Vilnius

Alle Bischöfe Litauens haben vom Sekretariat des Vatikans eine Einladung zum Ad-limina-Besuch des Papstes erhalten. Unter den Eingeladenen war auch der verbannte Bischof Julijonas Steponavičius. Die sowjetische Regie­rung aber ließ aus Angst, daß ihre Pläne hinsichtlich der Katholischen Kirche Litauens zusammenbrechen könnten, den verbannten Bischof nicht nach Rom fahren, und zwar mit der lügenhaften Begründung, daß die Zeit zu kurz gewesen wäre, um einen Auslandspaß zu bekommen. Wenn die so­wjetische Regierung nur gewollt hätte, so hätte sie den Auslandspaß inner­halb von zwei Tagen ausstellen können.

Povilas Pečeliūnas wurde nach der Verbüßung seiner Lagerstrafe zu seinem Verbannungsort im weiten Norden gebracht. Seine jetzige Adresse:

626806

Tiumenskaja obl. Berezovskij rajon. pos. Igrim,

ul. Entuziastiv d. 16 kv. 13 Pečeliūnas Povilas, Juozo.

 

Antanas Terleckas verbüßt seine Verbannungsstrafe seit dem 19. Dezember 1982 im Fernen Osten. Adresse:

686418 Magadan Omsukčan, pos. Industialnij Omsukčanskogo r-na ul. Sportivnaja 5-17 Terleckas Antanas

Vaiguva (Rayon Kelmė)

In der Nacht vom 21. zum 22. September 1982 brachen Übeltäter in die Kirche ein, aber sie richteten keinen größeren Schaden an, weil sie wahr­scheinlich irgendwie erschrocken sind.

Tauragė

In der Nacht vom 8. zum 9. Dezember 1982 wurde in die Sakristei einge­brochen und ein Verstärker mitgenommen. Die Übeltäter haben Schaden in Höhe von 350 Rubel angerichtet.

Pegėgiai

In der Nacht vom 2. zum 3. Januar 1983 haben Übeltäter den ganzen Ta­bernakel mitgenommen, weil sie den metallenen Tabernakel des Haupt­altars nicht aufbrechen konnten. Später wurde der Tabernakel aufgerissen im Wald gefunden. Darin befand sich noch ein Kommuniongefäß mit einigen Hostien; ein zweites Kommuniongefäß voll mit Hostien wurde mitgenom­men. Im Schnee waren Spuren von einigen Übeltätern zu sehen. Sie hatten einen Hund und einen Schlitten bei sich. Daraus kann man entnehmen, daß es Ortsansässige gewesen sind. Die Gläubigen haben am 3. Januar die Miliz davon verständigt, diese kam aber erst nachmittags, als keine Spuren mehr vorhanden waren, weil der Schnee schon weggetaut war. Die Übel­täter wurden nicht gefunden.

Plungė

In der Nacht vom 15. zum 16. Januar 1983 wurde am Kirchhof die Glas­scheibe eines Kapellchens zertrümmert und die Statue der Heiligsten Jung­frau Maria hinausgeworfen.

Telšiai

In der Nacht vom 5. zum 6. Februar 1983 wurde aus dem Kapellchen im Kirchhof des Domes eine Statuette des Schmerzensmannes gestohlen.

Vilnius

Am 17. Februar 1983 waren alle amtierenden Bischöfe Litauens, der Ver­walter der Erzdiözese Vilnius Priester A. Gutauskas und der Rektor des Priesterseminars Priester Dr. Viktoras Butkus in den Amtssitz des Bevoll­mächtigten des Rates für Religionsangelegenheiten eingeladen. Der Bevoll­mächtigte Petras Anilionis, der sich sorgfältig für seine Rede vorbereitet hatte, versuchte zweieinhalb Stunden lang, den Ordinarbischöfen zu be­weisen, daß es dort, wo es schwarz ist, weiß ist, und umgekehrt, d. h. daß die sowjetische Regierung sehr gut sei; sie kümmere sich sogar um die An­gelegenheiten der Kirche, die Nichtsnutze aber, die der Kirche nur Schaden zufügen, seien die Extremisten-Priester. Der Bevollmächtigte manipulierte sogar spitzfindig mit Kanones der Kirche, den Gedanken anpreisend, daß der von der Regierung eingesetzte »Zwanziger« der rechtmäßige Hausherr der Pfarrei und der Platz des Pfarrers nur am Altar sei. In der Rede über das Priesterseminar behauptete der Bevollmächtigte, daß der Numerus clausus für den Eintritt in das Seminar gelockert werde, wenn das inoffizielle Priesterseminar zu arbeiten aufhöre und es keine »Priester-Extremisten« mehr geben werde. Mit Recht bemerkte einer der Bischöfe, daß an dem in­offiziellen Priesterseminar die sowjetische Regierung schuld sei: Hätte sie allen Kandidaten erlaubt, in das Priesterseminar zu Kaunas einzutreten, dann hätte niemand inoffiziell die Priester vorbereitet.

Als der Bischof Vincentas Sladkevičius den Bevollmächtigten daran erinnerte, daß manche Personen eine zu große Annäherung bei den Seminaristen su­chen und sie damit sehr belästigen, antwortete der Bevollmächtigte zum Erstaunen der Anwesenden: »Sie sollen sich doch dem Sicherheitsdienst widersetzen. Warum geben sie denn nach?« Was für Heuchelei! Viele von denen, die sich dem Sicherheitsdienst widersetzen, werden abgewiesen.

Telšiai

Die Erklärung an den Vorsitzenden des Obersten Rates der Sowjetunion unterzeichneten zusätzlich, bevor sie abgeschickt wurde, folgende Priester der Diözese Telsiai (Siehe »Chronik der LKK« Nr. 55):

Pralat Mgr. Barauskas Bronius Priester Brazdžius Bronius Ežerinskas Stanislovas Gylys Kazimieras Ilinčius Stanislovas Jadvirsis Konstantinas Lygnugaris Petras

Rutalė Petras Meidus Juozapas Serapinas Petras Sirtautas Henrikas Šimkus Zigmas Veselis Leonas Šarkauskas Liudvikas

Insgesamt unterzeichneten die Erklärung der Priester der Diözese Telšiai 130 Priester; zwei aus anderen Diözesen und 128 Priester der Diözese Telšiai (von insgesamt 135). Es weigerten sich zu unterzeichnen: die Priester Degutis Česlovas, Degutis Zenonas und Sakutis Stanislovas. Den Priestern Mantvydas Juozas und Buvainis Domininkas, die aus der Diözese verreist sind, wurde nicht angeboten, zu unterschreiben. Nicht unterschrieben hat auch die Kurie von Telšiai.

Kybartai

In der letzten Zeit ist die Verfolgung der inoffiziell geweihten Priester stärker geworden. Man bemüht sich, sie selber einzuschüchtern, sowie auch jene, die ihnen die Möglichkeit geben, das priesterliche Amt auszuüben. An den Stellvertreter des Vorsitzenden des Exekutivkomitees des Volks­deputiertenrates im Rayon Vilkaviškis, Genossen J. Urbonas. Wir bitten Sie, den Priester S. Tamkevičius mit der beigefügten Verwarnung bekanntzumachen und mit seiner Unterschrift oder — bei der Verweigerung der Unterschrift — mit den Unterschriften der Zeugen an unsere Behörde zurückzuleiten.

(Unterschrift von Juozėnas)

Beilage: 1 Blatt

Der Bevollmächtigte des Rates P. Anilionis

Der Bevollmächtigte des Rates für Religionsangelegenheiten beim Minister­rat der UdSSR für die SSR Litauen:

Verwarnung

an den Pfarrer der Katholischen Kirche von Kybartai, Priester Sigitas Tam­kevičius, in Kybartai.

Am 10. Juni 1982 wurde der Pfarrer der religiösen Gemeinschaft der Katho­lischen Kirche von Kybartai, Priester Sig. Tamkevičius, mit der Verwarnung des Bevollmächtigten des RfR bekannt gemacht, weil er den Bürger Kastytis Jonas Matulionis zu sich eingeladen und ihm das Amt eines Vikars eigen­mächtig überlassen hat, obwohl dieser weder eine Theologische Schule ab­geschlossen hat noch zum Priester geweiht worden ist und auch kein Regi­strierungszeugnis besitzt.

Der genannte Bürger arbeitet nirgends, feiert aber unter dem Titel eines Priesters die Messe, nimmt Beichten ab, hält Predigten — sogar antigesell­schaftlichen Charakters — und leitet kirchliche Prozessionen und Zeremo­nien.

In der Verwarnung wurde darauf hingewiesen, daß Priester Tamkevičius durch seine unberechtigte Handlungsweise die §§ 17, 18 und 19 der Instruk­tion des RfR beim Ministerrat der UdSSR »Über die Berechnung der Ge­betshäuser und Bauten der religiösen Gemeinschaften wie auch über die Ordnung bei der Anmeldung der Organe der religiösen Gemeinschaften und der Kultusdiener« vom 31. Oktober 1963 verletzt hat. Priester Tam­kevičius hat aber daraus noch keine Schlüsse gezogen.

Ich verwarne den Priester S. Tamkevičius erneut und verlange von ihm, daß er einer Person, die sich zwar Priester nennt, aber kein Registrierungs­zeugnis besitzt, nicht erlaubt, die religiösen Bedürfnisse der Gläubigen zu be­friedigen. Widrigenfalls wird er zur Verantwortung gezogen und der reli­giösen Gemeinschaft gemäß Punkt 35 des Statuts der religiösen Gemein­schaften die Registrierung widerrufen.

15. 2. 1983        Der Bevollmächtigte des Rates P. Anilionis

 

Mit der Verwarnung gegen mich in Kenntnis gesetzt

11. 3. 1983        Priester Tamkevičius.

Der Priester S. Tamkevičius hat die Verwarnung nicht unterzeichnet. Die Verwarnung wurde Anfang März nur vorgelesen, jedoch keine Abschrift ausgehändigt.

An Ihre Exzellenzen die Bischöfe Litauens Erklärung

des Priesterrates der Erzdiözese Vilnius.

Wie bekannt ist, fahren Sie Anfang April d. J. zum Ad-limina-Besuch in den Vatikan. Während solcher Visiten sind auch die Fragen der Hierarchie Litauens entschieden worden; leider wurden bei den Beratungen dieser Fragen die anderen Bischöfe oder Priester nicht hinzugezogen; und so sind auch in schon ferner Vergangenheit schmerzliche, schwer wiedergutzuma­chende Fehler vorgekommen, deren traurige Folgen wir auch jetzt noch spüren.

Man nimmt an, daß auch während dieser Visite die Verwaltungsfragen der Diözesen Litauens (konkret, aber auch unserer Hauptstadt, der Erzdiözese Vilnius) berührt werden, die besonders peinlich sind, nicht nur für uns Priester, sondern auch für die Gläubigen ganz Litauens. Deswegen ist es sehr wichtig, daß solche Fragen nicht irgendeiner der Bischöfe allein ent­scheidet, sondern alle Bischöfe Litauens kollegial, wobei auf keinen Fall S. E. Bischof Julijonas Steponavičius umgangen werden dürfte, der über verschiedene Vorhaben auf diesem Gebiet in der Vergangenheit leider nicht einmal informiert worden ist. Bei der Entscheidung über die Verwaltung der Erzdiözese Vilnius aber ist es selbstverständlich, daß die Meinung S. E. Bischofs Julijonas Steponavičius unbedingt berücksichtigt werden muß, denn er ist doch der rechtmäßige Hausherr unserer Erzdiözese. Durch Entschei­dungen dieser Fragen ohne seine Zustimmung könnte in die Beziehungen zwischen den Hierarchen und den Priestern eine starke Disharmonie ge­bracht werden.

Vilnius, am 25. März 1983.

Die Mitglieder des Priesterrates

Priester Jonas Lauriūnas Priester Algimantas Keina Priester Jonas Vaitonis Priester Mykolas Petravičius Priester Alfonsas Petronis

Erzdiözese Vilnius:

Priester Marijonas Savickas Priester Kazimieras Žemėnas Priester Edmundas Paulionis Priester Donatas Valiukonis Priester Ričardas Černiauskas

Telšiai

Der Stellvertreter des Bevollmächtigten des RfR Juozėnas besuchte im Fe­bruar 1983 die Dekane der Diözese Telšiai: den Dekan von Tauragė, Priester

P. Puzaras, den Dekan von Šilalė, Priester F. Valaitis, den Dekan von Plungė, Priester K. Gasčiūnas, den Vizedekan von Ž. Kalvarija, Priester Lukoševičius, den Dekan von Mažeikiai, Priester J. Gedvila; auch dem Bischof von Telšiai, Antanas Vaičius, stattete er einen Besuch ab. Das Ziel des Stellvertreters Juozėnas war, die Dekane und durch sie auch die Priester und die Gläubigen der Dekanate zu überzeugen, daß die sowjetische Regie­rung bei der Verhaftung des Priesters Alfonsas Svarinskas gesetzmäßig ge­handelt habe.

Kybartai

Der Stellvertreter des Vorsitzenden des Rayonexekutivkomitees von Vilka­viškis, J. Urbonas, kam am 11. Februar 1983 in Begleitung des Vorsitzenden und der Sekretärin des Exekutivkomitees der Stadt Kybartai in das Pfarr­haus von Kybartai und versuchte, dem Priester Sigitas Tamkevičius eine öffentliche Verwarnung vorzulesen und zwar deshalb, weil am 6. Februar d. J. in der Kirche von Kybartai Unterschriften aus Protest gegen die Ver­haftung des Priesters Alfonsas Svarinskas gesammelt worden waren.

Priester S. Tamkevičius weigerte sich, den Text der Verwarnung anzuhören, weil der Stellvertreter J. Urbonas sich weigerte, eine Abschrift der Ver­warnung ihm zurückzulassen. Als der Beamte aber trotzdem versuchte, sie vorzulesen, ließ ihn der Pfarrer im Zimmer allein und ging hinaus. Priester S. Tamkevičius erklärte, daß es nicht seine Pflicht sei, die Unterschriften­sammler aus der Kirche hinauszujagen; diese Aufgabe könnten Milizmänner und Sicherheitsbeamte ausführen.

Am 10. Februar 1983 kam der Sekretär des Parteikomitees des Rayons Vilkaviškis, Tėvelis, in die Mittelschule von Kybartai, ging von Klasse zu Klasse und erzählte den Schülern über den verhafteten Priester Alfonsas Svarinskas. Er behauptete, daß dieser mit den »Banditen« (d. h. mit den litauischen Partisanen der Nachkriegsjahre — Red.) verkehrte, das Komitee der Katholiken zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen und Prozessionen nach Šiluva organisiert habe u. a. Als er über den Weihnachtsmann sprach, der an Weihnachten die gläubigen Kinder von Kybartai besuchte, behaup­tete er lügenhaft, daß der Pfarrer Priester Sigitas Tamkevičius bei dieser Gelegenheit die Leute gegen die sowjetische Regierung aufgehetzt und den Kindern Bildchen mit der Flagge des bourgeoisistischen Litauens verteilt habe. (In Wirklichkeit wurden den Kindern Weihnachts-Bildchen verteilt). Am Schluß seiner Rede zeigte der Beamte religiöse Bücher, die die sowje­tische Regierung herausgegeben hat. Er zeigte sogar die Lesungen der Hl. Messe auf einem Papier gedruckt, das vom Vatikan geschenkt wurde, wie auch die Enzyklika des Hl. Vater »Dives in misericordia«, die ebenfalls vom Vatikan zugeschickt gewesen war. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß so viele religiöse Bücher nicht in die Hände der Priester oder der Gläubigen gelangen, sondern in die der Politführer, die das Ziel haben, gegen die Kirche zu hetzen. Tėvelis behauptete lügenhaft, ohne dabei rot zu werden, daß die sowjetische Regierung in Litauen mehr Katechismen als Verfassungsbücher herausgegeben habe, aber die Priester würden sie verstecken, um Mißtrauen gegen die Regierung unter den Menschen zu wecken.

Der Parteisekretär Tėvelis und der Stellvertreter des Vorsitzenden des Rayonexekutivkomitees J. Urbonas besuchten in den Monaten Januar und Februar oft auch verschiedene Fabriken und Organisationen in Kybartai, wo sie den Priester Alfonsas Svarinskas wie auch den Priester Sigitas Tam-kevičius verleumdeten. Es wurde oftmals während der Versammlungen behauptet, daß auf den Priester S. Tamkevičius das Schicksal des Priesters Alf. Svarinskas warte.

Adakavas (Rayon Tauragė)

Am 3. Februar 1983 wurde der Pfarrer von Adakavas, Priester V. Šikšnys, in das Exekutivkomitee von Tauragė zu der Stellvertreterin des Vorsitzenden Ulbienė vorgeladen. Im Arbeitszimmer wartete auf ihn außer der Stellver­treterin Ulbienė noch ein Mann in Zivilkleidern, den die Stellvertreterin als Abgeordneten vorstellte. Der »Abgeordnete« bemühte sich nicht, seinen Namen zu sagen, als er darum gebeten wurde. Eineinhalb Stunden lang tadelten die Stellvertreterin Ulbienė und der unter dem Namen »Abgeord­neter« versteckte Tschekist den Priester V. Šikšnys, weil er die Kinder auffordere, in die Kirche zu gehen, weil er mit der Jugend verkehre, die Priester während der Ablaßfeier ohne Erlaubnis der Rayonverwaltung zu sich einlade, ohne ihr Wissen Reparaturen in der Kirche durchführe; am meisten war der »Abgeordnete« erbost und drohte sogar mit Paragraphen des Strafgesetzbuches, weil die Gläubigen in der Kirche von Adakavas Er­klärungen unterschrieben hätten, mit denen gegen die Verhaftung des Prie­sters Alf. Svarinskas protestiert wird.

Der erwähnte »Abgeordnete« nahm schon zum zweiten Mal an einem sol­chen Gespräch mit Priester V. Šikšnys teil.

Vilnius

Im März 1983 wurde den Priestern Litauens der »Kalender — Wissens­wertes für Katholiken« zugeschickt.

In dem Kalender wird die Liste der Seminaristen, die im Priesterseminar zu Kaunas studieren, vermißt, die aber jedes Jahr neben der Liste der Bi­schöfe und der Priester untergebracht werden sollte.

Den Priestern Litauens ist es unverständlich, warum in das »Wissenswerte« der Name des inoffiziell geweihten Diakons Ričardas Jakutis eingetragen ist, nicht eingetragen aber die Namen der ebenfalls inoffiziell geweihten Priester Petras Našlėnas, Jonas Matulionis, Jonas Boruta und andere. Muß denn das KGB hinweisen, welche Namen der Geistlichen in das »Wis­senswerte« eingetragen und welche nicht eingetragen werden sollen?

Der Rektor des Priesterseminars Priester Prof. Dr. Viktoras Butkus be­schreibt in dem Kalender die Arbeit des Priesterseminars seit 1944 bis zum heutigen Tag. Es ist klar, daß die offene Wahrheit über das Priesterseminar durch die Zensur des KGB nicht hätte durchrutschen können. Das wahre Gesicht des Priesterseminars sollte aber bei weitem nicht in solch schönen Farben gezeichnet werden. Welch eine grausame Geschichte würde sich offenbaren, wenn jemand festhalten würde, wie das KGB und der RfR die Seminaristen und die Lektoren terrorisieren!

Tirkšliai (Rayon Mažeikiai)

Der Pfarrer Vincentas Gauronskis wurde am 3. Februar in das Rayon­exekutivkomitee vorgeladen. Hier wurde er gescholten und bedroht, weil er in der Kirche über den verhafteten Priester Alf. Svarinskas gesprochen hatte. »Wenn sie ihn zu Unrecht verurteilen werden, werden wir das auch ver­künden«, antwortete der Priester.

An den Bevollmächtigten für Religionsangelegenheiten der LSSR P. Anilionis.

Erklärung

des Vikars der Pfarrei Prienai, des Priesters Antanas Gražulis, wohnhaft Prienai, Gorkio 15.

Am 25. Januar 1983 bin ich in das Rayonexekutivkomitee vorgeladen wor­den, wo mir K. Morkvėnas Ihr Mahnungsschreiben zum Lesen gegeben hat, daß ich am 25. Dezember 1982 kulturelle Einrichtungen (Bibliotheken, Kinotheater und andere kulturelle Einrichtungen) verleumdet und die Schü­ler gegen die Lehrer eingestellt haben soll.

Die kulturellen Einrichtungen habe ich niemals verleumdet, sondern ich habe lediglich klargemacht, daß dort über Gott, das Gebet, über Heilig­haltung der Sonntage nicht gesprochen wird ...

Die Schüler habe ich niemals gegen die Schule eingestimmt, aber wenn der Staat die religiösen Überzeugungen der gläubigen Schüler und ihrer Eltern nicht achtet, was bleibt dann zu tun? Man möchte fragen: Was würden die Kommunisten in jenen Staaten tun, wo sie vernichtet werden sollten? Den Standpunkt der kommunistischen Regierung der Sowjetunion, die Gläubigen zu mißachten, betrachte ich als ungerecht. Wenn in den anderen Staaten, wie z. B. in der DDR, Jugoslawien und Polen, die Weihnachtsfeiertage gefeiert werden, dann ist an diesen Tagen auch keine Schule. Warum könnte nicht auch unsere Regierung unsere Überzeugungen berücksichtigen und sie achten, wie dieselbe Regierung von den Gläubigen die Achtung ihrer Über­zeugungen verlangt?

Sie soll nur erlauben, die wichtigsten Festtage zu begehen, die die Mehrheit der Einwohner Litauens feiern möchte; dann werden solche Mißverständ­nisse nicht mehr vorkommen.

Der Artikel 50 der Verfassung verbietet, Zwietracht und Haß in Verbindung mit religiösen Überzeugungen zu stiften. Ich habe keinen Haß gestiftet, sondern nur an das Unrecht erinnert, das uns angetan wird, wenn uns nicht erlaubt wird, einen der wichtigsten Feiertage — Weihnachten — zu feiern. Gerade ein Verbot, die religiösen Feste zu feiern, ist Anstiften von Zwie­tracht und Haß unter der Bevölkerung.

 

Am 18. Februar 1983.        Priester A. Gražulis.

Vilnius

In der Nr. 56 der »Chronik der LKK« wurde geschrieben, daß gegen Jonas Sadūnas ein Gerichtsprozeß vorbereitet wird.

Er wurde zwangsweise im psychiatrischen Krankenhaus zu Vilnius unter­gebracht, von wo er am 2. Dezember 1982 wieder entlassen wurde.

Am 24. Januar 1983 wurde Jonas Sadūnas in die Rayonstaatsanwaltschaft von Vilnius vorgeladen. Hier wurde er gefragt, ob er keine Auszeichnungen von der Regierung oder Ehrenbriefe habe. Als Sadūnas erklärte, daß er nur einen Ehrenbrief habe, sagte der Staatsanwalt (Name unleserlich), daß solche Anerkennungen zu gering seien, als daß man ihn auf Grund des Beschlusses des Präsidiums des Obersten Rates vom 27. Dezember 1982 amnestieren könne.

Die Stellvertreterin des Staatsanwaltes (Name unleserlich) behauptete, daß er die Klage gegen den Gutsverwalter P. Dukšta vergebens schreibe, denn der sei im Besitz einen Leninordens und würde, auch wenn er ein Vergehen begangen hätte, mit Sicherheit amnestiert werden.

Die Untersuchungsrichterin Juciūtė überreichte J. Sadūnas die Anklage­erklärung zum Durchlesen und fragte ihn, ob er sich für schuldig bekenne. J. Sadūnas antwortete, daß er sich nicht für schuldig bekenne, außerdem seien 5 Punkte der Anschuldigungen zusammenfabriziert, denn er habe solche Sachen nicht geschrieben.

Am 9. Februar 1983 schrie Staatsanwalt Krempowski, der Jonas Sadūnas vorgeladen hatte, diesen an: »Du hast in deinem Kopf nicht ein Gehirn, sondern Dreck. Du willst also vor Gericht einen Märtyrer, gar den Jesus Christus spielen? Ihr seid doch alle gleich — deine Schwester wie auch deine Frau... Wenn dir wieder einfallen sollte, krank zu sein und nicht zu den Vernehmungen zu kommen, dann werde ich selbst einen Befehl aus­stellen und da ist es dann egal, ob du im Krankenhaus liegst.« Am 13. März 1983 bekam J. Sadūnas den von der Untersuchungsrichterin Juciūtė vorbereiteten Anklagebeschluß, in dem J. Sadūnas beschuldigt wird, daß er den Gutsverwalter P. Dukšta verleumdet habe. Der Anklagebeschluß ist tendenziös vorbereitet, ohne die Tatsachen zu überprüfen, an vielen Stellen ganz erlogen, mit der Absicht, den in der KGB-Liste stehenden J. Sadūnas fertig zu machen.

Josvainiai (Rayon Kėdainiai)

Der Pfarrer der Pfarrei Josvainiai, Priester Leonas Kalinauskas, schrieb am 3. März 1983 eine Erklärung an S. Exz. Bischof L. Povilonis, in der es unter anderem heißt:

»Am 17. Februar dieses Jahres haben der Ortsvorsitzende von Jasvainiai Sereikis und der KP-Sekretär des Kolchoses »Vienybė (»Einigkeit«) Šavelis eine Verwarnung des Bevollmächtigten des RfR Anilionis mir zum unter­schreiben vorgelegt. Darin werde ich wegen der Gedenkfeier zum 50. Todes­tag des litauischen Dichters Maironis, an der auch die Jugend teilnahm, verwarnt.

Gleichzeitig wurde ich auch wegen der Verletzung des Artikels 50 der Verfas­sung verwarnt, weil ich durch Briefe die Abiturienten zum Gottesdienst eingeladen habe. Ich habe ihnen geschrieben, daß zwar die Kirche von der Schule getrennt ist, die Schüler aber nicht getrennt seien, weil sie freie Kinder gläubiger Eltern sind, die sowohl die Schule als auch die Kirche besuchen dürfen. Diese ungerechte Anschuldigung habe ich nicht unter­schrieben.«

Prienai

Die Administrativkommission des Exekutivkomitees der Stadt Prienai, be­stehend aus dem Vorsitzenden Valadka (?), dem Stellvertreter Bendinskas (?), der Sekretärin Stankevičienė (?) und den Mitgliedern Andriulis (?) und Jaunius (?) bestraften am 14. März 1983 den Jubilar-Priester Jonas Plukaitis und den Vikar Priester Antanas Gražulis zu je 45 Rubel Strafe, weil diese am 5. März die Einwohner des Dorfes Naujaji Ūta besucht haben.

(?) diese Namen sind schwer leserlich — Übers.

Am 18. März bestrafte dieselbe Kommission zusätzlich den Priester Antanas Gražulis mit 50 Rubel Strafe, weil er am 9. März den Einwohnern des Dorfes Klebiškės Besuche abgestattet haben soll, obwohl er nach dem 8. März keine Gläubigen mehr besucht hatte.

An den Staatsanwalt der LSSR

die Redaktion der »Valstiečių laikraštis«

Erklärung

der Gläubigen von Upyna (Rayon Šilalė)

Nach dem Durchlesen des Artikels »Kyla juodas dūmas« (»Ein schwarzer Rauch steigt auf«) in der »Valstiečiųlaikraštis« (»Die Bauernzeitung«) vom 15. Februar 1983 möchten wir, die Gläubigen, fragen, wie lange noch solche und ähnliche Schreibereien andauern werden, die gegen die Kirche, die Priester und die Gläubigen gerichtet sind?

Man will ohne jeden Zweifel mit diesem Artikel die Leute gegen unseren Pfarrer, den Priester Vytautas Skiparis stimmen.

Die Korrespondentin der »V. L.«, S. Mockuvienė, die sich unter unserem, der Gläubigen Namen versteckt, wirft dem Priester V. Skiparis gänzlich unbegründete Anschuldigungen vor.

Wir, die unten unterzeichneten Gläubigen der Pfarrei Upyna, fühlen uns verpflichtet, Ihnen folgendes zu sagen:

Mit unseren, der Gläubigen, Händen wurde die Kirche erbaut; mit unserem, der Gläubigen, Geld wird sie unterhalten und werden die Reparaturen durchgeführt; und nicht nur vom Pfarrer, sondern von uns allen, den Gläu­bigen, wurde beschlossen, auf unsere Kosten die Heizung in der Kirche ein­zurichten.

Es sind schon acht Monate vergangen, seit der Priester V. Skiparis in unserer Pfarrei arbeitet, es ist aber noch niemandem zu Ohren gekommen, daß er etwas über eine »Regierung der Bolschewiken« gesprochen hätte, es ist noch niemandem zu Ohren gekommen, daß er irgendjemandem »gedroht« und »die Verfassung verletzt« hätte, wie es in der Zeitung geschrieben steht.

Dieser Artikel gegen unseren Pfarrer ist vom Geiste des Hasses, der die Lüge, die Falschheit und die List zu Hilfe nimmt, geprägt.

Solche Artikel stimmen das Volk nicht gegen die Priester, sondern gegen jene, die so etwas schreiben.

Upyna, am 27. 2. 1983 Unterzeichnet von 519 Gläubigen der Pfarrei Upyna.

Upyna

Am 9. März 1983 sandte Pranas Budginas an den Staatsanwalt der LSSR eine Erklärung folgenden Inhalts:

»Als ich am 15. 2. 1983 die » Valstiečių laikraštis« durchlas, habe ich mich sehr geärgert, als ich »meine Worte« und »meine Unterschrift« dort ge­funden habe, wo ich nicht unterschrieben und nichts dergleichen gesprochen habe. Wie wagen Sie, so unehrlich zu handeln?

Ich verlange streng, das mir zugefügte moralische Unrecht öffentlich wieder­gutzumachen. «

Druskininkai

Der Einwohner von Druskininkai Viktoras Burba bekam im Sommer 1982 eine Benachrichtigung aus Afghanistan, daß sein Sohn Rimas Burba am 7. Juli bei der Erfüllung einer militärischen Aufgabe verschollen sei. Als die Mutter die furchtbare Nachricht hörte, war sie einen ganzen Monat krank. Im Dezember besuchten zwei hohe Offiziere die Familie Burba und teilten ihr mit, daß ihr Sohn am Leben sei, aber in einem neutralen Land lebe. Es wurde ihnen befohlen, ihm Briefe zu schreiben, deren Text sie aber selber vorlegten. Es sieht so aus, als ob viele Anstrengungen gemacht werden, damit die Eltern und die anderen Verwandten Rimas Burba durch ihre Briefe bitten, nicht im Westen zu bleiben.

Mikoliškės (Rayon Kretinga)

Die Kirche der Pfarrei Mikoliškės befindet sich weit von den dichter besie­delten Dörfern entfernt, deswegen entstehen den Gläubigen viele Schwierig­keiten, wenn sie am Sonntag zum Gottesdienst kommen wollen, weil sie die Busse nicht benützen können; es paßt weder die Richtung noch die Zeit. Die Leute haben sich schon mehr als einmal an die verschiedenen Regie­rungsbehörden der Republik und sogar nach Moskau gewandt, mit der

Bitte um die Erlaubnis, an Sonntagen einen Bus zu mieten oder einen eige­nen Bus zu erwerben. Die Angelegenheit ist aber bis jetzt nicht geregelt worden. Zur Zeit mieten sich die Leute jeden Sonntag einen Bus, mit dem sie in die Kirche und wieder nach Hause gebracht werden. Am 6. Februar 1983 hat die Miliz diesen Bus angehalten. Die Fahrgäste mußten aussteigen und der Busfahrer wurde, nachdem sie ihm das Reiseblatt und den Führer­schein abgenommen hatten, nach Gargždai zurückgeschickt. Die Leute er­reichten zu Fuß die Kirche und gingen zu Fuß auch wieder zurück (manche von ihnen haben 4 bis 13 km bis zur Kirche).

Skuodas

Zu Beginn des Jahres 1983 verlangte die Stellvertreterin des Vorsitzenden des Exekutivkomitees des Volksdeputiertenrates im Rayon Skuodas, V. Ložienė, die Mitgliederliste des Kirchenkomitees. Ložienė wunderte sich, daß die Buchhalterin der Bildungsabteilung des Rayons Navickaitė die Kasse des Kirchenkomitees führt. Am 7. Januar 1983 versuchte die Sekre­tärin der Kommunistischen Partei der Bildungsabteilung, Vaitienė, Na­vickaitė »umzuerziehen«, aber erfolglos. Nachher verbreiteten sich in der Bildungsabteilung Reden, daß es in der Buchhaltung große Kaderverände­rung geben werde. Am 12. und 21. Januar 1983 wurden in die Buchhaltung zwei neue Mitarbeiterinnen aufgenommen, die keine Erfahrung in der Buch­führung haben. Am 1. Februar 1983 schlug der Leiter der Bildungsabteilung Bubliauskas Navickaitė vor, freiwillig ihre Arbeit aufzugeben. Als diese aber damit nicht einverstanden war, wurde sie wegen der Stellenverminde­rung entlassen. Nach 19 Jahren Arbeit hier als Buchhalterin und nur als gut bekannt, mußte sie den Neuangekommenen ihren Platz räumen.

Žarėnai (Rayon Telšiai)

Am 11. Dezember 1982 schrieb der Pfarrer der Pfarrei Žarėnai, Priester Alfonsas Pridotkas, an den Generalsekretär der KPSU Andropow eine Erklärung folgenden Inhalts:

»Der Sonnenuntergang meines Lebens nähert sich. Im Jahre 1983 werde ich mein 60. Lebensjahr vollenden. Aus diesem Anlaß möchte ich neben meinem Haus ein Kreuz errichten. Ich habe mich in dieser Angelegenheit an den Rayonarchitekten, später an den Ministerrat der LSSR gewandt. Die Antworten sind überall negativ. In der letzten Antwort schreibt man: » ... wir teilen Ihnen mit, daß die Vorschrift für Individualbauten, bestätigt durch den Beschluß Nr. 228 des Ministerrates der LSSR vom 25. Juni 1975, das Aufstellen der Kreuze auf individuellem Eigentum nicht vorsieht und nicht erlaubt.« (Von mir hervorgehoben).

Durch diese Antwort fühle ich mich wie erschlagen. Nicht einmal einem Priester wird erlaubt, neben seinem Haus aus Anlaß eines Altersjubiläums ein Kreuz zu errichten.

Ich bin der Meinung, daß das Verbot, das Kreuz neben einem Haus zu errichten, der Gewissensfreiheit und der Verfassung widerspricht. Ich bitte, mir zu erlauben, aus Anlaß des 60. Geburtstags innerhalb der Grenzen mei­nes individuellen Eigentums neben meinem Wohnhaus ein Kreuz zu er­richten.«