An den Bevollmächtigten des Rates für religiöse Angelegenheiten Eingabe

des Priesters Juozas Vaicekauskas, wohnhaft in der Gemeinde Pjieslys, Rayon Kedainiai

In der Mittelschule von Krakės, Rayon Kėdainiai, werden die Kinder, wel­che die Kirche von Pajieslys besuchen, verfolgt und diskriminiert. Gläubige Kinder werden auf verschiedene Weise verhöhnt und eingeschüchtert; sogar die Entfernung von der Schule wird ihnen angedroht. Kürzlich sind die Schülerinnen Palmyra Rybelytė, Zita Šilkaitytė, Albina Miniotaitė und an­dere wegen ihres Kirchenbesuches bestraft worden — in ihr Zeugnisbüch­lein kam der Vermerk, daß ihr Betragen unbefriedigend sei. Die Schülerin Lionė Burdaitė erhielt sogar einen strengen Verweis. Wie in der Schule von Krakės gläubige Kinder eingeschüchtert werden, mag allein folgende Tat­sache beleuchten. Obwohl es im Städtchen Krakės eine Kirche gibt, können die Kinder sie wegen Verfolgungen nicht besuchen. Acht Kilometer kommen sie zu Fuß nach Pajieslys, um beichten zu können. Die Kinder selbst erzäh­len mir unter Tränen, wie sie wegen ihrer religiösen Uberzeugung verhöhnt und verfolgt werden.

Die Schuldirektorin von Krakės hat den Mädchen vorgeworfen, daß sie mit ihrem Kirchgang die Ehre der Schule beschmutzten. Im vorigen Jahr haben zwei ehemalige Schüler von Krakės geräubert; sie haben auch die Kirche von Pajieslys beraubt. Diese haben bestimmt die Ehre der Schule be­schmutzt. Man kann sich den Schmerz von tadellosen und gewissenhaften Mädchen und deren Eltern denken, wenn sie mit Dieben und Räubern ver­glichen werden.

Können die Pädagogen der Mittelschule von Krakės aus solchen groben und unmenschlichen Maßnahmen in ihrer atheistischen Arbeit gute Resultate er­warten? Die Gläubigen sind stark beunruhigt. Einige Eltern planen, ihre Kinder von der Mittelschule in Krakės wegzunehmen. Sowohl Bewohner der Pfarrei Krakės als auch solche aus Pajieslys stellen sich die Frage, wo­hin müssen wir uns wenden, damit unsere Kinder nicht eingeschüchtert, nicht verfolgt und nicht diskriminiert werden.

den 28.Januar 1975

Priester J. Vaicekauskas

Plateliai

Im Herbst 1974 wurde der Schüler Razgus der XI. Klasse der Mittelschule von Plateliai zur Hochzeit einer Verwandten eingeladen, deren Zeremonien in der Kirche von Plateliai stattfand. Der Direktor Stripinis der Mittel­schule von Plateliai hatte vor der Trauung Razgus gewarnt, er solle die Kirche nicht betreten.

Nach der Trauung hat dieser Direktor den Razgus ausgeschimpft, weil er doch zur Kirche gegangen war. Nach Meinung des Direktors sei Razgus volljährig und brauche seiner Mutter nicht zu gehorchen. Der Direktor hat dem Schüler Angst gemacht, er werde wegen Kirchenbesuches von der Mit­telschule entfernt werden. Die Mutter des Razgus wurde zur Schule vorge­laden und mußte sich wegen des Benehmens ihres Sohnes rechtfertigen. We­gen Kirchenbesuches wurde die Note in Betragen für Razgus herabgesetzt, aber in der Wandzeitung des Kolchoses stand geschrieben, daß die Note in Betragen für Razgus wegen Übertretung der Schülerordnung herabgesetzt worden sei.

Varėna

Die in der 2. Mittelschule von Varėna angestellte Lehrerin Jankauskienė hat vor Weihnachten 1974 ihre Schüler so angeredet: „Ihr sollt ja nicht wa­gen, die traditionelle Mahlzeit am Heiligen Abend einzunehmen. Wir wer­den es schon erfahren. Wer von der Weihnachtsoblate zu essen wagt, des­sen Note in Betragen wird herabgesetzt."

Die Lehrerin Jotautienė sagte in der ElternVersammlung: „Wagt ja nicht mit euren Kindern den Heiligen Abend zu feiern. Für diese bringt das kei­nen Nutzen, denn sie verstehen ja doch nichts davon." Die Einwohner von Varena fragen: Ist es denn ein Verbrechen, sich an die religiösen Traditionen zu halten, das Grundgesetz garantiert doch Gewis­sensfreiheit!

Druskininkai

Im Sanatorium Saulutė (Die „kleine" Sonne), wo Kinder sich erholen und gleichzeitig lernen, wandte sich die Sekretärin der Parteiorganisation, K. Mockuvienė, im September 1974 an die Lehrer mit der Aufforderung, Schriftstücke einzureichen, in denen jeder deutlich seine Position gegenüber der Religion vermerken (gläubig oder ungläubig) und seine Erklärung mit Unterschrift bekräftigen solle. Das sei die Forderung der Rayonregierung. Der Lehrer N. schrieb: „Solange die Wissenschaft keine lebende Zelle ge­schaffen hat, solange bin ich gläubig." Nach einiger Zeit begegnete Frau K. Mockuvienė diesem Lehrer N. und machte ihm Vorwürfe, daß er sich an­ders ausdrücken müsse; es sei dem Lehrerkollektiv unbequem, wenn es gläubige Lehrer gäbe. Der Lehrer erklärte, daß ihm als einem älteren Men­schen Heuchelei nicht zieme, und außerdem hätte er das Lügen noch nicht gelernt. Das „Schriftstück" könne er ja schließlich ändern. In dem neuen Schriftstück hat der Lehrer die Worte von Putinas (dem anerkannten Dich­ter; Anm.d.U.) aufgezeichnet: „Zu glauben ist abergläubig, ohne Gott ist es öde und leer."

In der Versammlung des Kollektivs hat die Stellvertreterin des Oberarztes Glemziene bedauert, daß es unter den Mitarbeitern noch solche „rückstän­dige" Menschen gäbe, die nicht wagten, mit eigenen Lippen zu sprechen ... Wie läßt sich das Vorgehen der Sekretärin der Parteiorganisation mit dem Willen Lenins vereinbaren, der kategorisch verlangt hat, daß in keinen Umfrageformularen, in keinen Dokumenten die Eintragung gemacht wer­den solle „gläubig" oder „ungläubig"?

Šiauliai

Am 26. Dezember 1974 sagte die Lehrerin der Mittelschule des J. Janonis in Šiauliai, Šleinienė, in einer Elternversammlung:

Warum zwingt ihr Eltern eure Kinder, zu glauben. Ich habe die Kinder ge­fragt, ob sie das Kreuzzeichen machen können, und fast alle haben es auf­gezeigt ...

Palanga

1974 bekam die Schülerin Rima Rimšaitė der IV. Klasse der achtjährigen Volksschule in Palanga im Lernen nur sehr gute Noten. Dafür, daß sie aber der Pionierorganisation nicht beigetreten ist, wurde ihre Note für Betragen auf befriedigend herabgesetzt.

Šilalė

In der Mittelschule von Šilalė hat die Lehrerin Šerpitienė einen Atheisten­zirkel gegründet und bemüht sich, die Schüler zu Ungläubigen zu erziehen. Die Klassenlehrerin der Klasse XI, Račkauskienė, hat einmal vor der gan­zen Klasse geschrien: „Wenn es einen Gott gibt, soll er mir die Zunge her­ausreißen!" Ein anderes Mal, als einer ihrer Schüler beerdigt wurde, hat sie alle Mitschüler, die ihrem Klassenkameraden die letzte Ehre erweisen woll­ten, aus der Kirche auf den Kirchplatz getrieben.

Bald kamen auch die Früchte der neuen Erziehung zum Vorschein. In der Nacht vom 7. Januar 1975 haben drei Schüler der Lehrerin Praškauskienė — die Komsomolzen Karžinauskas, Biclica und Morozas — in Tauragė ein Auto gestohlen. Als sie sich in Laukuva des Feuerwehrwagens bemäch­tigen wollen, werden sie vom Wächter und einem Milizmann gestellt. Kar­žinauskas hat den Milizmann mit einem Messer schwer verletzt. Die Ver­brecher werden bald verurteilt. Nach Ansicht der Bewohner von Šilalė müß­ten zusammen mit ihnen auch die Erzieher verurteilt werden, die in den Kindern das von ihren Eltern gesäte Gute vernichtet haben. Im ersten Trimester (1974/75) bekam die Schülerin der Klasse VIII d der Mittelschule von Šilalė, Silva Račkauskaitė, in Betragen nur die Note be­friedigend, obwohl andere Schüler mit weniger gutem Verhalten das Zeug­nis eines vorbildlichen Betragens erhielten. Die wichtigste Ursache hierfür war, S. Račkauskaitė hatte sich geweigert, dem Komsomol beizutreten. Die Klassenlehrerin V. Vasiliauskienė bat die Eltern, sich in die Erziehung der Kinder nicht einzumischen und diese Arbeit der Schule zu überlassen. Viele Eltern waren der Meinung, daß es ihre Pflicht sei, die Kinder nicht nur großzuziehen, sondern sie auch in religiösem Geiste zu unterrichten. Die Mädchen des Internats der Mittelschule von Šilalė hatten am 23. De­zember 1974 ihr Zimmer geschmückt. Die Lehrerin Auškalnienė hat alles heruntergerissen, die Mädchen als Hexen beschimpft und zur Strafe den Neujahrskarneval samt Tannenbaum verboten. Der Grund war ein für Weihnachten geschmücktes Zimmer!

Wer kein Pionier ist, darf mit den anderen Kindern nicht spielen

Im September 1974 hat die Klassenlehrerin der Klasse IV a der Mittel­schule von Šilalė, Dabčikaitė, allen Schülern befohlen, Papier zu nehmen und zu schreiben, was sie diktieren werde. Das Diktat bestand aus einer Beitrittserklärung zur Pionierorganisation. Zwei Mädchen, Drukteinytė und V. Zieniūtė, schrieben nicht mit. Daraufhin erklärte die Klassenlehrerin der Klasse, daß die Pioniere ins Kino gehen und Ausflüge veranstalten würden, die Nicht-Pioniere könnten daran nicht teilnehmen. Als die Schüler der Klasse zum Spielen gingen, verbot die Klassenlehrerin die Teilnahme für Drukteinytė und Zieniūtė:

„Ihr seid keine Pioniere, ihr dürft nicht mit den anderen zusammen

spielen!"

Auch anderen Kindern hatte die Klassenlehrerin das Mitspielen verboten — für Sebeckytė, Pečkauskas u. a. —, weil ihre Eltern nicht damit einverstan­den waren, daß ihre Kinder als Pioniere eingeschrieben wurden.

Der Atheismus muß nicht nur den Kindern, sondern auch den Eltern ein­geimpft werden

Vilnius

Im Oktober 1974 erhielten die Schulen im Rayon Vilnius 20 Schreibmaschi­nenseiten umfassende „Methodische Rekommandationen über die Verstär­kung der wissenschaftlich-atheistischen Erziehung unter den Schülern der Schulen für Allgemeinbildung". Wer diese Rekommandationen ausgearbei­tet hat, und wo und wann dies geschehen ist, war nicht angegeben. Die Re­kommandationen waren in russischer Sprache abgefaßt und bestanden aus vier Kapiteln: 1. Bildung von atheistischen Anschauungen und Uberzeugun­gen im Lernprozeß; 2. Spezifische Arbeitsformen bei der außerschulischen atheistischen Erziehung der Schüler; 3. Atheistische Arbeit mit den Eltern; 4. Atheistische Arbeit mit den gläubigen Schülern. Wir bringen charakteristische Auszüge:

Ein wesentliches Defizit in der wissenschaftlich-atheistischen Erziehung be­steht darin, daß keine kämpferische Haltung gegen die religiösen Uberzeu­gungen vorhanden ist. Folglich ist nur eine schwache, individuelle Arbeit mit den gläubigen Familienmitgliedern der Schüler möglich. Die Organe der Volksbildung, die Lehrer, kommen nicht immer den Kin­dern rechtzeitig zu Hilfe, wenn sie von gläubigen Eltern und Leitern reli­giöser Sekten zur Erfüllung von religiösen Zeremonien gezwungen und von diesen in die religiöse Atmosphäre hineingezogen werden. In solchen Fällen werden die sowjetischen Gesetze über die Verteidigung von Kinderrechten und die Beseitigung des von Kirchenleuten . . . auf sie ausgeübten schäd­lichen Einflusses nicht gebührend angewandt.

Die Kirche ist und bleibt für alle Jahrhunderte der blutsaugende Feind des Volkes ...

Bei der Erschließung des klassenfeindlichen Wesens der Religion und ihrer sozialen Funktion muß man diese Aufgabe in erster Linie organisch mit dem programmäßigen Lehrstoff der Geschichte verbinden, der Gesellschaftswis­senschaft, der Literatur, mit den Erscheinungen unserer Epoche und mit Fakten, welche die reaktionäre Rolle von Religion und Kirche im ideolo­gischen Kampf zweier gegensätzlicher gesellschaftlicher Systeme — des So­zialismus und des Kapitalismus — demaskieren.

Der gegenseitige Kampf zwischen Wissenschaft und Religion

In Wirklichkeit wird der gegenseitige Kampf zwischen Wissenschaft und Religion nicht nur nicht schwächer, sondern er nimmt einen noch schärferen Charakter an.

In der atheistischen Bildung und Erziehung müssen die Fragen eine wesent­liche Stelle einnehmen, die die religiöse Moral demaskieren . . . Die Ver­kündigung der Liebe für alle Menschen, eine heuchlerische Lehre. Eine sol­che Lehre ignoriert und verheimlicht das Faktum des Vorhandenseins von zwei verschiedenen, in ihren Interessen unvereinbaren Klassen in der heu­tigen Welt und vertuscht gleichzeitig das Faktum des Vorhandenseins von zwei gegensätzlichen Ideologien — einer sozialistischen und einer bürger­lichen.

Die thematischen morgendlichen Gespräche mit Kindern der Oktoberorga­nisation ... zeigen ihnen den Sieg der Vernunft über die Hirngespinste der Religion über Welt und Mensch. Die von den Schulen benutzten verschie­denen Formen der außerschulischen atheistischen Arbeit mit den Schülern der mittleren und oberen Klassen sind u. a.: Gespräche und Vorträge, atheistische Zirkel und Klubs, thematische Atheistenabende, Lesen atheisti­scher Bücher und deren Besprechung in Lesezirkeln, Besprechung von Fil­men, Frage- und Antwortabende, Herausgabe von atheistischen Mitteilun­gen, Ausflüge in Museen, thematische Ausstellungen, Fotoausstellungen, Ausstellungen der atheistischen Arbeit einer Klasse und der ganzen Schule. Es ist zweckmäßig, auch während des Unterrichts für Erziehung spezielle atheistische Gespräche durchzuführen ... Es ist zweckmäßig, Vorlesungen mit einem atheistischen Thema zu organisieren.

Nützlich und vielfältig ist die Tätigkeit der Zirkel und Klubs der „Jungen Atheisten", in denen die Vertreter verschiedener Klassen zusammenwir­ken .. . Wenn unter den Jugendlichen insbesondere das Interesse an Ge­schichte, Kultur und Tradition über unser Land zunimmt, darf der Lehrer nicht den Fehler machen, die kulturelle Mission der Kirche überzubewerten (die architektonische Schönheit beim Kirchenbau, die Hervorhebung be­rühmter Künstler zur Schaffung religiöser Bilder u. ä.). In den Klubs der jungen Atheisten werden Gruppen gebildet wie: Biblio­thekare und junge Korrespondenten. Sie sammeln atheistische Literatur, veranstalten Buchbesprechungen, führen Kreise für Leser durch, sammeln Zeitungs- und Zeitschriftenartikel mit atheistischem Thema, tragen ein thematisches Album zusammen, geben eine atheistische Wandzeitung her­aus, auch handschriftliche Zeitschriften mit Gedichten, Erzählungen und Kurzgeschichten atheistischen Inhalts. Die Gruppe der Vortragenden wird so gebildet, daß an ihrer Spitze ein erfahrener Pädagoge, ein Mitglied der GesellschaftŽinija  (Das Wissen), steht.

Wenn auf Anregung der Komsomol- und Pionierorganisationen .. . für je­den interessante Aufträge erteilt werden... wird ein aktiver Arbeiter für die Öffentlichkeit herangebildet.

Die Schule muß die Eltern atheistisch aufklären, sie muß sie mit einem Mini­mum von atheistischen Erkenntnissen bewaffnen.

Die wirksamste Propagandaform ist eine Vorlesungsreihe . .. Die Vorlesun­gen müssen so vorbereitet sein . . ., daß sie, ohne die Gefühle der Gläubi­gen zu verletzen, eine atheistische Sprengladung enthalten . . . Eine individuelle Arbeit mit gläubigen Eltern, die die religiösen Anschauun­gen in ihren Kindern wachhalten, sollte man mit vertrauenerweckenden Be­ziehungen beginnen. Man soll ihnen erklären, welche Schwierigkeiten die Eltern ihren Kindern bereiten, hervorheben, daß der gegensätzliche Einfluß von Schule und Elternhaus die Kinder zur Heuchelei verführt, zur Lüge, und gleichzeitig auch zu einer emotionellen Überbelastung (Angst vor der Strafe zu Hause, Verhöhnung in der Klasse).

Der Lehrer muß die Eltern von der Schädlichkeit der religiösen Erziehung überzeugen

Der Lehrer soll die Eltern durch konkrete Beispiele überzeugen, welche negativen Folgen die religiöse Erziehung hat. Er soll die Gläubigen zusam­men mit den anderen Eltern zu Morgenfeiern, Schülerfesten, Pionierver­sammlungen u. ä. einladen. Dabei werden die gläubigen Eltern beobachten und feststellen, daß der Sohn oder die Tochter inmitten der Altersgenos­sen in der Regel verklemmt, verschlossen und bekümmert ist, und daß der Pädagoge recht hat. Es ist selbstverständlich, daß dann die Eltern sich auf­regen und fragen: ob sie nicht zur Verkümmerung des Lebens ihrer Kinder beitragen? Sind sie im Recht? Diese Überlegungen bilden die Grundlage des psychologischen Bündnisses der Pädagogen mit solchen Eltern im Kampf um das Kind.

In der individuellen Arbeit zur Uberwindung von religiösen Anschauungen der Eltern ist es wichtig, daß sie Verbindung mit ungläubigen Familienmit­gliedern aufnehmen und durch die Angehörigen atheistisch beeinflußt wer­den.

Es ist wichtig, auch mit solchen Eltern individuelle Arbeit zu leisten, die zwar nicht an Gott glauben ..., aber aus Tradition die Zeremonien mit­machen, die Festtage feiern, in ihrer Wohnung Heiligenbilder haben ... Gespräche mit den Eltern dieser Art kann man sofort damit beginnen, daß man ihnen klarmacht, welchen Schaden sie ihren Kindern unbewußt zufü­gen.

Die gemeinsamen Anstrengungen von Schule, Familie und Gesellschaft bil­den die Grundlage des Erfolges bei der Erziehung der heranwachsenden Generation im Kampf für den Atheismus.

Die Lehrer reden öfters davon, daß es schwer sei, mit einem gläubigen Halbwüchsigen Kontakt aufzunehmen, ein Gespräch zu führen; er nehme atheistische Argumente nicht an und verschließe sich in sich selbst. Hier ist die Rede von einer schon im voraus bestehenden negativen Haltung eines Gläubigen. Ihre Überwindung ist die wichtigste Aufgabe des Lehrers. Diese wird meistens auf indirektem Wege erreicht, und zwar durch Einbeziehung des Schülers in ein System von echten Beziehungen, aus denen er durch seine Gläubigkeit „herausgefallen" ist...Seine Eingliederung in das Kollektiv muß mit solchen Verpflichtungen beginnen, die bei ihm keinen inneren Wider­stand hervorrufen. Es werden Verpflichtungen mit Rücksicht auf Neigun­gen, Interessen und Bedürfnisse des Schülers ausgewählt... Man muß sie (die gläubigen Schüler — Red.) in Zirkel einbeziehen, die in erster Linie ihre ästhetischen Bedürfnisse befriedigen, wie Chor, Theater, Tanz, Musik usw., einbeziehen in Ausschüsse zur Vorbereitung von Schul­abenden und Ausstellungen ... Und gleichzeitig ihnen den Zusammenhang zwischen den religiösen Zeremonien und der religiösen Ideologie erklären, indem man den Schüler dazu bringt, über die Charakterfestigkeit seines Verhaltens Schlußfolgerungen zu ziehen.

Beim Planen der atheistischen Arbeit in der Schule muß man vor allem von Empfehlungen der Parteiorganisation über atheistische Arbeit mit Erwach­senen und Schülern ausgehen.

Eine folgerichtige und zielbewußte atheistische Bildungs- und Erziehungs­arbeit mit Schülern ist eine der wichtigsten Aufgaben der Beauftragten des Volkes, des Lehrerkollektivs der Schulen und ihrer gesellschaftlichen Orga­nisationen.

Der Abteilungsleiter für Volksbildung in Vilnius, A. Ditkevicius, der die oben zitierten Instruktionen am 14. Oktober 1974 an die Schulen des Rayons versandt hat, vermerkt in seinem Schreiben, das an alle Direktoren der Mit­telschulen, der achtklassigen Schulen und an die Leiter der Volksschulen ge­richtet war: „Wir erinnern daran, daß im neuen Schuljahr die Propa­gierung der atheistischen Kenntnisse unter Schülern und Eltern eine der wichtigsten Aufgaben der Schule ist, wie das auch früher der Fall war ... Weil im vergangenen Schuljahr 1973/74 die Rayonsschulen nur sehr wenige Fahrten zum atheistischen Museum in Vilnius durchgeführt haben, ver­pflichten wir Sie, alle Klassenlehrer darauf aufmerksam zu machen, daß sie 1974/75 mit all ihren Schülern das atheistische Museum zu besuchen ha­ben."

Wir veröffentlichen den Brief eines Litauers, den er an die „Chronik der LKK" geschrieben hat, und zwar über Kindererziehung in Sowjetlitauen. Den Namen des Autors nennen wir nicht.

„Im Wochenblatt Kalba Vilnius (Vilnius spricht), Nr. 42, hat der Kandidat der Geschichtswissenschaften, J. Aničas, einen Artikel veröffentlicht: Mes už sąžinės laisve (Wir sind für die Gewissensfreiheit). Liest man den Arti­kel, so wird man vor Schauder erregt, so schrecklich ist diese Gewissensfrei­heit. Dort heißt es, daß die sowjetischen Gesetze Religionsunterricht für Kinder nicht nur in den Schulen verbieten, sondern auch in den Kirchen, ja sogar in den Familien. Verstoßen solche Gesetze nicht gegen die mensch­liche Natur? Denn nicht der Staat und nicht die Partei haben den Eltern das Recht auf ihre Kinder gegeben, sondern die Natur. Ihre Kinder müssen sie nach ihrem Gewissen und ihrer heiligen Überzeugung erziehen. Niemand darf den Eltern dieses Recht nehmen.

Die gläubige Bevölkerung Litauens betrachtet die gegenwärtige Erziehung der Schüler als eine Dressur der neuen Janitscharen, indem man ihnen gro­ßen Haß gegen all das einflößt, was ihren Eltern und Vorfahren jahrhun­dertelang von größtem und unschätzbarem Wert gewesen ist. (Janitscharen — von den Türken geraubte Kinder der Christen, die in Spezialschulen so im Geiste des Hasses abgerichtet waren, daß sie später ihre Heimatorte überfielen, mit Schwertern auf ihre wehrlosen Eltern und Brüder schlugen, ihre Schwestern schändeten und Ikonen und andere heilige Gegenstände mit Füßen traten.)

Sehen wir uns einmal die Taten der neuen Janitscharen an. Hat man in un­serem Land jemals von soviel Alkoholismus, Prostitution und Raubüber­fällen gehört? Wer hat die drei Kreuze auf dem Berg bei Vilnius zerstört? Wer hat die mit Blut und Tränen der Litauer geheiligten Kreuzwegkapellen in Vilnius und Vepriai niedergerissen? Wer hat den Kreuzberg verwüstet und verwüstet ihn ständig weiter? Wer hat die Bildstöcke und Kreuze in ganz Litauen weggeräumt oder umgestürzt? Sind das nicht die neuen Janit­scharen, erzogen ,im Geiste der hohen kommunistischen Moral'? Die Türken haben die geraubten Kinder der Christen in geschlossenen In­ternaten abgerichtet. Heute wird bei uns sogar jede Familie verpflichtet, solche Janitscharen heranzuziehen. Denn jetzt ist unser ganzes Land ein ge­schlossenes Internat, in dem Dressur praktiziert wird. Religiöse Bücher be­kommt man keine. Rundfunksendungen aus dem Ausland werden gestört. Alle sind gezwungen, die Lügen zu glauben, die durch Presse, Rundfunk und Fernsehen verbreitet werden, Kinder und Jugendliche dürfen am Kir­chenchor und an den Prozessionen nicht teilnehmen. Ist das keine .Dressur'? ,Herr Kandidat der Geschichtswissenschaften, die von Ihnen propagier­ten Dekrete und Gesetze, die die Grundrechte der Eltern für ihre Kinder beschneiden, die religiöse Erziehung in Kirche und Familie verbieten, sind Zeichen der Sklaverei. Solange diese nicht rückgängig gemacht werden, so­lange haben wir und die ganze Welt das Recht zu schreien: die Gläubigen Litauens leben wie Sklaven in Ketten!'"