Nowosibirsk

Am 13. bis 16. Mai 1985 fand in Nowosibirsk ein Prozeß gegen den Priester der ukrainischen Christen, Juozas Swidnicki, statt, der im April 1984 ver­haftet worden und früher in Schitomir, Duschanbe und Nowosibirsk tätig war.

Die wichtigsten dem Priester J. Swidnicki bei Gericht vorgelegten Anklage-punke sind: Das Organisieren von ökumenischen Kreisen (mit Katholiken und Freikirchlern), Vervielfältigung und Verbreitung des Büchleins über die Erscheinungen der Gottesmutter in Fatima, Katechese der Jugend. Die ganze Tätigkeit des Priesters J. Swidnicki wird als Verleumdung der sowjetischen Wirklichkeit qualifiziert.

Zu Beginn des Gerichtsprozesses verkündigte die Gerichtssekretärin, daß die Gerichtsverhandlung in einer geschlossenen Gerichtssitzung stattfinden wer­de. Deswegen werde niemand in den Saal gelassen. Am letzten Prozeßtag, an dem der Gerichtsbeschluß verkündet wurde, wurden alle in den Saal ge­lassen, die hereinwollten. Das Gericht nützte dies aus und verkündete, daß die Gerichtsverhandlung gegen Priester J. Swidnicki in einer öffentlichen Sitzung behandelt worden sei. Der Staatsanwalt hatte für den Angeklagten zweieinhalb Jahre Freiheitsentzug beantragt, das Gericht hat aber dem Prie­ster J. Swidnicki die höchste Strafe ausgesprochen: 3 Jahre Freiheitsentzug einschließlich Konfiszierung seines Eigentums. Die Strafe ist in einem Lager mit allgemeinem Regime zu verbüßen.

Die Katholische Kirche verlor wieder einen Arbeiter, indem sie die Schar der Märtyrer ergänzte. Ihr Opfer war und bleibt ein segensreiches Zeugnis des Glaubens an Christus und an seine Liebe.

Moskau

In dem Journal »Sowjetskij Sojuz« (Sowjetunion) Nr. 1/419, auf den Seiten 26 und 27, das in russischer und in 19 ausländischen Sprachen herausgegeben wird, wurde eine Aussage des Pfarrers der St. Ludwig-Kirche in Moskau, des Priesters Stanislowas Mažeika, über die Religionsfreiheit in der Sowjet­union veröffentlicht, zu der als Begründung Beispiele der Tätigkeit der katholischen Kirche in Moskau genommen werden.

Priester S. Mažeika empört sich in seiner Veröffentlichung über die Behaup­tung der polnischen Priester und des Radio Vatikan, daß der Pfarrer von Moskau »die Anweisungen der Atheisten« erfülle. Priester S. Mažeika be­trachtet das als Verleumdung und sagt, er erfülle nur die kirchlichen und staatlichen Gesetze, von atheistischen Gesetzen aber wisse er nichts. Leider widerspricht er sich selbst. In seinem Artikel gibt Priester S. Mažeika gleich darauf zu, daß er, um die (menschlichen) Gesetze des Staates zu erfüllen, die Katechisierung der Kinder vernachlässige, während ihn die kirchlichen Gesetze doch verpflichten, sich als Priester in besonderer Weise um die reli­giöse Unterrichtung der Kinder zu kümmern. Zur Zeit der vom Priester S. Mažeika beschriebenen »Verleumdung« durch Radio Vatikan (1983) galt noch der alte Kodex des kirchlichen Rechts, aber es scheint, daß der Pfarrer der katholischen Kirche von Moskau den Kanon 467 als für ihn nicht ver­pflichtend gehalten hat. Es kommt der Wahrheit am nächsten, wenn sich die Ausländer, die nach Moskau kommen, über den Platz der katholischen Kirche wundern (aber wahrhaftig nicht ohne Grund): Sie befindet sich beinahe schon im Hof der Behörde des Sicherheitsdienstes.