Die Wahl Johannes Pauls II. zum obersten Hirten der Kirche ist ein außeror­dentliches geschichtliches Ereignis, das nicht nur eine große Bedeutung für das Leben der katholischen Kirche im allgemeinen, sondern ganz besonders wichtig für die Katholiken Osteuropas ist.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Kirche sehen wir auf dem Apostolischen Stuhl einen Vertreter Osteuropas. Der Hl. Vater Johannes Paul II. ist ein Mensch, der selbst die Schrecken des Zweiten Weltkrieges erlebt und die furcht­baren Leiden und den Tod vieler unschuldiger Menschen gesehen hat. Er selbst hat die Mühe eines Arbeiters verkostet, Unterricht in einem Priesterseminar im Untergrund gehabt. Er hat nicht nur Gelegenheit gehabt, die westliche Welt kennenzulernen, sondern auch mit der verschlagenen und konsequenten, von Moskau ausgearbeiteten Methode des Kampfes des marxistischen Atheismus gegen die Kirche gut bekannt zu werden. Nach Empfang der Priesterweihe hatte er die Gelegenheit, auf verschiedenen Gebieten der Seelsorge zu arbeiten. Nach­dem er Bischof und später Kardinal geworden war, entwickelte er sich zum ver­trautesten Mitarbeiter des Primas von Polen, Kardinal Wyszyhski. Der polni­sche Episkopat, unter der Leitung seines Primas, hat es verstanden, so weise und mutig die Geistlichen und Gläubigen zu führen, daß ganz Polen, angefan­gen mit den Grubenarbeitern bis zu den Intellektuellen, sich hinter ihn gestellt hat. Sie haben es verstanden, ihr Volk davon zu überzeugen, daß der Kampf um den katholischen Glauben und Sittlichkeit die Sache des Volkes um Leben oder Tod ist. Durch ihre feste und prinzipientreue Haltung haben sie sogar die Ver­treter eines sozialistischen Staates gelehrt, die Rechte der Kirche und ihrer Gläu­bigen zu respektieren. Kardinal Wyszyiiski hat eine Menge von Bischöfen aus­gesucht, die der Kirche hingegeben sind. Eine sorgfältig und eifrig geordnete pa-storale Arbeit hat erstaunliche Früchte gebracht. In einem Staat, der nach athei­stischen Grundsätzen regiert wird, ist der katholische Glaube in den Nachkriegs­jahren so erstarkt, daß die Katholiken Polens mit die eifrigsten von ganz Euro­pa geworden sind. Obwohl auch bei ihnen die religiöse Presse geknebelt wird, haben sie viele gute Werke herausgegeben, besitzen ihre eigene periodische Pres­se, ja sogar eine katholische Universität in Lublin.

Die polnischen Bischöfe haben durch ihre mutigen und begründeten Forderun­gen eine solche Freiheit erkämpft, die viele sozialistische Republiken nicht ha­ben, und uns fällt es schwer, davon überhaupt zu träumen. Sicher wird auch die Tätigkeit der Kirche in Polen durch verschiedene Maßnahmen eingeengt, die nicht nur von der sozialistischen Regierung von Polen erfunden worden sind, sondern auch vom atheistischen Moskau.

Das Kardinalskollegium hat, in Würdigung der Ergebnisse des Kampfes der katholischen Kirche in Polen, einen ihrer Hauptführer — den Kardinal von Krakau, Karol Wojtyla, zum Heiligen Vater gewählt.

Das ist nicht nur eine starke Ermutigung für das polnische Volk, sondern ganz besonders auch für Litauen, Ukraine, Weißrußland und für alle Katholiken und Christen der Sowjetunion. Den neuen Papst haben auch die Kämpfer für Men­schenrechte in der Sowjetunion mit Begeisterung empfangen. Wir alle hoffen, von dem neuen Papst eine starke Unterstützung zu bekommen. Deshalb ist die Hoffnung zurückgekehrt, daß wir in Zukunft nicht mehr der Willkür der Athei­sten von Moskau ausgeliefert bleiben.

Unsere Hoffnungen haben sich sofort bestätigt. Schon in seiner ersten Rede hat der neue Papst an die Gefangenen des Glaubens gedacht. Wir sind sehr von dem Ausspruch des Hl. Vaters angetan, daß die Hälfte seines Herzens Litauen ange­hört, daß er ständig an uns denkt. Alle Litauer haben den Eindruck bekommen, daß sie vom Hl. Vater besonders geschätzt werden, als er während der Feierlich­keiten seiner Amtseinführung ein Grußwort auf Litauisch gesagt hat, unseren

Bischöfen als Ausnahme einen Empfang gewährt und ihnen erklärt hat, daß er mit den Anliegen der Gläubigen in Litauen gut vertraut ist. Die Gläubigen in Li­tauen sind voller Hoffnung, daß der neue Hl. Vater ihren Kampf um die volle Freiheit der katholischen Kirche und die Menschenrechte in der Sowjetunion stark unterstützen wird.

Zuallererst erklären wir, daß wir durch kritische Bemerkungen dieses Schrei­bens niemanden verletzen oder herabsetzen wollen. Außerdem sind uns die di­plomatischen Schritte des Apostolischen Stuhles in der Verteidigung der Rechte der Gläubigen in der Sowjetunion nicht vollständig bekannt. Ein ernstes Hindernis für uns, die Bemühungen des Apostolischen Stuhles zu verstehen und richtig zu beurteilen, und für den Apostolischen Stuhl wiederum ein objektives Bild über die hoffnungslose Lage der Gläubigen in der Sowjet­union und über ihre berechtigten Erwartungen zu gewinnen, ist dies, daß insbe­sondere die in katakombenähnlichen Verhältnissen wirkende Kirche keinen un­mittelbaren Kontakt mit dem Vatikan hat. Die Glaubensfeinde haben breite Möglichkeiten, eine tendenziöse und unobjektive Information über die Lage der Kirche in der Sowjetunion und in Litauen zu übermitteln. Die Bischöfe und Priester, die ins Ausland reisen, werden gezwungen, dabei behilflich zu sein. Es scheint, daß sie zu oft der atheistischen Regierung gefügig waren. Deshalb konnte man diese entschlossenen Priester und Gläubigen dem Vatikan als Ruhe­störer, Außenseiter hinstellen, welche die normalen Beziehungen der Sowjet­union und des Apostolischen Stuhles stören und den Verordnungen der eigenen Ortsordinarien den Gehorsam verweigern.

Wir sind gehorsame und gute Kinder der Kirche und werden auch dem Aposto­lischen Stuhl ganz hingegeben bleiben, aber wir verspüren eine lebenswichtige Notwendigkeit, unsere Gedanken dem Apostolischen Stuhl in allen Fragen zu unterbreiten, welche die kritische Situation unserer Gläubigen berühren. Von ei­ner gerechten Lösung dieser Fragen wird die Zukunft der Kirche in der Sowjet­union und in unserem Vaterland abhängen. In dieser schweren Zeit hoffen wir auf Verständnis und Hilfe.

Die Kirchenprovinz Litauens ist ein Vorposten des Katholizismus in der vom to­talen Atheismus beherrschten Sowjetunion. In einem Kampf um Leben und Tod brauchen wir eine schnelle und effektive Hilfe, damit wir nicht moralisch und physisch vernichtet werden. Deshalb halten wir es für notwendig, den Apo­stolischen Stuhl und unsere Brüder — die Gläubigen in der ganzen Welt, mit der heutigen Lage der Katholiken in Litauen bekannt zu machen. Als die Sowjetarmee Litauen okkupiert hat, setzte eine physische und morali­sche Vernichtung des litauischen Volkes ein. Etwa ein Drittel des litauischen Volkes wurde in Mitleidenschaft gezogen. Die einen wurden verbannt, die ande­ren ins Gefängnis geworfen, getötet usw. Ein solcher Terror dauerte bis zum Ende der Herrschaft Stalins.

Nach dem Tod Stalins hat man eine offene geistige und physische Vernichtung der Gläubigen ersetzt durch eine planmäßige Vernichtung des Volkes durch

Schulen und durch andere Mittel der atheistischen Propaganda und der Verwal­tung, die bis auf den heutigen Tag andauert. Die bischöflichen Kurien werden gezwungen, zu indirekten Mitarbeitern der Atheisten bei ihrem Vernichtungs­werk der Kirche zu werden. Sie haben Rundschreiben erlassen, die verbieten, Katechismusunterricht für Kinder zu erteilen, die Mitglieder der Pfarrgemeinde vor Weihnachten offiziell zu besuchen und den Kindern bei der hl. Messe zu mi-nistrieren.

Besonders schwer für Litauen sind die Jahre 1946—1950 gewesen. Die Politik der Nachgiebigkeit gegenüber der Regierung hat ihre Blüte zur Zeit des Präl. Ju­ozas Stankevičius erreicht, als er das Erzbistum Kaunas und die Diözesen Vilka­viškis und Kaišiadorys verwaltet hat. Im letzten Jahrzehnt ist die Verfolgung zum Teil milder geworden. Aber als die atheistische Regierung zur Überzeugung kam, daß der Glaube in Litauen wieder auflebt, hat das Präsidium des Obersten Sowjets der Litauischen SSR am 28. Juli 1976 Bestimmungen über die religiösen Gemeinschaften in Kraft gesetzt, die ganz rücksichtslos gegen die Dogmen, die Moral und das kanonische Recht der katholischen Kirche gerichtet sind, die die Gläubigen und Geistlichen zu der Durchführung gegen ihr Gewissen verpflich­ten, die der allgemeinen Deklaration der Menschenrechte und den Bestimmun­gen der Schlußakte von Helsinki widersprechen.

Die katholische Kirche in Litauen muß erneut auf schwere Tage gefaßt sein. Nur ein energischer Kampf der Priester und Gläubigen kann helfen, die Glau­bensfreiheit zu verteidigen.

Ungeachtet einer langjährigen Verfolgung durch die Atheisten ist das religiöse Leben in Litauen immer noch lebendig. Der ehemalige Bevollmächtigte des Rates für religiöse Angelegenheiten, J. Rugienis, hat einmal selber gesagt: »Wir haben sämtliche Löcher zugestopft, um den Glauben in Litauen zu ersticken, aber wir haben gespürt, daß irgendwelche unterirdische Ströme des religiösen Lebens da sind, die wir nicht zu kontrollieren vermögen.« Weil die Tätigkeit der Bischöfe und der Bistumsverwalter gelähmt ist, wird das religiöse Leben in Litauen hauptsächlich durch Pfarreien erhalten, die von mu­tigen Priestern geleitet werden. Besonders tapfer und eifrig sind die Priester der kleinen Pfarreien: sie schrecken weder vor Versetzungen noch vor Bestrafun­gen, noch vor dem Gefängnis zurück. Priester und Gläubige zu unterdrücken, ist für die Regierung nicht einfach, denn die Verfolgung entzündet den Geist der Gläubigen; dann werden Erklärungen und Klageschriften geschrieben, die oft in die Auslandspresse gelangen. Wenn Prozesse gemacht werden, bleiben Doku­mente erhalten, die für die Prozeßurheber sehr peinlich sind. In Litauen trifft der Spruch: »Wie der Pfarrer, so die Pfarrei« — besonders zu. Sobald die Atheisten eine religiöse Erneuerung bei der Pfarrei feststellen, bemühen sie sich, den eifrigen Priester zu versetzen. Oft zwingen sie den Bistumsverwalter dazu. Die von den Atheisten gewalttätig behandelten Priester legen auch dem Bischof oft die Frage vor, warum sie mit einer Versetzung bestraft werden,und verwei­gern die Ausführung der bischöflichen Bestimmung. Der Bischof Juozas Labu­kas hat vom Heiligen Stuhl sogar eine Dispens erwirkt, die Priester ohne Einhal­tung des kanonischen Rechtes zu versetzen!

Dank des mutigen Widerstandes der Priester haben die Glaubensfeinde die er­wünschten Resultate nicht erreicht. Die Diözesankurie von Vilkaviškis und die Regierungsbeamten haben viel Mühe gehabt, bis sie den Priester Lionginas Ku­nevičius gezwungen haben, die Pfarrei Didvyžiai zu verlassen. Obwohl er durch Zwang zum Militär eingezogen wurde, ist er in Soldatenuniform sonntags zu seiner Pfarrei gekommen, um die hl. Messe zu feiern.

Früher hat die Sowjetregierung versucht, den jüngeren Priestern das Recht zu nehmen, priesterliche Funktionen öffentlich zu vollziehen. So hat man z. B. 1969 die Priester Sigitas Tamkevičius und Juozas Zdebskis gezwungen, Gräben auszuwerfen. Nach der Arbeit haben sie dann im Katakombenstil Exerzitien ge­halten, hl. Messen gefeiert und andere kirchliche Pflichten ausgeübt. Aus Angst, daß die katakombenähnliche Seelsorge weiter um sich greift, haben die Atheisten bald befohlen, ihnen in den Pfarreien Arbeit zu geben. Ähnlich hat man auch den Priester Alfonsas Svarinskas in eine Pfarrei versetzt, damit er kei­nen Einfluß auf die Studenten in Vilnius ausübe.

Ohne Rücksicht auf die Glaubensverfolgung haben bis jetzt in vielen Fällen die christlichen Familien den Glauben hochgehalten. Viele Familien der älteren Ge­neration in Litauen sind tief religiös. Die Atheisten haben fast keine Hoffnung, ihren Glauben zu zerstören. Die unter sowjetischer Herrschaft herangewachse­nen jüngeren Familien, obwohl sie den Glauben und die Traditionen ihres Vol­kes geerbt haben, besitzen jedoch ein geringeres Religionsverständnis, und für sie ist es viel schwieriger, ihre Kinder religiös zu erziehen. Obwohl in der sowjetischen Verfassung den Bürgern die Pressefreiheit zugesi­chert und eine Diskriminierung der Bürger wegen Religion oder Volkszugehö­rigkeit verboten ist, erlebt Litauen ein grausameres Presseverbot als zur Zaren­zeit, da man litauische Bücher nur in kyrillischen Buchstaben drucken durfte. Die Pressefreiheit ist nur für die Verbreitung der atheistischen Ideologie da, aber jede andere Ideologie zu propagieren, ist verboten. In einem Zeitraum von 38 Jahren haben die Litauer kein Recht erhalten, Bücher religiösen Inhalts her­auszugeben, mit Ausnahme vom »Neuen Testament«, »Psalmenbuch« und »Bestimmungen des II. Vatikanischen Konzils«.

Das religiöse Leben in Litauen wird hochgehalten von einer bescheidenen Un­tergrundpresse. Bücher muß man meistens mit der Hand oder mit der Schreib­maschine abschreiben.

In Litauen erscheinen folgende periodische Untergrundschriften religiösen In­halts: Lietuvos Kataliku Bažnyčios Kronika (Chronik der Litauischen Katholi­schen Kirche), Dievas ir Tėvynė (Gott und Vaterland), Rūpintojėlis (Der Schmerzensmann), Tiesos kelias (Der Weg der Wahrheit; für Priester) . . . Auch die patriotischen Untergrundzeitschriften Aušra (Die Morgenröte), Lais­vės šauklys (Herold der Freiheit), Perspektyvos(Perspektiven) schätzen die katholische Kirche, denn sie verstehen sehr wohl, solange der katholische Glau­be lebendig ist, kann Litauen nicht russifiziert werden. Die Untergrundpresse geht von Hand zu Hand als eine große Kostbarkeit. Wieder entstehen neue Buchverlage, es werden neue Prozesse gemacht, man muß für die katholische und nationale Presse ständig mit Gefängnis rechnen. Jetzt ist es noch schwer, ihre Bedeutung zu würdigen. So viel ist klar, daß das Volk wieder Leben ver­spürt hat; unter dem Einfluß dieser Presse entstehen neue religiöse und natio­nale Bewegungen.

Die Bedeutung der Untergrundpresse wäre gering, wenn sie nicht durch die Sen­dungen des Radio Vatikan undLiberty populär gemacht und von unseren Brü­dern, Litauern im Ausland, vervielfältigt und verbreitet würde. Die Sendungen dieser Rundfunkanstalten und die Reaktion der Presse der Litauer im Ausland und des Auslandes überhaupt trägt viel dazu bei, das Wüten der einheimi­schen Atheisten zu zügeln. Viele aktive Atheisten wollen nicht in der ganzen Welt bekannt werden; fürchten, daß ihre Namen in verschiedenen Weltspra­chen dekliniert werden und sie in den Dokumenten eingeschrieben bleiben als Schinder ihres eigenen Volkes, die als Mietsknechte sich verkauft haben in den schwersten Stunden der Geschichte ihres Volkes. Vielleicht kommt noch die Un­ruhe hinzu: Wird man nicht einmal für seine Schandtaten zur Rechenschaft ge­zogen? Es ist peinlich, aus dem Ausland Briefe zu erhalten, in denen um Aus­kunft über die Wirklichkeit von Tatsachen der Verfolgung gebeten wird oder wo eine Einschätzung von den begangenen verräterischen Taten zu finden ist. Obwohl ein großer Teil der Intellektuellen in Litauen zu Indifferenten und Igno­ranten des Glaubens geworden ist, es müßte trotzdem nur ein wenig mehr reli­giöse Kenntnisse und Freiheit geben, und es würde zumindest die Hälfte von ih­nen wieder sehr schnell zu eifrigen Gläubigen werden. Für viele von ihnen hat allein schon die Übertragung der Feierlichkeiten der Amtsübernahme des Heili­gen Vaters Johannes Paul II. im Fernsehen einen erstaunlich aufwühlenden Eindruck gemacht.

Die Sendungen des Radio Vatikan werden von vielen Gläubigen und Ungläubi­gen gehört. Die Litauer in der Heimat erfahren aus diesen Sendungen Fakten über die Ereignisse des Lebens in Litauen, die man auf andere Weise unmöglich erfahren kann. Deshalb wächst die Popularität der Sendungen des Radio Vati­kan von Jahr zu Jahr. Die Atheisten Litauens wollten erreichen, daß die Rund­funkanstalt des Vatikans sich nur mit der Erklärung des Katechismus begnügt. Wir sind sehr dankbar, daß keine unehrliche Nachgiebigkeit gemacht wurde. Ganz besonders werden die Sendungen des Radio Liberty gestört, aber wann immer es möglich ist, sie zu empfangen, werden sie immer aufmerksam ver­folgt.

Die katholische Kirche hat begriffen, welch eine gewaltige Macht die heutigen Massenmedien für die Information darstellen. Sie können nicht nur zur Verbrei­tung des Glaubens eingesetzt werden, sondern auch zu dessen Verteidigung. In der Verteidigung der verfolgten Kirche ist es von größter Bedeutung, daß die

Fakten der Verfolgung, die Dokumente, an deren Echtheit zu zweifeln kein Grund vorhanden ist, in verschiedenen Sprachen verbreitet werden. Dafür sind wir dankbar den Journalisten, den Mitarbeitern der Presse, den Re­dakteuren von Zeitungen und Rundfunksendungen, den Bischöfen, Priestern und Gläubigen verschiedener Länder, die ein brüderliches Mitgefühl für ihre verfolgten Brüder zeigen und sich bemühen, durch ihre Briefe, Proteste und De­monstrationen die Verfolgung zu verhindern. Das hilft sehr, das Wüten der Atheisten in der Sowjetunion zu bändigen. Vor der Welt wollen sie als Vertreter der Freiheit und fortschrittliche Demokraten erscheinen, aber die Tatsachen der Glaubensverfolgung zerstören ihre Propaganda, und der sowjetische Kommu­nismus entpuppt sich als eine noch schrecklichere Art des grausamen Faschis­mus.

 

In der letzten Zeit haben sich Komitees konstituiert zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen der Orthodoxen Rußlands und der katholischen Kirche in Litau­en. Ihre Aufgabe — die Berichte der Verfolgung der Gläubigen öffentlich be­kanntzumachen. Wir erwarten von den Litauern im Ausland und von den Gläu­bigen der ganzen Welt, daß sie mit allen Mitteln die Tätigkeit dieser Komitees unterstützen und auf die von ihnen bekanntgemachten Angaben über Verfol­gung mit den allerwirksamsten Mitteln reagieren. Wir sind besonders dankbar für die Tätigkeit der Litauer in den USA. Sie würden geradezu eine historische Mission erfüllen, wenn sie es fertigbringen könnten, einen Weltverband der Gläubigen zur Unterstützung und Verteidigung der verfolgten Gläubigen zu or­ganisieren, dem außer der katholischen Kirche alle, besonders die großen Kon­fessionen, beitreten sollten. Ein einheitlicher Kampf wird gute Resultate geben. Zur Bändigung der Verfolger gibt es verschiedene Mittel: Proteste, diplomati­sche Schritte, Gottesdienste, Protestmärsche, Ausrufung von Fasttagen usw. Die Arbeit der öffentlich wirkenden Kirche in Litauen ergänzen die in katakom­benähnlichen Verhältnissen tätigen Priester und Laien. Sie werden besonders heftig verfolgt. Ein Teil der Gläubigen wagt nicht, öffentlich zur Kirche zu ge­hen und die Sakramente zu empfangen. Für sie ist es schwer, die Glaubensbe­kenntnisse zu vertiefen, die Kinder zur Beichte und zur ersten Kommunion vor­zubereiten. Ihnen behilflich sind die Vertreter der in katakombenähnlichen Ver­hältnissen wirkenden Kirche. In Litauen gibt es nur katholische Kirchen, und man denkt nicht an eine Spaltung. Die Katakombentätigkeit der Kirche ist noch nicht stark verbreitet, denn sie wird zuwenig von den Führern der Kirche ge­schätzt und unterstützt, ihre Wünsche werden noch zuwenig beachtet. Ihre Tä­tigkeit ist schwer, aber notwendig. Diese Arbeit, deren Früchte große Hoffnun­gen für die Zukunft erwecken, bereitet eine große Sorge für die Atheisten, weil man sie nicht kontrollieren kann. Die Regierung bemüht sich sehr, die Kata­kombentätigkeit der Kirche durch die Bischöfe und sogar den Vatikan zu liqui­dieren. Einige Bischöfe haben versucht, vom Heiligen Vater die Zustimmung zu erhalten, daß nichts getan werden dürfe ohne Erlaubnis der öffentlich wirken­den Bischöfe, die von der atheistischen Regierung unterstützt werden. Gott sei Dank, der Apostolische Stuhl hat diesen Betrug durchschaut. Am stärksten verfolgt werden die geheimen Verbreiter der Untergrundpresse. Unter mysteriösen Umständen sind eifrige Gläubige ermordet worden: Paltana­vičius in Kaunas, Kriaučiūnas in Panevėžys (in einen Brunnen hineingeworfen); die anderen sind in Lagern inhaftiert (oder in der Verbannung) — Nijolė Sadu­naite, Petras Plumpa, Vladas Lapienis u. a.

Die Atheisten setzen alle möglichen Mittel ein, um das litauische Volk gottlos zu machen: die atheistische Propaganda durch Rundfunk, Presse, Fernsehen, durch atheistische Erziehung der Jugend von früher Kindheit an, angefangen von Kindergärten, durch Schulen, Universitäten, Armee; durch zwangsweise Eingliederung in ihre Organisationen. Aber auch heute noch beteiligen sich die Menschen massenweise besonders bei der Feier von Weihnachten, Ostern, beim Pfarrpatrozinium. Sehr berühmt sind die Wallfahrtstage in Šiluva, Žemaičiu Kalvarija und Aušros Vartai (Tor der Morgenröte). Die Atheisten haben immer wieder versucht, die Feier dieser Wallfahrtstage zu verhindern — durch Veran­staltung von Festivals; die Autoinspektion verbot die Benutzung von staatlichen Transportmitteln und ähnliches, aber alles war bis jetzt umsonst. Kinder werden in Litauen sehr viel getauft — auf dem Lande um die 90 Prozent, etwas weniger in den Städten.

Ein Großteil der Gläubigen beerdigt ihre Toten nach kirchlichem Ritus. Ein beträchtlicher Teil der Jugend läßt sich in der Kirche trauen. Sogar Partei­genossen wenden sich mit diesem Anliegen an einen Priester in abgelegenen Dorfkirchen mitten in der Nacht oder in Privatwohnungen. Eltern und Priester bereiten den Großteil der Kinder (etwa 70 Prozent) zur Erst­beichte und ersten hl. Kommunion im Katakombenstil vor. Es gibt nicht wenige opferbereite Priester, die weder Gefängnis noch Tod fürch­ten, die den Gläubigen Mut machen und eifrig für ihre Rechte kämpfen. Die Atheisten scheuen das Blut der Märtyrer — zur Zeit wollen sie, daß die Kir­che still erstickt, ohne Aufschrei, ohne Klagen, ohne neue Lebenskräfte zu er­halten, gebrochen und demoralisiert. Deshalb ist es unsere Pflicht, zu kämpfen, damit die die Kirche ruinierenden Faktoren zerstört und der kämpfenden Kirche ohne Verzögerung die nötige Hilfe gewährt wird.

Die Mehrzahl der offiziellen Bistumsverwalter in Litauen verteidigt den Glau­ben in Litauen nicht. Die Seelsorgearbeit wird an vielen Stellen sehr vernachläs­sigt. Die Hauptverantwortung dafür trägt der Vorsitzende des Kollegiums der Bistumsverwalter S. Exz. Juozapas Labukas.

Wir verstehen sehr wohl, wie außerordentlich schwer die Pflichten der Bistums­verwalter in unseren Verhältnissen sind. Um sie zu erfüllen, dazu bedarf es eines sehr lebendigen und tiefen Glaubens, großer Weisheit und Geisteskraft, die we­der Verachtung, Verfolgung, Gefängnis noch den Tod fürchten. Die Bistumsverwalter Litauens sind zwischen zwei gegensätzliche Lager geraten. Die normale Geistlichkeit und das gläubige Volk will, daß die Bistumsverwalter vorbildliche Nachfolger der Apostel sind, die Beamten der atheistischen Regie­rung aber fordern von den Bistumsverwaltern, daß sie den Apostolischen Stuhl irreführen, die eifrigen Priester unterdrücken, die Seelsorgearbeit vernachlässi­gen, die Pläne der Atheisten offen unterstützen, d. h., daß sie nicht einfache, sondern qualifizierte Kollaborateure der Regierung sein sollen. In der letzten Zeit hat der Bevollmächtigte des Rates für religiöse Angelegenheiten in Litau­en, Petras Anilionis, den Bistumsverwaltern Litauens diktiert, wie sie die Be­schlüsse des Präsidiums des Obersten Sowjets der Litauischen SSR vom 28. Juli 1976 verwirklichen müßten,und hat sie dabei ermuntert, keine Angst zu haben, wenn man ihnen den Namen »rote« geben wird.

Die Gläubigen möchten auf den Bischofsstühlen solche sehen, wie der Diener Gottes Erzbischof Jurgis Matulaitis, die Erzbischöfe Teofilius Matulionis, Me­čislovas Reinys; die Regierungsvertreter möchten zu Bischöfen erheben solche Schmeichler wie zur Zarenzeit der Prälat Petras Žilinskas und zu unserer Zeit Msgr. Česlovas Krivaitis, Msgr. Povilas Bakšys u. a.

Das größte Unglück für die verfolgte Kirche ist, wenn von den Lippen der Bis­tumsverwalter die Lüge spricht. So ist z. B. die Autorität der Bistumsverwalter sehr gesunken, als sie auf Befehl der Atheisten das Schreiben der 17 000 Gläubi­gen verurteilt haben, in dem die Glaubensfreiheit in Litauen verteidigt wird. Wir wollen auf keinen Fall die Autorität der Bistumsverwalter herabsetzen, mit kritischen Bemerkungen ihre schwere Last noch vergrößern, die auch so schon schwer genug ist. Die Priester und Gläubigen in Litauen wollen ihren Bischöfen helfen: durch schriftliche Erklärungen und private Gespräche. Die Priester sor­gen dafür, daß ihre kritischen Bemerkungen für Bischöfe nicht in die Presse mit breiterem Leserpublikum gelangen. Aber wenn diese Möglichkeiten nichts nüt­zen, dann bleibt nur ein Ausweg übrig — diese Mißstände in der Untergrund­presse hervorzuheben. Obwohl dieser Weg schmerzlich und unangenehm ist, aber in einigen Fällen hat er zu erstaunlich guten Ergebnissen geführt. Wir behaupten nicht, daß die Bistumsverwalter in allen Fällen prinzipienlos handeln. Der Bischof ist manchmal gezwungen, auf die Regierungsvertreter Rücksicht zu nehmen.und kann unter gewissen Umständen Zugeständnisse ma­chen, aber doch nicht solche, die dem Evangelium und den wesentlichen Be­stimmungen des kanonischen Rechtes widersprechen — Katechismusunterricht, Sakramentenspendung, Leitung der Kirche und ähnliche Gebiete. Wir hoffen, daß der Apostolische Stuhl die zu eifrigen Kollaborateure der Athe­isten — die Geistlichen verschiedenen Ranges — warnen und zur Ordnung rufen wird.

Zum Priesterseminar in Kaunas schickt der Sicherheitsdienst alljährlich mora­lisch kompromittierte Personen, von denen eher zu erwarten ist, daß sie die Rei­hen der Kirchenzerstörer vervollständigen werden. Die Zahl derjenigen, die in das Priesterseminar eintreten dürfen, ist stark beschränkt, und der Eintritt wird besonders erschwert für begabte und gebildete Kandidaten. Die Regierung hin­dert die Bischöfe daran, die Seminarleitung und die Professoren frei zu ernen­nen. Darunter leidet das Niveau der Wissenschaft und die Disziplin. Aber auch unter solchen Umständen absolvieren sogar sehr vorbildliche Priester das Semi­nar. Dafür beschuldigt die atheistische Regierung die Bischöfe und die Seminar­leitung.

In Litauen gibt es neben eifrigen Priestern auch nachlässige, die sich wenig um Katechismusunterricht für Kinder kümmern, um aktuelle Predigten, um indivi­duelle Seelsorge. Sie begnügen sich damit, den Personen die Sakramente zu spenden, die sich selber an sie wenden. Die Leitung der Diözese ist nicht leicht, weil die Regierung sich bei der Versetzung von Priestern einmischt, sogar bis in die Einzelheiten. Der Bischof ist oft ohnmächtig, wenn es nötig wird, nachläs­sige und der Kirchenordnung zuwiderhandelnde Priester zu versetzen. Am stärksten wird die Seelsorge in den Pfarreien der größeren Städte vernachlässigt, besonders in Vilnius, Kaunas, Klaipėda, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Ein beträchtlicher Teil der in den Städten arbeitenden Priester tut sich weder durch Mut noch durch Eifer hervor. Andere können wegen schwacher Gesund­heit oder fortgeschrittenen Alters ihre Pflichten nicht erfüllen und haben nicht den Mut und die Selbstachtung, auf diese Pflichten zu verzichten. Manchmal gibt es auch solche, die bei Versetzung durch einen Bischof sich an die atheisti­sche Regierung wenden, damit die Versetzung blockiert wird, ohne Rücksicht auf die Exkommunikation, die in spezieller Weise dem Apostolischen Stuhl re­serviert ist.

Immer zahlreicher werden die Pfarreien ohne Priester oder sie werden von sehr alten und kränklichen Priestern betreut. Es ist klar, daß die Seelsorgetätigkeit solcher Priester schwach ist. Für die Priester ist es besonders schwer, mehrere Pfarreien zu betreuen.

Obwohl die katholische Katakomben- und Untergrundpresse in Litauen eine wichtige Rolle spielt, so ist es doch schwer für sie, die Propagandaflut der athei­stischen Presse einzudämmen. Alljährlich werden an die 70 Bücher antireligiö­sen Inhalts herausgegeben. Für atheistische Zeitungsartikel und Bücher werden hohe Honorare gezahlt. Die zur Zeit der Unabhängigkeit Litauens herausgege­bene Literatur ist auf verschiedene Weise vernichtet: durch Schulen, beschlag­nahmt bei Durchsuchungen und ähnlichem. Die ständig wiederholte Lüge der atheistischen Propaganda erzeugt bei der heranwachsenden Generation Zweifel und Unsicherheit.

Eine schwache Weltanschauung schadet der sittlichen Widerstandskraft, des­halb ist es nicht verwunderlich, daß viele Einwohner in Litauen nicht nur wenig Ahnung haben in den religiösen Fragen, sondern daß auch deren Anschauungen über Gott, Kirche und Sittlichkeit total falsch sind. Besonders beliebte Themen der Atheisten sind — die Geistlichkeit zu verleumden, die Fehler ihres sittlichen Lebens hervorzuheben, die Kardinäle und Päpste nicht ausgenommen. Dabei haben sie keine Hemmungen, Lüge und Verleumdung zu gebrauchen. Die Zersetzung der Glaubensgrundlagen hat Folgen für die Sittlichkeit des Vol­kes gebracht. Ihre erste Frucht — eine immer stärker werdende Zerrüttung der

Familien. Eine zerrüttete Familie ist nicht mehr in der Lage, die Kinder zu erzie­hen. Es wächst die Zahl der Verbrechen von Jugendlichen, die sittliche Verkom­menheit, besonders in den Handwerksschulen und Internaten; es verbreiten sich der Alkoholismus und andere Laster.

Alles dieses erschwert die auch ohnehin nicht leichte seelsorgerische Arbeit. Zur Zeit ist die Schule die hauptsächlichste Verbreiterin der atheistischen Welt­anschauung und Zerstörerin der christlichen Moral in Litauen. Jahrhunderte­lang sind die Lehrer die engsten Mitarbeiter der Geistlichkeit in der religiösen und sittlichen Erziehungsarbeit der Jugend gewesen. In manchen Schulen haben die Lehrer selbst den Religionsunterricht erteilt. Die Lage hat sich geändert, als in Litauen die Widerstandskämpfer vernichtet wurden. Ab 1944 sind mehr als 2000 Lehrer zu anderen Berufen übergewechselt wegen der unerträglichen Arbeitsbedingungen, besonders wegen des ständigen Zwan­ges zur Lüge, Verstellung, zur Irreführung der Kinder von ihren eigenen Lands­leuten. Im Geschichtsunterricht über Litauen werden die Lehrer gezwungen, ihr eigenes Volk zu erniedrigen, seine große Vergangenheit zu unterschlagen oder zu verzerren, und die Unterjocher zu verherrlichen. Sie müssen die Völker­freundschaft einimpfen, deren Ziel es ist, Litauen etappenweise zu russifizieren. Etwa ein Drittel der Lehrerschaft in Litauen sind Parteimitglieder. Einige has­sen direkt fanatisch die Gläubigen und den Glauben. Sie sind verpflichtet, alle von der Partei und von Moskau zugeschickten Instruktionen aufmerksam zu befolgen und die ganze Bildungs- und Erziehungsarbeit zum Kampf gegen den Glauben einzusetzen. Die Lehrer werden gezwungen, die Kinder dem Einfluß ihrer religiösen Eltern zu entreißen, durch Beschäftigung der Kinder in ihrer Freizeit, insbesondere an den Sonntagen. In der Advents- und Fastenzeit zwingt man die Kinder zu tanzen, zu singen, man verlangt, atheistische Gedichte aus­wendig zu lernen, antireligiöse Zeichnungen zu machen, atheistische Theater­stücke aufzuführen, die Kirche, Gott und die Priester zu verhöhnen. Aber über die Ergebnisse dieser Erziehung können die Atheisten sich nicht freuen: in der Schule ist die Ehrfurcht vor der Autorität eines Lehrers verschwunden, Zahl und Umfang von Verbrechen Jugendlicher nehmen zu, besonders die Trunk­sucht und sexuelle Zügellosigkeit. Die Lage eines großen Teils der Jugend ist folgende: der christliche Glaube ist zerstört, der Atheismus ist nicht angewach­sen. Aber auch unter solcher Jugend sind patriotische Gefühle lebendig. Die Studenten interessieren sich für die Geschichte Litauens; sie sind aber nicht in der Lage, die Bedeutung des Christentums für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des litauischen Volkes zu würdigen. Es wäre nicht schwer, viele von ihnen für Gott zu gewinnen, wenn sie nur mehr religiöse Kenntnisse bekä­men.

Zur Zeit gibt es in Litauen mehr geöffnete Kirchen und Priester als in der gan­zen Sowjetunion, aber wegen Behinderung seitens der Regierung und Nachgie­bigkeit der Hierarchie der Kirche haben die litauischen Priester sich fast gar nicht in die Missionsarbeit eingeschaltet. Die sechs litauischen Bistümer haben

715 Priester, aber außerhalb der Grenzen von Litauen arbeiten nur drei Priester. Als der Priester Albinas Dumbliauskas zum Arbeiten nach Sibirien gehen woll­te, hat der Verwalter des Erzbistums Kaunas ihm sogar mit Suspendierung ge­droht.

Der Priester Kazimieras Žilys konnte nur mit großer Mühe das Recht in der Di-özesankurie von Kaišiadorys erwirken, nach der Ukraine arbeiten gehen zu dür­fen.

Der Priester Feliksas Baliūnas bekommt immer noch keine Erlaubnis, zu den armenischen Katholiken zu gehen, obwohl in ganz Armenien kein Priester da ist und der Apostolische Stuhl sehr darum besorgt ist, den Gläubigen dieser Ge­gend Priester zu besorgen.

Auf diese Weise wird den Katholiken anderer Völker ein großer Schaden zuge­fügt, der Missionsidealismus und die religiöse Begeisterung zermürben. Das ist ein unverzeihlicher Fehler. Der Apostolische Stuhl müßte ihn mit effektiven Mitteln korrigieren helfen.

Obwohl nach der Verfassung der Sowjetunion und Litauens die Kirche vom Staat getrennt ist, mischt sich die zivile Regierung bis in die kleinsten Bereiche der kirchlichen Tätigkeit hinein. Ohne Erlaubnis der Regierung kann ein Prie­ster seinen Nachbarpriester nicht zum Patroziniumsfest einladen; ja sogar einen Nagel darf man nicht in die Wand einschlagen (so fordern die Regierungsbeam­ten).

Ihre neuesten Pläne zur Vernichtung der Kirche werden deutlich aus dem Ukas Nr. IX-748 vom 28. Juli 1976, mit dem sie jede religiöse Tätigkeit vollständig lähmen wollen. Von den Exekutivorganen der Pfarreien wird verlangt, neue Verträge abzuschließen; damit verpflichtet man sich, nicht zu widerstehen, wenn die Kirchen geschlossen werden. Die Atheisten wollen, daß, ohne Rück­sicht auf wesentliche Bestimmungen des kanonischen Rechtes, die Pfarreien durch aus Laien gewählte Exekutivorgane verwaltet werden, deren Gremien so­gar Kollaborateure des KGB aufgezwungen werden.

Die Atheisten Litauens streben danach, die Finanzen der Kirche fest in ihre Hand zu bekommen. Ihr Ziel — von den Opfern der Gläubigen sich zu berei­chern und die kleineren Pfarreien zu ruinieren. In solchen Fällen nehmen die Atheisten besoldete Stellen eines Vorsitzenden des Exekutivorgans, eines Kas­sierers usw. ein, die gänzlich überflüssig sind. Die Löhne muß die religiöse Ge­meinde bezahlen. Wenn ihre Einnahmen klein sind, dann muß sie sich auflösen. Das ist die neue Art, die Gläubigen zu verhöhnen. Sie müssen mit ihrem Geld atheistische Angestellte unterhalten, welche die Tätigkeit der Kirche hemmen. Ähnlich werden die Pfarreien gezwungen, Gelder an den Friedensfond zu über­weisen, d. h. an eine propagandistische, von den Atheisten geleitete politische Organisation. Mit solchen Methoden hat man auch die Vernichtung der Ortho­doxen Kirche in Rußland betrieben.

Der neue Bevollmächtigte des Rates für religiöse Angelegenheiten, Petras Ani-lionis, hat seinen Wunsch geäußert, in anderthalb Jahren »in Ordnung zu brin­gen«, was der ehemalige Kultusbevollmächtigte Kazimieras Tumėnas in fünf Jahren verpfuscht habe, d. h., er hatte die »Chronik der LKK« nicht vernichtet und nicht vermocht, die Tätigkeit der Pfarreien zu desorganisieren. Aus diesen Tatsachen ist zu ersehen, wie die Katholiken Litauens und zusam­men mit ihnen alle Katholiken und Gläubigen der Sowjetunion einen Kampf auf Leben und Tod gegen den Atheismus führen müssen. Damit der Kampf gewon­nen wird, brauchen wir eine effektive Hilfe des Apostolischen Stuhles und unse­rer katholischen Glaubensbrüder.

Wir freuen uns über die schönen Beschlüsse des II. Vatikanischen Konzils, be­treffend die leidende Kirche, über die Ermahnung, den verfolgten Bischöfen, Priestern und Gläubigen eine besondere Liebe zu zeigen, das Licht des Evangeli­ums dorthin zu tragen, wo es am wenigsten bekannt ist, ohne Furcht vor Leiden und Opfern.

Diese Auffassung der Kirche hat der Hl. Vater Paul VI. in seinen Reden öfters hervorgehoben. Es wurde unterstrichen, daß die Diplomatie der Seelsorge die­nen muß und nicht umgekehrt. Man hat verschiedene Organisationen gegrün­det, die dafür sorgen, der leidenden Kirche zu helfen, man hat für sie gebetet. Immer lauter werden die Stimmen unserer katholischen Glaubensbrüder, die uns verteidigen, aber der Apostolische Stuhl hat in den letzten Jahren uns nicht energisch genug verteidigt. Besonders wir Katholiken in der Sowjetunion fühl­ten uns praktisch unverstanden, der Willkür der Atheisten preisgegeben. Für uns war die sogenannte Ostpolitik des Apostolischen Stuhls unverständlich, besonders in bezug auf die Sowjetunion. Wir haben sie in vieler Hinsicht für die Kirche als schädlich angesehen, ja verderblich. Ihretwegen ist die Seelsorge in der Sowjetunion lahmgelegt. Wir selbst haben auch nicht die nötige Aktivität und Erfindungskraft gezeigt. Während verschiedene Sektierer, Zeugen Jehovas, Bibelforscher, Adventisten, Pfingstler, innerhalb der letzten 30 Jahre viele neue Mitglieder gewonnen haben, haben die Katholiken und Orthodoxen auf irgend­welche bessere Zeiten gewartet. Es scheint, daß die Führer der Orthodoxen in Moskau, auf Verlangen des Kreml, die Leiter der katholischen Kirche zu über­zeugen vermochten, daß für die Katholiken in der Sowjetunion das beste Mittel zum Überleben sei, keine Aktivität zu zeigen und zu warten, bis einmal bessere Zeiten kommen. In der Zeit hat aber die atheistische Regierung der Sowjetunion mit ihrer ganzen Kraft und Verschlagenheit gearbeitet, indem sie unentwegt den Glauben zerstört hat.

Unserer Ansicht nach hat die Nachgiebigkeit der katholischen Kirche gegenüber der Regierung der Sowjetunion der Evangelisation nach dem Zweiten Weltkrieg sehr geschadet. Innerhalb der Grenzen der Sowjetunion gibt es viele Katholiken — Deutsche, Polen, Ukrainer und andere. Einen beträchtlichen Anteil davon bilden die Litauer. Die Sowjetregierung bemüht sich, diese völkischen Minder­heiten noch stärker atheistisch zu machen, weil sie weiß, daß die Vernichtung des Glaubens die beste Möglichkeit bietet, sie zu russifizieren, ihren Geist zu brechen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, daß neben der Einführung einer kommunistischen Regierung die Atheisten der Sowjetunion einen konsequenten und zähen Kampf gegen die Gläubigen führen, unter Einsatz von allen physi­schen und moralischen Mitteln zur Vernichtung des Glaubens. Da es in der Sowjetunion nicht wenige Katholiken gibt, ist es nicht erstaunlich, daß die katholische Kirche bestrebt war, die Gläubigen dieser Gebiete mit allen Mitteln zu beschützen, die diplomatische Tätigkeit nicht ausgenommen. Und das um so mehr, weil das Leben unserer Zeit Fragen stellt, die wichtig sind für die Gläubigen und Ungläubigen der ganzen Welt. Die Einstellung der Kirche verdeutlichen diesbezüglich die Beschlüsse des II. Vatikanischen Konzils, welche die Gläubigen und Atheisten zu einem ernsten Gespräch einladen. Wie haben die Atheisten der Sowjetunion auf diese Einladung reagiert? Sie sind nicht dagegen, den Papst zu besuchen, Beileids- und Grußtelegramme zu schicken, vielleicht wollen sie sogar diplomatische Beziehungen aufnehmen, aber zugleich trachten sie danach, daß der Apostolische Stuhl sie nicht daran hindert, das Christentum zu vernichten und schweigt, wenn sie die Gläubigen verfolgen, sie ins Gefängnis werfen und töten.

Es gab eine Zeit, da die katholische Kirche öffentlich protestiert hat, auf ver­schiedene Weise die verfolgten Katholiken unterstützt hat. Der marxistische Atheismus wurde sogar durch eine besondere Enzyklika Divini Redemptoris verurteilt. Dafür wurde der Hl. Vater Pius XI. von den Kommunisten im Kreml in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Aber die Autorität des römischen Papstes war in den Augen der Gläubigen Rußlands, besonders bei den Katholiken und Orthodoxen, hoch gestiegen. Die einfachen Gläubigen, wie der Schriftsteller Rudzinskas erzählt, sagten: »Unser wirklicher Vater ist der Papst, denn nur er allein empfindet unsere Schmerzen, er betet für uns und legt für uns Fürsprache ein.«

Der Hl. Vater Pius XII. hat die von Pius XL eingeschlagene Linie weitergeführt und hat den verfolgten Bischöfen, Priestern und Gläubigen verschiedene Privi­legien gewährt.

Als der gute Hl. Vater Johannes XXIII. zu regieren angefangen hat, wurde eine andere Linie eingeschlagen, die sogenannte Ostdiplomatie. In der Zeit wurde verschiedentlich Mitleid den Gläubigen der Sowjetunion gezeigt, aber die Gläu­bigen bekamen keine konkreten Aufforderungen, die Lehre Christi zu verbrei­ten, und keine neuen notwendigen rechtlichen Vollmachten. Die Gläubigen der Sowjetunion fühlten sich dem Schicksal ausgeliefert, dazu bestimmt, allmählich ruhig und still zu sterben. An Stelle von öffentlichen Verfolgungen, Gefängnis­sen, Deportationen und Lagern setzte eine stille, aber konsequente Erstickung des Glaubens ein.

Die Diplomaten der kommunistischen Staaten haben angefangen, Besuche im Vatikan zu machen; die Vertreter des Apostolischen Stuhles — Bischöfe und Kardinäle — besuchen die Sowjetunion. Sie wurden liebenswürdig empfangen, aber dadurch hat sich die Lage der Gläubigen nicht gebessert — ja sogar ver­schlechtert, denn die Kommunisten haben erreicht, daß der Glaube sogar durch einige katholische Hierarchen zerstört wurde, durch Befolgung der Instruktio­nen von Atheisten, ohne diesen einen gehörigen Widerstand zu leisten. Unserer Meinung nach wurde diese Taktik des Apostolischen Stuhles angewen­det, um die Gläubigen der Sowjetunion vor ihrer physischen Vernichtung zu be­wahren, aber die Ergebnisse waren traurig. In den Augen der Bewohner der Sowjetunion hat die katholische Kirche ihren Glanz verloren, und die Autorität des Hl. Vaters ist gesunken. Man hat angefangen, die Tätigkeit des Apostoli­schen Stuhles der Tätigkeit einer weltlichen Institution gleichzusetzen. Die Sek­tierer haben angefangen zu verkünden, daß die katholische Kirche mit dem Sa­tan zusammengehe. Viele Bewohner der Sowjetunion waren für verschiedene Sekten begeistert, weil diese mutig gegen den militanten Atheismus gekämpft haben.

Allgemeine Redewendungen, daß es Länder gibt, in denen die Gläubigen ver­folgt werden, daß die Kirche ganz entschieden die Verfolger verurteilt, hat die Kommunisten in Moskau nicht berührt. Sie erkennen nur eine starke moralische und physische Kraft an, Massenproteste, Demonstrationen und ähnliches. Sie wissen um die Kraft der katholischen Kirche, aber diese Kraft einzusetzen hat man bislang nicht verstanden.

Sehr negativ werden die Gläubigen der Sowjetunion dadurch beeindruckt, daß man den Vertretern des Moskauer Patriarchats ein zu großes Vertrauen gezeigt hat. In ihrem Bemühen um Ökumenismus hat die katholische Kirche freund­liche Beziehungen zum Moskauer Patriarchat unterhalten, der aber mehr die atheistische Politik der Sowjetunion als die Belange der Gläubigen vertritt. Wir meinen, daß dem Ökumenismus entschieden besser gedient wäre, wenn in den Augen der Christen in der Sowjetunion die Autorität des Papstes als ihres eifri­gen Verteidigers wiederhergestellt würde.

Die seit vielen Jahren verfolgten Gläubigen haben keine konkreten hinweisen­den Worte gehört, wie die Evangelisierung und Katechisierung in diesen Län­dern zu aktivieren ist, wie die Priester für die Missionsarbeit in der Sowjetunion vorzubereiten sind, es gab keine entsprechenden Weisungen oder Instruktionen, keine neuen Privilegien. Die Priester in der Sowjetunion, besonders die jünge­ren, wußten nicht, ob sie irgendwelche Jurisdiktion haben beim Überschreiten der Grenzen ihrer Diözese und wie man viele andere Probleme zu lösen hat. Viele jüngere Priester Litauens kennen die Privilegien nicht, die die verhafteten, verbannten, untergetauchten Priester haben, aber diese Privilegien kennen die Beamten des Sicherheitsdienstes in Litauen. Die Diözesankurien schweigen dar­über; in einigen Fällen hat man sogar versucht, den Gebrauch dieser Privilegien zu verbieten. Und außerdem war aus diesen Privilegien zu ersehen, daß sie von Personen verfaßt wurden, die nur wenig die Verhältnisse des sowjetischen Le­bens kennen. Z. B. wird dort verboten, hl. Messe im Schlafzimmer zu feiern. Kann man denn in der Sowjetunion, besonders in den Gefängnissen, ein Zim­mer finden, in dem nicht geschlafen wird?

Wir müßten von den Atheisten, Kommunisten und anderen lernen, wie sie die Tätigkeit ihrer verfolgten Mitglieder unterstützen. Sie riskieren ihr Leben bei der Ausbildung ihrer Propagandisten, sie geben bis ins einzelne gehende In­struktionen, wie, wann, wo was zu tun ist; sie erarbeiten Pläne für ihren ideolo­gischen Kampf. Man denke an die Schilderung des Evangeliums — Judas wacht bei seiner Vorbereitung zum Verrat Christi, aber die Apostel Christi — schla­fen!

Für das religiöse Leben in Litauen ist sehr schädlich, die Ernennung von Bischö­fen, die den Atheisten in allem nachgeben. In unseren Verhältnissen muß der Bischof ein fester Rückhalt für Priester und Gläubige bei der Verteidigung der Glaubensfreiheit und der Rechte der Kirche sein. Für uns ist es ein besonders großes Unglück, wenn der Führer eines heldenhaft kämpfenden Volkes und der Geistlichkeit, der Bischof, durch seine maßlose Nachgiebigkeit gegenüber den Atheisten die Kampfbereitschaft seiner Gläubigen zugrunde richtet. Das stimmt die Gläubigen und Priester sehr pessimistisch, das ruft Enttäuschung bis zum Ärgernis denen gegenüber hervor, die solche willensschwachen Personen entwe­der aus Unkenntnis oder mangels Mitgefühl mit uns zum Bischofssitz vorschla­gen, und denen gegenüber, von denen die Bischofsernennung abhängt. Die Charakterbeurteilung eines für das Baltikum (red. Lettland) ernannten Bischofs lautete kurz vor seiner Ernennung: optimus ex pessimis (der Beste von den Schlechtesten)!

Wir freuen uns, daß unsere Stimme endlich den Apostolischen Stuhl erreicht hat und es jetzt den Atheisten der Sowjetunion nicht gelungen ist, ihre Kandidaten durchzusetzen. Noch mehr hat uns die erhaltene Nachricht erfreut, daß der neue Heilige Vater nicht vorhat, neue öffentliche Bischöfe für Litauen zu bestimmen, sondern erwartet, daß die Regierung den verbannten Bischöfen erlaubt — Sei­ner Exz. Julijonas Steponavičius und Vincentas Sladkevičius —, zu ihren bi­schöflichen Ämtern zurückzukehren. Der Hl. Vater errät unsere Erwartungen. Die Ernennung neuer Bischöfe an Stelle der verbannten Bischöfe wäre eine Art Verurteilung des Bischofs Julijonas Stepanovičius, der die Rechte der Kirche verteidigt hat, und Seiner Exz. des Bischofs Vincentas Sladkevičius, der ohne Zustimmung der atheistischen Regierung ernannt wurde. Einige Bistumsverwalter in Litauen sind für die Priester nicht nur kein Rück­halt, sondern gereichen eher zum Ärgernis. Für die gesamte Tätigkeit der Kirche ist es ein großes Unglück, daß einige Hierarchen in Litauen die Instruktionen der Kommunisten mit einer unverständlichen Treue befolgen. Ein Bischof in Litauen, mehr als einmal von den litauischen Priestern schriftlich gewarnt und nach gezeigtem Mißtrauen durch den Apostolischen Stuhl, hat 1978 wieder von neuem als Bischofskandidaten dem Apostolischen Stuhl Perso­nen vorgeschlagen, welche den Atheisten gegenüber nachgiebig sind, so, als ob diese Kandidaten von ihm ausgewählt wären; in Wirklichkeit aber (das hat er selbst so gesagt) waren sie von der Sowjetregierung ausgewählt. Unter denen war auch einer, für den sogar für den Empfang der Priesterweihe kanonische Hindernisse im Wege stehen.

Der Bischof hat behauptet, ein hoher Würdenträger des Apostolischen Stuhles hätte ihn gebeten, der Sowjetregierung zu berichten, daß die Bischofsernennung ohne Zustimmung der Sowjetregierung ein großer Fehler des Apostolischen Stuhles gewesen sei, der in Zukunft niemals wiederholt werden dürfe. Wenn das wahr ist, dann wäre dieses Nachgeben des Apostolischen Stuhles ein Verzicht, für das der Kirche zustehende Recht zu kämpfen, ihre Tätigkeit unabhängig von der Regierung zu ordnen und noch unabhängiger von den Beamten einer kom­munistischen Regierung. Denn sie sind doch nur mit der Kandidatur solcher Bi­schöfe einverstanden, von denen sie folgsame Mitarbeiter zur Vernichtung des Glaubens erhoffen. Wie schmerzlich ist es, solche vom Apostolischen Stuhl be­stimmte Führer zu haben und ihnen die Treue zu schwören, wie das kanonische Recht es verlangt. In welch eine schreckliche Lage geraten dabei die Priester und Gläubigen!

Wir sind überzeugt, daß der jetzige Heilige Vater die traurigen Folgen der Spal­tung unserer Geistlichkeit gut versteht und alles tun wird, damit wir in der Lage sind, einig die Freiheit und die Rechte der Kirche zu verteidigen — durch Ver­warnung der Irrenden und Ermutigung der Eifrigen.

Den religiösen Enthusiasmus der Gläubigen und Priester hemmt auch die Ver­leihung von kirchlichen Auszeichnungen an solche Priester, die gegenüber der Regierung nachgiebig sind.

Etwa 600 litauische Priester sind in den Gefängnissen und Lagern der Sowjet­union gewesen. Keinem von ihnen wurde bis jetzt für ihr Leiden und ihre Treue zur Kirche gedankt durch irgendeine Würdenstelle. Die Ehrentitel der Monsi-gnoren wurden den Priestern Česlovas Krivaitis, Povilas Bakšys, Bronius Ba­rauskas, Juozas Stankevičius verliehen, die bei dem gläubigen Volk als Schmeichler der kommunistischen Politik der Sowjetunion bekannt sind. Dar­aus entstand der Eindruck, als ob der Apostolische Stuhl der regierungsfreund­lichen Aktionslinie dieser Geistlichen zustimmen würde; Opfer und Leiden für den Glauben der Märtyrerpriester aber für die Kirche gleichsam unnütz wären. Ganz anders hat man die polnischen Märtyrerpriester behandelt. Obwohl sie in den sowjetischen Lagern weniger zahlreich als die Litauer vertreten waren, hat Kardinal Wyszinski dafür gesorgt, daß Monsignorentitel den ehrenwerten Prie­stern verliehen wurden — Br. Džepeckis, VI. Bukovinskis, J. Kučinskis. Es ist klar, daß die kämpfenden Priester nicht nach Ehrungen trachten. Aber ihre gebührende Auszeichnung würde den Mut der Kämpfenden — Priester und Gläubigen — aufrichten, und so würde die gerechte Richtung des von ihnen ge­wählten Opferweges bekräftigt.

Gott sei Dank, auch hier wurde unsere Stimme gehört. In der letzten Zeit be­kommen kleinmütige und nachlässige Priester keine Ehrentitel mehr — aber auf diesem Wege wird auch weiterhin der Kampf der Eifrigen nicht unterstützt. So werden die kämpfenden jungen Priester psychologisch entwaffnet, und die Gläubigen nehmen Ärgernis daran, weil sie eine solche Linie als Schmeichelei gegenüber den Mächtigen und als Interesselosigkeit gegenüber den Leidenden und Kämpfenden auffassen.

Es kam die Nachricht, daß für das leidgeprüfte und dem Apostolischen Stuhl treue Litauen vorgesehen ist, einen Kardinal zu ernennen. Diese Nachricht hat die Stimmung der Litauer außerordentlich gehoben. Das hält man für eine Wür­digung eines langen Kampfes der Litauer für Gott und die Kirche und Beloh­nung für große Opfer und Leiden. Aber zugleich steigt die Besorgnis auf, ob für diesen Posten ein die Ehrfurcht des ganzen Volkes erworbener Kandidat ge­wählt wird, unter denen auch unsere Bischöfe in der Verbannung sein könnten. Uns zu helfen vermögen auch unsere Brüder im Ausland nicht. Sie beklagen sich, daß ihre Bemühungen gegen irgendeine verhexte Wand der Teilnahms­losigkeit stoßen. Manchmal geht es noch schlimmer zu: sie wollen helfen, dabei aber schaden sie durch ihre Fürsprache für Geistliche verschiedenen Ranges in Litauen, die zu Recht kritisiert werden.

Noch eine traurige Frage, die uns angeht. Die Bistumsverwalter von Vilnius und Kaišiadorys geben durch ihr Leben und Wirken Grund zum Ärgernis den Gläu­bigen in Litauen und im Ausland. Die Bistumsverwalter haben das Vertrauen verloren. Gibt es denn in der katholischen Kirche keine Kraft, die endlich diesen Ärgernissen den Weg abschneiden würde, gegen die zu kämpfen der Vorsitzen­de des Ordinarienkollegiums selber entweder keine Notwendigkeit sieht oder es nicht vermag? Wie kann man zulassen, daß der verfolgte Glaube in dem Land zerstört wird, wo die einfachen Priester und Katholiken leiden, die der kommu­nistischen Regierung nachgiebigen Geistlichen aber luxuriös leben, indem sie das für Kirchenzwecke zusammengeopferte Geld verantwortungslos verschleu­dern.

Die Diplomaten des Vatikans sollten es nicht als einen Erfolg ansehen, wenn sie von den Atheisten das Recht aushandeln, einen neuen Bischof zu ernennen, wel­cher sich verpflichtet hat, deren Direktiven zu befolgen. Was hat diese Diplomatie der Nachgiebigkeit erreicht? In der gesamten Sowjet­union, wo Millionen von gläubigen Katholiken — Ukrainer, Polen, Deutsche, Litauer, Letten — da sind, angefangen von Moskau bis Sachalin, im Umkreis von 10000 km ist keine einzige Kirche geblieben, kein einziger öffentlich tätiger katholischer Priester. Die Kirchen in Moskau und Leningrad kann man nur als absterbende bezeichnen, die zum Zeigen für die Vertreter von Delegationen des Auslandes und des Vatikans bestimmt sind. Hier gestattet man noch, die Kult­handlungen des katholischen Glaubens zu vollziehen, aber nur unter aufmerk­samer Beobachtung von Vertrauten der Kommunisten. Man kann noch die eine oder andere arbeitende katholische Kirche in den wei­ten Gebieten des sowjetischen Südasiens finden, wo die Katholiken mit großer Mühe das Recht erkämpft haben, den Gottesdienst meistens in sehr bescheide­nen Räumen zu halten.

Noch schlimmer ist es, daß durch die Diplomatie der Nachgiebigkeit die Kampf­bereitschaft der Gläubigen eingeschläfert wird. Weil Kirchen, Priester und Ka­techismusunterricht fehlen, deshalb ist ein großer Teil der Jugend, abstammend aus ehemals christlichen Familien, als Atheisten oder Indifferenten aufgewach­sen, denen jetzt den Katechismus beizubringen außerordentlich schwer ist. Wenn die Bischöfe und Priester Litauens auch weiterhin der Regierung nachgie­big bleiben, die Kämpfenden auch keine wirksame Hilfe des Apostolischen Stuhles sowie der Gläubigen der Welt erhalten, erwartet Litauen das gleiche Schicksal.

Unsere Aufgabe ist es — wenn man dieses Schicksal vermeiden will —, dafür zu kämpfen, daß die hinterhältige und subtile Verfolgung der Kirche in der Sowjet­union aufhört, daß den Gläubigen wenigstens die elementaren Rechte nicht nur auf dem Papier, sondern im Leben verliehen werden.

Müssen denn die Diplomaten nicht Schritte unternehmen, damit endlich die von Moskaus Kommunisten geleitete freche Erstickung der Gläubigen aufhört? Wenn sogar auf den Flughäfen Moskaus jetzt den Touristen kleine Kreuze und Medaillons vom Halse heruntergerissen werden, wenn ihr Gepäck stundenlang sorgfältig durchsucht wird, damit sie keine Heilige Schrift oder andere Bücher religiösen Inhalts in die Sowjetunion einführen, was soll man da noch über die Gläubigen in den entlegenen Winkeln von Sibirien sagen, deren Hilferuf weder Rom noch die Gläubigen in Litauen erreichen kann! Auch jetzt noch zerstören sie die von den Gläubigen erbauten Kirchen, werfen die Verbreiter der katholi­schen Presse in Gefängnisse, sperren in Krankenhäuser für Nerven- oder Ge­schlechtskranke diejenigen ein, die wagen, ohne Genehmigung zu beten. Und das geschieht in dem Staat, der verkündet, die aller-»demokratischste Ver­fassung« zu haben, nach welcher seine Bürger vor religiöser Diskriminierung ge­schützt seien, wo Kultusfreiheit gesichert sei — wo die Allgemeine Deklaration der Menschenrechte und die Verträge der Schlußakte von Helsinki unterschrie­ben wurden, wo sehr lautstark wegen Verletzung der Menschenrechte in ande­ren Staaten geschrien wird.

Was sind diese Reden und Unterschriften wert? Wenn man ihnen die Einschnü­rung und Verfolgung der Gläubigen vorwirft, dann protestieren sie und sagen, das sei eine Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten. Wenn sie sich aber in die Angelegenheiten vieler Staaten und sogar in die feinsten Angelegenheiten der Kirche einmischen, das halten sie für erlaubt. Sie verstehen wohl, daß die Gläubigen der Sowjetunion keine Feinde der sozialistischen Ordnung von ihrem Wesen her sind. Viele Katholiken arbeiten gewissenhaft in den Fabriken und in den Kolchosen. Sie wissen, daß das Christentum kein Bremsklotz für den sozia­len Fortschritt, daß die Kirche keine Unterstützerin der Ausbeuter ist, sondern in den ersten Reihen für die Menschenrechte kämpft. Die Lenker der Sowjet­union wissen es gut, daß die Kirche, wenn sie mehr Rechte hätte, eine bessere Helferin sein könnte im Kampf gegen die hier sich immer stärker verbreitenden amoralischen Erscheinungen.

Die sowjetische Regierung muß nicht nur die wesentlichsten Rechte der Men­schen und Gläubigen anerkennen, sondern sie auch in der Praxis dulden.

Deshalb erbitten die Katholiken Litauens für die Kirche keine Privilegien, aber sie fordern wenigstens die elementarsten Voraussetzungen, unter denen sie sich halten und nicht stufenweise vernichtet werden könnten. Die wichtigsten Forderungen an die kommunistische Regierung: Sofort widerrufen und die Durchführung nicht erzwingen von Gesetzen, die verfassungsfeindlich, antihuman und rücksichtslos gegen die christliche Weltan­schauung und Moral sind, die den internationalen Verpflichtungen der Sowjet­union widersprechen. Unter diesen Gesetzen besonders wichtig sind die Erlasse des Präsidiums des Obersten Sowjets vom 28. Juli 1976 und vom 12. Mai 1966, deren Durchführung sowohl von den katholischen Geistlichen als auch von den Gläubigen schwere Vergehen gegen das Gewissen und gegen die Forderungen des kanonischen Rechtes der Kirche verlangt.

Die Gläubigen Litauens in Bezugnahme des oben erwähnten Erlasses fordern: Den Katechismusunterricht für Kinder nicht verbieten. Die Sakramentenspendung für Kranke und Sterbende nicht verhindern. Den Vollzug religiöser Handlungen und die Sakramentenspendung auch außer­halb der Grenzen der zuständigen Pfarrkirche nicht hindern. Die Tätigkeit des Priesterseminars nicht hindern, damit es frei nach eigenem Er­messen die Kandidaten aufnehmen kann. Den Bischöfen erlauben, für das Prie­sterseminar geeignete Dozenten frei zu ernennen. Die Alumnen des Priesterse­minars nicht durch Bestrebungen demoralisieren, sie zu Agenten des KGB anzu­werben; die Entfernung für den Priesterstand Ungeeigneter vom Seminar nicht hindern. Sich nicht einmischen in die Ernennungen von Bischöfen und Prie­stern.

Die Kirchen öffnen und den Priestern freie Tätigkeit erlauben in den Orten, wo es Katholiken gibt, z. B. in Nowosibirsk, Omsk, Tomsk, Irkutsk, Minsk und anderen Orten der Sowjetunion.

In Litauen müssen wenigstens folgende Kirchen geöffnet werden, die sowohl ge­schichtlich als auch pastoral von Bedeutung sind: die Kathedrale in Vilnius, die St.-Kasimir-Kirche, die Garnisonskirche in Kaunas und die Kirche in Klaipėda. Den Bau von Kirchen in den neugeschaffenen Wohngebieten der großen Städte in Vilnius, Kaunas, Panevėžys, Šiauliai und Elektrėnai erlauben. Katholischer Presse erlauben: Katechismen, die wichtigeren Bücher religiösen Inhalts, katholische Zeitungen, deren Inhalt durch die Zensur nicht verstüm­melt würde.

Den Gläubigen gestatten, die Kirche frei zu besuchen und Sakramente zu emp­fangen.

Wenn es nicht gelingen sollte, wenigstens diese wesentlichen Rechte zu erkämp­fen, dann bleibt für die Katholiken der Sowjetunion und Litauens nur der einzi­ge Ausweg — Katakombentätigkeit.

Im Bestreben, die unter katakombenähnlichen Verhältnissen ausgeübte und von den Atheisten nicht zu kontrollierende Seelsorgearbeit der Kirche zu unter­drücken, könnte die sowjetische Regierung wieder zu den äußersten Mitteln

greifen: zu Verhaftungen, Prozessen, Gefängnissen und Morden. Dann sind sie gezwungen, ihr wahrhaft unmenschliches Gesicht zu zeigen. Es ist klar, daß ein solches Vorgehen nicht nur von den Gläubigen auf der ganzen Welt verurteilt wird, sondern auch von den kommunistischen Parteien im Westen, die ihr Men­schentum noch nicht verloren haben.

Wir wollen Frieden, begründet auf Gerechtigkeit. Die Kirche kann jedoch von ihrer Natur her nicht im Frieden leben mit moralischer Schlechtigkeit, Lüge, Gotteshaß. Und wir spüren es hautnah, daß die Friedensverträge mit Schlechtig­keit, mit Lüge — die Verträge der Friedhofsruhe sind. Der Kampf gegen das Böse mit allen erlaubten Mitteln ist die Verpflichtung Christi für uns alle. Die Katholiken Litauens haben gelernt, gegen die Atheisten zu kämpfen. Sogar in Litauen sind sie gezwungen nachzugeben, wenn sie auf einen entschiedenen Widerstand der Priester und Gläubigen stoßen.

Die Priester und Gläubigen Litauens erbitten vom Apostolischen Stuhl sehr herzlich:

Daß den atheistischen Regierungen, die der seelsorgerischen Tätigkeit Schaden zufügen, nicht nachgegeben wird.

Daß die Angelegenheiten der Gläubigen Osteuropas den Personen anvertraut werden, die die Verhältnisse der Gläubigen in der Sowjetunion besser kennen und verstehen.

Daß auf alle mögliche Weise sowohl die Tätigkeit der öffentlichen als auch der Katakombenkirche unterstützt wird, — daß alle Privilegien und Rechte verlie­hen werden, welche die verfolgte Kirche in den ersten Jahrhunderten gehabt hat, insbesondere daß für die Katakombenkirche Hierarchen ernannt werden. Daß nicht der atheistischen Regierung nachgiebige Bischöfe ernannt werden und die jetzt fungierenden Bistumsverwalter verpflichtet werden, die Rechte der Kirche zu verteidigen und keine Konzessionen zu machen, welche mit der christ­lichen Weltanschauung, Moral und den Bestimmungen des kanonischen Rechts unvereinbar sind; daß diejenigen, die gegen die Disziplin der Kirche verstoßen oder der Kirche Schaden zugefügt haben, von ihren Pflichten entlassen oder ge­mäß dem kanonischen Recht bestraft werden. Bei der Auswahl von Kandidaten müßte auch die Meinung der Bischöfe im Exil gehört werden. Daß noch energischer, geschlossener und besser organisiert die Gläubigen und die Menschen guten Willens auf der ganzen Welt gebeten werden, die Gläubigen der gesamten Sowjetunion mit wirksamen Mitteln in Schutz zu nehmen. Die atheistische Regierung der Sowjetunion versteht gut die moralische Kraft der katholischen Kirche und die Bedeutung der Solidarität von Katholiken. Die Katholiken Litauens stimmen hundertprozentig den folgenden Gedanken von Hochw. A. Grauslys zu:

»Diese Solidarität unter allen Christen wäre heute besonders nötig, da sie so raf­finiert und grausam verfolgt werden hinter dem Eisernen Vorhang. Von dieser Solidarität geleitet, könnten die in den Hauptfragen aller christlichen Konfes­sionen einigen Führer die Massen von Gläubigen auf die Straße führen zum

Protest gegen die Christenverfolgung dort und gegen die das Christentum zer­störenden Taten hier.

Das Schweigen der Führer der Christenheit im Westen oder das Reagieren bloß durch solche unbedeutenden Mittel, die von der Welt nicht gehört werden — das ist eine der traurigsten Erscheinungen der Christenheit. Das mutet beinahe wie ein Verrat des Christentums an. Dabei werden die benachteiligten Menschen des jüdischen Volkes von den ihrigen auf der ganzen Welt verteidigt. Müßte ihre Handlungsweise nicht wenigstens für uns Christenmenschen ein nachah­menswertes Beispiel sein? Wenn verschiedene vor Gericht gestellte Radikale ihre Verteidiger haben, ja sogar von den Führern der christlichen Kirchen sie unter­stützende Proteste erhalten, wie muß das Selbstbewußtsein der dort verfolgten Christen sein, wenn sie von niemandem auf der Welt verteidigt werden, daß sie, obwohl Mitglieder der größten Religionsgemeinschaft der Welt, das Gefühl ha­ben, keine Rückendeckung zu besitzen« (A. Grauslys, Šviesa tamsoje /Licht in der Finsternis/, 1974, S. 50).

Die Atheistin und Revolutionärin Lilina Zinovjen sagt: »Für uns wird gegen je­den Glauben zu kämpfen leicht sein, aber eine ganz andere Sache ist es, mit den Katholiken. Denn bei denen gibt es in Rom so einen weisen Alten, und obwohl er nur in seinem Amtszimmer sitzt, genügt es, daß er auf den Knopf drückt, und siehe — die ganze Welt gerät in Bewegung« (Pius XL, red. von Žostauteitė, S. 152—153).

Die Zeit ist da, daß man auf diesen Knopf drückt. Wir setzen alle unsere Hoff­nungen auf den Heiligen Vater Johannes Paul II.

Die Beleuchtung der Lage der Gläubigen in der Sowjetunion und in Litauen wird für den neugewählten Heiligen Vater, für die Bischöfe der katholischen Kirche und für alle Glaubensbrüder ein besseres Bild vermitteln, welche Freu­den und Leiden wir haben und welche Erwartungen.

Die für unsere Länder gezeigte Sorge, Mitgefühl und väterlichen Worte des Tro­stes unseres Heiligen Vaters Johannes Paul II. haben in uns das Empfinden ei­ner großen Freude und froher Hoffnung erweckt. Wir hoffen, daß die Zeiten der Nachgiebigkeit den Atheisten gegenüber vorbei sind. Wir spüren, daß der Heilige Vater mit den Lippen unserer verfolgten Kirche zu sprechen begonnen hat, und daß er uns mit allen möglichen Mitteln helfen wird. Aus den ersten Worten seines Pontifikates darf man schließen, daß er die Bedingungen unseres Wirkens versteht. Auch der bisher erlittene Schmerz unserer Herzen wird für ihn verständlich sein, und er wird sich über unsere Bemerkungen und Fragen nicht wundern, mit denen er selbst zum Teil konfrontiert war, besonders wäh­rend seiner Hktenzeit in Krakau. Denn unter anderem hat es einen Fall gegeben, daß die Diplomaten des Vatikans angefangen haben, über das Schicksal der ka­tholischen Kirche in Polen zu entscheiden, ohne den polnischen Episkopat um seine Meinung gefragt zu haben.

Deshalb möchten auch wir unsere Wünsche vortragen, denn in erster Linie wer­den wir selber die Last des Kampfes für Christus und die Kirche zu tragen ha­ben.

Wenn auch alle unsere Wünsche erfüllt würden, trotzdem bleibt unsere pastora-le Arbeit noch außerordentlich schwer. Sind doch hier für den Kampf gegen den Glauben sämtliche Mittel der Propaganda und der Verwaltung zusammenge­ballt. Allein vom Staatssicherheitsdienst haben etwa 90 000 Offiziere die weitge­hendsten Vollmachten erhalten, alle Mittel zum Kampf gegen den Glauben ein­zusetzen: Überwachung der Gläubigen, Anwerbung, Verhöre, geheime und öf­fentliche Durchsuchungen, Einschüchterungen, Entlassung von der Arbeit, Entfernung von Schulen und wissenschaftlichen Instituten und noch viele feine und grobe Mittel der Verfolgung und des Terrors. Ihr Überwachungsnetz um­spannt Städte und Dörfer, Werke, Ämter, Verkehrsmittel, Post, Telefon, Tele­graf mit vielen angeworbenen Agenten, zu deren Zahl sie jeden hinzuzuziehen versuchen, den sie nur können. Als ein Gläubiger einen General des Sicherheits­dienstes daran erinnerte, man müsse sich an die Gesetze halten, welche die Frei­heit der Gläubigen garantieren, hat dieser offen gesagt: »Wir schreiben so, wir reden anders, und wir machen, was wir wollen.« Ein anderer Beamter fügte hin­zu: »Die Verfassung ist nicht für euch geschrieben, sondern für das Ausland.« Diese Analyse der Lage der Sowjetunion und der katholischen Kirche und unse­ren Aufruf an den Apostolischen Stuhl, an die katholischen Bischöfe, die Gläu­bigen und alle Menschen guten Willens auf der ganzen Welt haben wir geschrie­ben und redigiert nicht während wir ruhig in einer Bibliothek saßen, sondern in jedem Augenblick Durchsuchungen, Verhaftung oder Prozeß erwartend. Wir hoffen, daß unsere Stimme gehört und erhört wird. Wir stehen treu zu Christus, zur Kirche, zum Heiligen Vater, jetzt und in Zukunft. In unseren ständigen Ge­beten werden wir für Seine Heiligkeit um Kraft flehen, die von der Vorsehung bestimmte Mission erfolgreich zu erfüllen.