Panevėžys. Die Dozentin für Atheismus an der Medizinschule zu Panevėžys, Stanislova Stanevičiūtė, verlangte von ihren Schülern während einer Vorlesung im Dezember 1986 eine schriftliche Arbeit, in der zu beweisen war, daß es keinen Gott gibt. Als sie aus der schriftlichen Arbeit entnahm, daß eine Schülerin an der Medizinschule, Neringa Dalbokaitė, gläubig ist, begann sie sie aktiv „umzuerziehen".

N. Dalbokaitė wurde in das „Leninzimmer" vorgeladen, wo die Dozentin S. Stanevičiūtė Anstoß daran nahm, daß Neringa, als gläubiges Mädchen, der Organisation der Kommunistischen Jugend beigetreten ist. N. Dalbokaitė machte ihr klar, daß sie erst 14 Jahre alt war, als sie der Kommunistischen Jugend beitrat, und damals noch von ihren Eltern abhängig war, die ungläubig sind. Nach dieser Antwort folgte eine ganze Reihe von Fragen, die die Dozentin S. Stanevičiūtė stellte: Was sie zum Glauben bewogen habe, woher sie ihre Literatur bezogen habe, wann sie angefangen habe zu glauben, wer sie zum ersten Mal mit in die Kirche genommen habe? Für die weitere „Umerziehung" benutzte die Atheismusdozentin die gewohnte Waffe der Gottlosen: Verleumdung und Schmähung der Priester und der Kirche.

Ähnliche „Umerziehungs"-Versuche wurden noch einige Male wiederholt, als sie aber nicht die gewünschten Ergebnisse brachten, wurde N. Dalbo-kaitė verboten, zwischen 18 und 20 Uhr das Internat zu verlassen, um zu vermeiden, daß sie die Kirche besuchen und an der hl. Messe teilnehmen könnte.

Als die Schulleitung aber im Februar 1987 erfuhr, daß auch ihre Kursus­kameradin Ingride Krikštaponytė unter Einfluß von N. Dalbokaitė das Sakrament der Taufe empfangen hat, entfernte sie N. Dalbokaitė aus der Organisation der Kommunistischen Jugend und begann, sie noch strenger „umzuerziehen". Bei dieser „Umerziehungsarbeit" schloß sich ihr auch die Gruppenführerin Dozentin Urbonienė an.

Viekšniai (Rayon Akmenė). Am 11. Oktober 1987 wurde in der Kirche von Viekšniai feierlich das 600-jährige Jubiläum der Taufe Litauens began­gen. Um die Kinder vom Besuch der Kirche abzuhalten, ängstigte der Lehrer der 7. Klasse an der Mittelschule von Viekšniai, Jonas Tamlevičius, seine Schüler, er werde selbst vor dem Tor zum Kirchhof stehen und alle aufschreiben, die zur Kirche gehen. Um seine Drohung zu bekräftigen, fügte er noch hinzu, daß die Schüler deswegen von der Schule verwiesen und ihren Eltern beträchtliche Geldstrafen auferlegt werden könnten.

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Lazdijai. Am 15. November 1987 versammelte sich gegen 4 Uhr mor­gens eine kleine Gruppe gläubiger Jugendlicher auf dem Autobusbahnhof von Lazdijai zu einer Fahrt nach Vilnius, um dort an den Ablaßfeierlich­keiten Mariens, der Mutter der Barmherzigkeit, im Tor der Morgenröte teilnehmen zu können. Die Kinder und Jugendlichen fuhren mit Wissen ihrer Eltern. Auch einige Erwachsene waren bei der Gruppe, darunter auch der Mitarbeiter der Kirche von Lazdijai, Alvydas Vainoras.

Als die kleine Wallfahrergruppe in Vilnius aus dem Omnibus ausgestiegen war, wurde sie von dem Omnibusfahrer beobachtet, der sie nach Vilnius gebracht hatte.

Kaum war der Omnibus gegen 9 Uhr abends in Lazdijai eingetroffen, kamen schon die Vorsteherin der Inspektion für Angelegenheiten der Min­derjährigen, Valė Jakulevičienė, Lehrer Gorochowenko und der Stellvertre­ter des Schuldirektors der Mittelschule von Lazdijai, Jonas Malinauskas, den jugendlichen Wallfahrern entgegen und nahmen sie in Empfang.

Am 16. November wurden die Schüler in der Mittelschule ausgefragt, wann, wohin und zu welchen Zweck sie nach Vilnius gefahren sind.

Alvydas Vainoras wurde am 17. November in das Exekutivkomitee vorgela­den, wo ihn der Vorsitzende Kreizas der Organisation der schon erwähnten Fahrt nach Vilnius beschuldigte und ihn aufforderte, eine Anklageakte zu unterschreiben. Mit der Begründung, er habe kein Vergehen begangen, unterschrieb A. Vainoras die Akte nicht.

Die Rayonadministrativkomission von Lazdijai, unter der Leitung des Stell­vertreters des Rayonexekutivkomitees Leonas Vaganas, belegte Alvydas Vainoras mit einer Strafe von 50 Rubel.

Nach etlichen Tagen forderte die Klassenlehrerin der 7. Klasse an der Mit­telschule von Lazdijai, Snieguolė Vilgotskaitė, ihre Schüler auf, mit Namen versehene Fragebögen auszufüllen, in denen folgende Fragen zu beantwor­ten waren:

Wer besucht die Kirche? Was macht ihr in der Kirche? Warum besucht ihr die Kirche?

Die Klassenlehrerin Snieguolė Vilgotskaitė verlangte, die Fragen gewissen­haft und wahrheitsgetreu zu beantworten und mit vollem Vor- und Fami­liennamen zu unterschreiben. Auf diese Weise wurden die gläubigen Schü­ler nur deswegen terrorisiert, weil sie sich an der organisierten Fahrt zu den Ablaßfeierlichkeiten der Gottesmutter, die in Vilnius, im Tor der Mor­genröte, stattfanden, beteiligt hatten.

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