wurde ihm gedankt, man freute sich. Die Teilnehmer des Empfangs sangen die Nationalhymne „Lietuva, tėvyne mūsų" -„Litauen, unsre Heimat" und beteten für all jene, die in Sibirien ihr Leben lassen mußten.

Am 12. November kam Petras Gražulis aus dem Lager mit allgemeinem Regime in Mordowien zurück.

Litauen, das versucht, für die freie Meinung sich zu regenerieren, begrüßt alle ehemaligen Gefangenen, freut sich und dankt ihnen für ihre Liebe, für ihre ungebrochene Treue zur Wahrheit und für das auf dem Opferaltar Gottes und der Heimat dargebrachte Opfer.

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