CHRONIK DER LITAUISCHEN KATHOLISCHEN KIRCHE Nr. 12

 

Was bezweckt der anonyme Schreiber?

Am 19. März 1972 wagte sich noch etwas unsicher die Nr. 1 der Chronik der Litauischen Katholischen Kirche in das Licht der Öffentlichkeit, voller Erwartung auf die Reaktionen in der Heimat und in der freien Welt. Die atheistische Macht suchte nach Belastungsmaterial, veranlaßte Durch­suchungen und stellt Beobachtungen an, jedoch vergebens. Der Sicherheits­dienst des Staates erkannte, daß auf diese Weise nichts zu erreichen ist, sie griffen nach hinterhältigen Methoden, um weitere Ausgaben der „Chronik" zu verhindern.

Sie wollten die Redaktion des Blattes diskriminieren. Fakten waren litau­ischen Priestern und Gläubigen bekannt, so daß einige Priester vom Staat­lichen Sicherheitsdienst gezwungen wurden, wegen der „Chronik" Gegen­maßnahmen zu treffen. Erst vor kurzem wurde bekannt, daß sich selbst der Staat an Seine Exzellenz Bischof Matulaitis-Labukas wandte und erzwingen wollte, daß er sich in einem, zu dem öffentlichen Schreiben gegen die Chronik der LKK bekennen möge. Seine Exzellenz Bischof Matulaitis-Labukas wei­gerte sich, solche Maßnahmen zu treffen, da er mit diesem Schritt dem Litau­ischen Ordinariat einen solchen Schlag versetzt haben würde, so wie gegen das Memorandum von 17 000 Litauen.

Anfang August 1972 bekamen dann Seine Exzellenz Bischof Matulaitis-Labukas und weitere katholische kirchliche Ordinariate ein anonymes Sdireiben im Namen einer Gruppe von Priestern des Bistums Vilkaviškis zugesandt.

In diesem Schreiben werden einige katholische Priester des Bistums Vilka­viškis als reaktionär bezeichnet und von Seiner Exzellenz Bischof Matulaitis-Labukas wird verlangt, diese Gruppe reaktionärer Priester vom Vatikan aus, vor der gesamten Menschheit verurteilen zu lassen, da sie das historische Rad zurückdrehen wollten.

Die katholischen Priester vermuten, daß die staatlichen Organe seine Ex­zellenz Bischof Matulaitis-Labukas zwingen werden, diese anonym ge­schriebenen infamen Lügen im Vatikan glaubhaft zu machen, um damit eine falsche Einstellung vieler guter Priester zur heutigen Kirche zu vermitteln. Da dieses anonyme Schreiben an die breite Öffentlichkeit gelangen wird, veröffentlicht die Chronik der LKK nicht nur dieses Schreiben, sondern auch zwei Antworten hierauf. Diese von den Priestern Vilnius und Vilkaviškis geschrieben, die der Redaktion namentlich bekannt sind.

 

Anonym

Seiner Exzellenz dem hochwürdigsten Herrn Bischof Matulaitis-Labukas, Apostolischer Administrator der Diözese von Kaunas und Vilkaviškis zur Kenntnis: Seiner Exzellenz Bischof J. Pletkus, Seiner Exzellenz Bischof R. Krikščiūnas, Exzellenz Bischof L. Povilonis, Msgr. C. Krivaitis und Kan. J. Andrikonis.

Gott schickte seinen eingeborenen Sohn zur Erde nieder, um mit seinem Fleisch und Blut die Menschen von ihren Sünden zu erlösen. Die Mensche zu erlösen und sie zu einer Einheit zusammenzuschließen. Vor der Kreuzi­gung hob Jesus Christus seine Augen auf gegen den Himmel und flehte zum Vater „auf daß sie alle eins seien" (Joh 17,21).

Seinen Jüngern sagte Jesus in Liebe, sie mögen eine Einheit sein und erst recht die Priester, die doch die Seelenhirten der Gläubigen sind. Aber heute fehlt diese Einigkeit der Priester.

Eurer Exzellenz ist die Einstellung der Priester in den Bistümern genau be­kannt und ebenfalls haben Exzellenz genaue Kenntnis über die reaktionäre Haltung einiger Priester des Bistums Vilkaviškis, die gegen den Willen Christi handeln. Sie bauen keine Kirchen, sie zerstören sie, sie beschmutzen die Namen der Diener Jesu Christi, ja sie schrecken nicht einmal vor den Ordinariaten zurück, welche laut 21. Konzil, 2. Beschluß des Vatikans in der jetzigen mißlichen Lage aktiv tätig und bestimmt nicht verwöhnt sind. Es ist kein Geheimnis, daß unser religiöses Leben und die Bedingungen des Wirkens kein Leichtes sind. Aber auch unter solchen Umständen kann man erfolgreich zum Wohle der Kirche und der Seelenhirten schaffen. Im 21. Konzil 2. Beschluß des Vatikans spricht man von der Zusammenge­hörigkeit der Priester, dem Aufbau der Kirche Jesu Christi. Dieser Beschluß ist besonders in unserer Zeit wichtig, und zwar in verschiedenen neuen und anpassenden Formen (Anordnung über den Dienst und das Leben der Prie­ster).

Dank sei der Arbeit hervorragender Priester, die aus Ruinen Naumiestis, Pajevonys, Šakiai u. a. wieder Kirchen aufgebaut haben. Und in der letzten Zeit erstrahlten in alter Schönheit viele restaurierte Kirchen in ihrer Pracht wie in Kapčiamietis, Bartininkai und Pilviškiai. Ja, an vielen Orten wur­den Bethäuser erstellt. Mit gutem Gewissen kann man sagen, daß heute in unseren Bistümern mit großem Aufwand restauriert, verschönert und verbessert wird, noch mehr als vor dem Kriege.

Wer hat nun all dieses vollbracht? Die, die von Radio Vatikan sogar als „Patrioten Litauens" bezeichnet werden? Nein, vielmehr diejenigen, die von den reaktionären Priestern als Helfer der Atheisten bezeichnet werden, die den katholischen Glauben und die Kirchen in Litauen abschaffen wollen. Ein bewundernswertes Paradox, die Atheisten verschönern und verbessern die Kirchen, statt sie zu vernichten und sich von ihnen abzuwenden; und nennen sich „patriotische Priester"; „Kämpfer für die Kirche und die reli­giöse Freiheit"; mit allen Mitteln wollen sie das historische Rad zurück­drehen; versuchen populär zu werden bei Presse und Rundfunk; sie wollen ungekrönte Gefolterte sein und ihre Selbstsucht und ihren Ehrgeiz befriedi­gen.

Allen ist das alte Sprichwort bekannt: „divide et impera". Es wäre nicht so empörend, wenn die Spaltung von der atheistischen Seite käme. Aber wie vereinbart sich diese Spaltung zwischen uns? Ist es nicht das gleiche, als ob man Wasser auf eine fremde Mühle leite? Eurer Exzellenz wissen sehr gut, daß in einigen Bezirken die staatlichen Organe die Lizenz zur Restaurierung der Kirchen oder im Etat das Limit für die Materialien streichen. Die Priester werden sogar verhindert, Gottes­dienste abzuhalten. Usw. usw.

Reagiert die sowjetische Macht etwa nicht richtig auf einige reaktionäre Priester, die die chauvinistische Propaganda betreiben? Warum reagieren hierauf nicht unsere Titular-, Erz- und andere Bischofs­sitze? Oder ist ein solches Verhalten gesund für eine Kirche? Die Administrationen der Priesterseminare klagen, daß zu den ersten Kur­sen keine Teilnehmer zu gewinnen seien, in diesem Jahr sogar ein starker Rückgang der Kandidaten zu verzeichnen sei. Hat hier die Untergrund­gruppe dem Bären einen Gefallen getan und die Kandidaten in geheimer Mission zu den reaktionären Priestern abgeworben?

Eurer Exzellenz wissen genau, wie wertvoll und brauchbar für uns die „Untergrundpriester" sind, die irgendwo von irgendwem eine Priesterweihe erhalten haben.

Priester ist der, der voll und ganz seine Aufgabe der Kirche widmet und nicht der, der sich unter der Kirchenmauer vergräbt.

Eurer Exzellenz, wir schätzen Ihr langjähriges weihevolles Arbeitsprak­tikum, ebenso Ihre realistische Denkweise, die heutzutage ein weltweites Vorankommen mit sich bringt. Wir wissen, daß Sie, Exzellenz, die Dinge beim Namen nennen und darum möchten wir, daß Sie so vital bleiben und die Lage in den von Ihnen geleiteten Bistümern erkennen. Papst Jo­hannes XXIII. hat einmal geäußert, daß wir nicht suchen sollen was uns auseinanderbringt, sondern das, was uns alle vereint.

Exzellenz, wir wünschen uns, daß Sie in unserer Zeit mit den Augen eines Papstes in die Zukunft sehen könnten, da es doch von Ihnen abhängt, dem ein Ende zu bereiten, was nichts mit der Lehre Christi zu tun hat und nur eine Spaltung der Priester bewirkt; und nicht erwiesene Behauptun­gen und Schwarzmalerei von denen, die auf ihren Schultern des Tages Last tragen (Math 20,12) und möchten, daß Ihr Wort als unser Hirte helfen möge, das Gebet Christi schnell zu realisieren; „auf daß sie alle eins seien" (Joh 17,21).

In absehbarer Zeit reisen Sie Exzellenz in den Vatikan. Von dort würden wir Sie, als unseren Hirten, sehr gerne gerechte Worte zu unseren Bischöfen und Priestern sprechen hören. Wenn Sie, Exzellenz, schweigen, wird die Chronik der LKK reden, die nichts mit unseren katholischen Kirchen und nichts mit unseren Bistümern gemein hat.

1. 9. 1974 Eine Gruppe Priester von Vilkaviškis

 

Antwort

auf das anonyme Schreiben „einer Priestergruppe" des Bistums Vilkaviškis. 1. September 1974

Das an Eure Exzellenz Bischof Matulaitis-Labukas gerichtete anonyme Schreiben ist in der letzten Zeit in Kaišedoris verbreitet worden. Kopien erhielten Seine Exzellenz Bischof Pletkus, Seine Exzellenz Bischof R. Krikščiūnas, Seine Exzellenz Bischof L. Pavilonis, Msgr. C. Krivaitis und Kan. J. Andrikonis.

Ein politisches Schreiben maskiert mit dem Inhalt der Heiligen Schrift, voll­gestopft mit der heutigen atheistischen Terminologie: „Reaktionäre Priester", „das historische Rad zurückdrehen", „richtige Reaktion der sowjetischen Macht" und „Untergrundpriester". Höchstwahrscheinlich wurde dieses Schreiben inspiriert, doch sicher nicht von Untergrundpriestern, sondern von Atheisten entworfen.

Jetzt fragt man sich, warum diejenigen, die sich angeblich so für die Kirche einsetzten, nicht den Mut gehabt haben, zu unterschreiben? Für solch ein Schreiben hätten sie doch bestenfalls eine Belobigung erhalten. Die Priester Vilkaviškis haben mehrmals an Eure Exzellenz über ihr Leben und vom Wir­ken für die Kirchen berichtet und hatten keine Bedenken, dies zu unter­zeichnen, obwohl hierfür Repressalien von der atheistischen Regierung drohten. So wurde dann auch Priester Vaclovas Degutis aus dem Dekanat Lazdijai entlassen und praktisch vor die Tür gesetzt. Bis heute ist Vikar G. Dovydaitis der Regierung ein Dorn im Auge.

Die Autoren des anonymen Schreibens machen sich über die Uneinigkeit der Priester Gedanken, finden aber keine Lösung dafür, welchem Zweck die Einigkeit der Priester dient — Kirchen zu bauen oder zu zerstören. Eventuell machen sich die Autoren auch Gedanken darüber, daß in jüngster Vergangenheit die Handlungen von Papst Pius XII. von den litauischen Priestern nicht verurteilt wurden, daß sich aber einige Priester fanden, die sich den zeitlichen Verhältnissen anpaßten.

Wer sind nun eigentlich die reaktionären Priester des Bistums Vilkaviškis? pem Inhalt des Schreibens nach sind es nicht viele. Sie erneuern keine Kir­chen, sie verhöhnen fleißige Priester und bemühen sich, durch Pressenotizen jenseits der Grenzen berühmt zu werden und möchten ungekrönte Gefol­terte sein.

Gewissen und Zivilcourage hat diese anonyme Gruppe nicht, sonst würde sie Beweise liefern: Fakten vorweisen, wer wann und wie die Geistlichen verhöhnt hat. Wir sind überzeugt, daß die Priester A. Šeškevičius,P. Bub­nys und J. Zdebskis nur darum in der Presse erwähnt werden, weil sie pflichtbewußt ihr Arbeitsgebiet betreut haben und ohne Rücksicht auf Ver­bote der Regierung Religionsunterricht abhielten.

Den Verfassern des anonymen Schreibens müßten auch die Namen von weiteren unterdrückten Priestern bekannt sein. Sie möchten die Aufmerk­samkeit der Welt von der Kirchenunterdrückung ablenken, so lassen sie ver­künden, daß in Litauen alle Kirchen restauriert seien. In Wirklichkeit sind die litauische Priester in ihrer Heimat bei der Ausübung ihrer Amtspflichten vergleichbar einem Wanderer auf dem Weg nach Golgatha, oder nach Sibi­rien, aber sie sind ihrer Kirche treu geblieben.

Die größte Beachtung wird der Erneuerung der Kirchen gewidmet, weil es für die Priester unmöglich ist, sich weiteren Aufgaben zuzuwenden, denn der Unterricht an den Schulen oder die Arbeit im Pressebereich sind absolut untersagt. 1955 stellte die Regierung zur Restaurierung der Kirchen kleine Mengen Material zur Verfügung, später gelang eine Materialzuteilung nur cleveren Priestern. Hilfeleistungen waren von der atheistischen Regierung nicht zu erwarten, im Gegenteil, sie behinderten die Restaurationsarbeiten und an manchen Orten, wie Klaipėda, Kaunas, Žagarė u. a. wurden die Kirchen geschlossen. Die Priester des Bistums Vilkaviškis konnten beim besten Willen nicht feststellen, daß die emsigen Restaurateure und Ver­schönerer in den Städten Šakiai, Pajevonys u. a. ihren Auftrag von der atheistischen Regierung erhalten hatten. Dieses sind Hirngespinste der Ver­fasser des anonymen Schreibens.

Es ist doch absurd, daß Priester, die mit der heutigen Situation vertraut sind, rege wirkende Priester beschuldigen, sie wollten das historische Rad zurückdrehen, nein, dies sind nur Schwätzereien. Die anonymen Autoren kennen das Prinzip „divide et impera" und sollten sich dementsprechend verhalten.

Schade, daß in diesem Schreiben die Probleme der Theologieseminare nur oberflächlich behandelt wurden. Einige Kandidaten wie Vikar J. Čepėnas hatten 10 Jahre auf einen Studienplatz gewartet. Vytautas Merkys wurde im vierten Semester des Platzes verwiesen, weil er mit der Polizei arbeitete. Hierauf verschwiegen die Autoren die Reaktionen der Priester, im Gegen­satz zu heute. Wer hat nun hier dem Bären aus der Patsche geholfen (wie man so sagt), daß die Theologieseminare unter Kontrolle standen?

Nicht vergessen sei, nachdem die „reaktionären Priester" begonnen hatten, um die Theologiestudienplätze zu kämpfen, wurden zweimal so viele Kan­didaten zum Studium zugelassen.

Man spricht auch in diesem Schreiben von geheimen Priesterseminaren, was aber nur aus Vernehmungen von seiten des Sicherheitsdienstes zu hören war. Nach unserer Überzeugung hat jeder Hungrige ein Recht auf ein Stück Brot. Fänden die offiziellen Seminare zusammengepfercht in einem strengen staat­lichen atheistischen Rahmen statt, könnten die Erwartungen der gläubigen Christen nicht befriedigt werden. In diesem Jahr sind 16 Priester gestorben, doch nur 8 Theologen haben das Studium beendet. Es müßten sich also Theologen irgendwie im Untergrund ausbilden lassen. Hoffentlich wird das litauische Priestertum in der Geschichte nicht für eine Vernachlässigung ver­urteilt werden.

Versteckte Seminare müßten nicht existieren, wenn die Atheisten ihre Pran­ken von allen offiziellen Seminaren nehmen würden. Priester sind heute lebensnotwendig für die litauischen katholischen Kirchen. Mit diesen Auf­gaben müssen sich alle befassen, Bischöfe, Priester und Gläubige. Die Anonymen sind über die „Untergrundpreister" verärgert, daraus ergibt sich die Frage, „sind diese gerne ins Versteck gegangen?" Bis 1944 gab es keine Untergrundbewegungen von Priestern. Wo und wann haben sich je Priester unter der Kirchenmauer versteckt? Kann man das Werken der Prie­ster unter den Kirchenmauern als Untergrundbewegung qualifizieren, wenn ein Piestermangel besteht?

Wie ist dies im Zusammenhang mit dem II. Dekret des Vatikans über die Apostel der Welt zu verstehen, wenn die Arbeit von unterdrückten Priestern als Kirchenzerstörung bezeichnet wird. Wir sind der Überzeugung, daß die Priester im Untergrund ein Beispiel des Glaubens, des Mutes und des Selbst­opfers sind.

Erinnern wir doch an die „regen Einigkeitsverteidiger", an die griechisch-katholische Kirche in der Ukraine in jüngster Vergangenheit. 1946 berief eine Gruppe Priester von Lemberg eine erbärmliche Synode, die dann ent­schied, die ukrainisch-griechisch-katholische Kirche mit der russisch-ortho­doxen Kirche zu vereinen. Nach dem Kirchengesetz kann eine Synode nur von Bischöfen berufen werden. Aber an dieser Lemberger Synode waren Bischöfe nicht zugegen und somit sind diese Beschlüsse nicht anzuerkennen. Andererseits haben aber 5 Millionen ukrainische Katholiken keine offiziell wirkende Kirche, alle Bischöfe und Priester sind in den Untergrund gegan­gen. Von ihnen ist ein großer Teil als ungekrönt gefoltert zu bezeichnen. Man kann es auch so verstehen, wenn es nach den Atheisten ginge haben alle heiligen Apostel, alle Priester und alle gläubigen Christen einer Unter­grundbewegung angehört.

Die anonymen Schreiber sind auch verärgert, daß angeblich reaktionäre Priester Seine Exzellenz Bischof Matulaitis-Labukas zwingen wollen, aktiv zu sein, in Radio Vatikan überzeugend zu versichern, daß das Bischoftum nicht auf die chauvinistische Politik, von reaktionären Priestern betrieben, reagieren werde. Der Unterschied liegt noch hierin, daß einerseits eine Pe­titionsschrift wegen zu behebender Kirchenprobleme verfaßt und unter­zeichnet wird, andererseits versucht wird, die Priestereinigkeit in Frage zu stellen, dies aber anonym.

Die Anonymen sind sehr ungehalten, daß die Chronik der LKK über Radio Vatikan spricht. Man darf nicht vergessen, daß hier die Fakten für sich sprechen. Wenn sie verschwinden, ist die Chronik der LKK überflüssig und

schweigt.

Die litauischen Atheisten versuchen, mit diesem Schreiben der Kirche einen Schlag mit den Händen der eigenen Priester zu versetzen, die weltweite Opinio und den Apostelthron zu desorganisieren und in den Augen der Gläubigen die Priester zu kompromittieren und psychisch die jungen Priester und Kleriker und Diener der Kirche zu beeinflussen.

Hier sollte man sich an die Worte des heiligen Petrus erinnern: „Brüder bleibt nüchtern und wachsam." Euer Feind ist der Teufel, wie ein reißender Löwe schleicht er um seine Beute und möchte jemanden verschlingen. Be­kämpfe den Teufel mit deinem Glauben.

25. September 1974

Priester vom Bistum Vilkaviškis

 

An Seine Exzellenz Bischof Matulaitis-Labukas

Durchschrift allen litauischen Bischöfen und Kirchenverwaltungen.

Hochwürdigster Hirte!

Vor kurzem haben Sie Exzellenz ein anonymes Schreiben von einer Gruppe Priester erhalten. Autoren, die zum Unterzeichnen zu feige waren, obwohl für solch ein Schreiben ja keine Gefahr von seiten der Regierung oder Kirche besteht. Die genannten Fakten und Fragen sind hier ins unrechte Licht gerückt und deshalb fordert die Gerechtigkeit, dieses auch von einer anderen Seite zu betrachten „audiatur et altera pars".

Das anonyme Schreiben spricht von Machenschaften einiger Priester, die »Kirchen nicht aufbauen, sondern zerstören, von ihrem hinterhältigen Gemauschel". Zu schade, daß sie es alles nicht beweisen können: mit welchen Mitteln die Kirchen zerstört werden, mit welchen Verleumdungen die Kon-fratres und Ordinariate beschmutzt werden. Für das Letztere muß ange­merkt werden, daß allgemeines Werken immer allgemein bewertet wird, aber nicht jede Bewertung schon beschmutzt.

Freudig verkündet dieses anonyme Schreiben von wiederaufgebauten, re­staurierten und gut erhaltenen Kirchen und bestätigt, daß dieses den Prie­stern, die Diener der Atheisten sind, zu verdanken sei. Etwas zu viel aufgeblasen und Eigenlob. Sind nicht Kirchen auch von denen aufgebaut, die man anonym als reaktionär bezeichnet? Restaurierte Mauer­werk- oder Holzkirchen können doch nicht das gesamte Werk der Priester sein: Anstatt des Aufbaus von toten Kirchen gibt es Wichtigeres, den Auf­bau von lebenden Kirchen — des Kathechismus, der Gebete und der Seelen­betreuung, was aber leider von einigen vergessen wird. Die Anonymen schreiben weiter von Priestern „die das historische Rad zu­rückdrehen", „die emporkommen wollen, ihre unendliche Selbstsucht und Eigenliebe zu befriedigen".

Unverständlich was sich hierbei der Autor gedacht hat. Auf welchem Wege denn emporkommen und Selbstsucht und Eigenliebe befriedigen? Weil sie Kindern den Kathechismus lehren? Der Wille Christi ist der: „Gehet hin und lehret alle Völker" (Math 28,19). Lasset die Kindlein zu mir kom­men" (Math 19,4).

Das Kirchen gesetzt C. I. G. 1329 besagt: „Die Kinder in Religion zu unter­richten ist die wichtigste Aufgabe eines Priesters." Kann er denn ein ruhiges Gewissen haben, wenn er diese Aufgabe nicht erfüllt? Und wer kann ihn von dieser Aufgabe befreien? Eventuell die atheistische Regierung? Aber man muß Gott mehr gehorchen, denn den Menschen (Ap. 5,29). Kann man die als ruhmsüchtig bezeichnen, die mit dem Gewissen eines Priesters Jesu Christi und den Kirchenvorschriften treu sein wollen? Sehr traurig und schmerzhaft ist es zu hören, daß es Priester gibt, die ihre Auf­gabe vernachlässigen, indem sie Kindern keinen Religionsunterricht erteilen und schon ungeweihte zu den Sakramenten zuließen. „Vielleicht ist dies die volle Erfüllung der Aufgabe."

Waren die Apostel, die wir heute voller Ehrfurcht verherrlichen und an­beten „ruhmsüchtig und wollten ihre grenzenlose Eigenliebe befriedigen?" Oder wollten die „das historische Rad zurückdrehen", die sprachen: „Rich­tet ihr selbst ob es vor Gott recht sei, daß wir euch mehr gehorchen denn Gott" (Ap. 4,19). Sie wollten nur Jesu Christi treu sein — alles andere war ihnen nebensächlich. Ist es denn hoch und heilig, unsaubere Formulierungen Priestern anzuhängen, die Gefängnisstrafen verbüßten, weil sie Kindern Religionsunterricht erteilten? Anonym wird auch gesagt, daß die Handlun­gen einiger Priester gegen den Willen Christi sein und sie Kirchen zerstörten und nicht aufbauten. Exakt wird aber leider nichts von diesen Handlungen erwähnt, vielleicht meinen sie den Kathechismus?

Weiter erwähnen die Anonymen, daß die Regierung im Moment strenger im Kirchenbereich sei. Wann ließen sie denn Milde walten? Das atheistische Streben hat sich doch nicht geändert. Lt. Anonym klagen die Verwaltungen der Theologiehochschulen über Kandidatenmangel und daß in diesem Jahr die Teilnehmerzahl zurückgegangen sei. Sind hieran die reaktionären Prie­ster schuld?

Mehr als ein Vierteljahrhundert stellt die Regierung der Aufnahme von Kandidaten Hindernisse in den Weg. Wie soll es da keinen Mangel an Kan­didaten geben? Wann geschah das Gegenteil?

Von geheimen Priesterseminaren posaunt dieses anonyme Schreiben aus. Das ist doch sinnloses Gerede. Was ist hier negativ, wenn es real ist? Aller unser Pflicht ist es, sich um die Einberufungen zu sorgen. Warum spricht man denn in den Rundschreiben (Hirtenbriefen) der Ordinariate vom „Sonntag der guten Hirten?" Warum hat Jesus Christus gesagt, „die Ernte ist groß, aber wenige sind der Arbeiter" (Math 9.37,38)? Wenn die Regie­rung all denen, die den Wunsch haben Priester zu werden, eine Zulassung geben würde, gäbe es keine Rede von geheimen Seminaren. „Priester sind von irgend jemandem geheim geweiht", laut Anonym. Wer ist dieser Je­mand? Bischöfe? Kein dankbares Echo über Bischöfe. Ein Mal auf des Prie­sters Ehre, es vermittelt einen nicht kirchlichen Geist. Dies ist die Sprache eines Deserteurs, nicht die eines Kriegers.

„Die Untergrundpriester" werden mit Steinen beworfen, wie man so sagt. Gäbe es sie, wenn die Regierung die Arbeit nicht behindern würde? Nun, erfüllen diese Priester nicht über alle Maßen ihre Pflicht, zeigen sie nicht weit mehr Idealismus und Opferbereitschaft als die vielen anderen, die offiziell und öffentlich arbeiten? Oder solch negativer Eigensinn gegen diese Konfratres, die gefährliche Situationen außer acht lassen, ihre Gesund­heit und Kraft in 48 Arbeitsstunden wöchentlich opfern und dennoch Ener­gie finden, sich in ihrer spärlichen Freizeit der Pastorisation zu widmen, fin­det das nicht Beachtung?

Wer von uns offiziell wirkenden zeigt so viel Idealismus, Sinn für Heiliges und so viel Seelenliebe wie diese geistlichen Arbeiter? In der Kirchengeschich­te ist solch ein Praktikum nicht einmalig, beispielsweise in England damals, durften die Priester ihr Amt nicht frei ausüben. Sie bereiteten sich in Europa vor, fuhren geheim auf die Britischen Inseln, wo auf sie die Gefangenschaft und der Tod warteten. So ähnlich arbeiteten auch Priester in Mexiko und China u. a. Ländern, in denen die Religion verfolgt wurde. Aus dem 21. Konzil 2. Dekret des Vatikans wird in dem anonymen Schrei­ben zitiert, daß sich die Arbeit der Priester der jeweiligen gegebenen Zeit anpasse. Wie erklärt sich der Autor dieses 2. Dekret? Vielleicht mit neuen Pastorisationsformen, die einen Verzicht auf den Kathechismus verstehen, wie jugendliche Ministranten oder Mitwirkende bei Prozessionen. ,,Ein Priester sei nur dann tauglich für die Kirche, wenn er seinen Dienst in der Kirche ausübt", schreibt man anonym. Wann war denn je die Arbeit eines Priesters, sein Dienst, die Erteilung der Sakramente nicht zum Wohle und Nutzen der Kirche? Die Geschichte kann unzählige Fälle, mit goldenen

Buchstaben umschrieben, vom Wirken der Priester außerhalb der Kirche bezeugen, in Feld und Wald, in Lagerbaracken.

Mit welcher Begründung stellen die anonymen Schreiber ihre Behauptungen auf, daß Priester, die für die Kirche all ihre Gesundheit, Kraft und Zeit opferten, unter der Kirchenmauer wühlten? Ist es nicht Verleumdung? Das anonyme Schreiben enthält auch noch die Behauptung, daß die Chro­nik der LKK aller Wahrscheinlichkeit nach die Interessen der litauischen katholischen Kirchen nicht vertrete. Die Frage sollte man anders stellen: „Sind die Fakten in der Chronik der LKK richtig beschrieben oder nicht?" Wer stellte denn jemals diese Frage: „Warum die litauische Literatur verboten war, die über den Kražidi-Krieg und ähnliche Fakten berichtet?" Wichtig ist, daß er sich in Wirklichkeit zugetragen hat. Die Chronik der LKK bestünde nicht, wenn die schweren Angriffe gegen Gläubige, besonders gegen gläubige Kinder ausbleiben wür­den. Kann denn eine Mutter schweigen, wenn sie zusehen muß, daß ihr Kind beleidigt wird? Kann ein Priester mitansehen wie Atheisten die Frei­heit der Religion behaupten, in der Praxis ihr Wort brechen und mit schreck­lichen Verhöhnungen gleichberechtige Gläubige mißhandeln? Uber einen kleinen Teil hiervon berichtet die Chronik.

Anonym appelliert an die Einigkeit, aber da taucht die Frage auf, „was für eine Einigkeit?" Die Einigkeit mit den Kanonen der Kirche oder mit der Instruktion der Atheisten?

Eine ähnliche Frage hat sich der älteren Generation von Priestern gestellt: „In Einigkeit mit Seiner Exzellenz Bischof M. Valančius, der mit seinem ganzen Herzen und seiner Kraft sich dem Volke widmete und ein Opfer des zaristischen Regimes wurde; oder in Einigkeit mit Bischof V. Žilinskias, einem Favoriten der Zarin, dem die Kirche nebensächlich war, dessen Lebensinhalte es war Feste zu feiern und zu jagen; oder Prälat Antanavičius, Pfarrer von Seinai, der von der Kanzel der Kirche die Zarendekrete ver­las?"

Zur Illustration könnte man noch an den französischen Bischof Pierre Kuchon erinnern, einen von Engländern gekauften Karrieremacher, der zu sich ähnliche Geistliche eingeladen hatte, und der nicht auf die Kanonen der Kirche achtete, in der Zeit als andere Mitglieder in Gefängnisse geraten waren, verurteilte er den Johann Arket.

Das alles war zum Wohl der Kirche getan . . .

Aber die Geschichte sah dies von einer anderen Seite.

Johann Arket wurde gekrönt und P. Kusona, der nicht im Namen der Kirche und nicht mit der Kirche handelte, wurde auf den Müll der Ge­schichte geworfen.

Einmal tadelte Jesus Christus seinen Jünger Petrus. Er sprach: „Hebe dich Satan von mir! Du bist mir ärgerlich, denn du meinst nicht was göttlich, sondern was maschlich ist (Math 16,23). Wofür solch ein harter Tadel?

Weil Petrus nicht wollte, daß Jesus leide. Hier wäre er für sein Wohl­wollen zum bösen Stein geworden, da er nicht verstehen wollte, was Jesus zu seinen Jüngern sprach: Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir (Math 16,24). Der liebe Gott kann auch in der Kirche vergeben werden, wenn sie einen bequemen, weiten und ruhigen Weg gehen (Math 7,13). Petrus kann zum Satan werden, wenn er Golgatha meidet und die Seelen nicht verteidigt, sondern nur sein bequemes Leben. Später sah Petrus seinen Fehler ein und hat sich an die Worte seines Lehrers erinnert. „Denn wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren" (Math 16,25). Er starb weil er nicht auf Nero hörte, aber sterbend erhielt er das teuerste eines Menschen, sein Gewissen.

Exzellenz, diese ganzen Fragen müssen wir alle mit unserem Gewissen durchdenken, mit einer besinnlichen Verantwortung vor Gott, der Kirdie und der Geschichte. Möge uns alle ein Hauch von Wahrheit und Liebe, ein Hauch von Mut und Festigkeit führen. Gott schütze uns alle. Die Autoren dieses Schreibens, Priester der Diözese Vilnius, bitten um Ver­ständnis für ihre Gründe, nicht zu unterzeichnen, wegen ihrer schwächeren Position als derjenigen der Verfasser vom Anonym 1. 9. 1974. Gelobt sei Jesus Christus"

 

22. 9. 1974

 

Fall Nr. 345

In 10-manatelanger Haft erlaubte man dem Sträfling P. Pluira nur einen Brief an seine Frau zu schreiben.

Mitte September bekam Frau Petras Pluira eine Nachricht vom Volks­gerichtshof, daß der Fall ihres Mannes abgeschlossen und dem Gericht über­geben sei.

Die Mutter von Virgilijus Jaugelis erhielt in 51/2 Monaten von ihrem Sohn keine Nachricht. Der Mutter von Virgilijus berichtete der Untersuchungs­richter, Hauptmann Pilelis, daß er in seiner 20jährigen Dienstzeit noch keinem so sturen und immer betenden Menschen begegnet sei. J- Gražys schrieb aus dem Gefängnis, daß sein Gesundheitszustand sehr schlecht sei.

Anfang September stellte sich heraus, das der Fall von J. Stašaitis abge­schlossen und dem Gericht übergeben wurde.

Weitere Nachrichten über Inhaftierte konnte die Chronik der LKK nicht ermitteln.

ERZDIÖZESE VILNIUS

Vilnius

Eine große Gruppe Beamter des Staatssicherheitsdienstes unter Leitung des Sicherheitsbeamten Petruškevičius aus Vilnius, führte eine Hausdurch­suchung bei der Bürgerin Nijolė Sadūnaitė durch, die Lazdynai Architektu-str. 27-2 wohnt. Diese Durchsuchung dauerte mehrere Stunden und hierbei wurden folgende Gegenstände beschlagnahmt:

Eine Schreibmaschine mit einer Teilabschrift der Chronik der LKK Nr. und weitere Nummern der Chronik.

Nijolė Sadūnaitė wurde verhaftet und ist bis zum heutigen Tage in Haft im Gefängnis der Sicherheitsorgane in Vilnius, Lenin-Prospent Nr. 40. Angeklagt ist sie nach § 68 des St.G.B. der Litauischen SSR wegen anti­sowjetischer Agitation und Propaganda.

Als die Verhandlungen betr. Pfarrer A. Šeškevičius stattfanden, kam Nijolė Sadūnaitė in das Blickfeld des Sicherheitsdienstes. Zu dieser Zeit verhaftete man sie und anschließend wurden die Untersuchungen durchgeführt. Bis zu seinem Tode pflegte Nijolė Sadūnaitė den Priester P. Rauda.

 

Ingenieur Mindaugas Tamonis zu psychiatrischer Zwangsbehandlung eingeliefert

In Nummer 10 der „Chronik der litauischen katholischen Kirche" war die Äußerung von Ingenieur Mindaugas Tamonis zu lesen, wonach er sich wei­gerte, das in Kryžkalnis für die Sowjetarmee erbaute Denkmal zu restau­rieren. Die Forderung von M. Tamonis, man sollte ein Denkmal für die während der Ära des Stalinkultes unrechtmäßig Verurteilten errichten und die Zwangseingliederung Litauens in die UdSSR nicht anerkennen, hat die höheren Funktionäre der Regierung so beeindruckt, daß sie sich zu einem nicht alltäglichen Abenteuer entschlossen. An seinem Arbeitsplatz wurde M. Tamonis von Funktionären der Verwaltung beschuldigt, er unterstütze die Chile-Junta. (Es kam zu folgendem Gespräch:)

· „Ich stimme der Junta von Chile nicht zu, weil ihr Tun der christlichen Ethik widerspricht", erklärte M. Tamonis.

· „Bist du ein Christ?"

· »Ja.«

· „Bist du ein gläubiger Christ?"

· „Ja", bestätigte der Gefragte.

Man riet ihm, eine andere Arbeit zu suchen, da er im Institut für Denkmal­pflege nicht erwünscht sei.

Nach einiger Zeit besuchte ein Funktionär des Sicherheitsdienstes die Eltern von Mindaugas. Er gab sich als „Doktor" aus. „Wißt Ihr, was Mindaugas erwartet?", fragte der Besucher. Und indem er den Wohltäter spielte, schlug er einen Ausweg vor. „Vielleicht sollte man ihn (Mindaugas) krank erklären und zu Hause behandeln?" Im weiteren fragte er, ob es in der Familie psychisch Kranke gebe, ob man im Benehmen von Mindaugas etwas Selt­sames festgestellt hätte. So begannen die eingeschüchterten Eltern zusammen mit dem „Doktor" nach dem „Seltsamen" im Benehmen von Mindaugas zu forschen.

Kurze Zeit später bekam Tamonis vom Kriegskommissariat eine Vorladung zwecks medizinischer Routineuntersuchung". Nachdem ein Arzt die Prü­fung der Reflexe der Arme und Beine durchgeführt hatte, schickte er M. Ta­monis in die psychoneurologische Station an der Vasaros-Straße in Vilnius. Eine Krankenschwester erklärte M. Tamonis, man hätte ihr befohlen, ihn nicht mehr gehen zu lassen ...

Auf diese Weise wurde M. Tamonis, nachdem er die Wahrheit über Litauen (für die Ohren) der Sowjetregierung laut auszusprechen gewagt hatte, in ein psychoneurologisches Spital eingeliefert, ähnlich, wie General Grigo-renko, Medvedjev, Pljušč und andere, die beim Regime in Ungnade gefallen

waren.

Die Ärztin, Fr. Vaičiūnienė, eine Russin, fing an, ihn „intensiv" zu behan­deln. Sie spritzte ihm große Dosen von Insulin ein, so daß er das Bewußtsein verlor. Nach einer Einspritzung von Glukose kam er wieder zu sich, wobei er wild um sich schlug, so daß man ihn an das Bett binden mußte. Eine solche „Behandlung" kann einem gesunden Menschen bleibenden Schaden zufügen. Man verabreicht M. Tamonis auch andere Präparate, deren Bezeich­nungen unbekannt sind. Als Tamonis sich weigerte, die Medizin einzuneh­men, sagte man ihm, man würde ihn in die Erste Abteilung versetzen, wo die Medizin zwangsweise verabreicht werde. Die Folge dieser „Behandlung" war, daß der Stoffwechsel bei Tamonis aus dem Gleichgewicht geriet. Inner­halb kurzer Zeit nahm er 17 Kilogramm an Gewicht zu. Es stellte sich Schlaflosigkeit ein, und er kann nicht mehr lesen.

M. Tamonis mußte einen Fragebogen mit 564 Fragen ausfüllen. Die Fragen bezogen sich auf sein persönliches Leben, auf Politik und Religion. Man wollte wissen, ob er an Gott glaube, ob er die Kirche besuche etc. Im psycho-neurologischen Spital von Vilnius gibt es auch mehrere „Patienten", die durch das Kriegskommissariat zur „Behandlung" ihrer Überzeugung ein­gewiesen worden sind.

Die Ärztin Fr. Vaičiūnienė spricht mit Tamonis über seine früheren Äuße­rungen und rät ihm, seine Ansichten zu ändern.

M. Tamonis ist 33 Jahre alt, verheiratet und Vater zweier Kinder. Er ist Dichter. Er schrieb unter dem Pseudonym Tomas Kuršis. Seine Gedichte erschienen in Literatura ir Menas (Literatur und Kunst), Poezijos Pavasaris (Poesie Frühling) und in der Emigrantenzeitschrift Metmenys.

Im November 1974 wurde zur Europäischen Konferenz der Anhänger der Friedensbewegung in Berlin eine Gruppe von Litauischen Geistlichen, nich" von kirchlichen Würdenträgern, sondern von den Atheisten zusammen gestellt. Die Kandidaten wurden nicht gefragt ob sie gewillt sind dort teil zunehmen, sondern wurden angeschrieben, daß sie sich auf diese Reis vorbereiten möchten und wurden aufgefordert, Lichtbilder von sich einzu senden. Damit diese Gruppe einen würdigen Rahmen erhielt, wurden au einige der Kirche treu ergebene Würdenträger gezwungen, mitzureisen. — „in Litauen gibt es keine Gebetbücher, keine Katechismen, die Gläubige die an ihrer Herstellung beteiligt sind, verkommen in den Verließen d KGB. Zwei Bischöfe sind verbannt worden. Das geistliche Seminar wird terrorisiert. Schüler der Mittelschulen müssen wegen ihrer religiösen Uber­zeugung Verfolgungen erleiden. Sollten die Delegierten auf der Konferen all das verheimlichen oder entstellen, wie wird dann die Einstellung der Gläubigen Litauens zu ihnen sein, welchen Platz werden sie dann in der Geschichte Litauens einnehmen?"

Wie wird es der Litauische Gläubige und die Geschichte bewerten, wenn die Delegation von Litauen dieses alles verschweigt und die Schmerzen der litauischen katholischen Kirche mit ihrem Priestergewand deckt?

 

ERDIÖZESE KAUNAS

Kaunas

Im Frühjahr 1974 gab der Rektor des Priesterseminars bekannt, daß die Regierung für dieses Jahr mehr Kandidaten zum Theologiestudium zu­lassen werde. Beispielsweise 13.

Sicher glaubten die Atheisten, daß sich nicht genügend Kandidaten melden würden. Zur Aufnahmegenehmigung schickte die Verwaltung des Priester­seminars eine Liste mit 17 Kandidaten an den Beauftragten des Rates für die religiösen Angelegenheiten ein. K. Tumėnas und seine Befürworter vom Sicherheitskomitee strichen fünf Kandidaten von dieser Liste. Einen von K. Tumėnas vorgeschlagenen Kandidaten lehnte man ab. Deshalb hat man im 1. Semester nur 10 Kleriker. 3 von Tumėnas abgelehnte Kandidaten haben die Hochschule besucht.

Šiluva

Eine nach Tausenden zählende Menschenmenge begab sich während des Kirchweihfestes (Fest zum Gedenken an Maria Geburt, d. Ubers.) An­fang September 1974 nach Šiluva. An den Sonntagen faßte das Städtchen

Šiluva die Autos nicht, welche aus diesem Grunde von den Autoinspektoren auf die naheliegenden Felder verwiesen wurden. Dort schrieben die Auto-inspektoren sich demonstrativ die Wagennummern auf. Jedes Jahr werden während des Kirchweihfestes etwa 50 000 heilige Kom­munionen ausgeteilt.

Šiauliai

Am 27. Mai 1974 wurde Leonas Šileikis, Schüler der 7. Klasse der Mittel­schule in Šiauliai zur Direktionssitzung vorgeladen, in welcher sein Glaube zur Diskussion gestellt wurde. An der Sitzung nahmen Fr. Misiūnienė, die Stellvertreterin des Direktors, Fr. Jakimčienė und fünf weitere Lehrer teil. Leonas wurde gefragt, ob er die atheistischen Bücher gelesen habe, welche ihm von den Lehrern zur Lektüre gegeben worden seien. Der Schüler bejahte, er habe alle Bücher gelesen, insgesamt deren sechs.

· „Wie beurteilst du diese Bücher?"

· „Das ist Unwahrheit und Verleumdung", erwiderte Leonas. Nachdem die Lehrerin Misiūnienė lange gegen den Glauben gesprochen hatte, fragte sie Leonas zweimal: „Verzichtest du auf den Glauben?" „Ich habe geglaubt und werde weiterhin glauben."

Nachdem die Lehrerin Fr. Misūnienė den Schüler aus dem Zimmer weg­geschickt hatte, erklärte sie dem Vater des Schülers, Šileikis, der ungebeten an der Sitzung teilnahm, daß die Religion den Kindern Schaden zufüge.

· „Es ist nicht wahr, daß die Religion schädlich ist", erwiderte Šileikis. „Heute wird die Religion mit den Füßen getreten. Die Schüler achten ihre Lehrer nicht, sie rauchen, fluchen und treiben sogar Unzucht. Sehen Sie, das sind die Früchte des Atheismus."

· „Jetzt gibt es nur noch wenige, die in die Kirche gehen. Darum muß man sich der Mehrheit unterordnen", erklärte die Lehrerin Fr. Jakimčiene.

· „Nur der Tote wird vom Strom getrieben, der Lebendige strebt gegen den Stom..."

· „Mit deinem Glauben wirst du den Kindern den Weg zu wissenschaft­lichen Studien verbauen", versuchte die Lehrerin Misiūnienė ihn zu über­zeugen.

· „Nicht ich verbaue ihn. Ihr, die Atheisten, werdet das tun. Aber wozu braucht man schließlich Bildung, wenn man, um sie zu erreichen, auf das Teuerste, den Glauben, verzichten muß? Euch aber, geehrte Lehrer, muß man aufgrund des sowjetischen Gesetzes bestrafen, weil ihr ein Kind wegen seiner Religiosität verfolgt habt."

- »Wir werden dein Kind sowieso zu einem Atheisten erziehen", sagte Fr.

Misiūnienė.

»Aufgrund dessen, was ich in euren Sitzungen beobachten konnte, bin ich zum Schluß gekommen, daß ihr mehr darum besorgt seid, das Kind nicht zu einem Atheisten, sondern zu einem Heuchler zu erziehen. Mehr als einmal habt ihr betont: ,Glaube, soviel du willst, nur verzichte in unserer Gegenwart auf Gott!"'

Es ist ungewiß, wann die Atheisten von Šiauliai die Familie Šileikis in Ruhe lassen werden.

DIÖZESE PANEVĖŽYS

Daugailiai

Am 9. Juni 1974 sollte in der Kirche von Daugailiai in Rayon Utena eine Gedenkmesse für den heiligen Antonius stattfinden. Bei dieser Gedenkmesse war vorgesehen, daß der Neupriester des Dechants, Petras Baltuška, St. Krumpliauskas, seine Primiz zelebriere.

Lange vorher informierte Dechant Baltuška seine Gemeinde hierüber. Am 3. Juni erschien in Daugailiai der stellvertretende Vorsitzende des Exe­kutivkomitees von Utena, J. Labanuskas, und beschuldigte Dechant Baltuška die kirchlichen und staatlichen Gesetze mißachtet zu haben. Die Gedenk­messe hätte nicht am 9., sondern am 16. Juni 1974 stattfinden sollen. Er habe auch dem Rayonskomitee nicht gemeldet, daß hierzu Geistliche aus anderen Orten eingeladen und daß Primizien abgehalten werden sollten. Dechant Baltuška erklärte, daß er hier seine Kompetenz nicht überschritten habe, denn er kann den Tag der Gedenkmesse festsetzen und diese Gedenk­messe wäre so abgehalten worden, wie alle anderen auch. Nach den kirch­lichen liturgischen Gesetzen würden Messen und Primizien abgehalten, ohne daß man hierfür Genehmigungen einholen müsse. Die Ankunft von Geist­lichen aus anderen Orten sei ebenfalls lange im voraus aus den Kalendern über liturgische Feiertage zu ersehen, da sie, wie gewohnt, zu diesem Haupt­gottesdienst erschienen.

Verärgert beschimpfte der stellvertretende Vorsitzende des Exekutivkomitees den Dechant, daß er sich überhaupt nicht nadi den sowjetischen Gesetzen richte und er deshalb mit einer Versetzung oder gar mit Suspendierung vom Priesteramt rechnen müsse.

Hierzu sagte Dechant Baltuška, daß er um Beweise bitte, wo er das Gesetz nicht geachtet habe und er bat J. Labanauskas doch einmal die Konstitution zu lesen und ihm danach zu erklären, welchen § er gebrochen habe. Der Beauftragte des Rates drohte, eine Meldung an den Kirchenrat zu machen und bestellte sofort eine telefonische Verbindung mit dem stellvertr. Kirchenrat. Er erreichte ihn nicht und berichtete der Sekretärin des bevoll­mächtigten Vertreters des Kirchenrates die Verfehlungen von Dechant Bal­tuška. Dechant Baltuška erkenne keine Geseze an, er lade zu kirchlichen pesttagen nach seinem Ermessen Geistliche aus anderen Orten ein, sogar 10. Pechant Bultuška rügte diesen Menschen, der Lügen im Ministerium ver­breitete: „Schämen Sie sich nicht, wann habe ich gesagt, daß ich die Gesetze nicht anerkenne, Sie sprechen mit dem Ministerium und lügen, geben Sie mir den Hörer, ich möchte sprechen."

Er verweigerte ihm dies und schimpfte, daß er über das Komitee hinweg regiere und solch einer gebe Kindern Religionsunterricht. Am 5. Juni rief der Referent des Kirchenrats, Dechant Baltuška an. In diesem Telefongespräch informierte er den Referenten über den bevor­stehenden Hauptgottesdienst und die Primizien.

Am 6. Juni rief dann der Stellvertreter des Rayons an und erklärte Dechant Baltuška, daß er den Hauptgottesdienst abhalten könne, jedoch dürften Primizien nicht stattfinden. Dechant Baltuška antwortete hierauf, daß der Referent des Kirchenrats ihm keine Absage erteilt habe, diese Primizien abzuhalten. Daraufhin gab der Stellvertreter des Kreises klein bei. Der Hauptgottesdienst und die Primizien verliefen befriedigend auf hoher Ebene. 7 Geistliche, 5 Kleriker und zahlreiche Gläubige nahmen teil. Leider kamen nicht nur alle um zu beten ... eine Person stand neben dem Altar mit einem Heft in der Hand und machte Notizen.

Am 13. Juni, Festtag des Fronleichnams, wurde Dechant Baltuška ins Rat­haus bestellt, wo ihn von der Partei gebildete Kommission, d. h. der Vor­sitzende des Kolchoses J. Maračinskas, die Sekretärin der Parteiorganisation Vitaitė u. a. erwartete. Die Kommission tadelte ihn für ein „Vergehen". Am meisten tadelte ihn der Vorsitzende des Kolchoses, der es als großes Vergehen ansah, daß der Hauptgottesdienst schon am 9. Juni und nicht erst am 16. Juni abgehalten wurde. Wegen dieses nicht rechtmäßig abgehaltenen Kirchenfestes solle sich der Dechant entschuldigen, verlangte er. Der Vor­sitzende des Rayonskomitees schrieb danach über die Gesetzesüberschreitung ein Protokoll, welches aber Dechant Baltuška nicht unterschrieb, obwohl man ihn hierzu aufforderte. Noch am selben Tage erhielt Dechant Baltuška eine Aufforderung, am 14. Juni beim Exekutivkomitee in der Stadt Utena zu erscheinen, wo sein Fall behandelt werden würde.

Am 14. Juni wurde Dechant Baltuška mit 30 Rubel Strafe belegt, weil er am 9. Juni ohne Genehmigung des Vollzugsausschusses 10 Geistliche zu einem Hauptgottesdienst eingeladen habe. Damit habe er den Erlaß vom 12. 5. 1966 der Litauischen SSR mißachtet. Folgende Personen wohnten dieser Strafverhängung bei:

Vorsitzende des administrativen Komitees des Rayons Utena. B. Linartas, Sekretärin J. Narbutiene, Mitglieder des Komitees J. Zuika, Polizeichef B. Surgailis und J. Labanauskas.

Kriaunos

Am 29./30. Juni sollte Bischof Krikščiūnas in der Kirche der Stadt Obeliai Firmungssakarmente spenden. Auf dieses Ereignis bereiteten sich die Kinder in der Umgebung vor.

Am 5. Juni hatten sich Mütter und Kinder in der Kirche von Kriauno eingefunden, um sich vor ihrem Pfarrer einer Prüfung zu unterziehen, wi weit sie für den Empfang des Firmungsakramentes vorbereitet wären. Na 15 Minuten stürzte eine Kommission in die Kirche. Unter ihr befand si der Sekretär der Parteiorganisation des Sowchoses von Kriaunos, Kasta nauskas, der Vorsitzende des Rates von Kriaunos, Kralikiene, der Direktor der Schule Tautkevičius und der Agronom des Sowchoses, Vabielis. Zu diesem Zeitpunkt erklärte der Pfarrer P. Adamonis gerade den Mütte und Kindern, was der Empfang des Firmungssakramentes bedeute. Di Kommission eröffnete ihm, daß er das Gesetz verletzt habe und fertigte hier über einen Aktenbericht an.

Am 12. Juni 1974 sollte P. Adamonis zum Exekutivkomitee nach Rokiškas kommen. Die administrative Kommission erklärte ihn hier einstimmig für schuldig und belegte ihn mit 50 Rubel Strafe. Man ermahnte ihn, nicht noch einmal solch ein Vergehen zu wiederholen, da er sonst mit 3 Jahren Frei heitsstrafe rechnen müsse.

Rechtfertigend erinnerte Pfarrer Adamonis daran, daß privat Religions­unterricht nach dem Lenindekret vom 23. 1. 1918 § 9 erteilt werden dürfe Darin heiße es: „Kirche und Schule sind zu trennen, in staatlichen un öffentlichen und Privatschulen mit Gesamtausbildung ist der Religionsunte rieht untersagt." „Religionsunterricht privat zu geben und ihn zu erlerne ist nicht verboten." „In der Kirche hat ja nie eine Gesamtausbildung stattgefunden, nur de Religionsunterricht." „Bei Mangel an religiösem Wissen werden die Kennt nisse erweitert."

Der Vorsitzende der Kommission Eigelis erklärte, daß dies früher so g wesen wäre, heute sei es anders. Die Kinder dürften nur einzeln überprüft werden und nicht in Gruppen und auch nicht im Beisein der Eltern.

Wenn ein Kind nicht die richtige Antwort gebe, dürfe es nicht berichtigt werden, denn das sei Unterricht.

Atheistischer Fanatismus versteht es, aus einem Kind eine Schule zu ma­chen ...

Was soll man da von 25 Kindern sagen, die in der Kirche von Kriaunos versammelt waren?

Im Beschluß dieser Kommission war eine Beschuldigung vermerkt: Pfarrer Adamonis habe 25 Kindern Religionsunterricht erteilt und damit zugleich Erstkommunionunterricht gegeben. Dieses Urteil über Pfarrer Adamonis

haben nicht nur die Gläubigen, sondern auch die der Kirche Fernstehenden kritisiert.

Abgesehen von allen Behinderungen von atheistischer Seite, haben 163 junge Menschen der Pfarrgemeinde Kriaunos Vorbereitungsunterricht und die hei­ligen Firmungssakramente erhalten.

Am 29. Juni wurden für insgesamt 2860 Kinder und Jugendliche die Fir-inungssakramente gespendet.

Miežiškiai

Von Oktober 1973 bis April 1974 hat die Verwaltung des Sowchoses Miežiškiai jeden Donnerstag die Leute in der Arbeitszeit zu atheistischen Propagandavorlesungen zusammenberufen. Wer nicht erschien, wurde als unentschuldigt behandelt, wer teilnahm, bekam die Zeit als Arbeitstag an­gerechnet. „Betreuung technischer Geräte." Zu diesen Vorlesungen mußten auch die Schüler der 8. und 9. Klassen antreten. In den Schulen wurden atheistische Lesungen vom Kreisvertreter Lapinskis vorgetragen. Vor Ostern 1974 kam die Sekretärin J. Kalačiuviene zum Direktor des Sowchoses, Valaitis, und verlangte, die Osterfeiertage zu Arbeitstagen zu erklären. Direktor Valaitis wagte nichts zu entgegnen und bestimmte, daß alle Brigadiers mit ihren Leuten zu Ostern arbeiten zu hätten und zwar besonders sichtbar, dicht bei den öffentlichen Wegen und es mußte eingesät werden. Wer zu Ostern keine Arbeit zu verrichten hatte, mußte Steine vom Feld lesen.

Die Gruppenleiterin Kripaitytė und Vassilauskaitė zeichneten sich besonders aus. Kripaitytė ging sogar zu den Arbeitern und bat: „Habt Mitleid mit mir und kommt zur Arbeit, sonst werde ich entlassen." Für alle zu Ostern Arbeitenden gab es Freibier.

Frau Vassilauskaitė forderte auch Unterschriften von ihren Leuten, damit sie erschienen. Auch in den Büros wurde gearbeitet. Ein Teil der Traktoristen und Chauffeure waren erschienen, aber im Allgemeinen waren wenige am Arbeitsplatz. Eine grenzenlose Empörung herrschte unter den Gläubigen. Sogar in der Sklavenzeit wurde Ostern nicht gearbeitet, jetzt sei ihr Glaube verhöhnt.

DIÖZESE TELŠIAI

Šates

Unter Leitung des Kirchengemeinderates errichteten die Gläubigen von der Pfarrei Šates im April 1974 neben ihrer Kirche eine Statue der heiligen Jungfrau Maria.

Der Stadtrat von Šates befahl daraufhin Pfarrer Senkus, diese Statue wied zu entfernen, andernfalls er aus der Pfarrei Šates ausgewiesen würde. Pfarrer Senkus wandte sich an die Diözese Telšiai. Möns. Barauskas ri ihm, nachzugeben und die Statue zu entfernen.

Aus dem Rayon Skuoda kam am 27. Mai 1974 der Beamte Petras Rudys und verlangte Ratsvorsitzender Juška und Kirchenrat Josas Valančiauskas zu sprechen. Er forderte, diese Statue neben der Kirche sofort zu entferne-Der Kirchenratvorsitzende erklärte, daß von dem Ordinariat der Diözes Telšiai 1954 ein Schreiben herausgegeben sei, das besage, daß neben Kirchen auf Friedhöfen und auf privatem Grundbesitz von Gemeindemitgliedem Kreuze aufgestellt werden könnten. „Hier steht schwarz auf weiß, daß nur Kreuze erstellt werden dürfen", erwiderte sichtlich erregt der Beamte P. Rudis, nachdem er das Schreiben gelesen hatte.

Kirchengemeinderat J. Valančiauskas erklärte, daß niemand von der Pfarr­gemeinde bereit sei, die Statue zu entfernen.

Der Beamte wandte sich an den Bürgermeister und meinte: „Gibt es bei euch in der ganzen Umgebung denn nicht ein paar Raudis, die man betrunken machen kann und die bereit sind, mit irgendeinem Schrottauto gegen die Statue zu rasen? Und von dieser Mutter Gottes wäre nichts übrig." Solche Aussprüche erregten bei den Gläubigen tiefe Besorgnis und Groll, daß mit Hilfe von Raudis und Trunkbolden die Statue der Mutter Gottes und Kreuze vernichtet werden sollten.

Danach erhielt das Pfarrkomitee von Šatis am 24. Juni 1974 ein Ultimatum von Sabanskis dem Vorsitzenden des Exekutivkomitees des Rayons von Skuodas mit dem folgendem Text:

„Innerhalb eines Monats vom Tage nach Erhalt dieses Schreibens muß die Statue, die eigenmächtig errichtet wurde, entfernt sein." Als die Pfarrgemeinde von diesem Ultimatum des Exekutivkomitees erfuhr, einigte man sich darauf, diese Forderung nicht auszuführen. „Was kann die Organe der Regierung an dieser Statue Mutter Gottes, die neben unserer Kirche errichtet ist, stören, empörte sich die Gemeinde." „Sollten sie doch lieber Raudis und Trunkenbolde bekämpfen." „Einerseits verkündeten sie die Freiheit der Religion, andererseits wollten sie mit Hilfe von Raudis und Trinkern alles zunichte machen, Statuen und Kreuze zer­stören."

Wegen dieses Protestes der Gemeinde erschien in Šatis der Stellvertreter des Rates für religiöse Angelegenheiten, Murnikovas und erklärte, daß „der Ruhe und Ordnung wegen die Statue am Platz bleiben solle", und er lies sich neben der Mutter Gottes fotografieren.

Barstyčiai

Die Gemeinde Barstyčiai errichtete unter Führung ihres Pfarrers Stasiulis

1937 neben ihrer Kirche ein 4 m hohes Mauerwerk, ein Kunstwerk, auf dem che Leiden Jesu Christi dargestellt waren und mit dem Wappen von Gede-minas verziert.

Auf Grund eines Erlasses des Exekutivkomitees wurde dieses Kunstwerk am 8. August 1974, wie nachstehend geschildert, zerstört. Am genannten Tag kam eine Polizeigruppe nach Barstyčiai, mit ihr der Direktor des Sow-choses Marčauskas, der Vorsitzender des Rates von Barstyčiai, Malakauskas, und der Landarzt Viktinas. Da sich kein hiesiger Traktorist bereit erklärte, dieses Kunstwerk zu vernichten, obwohl hierfür 400 Rubel geboten wurden, wurde ein russischer Traktorist aus der Skuodas beordert. Sein Chef hatte ihm erklärt bevor er nach Barstyčiai fuhr, er müsse dort ein Kunstwerk auf einen neuen Platz hieven. In Barstyčiai befahlen ihm Regierungsbeamte, neben diesem Kunstwerk eine Grube auszuheben. „Was sagen hierzu bloß meine gläubigen Eltern", versuchte der junge Traktorist einzuwenden. „Tust du nicht was man dir sagt, kommst du dorthin, wo die weißen Bären überwintern", drohten die Beamten dem jungen Menschen. Viele Neugierige hatten sich eingefunden, die aber von der Miliz schnell auseinandergetrieben wurden. Der in der Nähe liegende Kaufladen mußte geschlossen werden, damit sich keine Menschenansammlungen bildeten. Nachdem nun das Kunstwerk umgeworfen war, erhob sich Empörung und große Traurigkeit unter der Bevölkerung. Lėkštutis Perminas und andere Männer, die sich wegen der Zerstörung dieses Kunstwerkes negativ über die Sowjetregierung aussprachen, bekamen mehrere Tage Arrest. Andere wurden mit Geldstrafen belegt. Von Palauskas wurde der Fotoapparat beschlag­nahmt, weil er versucht hatte, diese brutale Zerstörung von Kunstwerken zu verewigen.

Am 9. August 1974 wurden aus Skuodas Sträflinge herbeigefahren, die das Kunstwerk zerschlugen und abtransportierten. Die Bürgerin Poškeitė nahm Stücke von diesem Kunstwerk, die Leiden Jesu Christi darstellend, in Ver­wahrung. Noch am selben Tage, als das Kunstwerk zerstört wurde, starb in der Stadt MaŠeikiai der Initiator dieses Werkes, Pfarrer Juosas Stasulis.

Tryškiai

Nicht weit ab von Tryškiai stand am Wegrand ein altes schönes Kreuz. Die staatlichen Organe ließen im Frühjahr 1974 dieses Kreuz abbrechen und warfen es in den in der Nähe liegenden See.

Mosėdis

In dem Dorf Šatraminai in der Pfarrgemeinde Mosėdis war vor vielen Jah­ren ein künstlerisch gestaltetes Kreuz errichtet worden. Dieses Kreuz stand sozusagen unter Denkmalschutz, die Gläubigen hegten und pflegten es und legten Blumen darunter. 1969 wurde es im Auftrag des Vorsitzend des Kolchoses Apolinaras, Kvietkauskas, vernichtet. Die Pfarrgemein schrieb empört eine Beschwerde nach Vilnius, daß ein unter Denkmalschu stehendes Kunstwerk zerstört worden sei. Eine Kommission kam darau hin nach Šatraminai und führte Untersuchungen durch. Ein Schuldiger wu jedoch nicht bestraft.

 

Darbėnai

Der Rektor der Mittelschule Darbėnai, Mažonis, wies die Komsomolzin Adele Šilaitė aus der Schule, weil sie in der Kirche gebeichtet hatte. Rektor Mažonis war der Meinung, daß die Strafe für ein solches Vergehen noch milde ausgefallen sei.

Die Mittlere Reife konnte die Schülerin nur in einem anderen Rayon er­reichen.

Die Pädagogen der Atheisten sollten sich einmal zu der Frage äußern: „Wie kann man folgendes Verhalten beurteilen?" Der Schüler glaubt an Gott, besucht die Kirche, und wird praktisch gezwungen in die Partei (Komsomol) einzutreten." Von den Atheisten wird man die Ansicht ver­treten, daß ein Schüler der unter Zwang Komsomolmitglied geworden ist, kein Heuchler sei, obwohl er an Gott glaube und weiter kirchliche Ver­anstaltungen besuche. Erst später als Parteimitglied verbietet man ihm streng, gottgläubig zu sein und er hat alles, was mit Religion zu tun hat, zu meiden. Plötzlich ist er dann ein Heuchler, wenn er diese Vorschriften der Partei nicht einhält.

 

Klaipėda

In der 9. Klasse der Mittelschule von Klaipėda forderte die Lehrerin Verbauskiene die Schüler auf, Pioniere zu werden und verlangte von ihnen, daß sie regelmäßig die Versammlungen besuchten. Wer diese Anordnun­gen nicht befolgte, bekam schlechte Noten im Betragen.

Telšiai

Die Pfarrer der Diözese Telšiai und der Pfarrgemeinde fragten sich zornig, warum ein Portrait Lenins in der Verwaltung der Diözese hängen müsse. Es paßte dort so hin, wie in die Verwaltung der Parteiorgane ein heiliges Kreuz. Die Ansicht der Gemeinde war die: „Das Portrait sollten die Mit­arbeiter der Diözesanverwaltung zu sich nach Hause nehmen und dort auf­hängen."

Ketvergai

In der Volksschule von Ketvergai, im Rayon Klaipėda, wollte die Rektorin Simukaitytė die Schüler der 8. Klasse unter Zwang in den Komsomol ein­reihen. Die Schüler lehnten dies strickt ab und sagten: Wir möchten keine Komsomolzen sein." „Warum seid ihr denn Pioniere geworden", rügte die Lehrerin die Schüler, „wenn ihr jetzt nicht zum Komsomol wollt?" Ein Schüler antwortete: „Ich war dumm und deshalb bin ich eingetreten, da­mals schlug mich die Lehrerin mit dem Lineal und zwang mich zum Ein­tritt." „Heute zwingt mich niemand mehr", sagte der Schüler noch.

 

DIÖZESE VILKAVIŠKIS

Metealiai

Der Vorsitzende des Exekutivkomitees von Žagariai, Mikelonis, hatte am 24. Juni 1974 ein Schreiben an Ignas Klemavičius, der im Dorf Bukūnai lebt, gerichtet. Es beinhaltete: „Sie haben am Eingang ihres neu erbauten Eigenheimes ein Kreuz errichtet und damit eigenmächtig eine Veränderung am Projekt des von uns genehmigten Bauplanes bewirkt. Wir stellen ihnen deshalb anheim, ihr neugebautes Haus, mit eigenmächtig vorgenommenen Veränderungen, innerhalb von 5 Tagen wieder abzureißen. Sollten Sie diesen Abbruch ihres Hauses nicht zu dem von uns gestellten Termin vor­nehmen, werden Sie gemäß § 114 des Gesetzes der ZK des Litauischen SSR bestraft." Klemavičius hatte zu dem ihm angegebenen Termin sein Heim nicht abgebrochen. Nun scheint es, als ob das Kreiskomitee nichts mehr unternimmt.

Simnas

Lehrer Meškelevičius, ein heftiger Atheist, der in der Mittelschule von Simnas arbeitet, gab dem Schüler Romas Valutkevičius zum Abschluß der 8. Klasse folgende Charakteristik (Eintragung in die Personalakte, d. Über­setzer): „Ein tiefer religiöser Fanatismus begleitete die Kindheit, das Heran­wachsen und jetzt den Ubergang zur Jugend von Romas. Er kam in die Schule mit der von den Eltern eingeprägten und vom Priester erklärten Religiosität. Er ist Ministrant mit Erfahrung. In einem Trimester der 8- Klasse war seine Note im Betragen herabgesetzt worden, weil er die Benehmensnormen eines Schülers mißachtete, d. h. der sowjetischen Schule und dem sowjetischen Lehrer gegenüber einen gewissen Widerstand gezeigt hatte ... Sonst ist er ordnungsliebend und still. Sein Schulbesuch war regel­mäßig."

Was für einen „Widerstand" hat Romas gegenüber der sowjetischen Schule geleistet? Lehrer Meškelevičius diktierte den Achtklässlern einmal einen atheistischen Text. Aber R. Valutkevičius weigerte sich, ihn zu schreiben. Darauf schleppte der Lehrer Meškelevičius ihn ins Lehrerzimmer und schalt ihn aus. Damit er den atheistischen Lehrern künftig gehorche, gab ihm die Direktorin, Frau Guzevičiene, eine Ohrfeige.

 

DIÖZESE KAIŠEDORYS

Stakliškės

Uber Pfarrer J. Kaslauskas von der Pfarrei Stakliškes wurde am 18. Juni 1974 wegen verwaltungswidrigen Verhaltens ein Protokoll erstellt. Ich, der Vorsitzende der Exekutivkomitees vom Ort Stakliškes, Kęstutis Garmus, erstelle von den Augenzeugen Josas Ulosas und Albinas Kasulis ein Protokoll, daß Pfarrer Jonas Kaslauskas, geboren 1906, am 18. Juni 1974 in der Kirche von Stakliškes 45 Kindern Kathechismusunterricht er­teilte. Hiermit hat er nach § 142 des ZK des Litauischen SSR gesetzwidrig gehandelt.

Am gleichen Tag erhielt Pfarrer Kaslauskas vom Vorsitzenden des Exekutiv­komitees eine schriftliche Verwarnung, in welcher stand: „Wir bitten um­gehend den Kathechismusunterricht an Kindern zu unterlassen." Pfarrer J. Kaslauskas wurde mit 50 Rubel Strafe belegt, weil er Kindern Religionsunterricht erteilte.

Diese Strafe wurde vom Vollzugsausschußkomitee der Stadt Prienai, vom Vorsitzenden der Kommission Stakionis, seinem Vizevorsitzenden Arbači-auskas, der Sekretärin Ramanauskas und den Mitgliedern Mitzkiene und P. Svežauskas verhängt.

In Stakliškes steht unweit des Kirdienareals eine kleine Kapelle. An ihr ist eine Tafel mit der Inschrift: „Zum Gedenken an die Zehnjahresfeier zur Unabhängigkeit Litauens. Herr, beschütze Litauen! Die Pfarreiangehöri­gen von Stakliškes" befestigt.

Im August 1971 bewilligte die Regierung die Restaurierung der Kapelle, befahl jedoch die Entfernung der Gedächtnistafel.

Am 17. September 1971 verlangte J. Glemža, Vorsteher des Vorstandes zum Schutze der Museen und Kulturdenkmäler, die Entfernung der Gedenk­tafel erneut und drohte, strengere Maßnahmen zu ergreifen. 1972wurde das Kirchenkomitee von Stakliškes für die Nichtbeseitigung der „antisowjetischen Tafel" mit 50 Rubel Buße bestraft. In der Nachkriegszeit sind Gedenktafeln oder Denkmäler, die an die Un­abhängigkeit Litauens erinnerten, vernichtet worden. Im Dorf Mežoniai (Rayon Kaišedorys) hatten die Einwohner ein steinernes Jubiläumskreuz errichtet. Auf diesem war die Inschrift eingraviert: „Für Gott und die Heimat."

In einer Juninacht 1964 war dieses Kreuz verschwunden. Einen Monat später fand der Bürger Ramunis aus dem Dorf Stasiūnai ein Kreuz im Torfgebiet von Kaišedorys in einem Wasserloch. Als dieses Kreuz heraus­gehoben wurde, stellte man fest, daß es das Kreuz aus Mežoniai war. Das so gerettete Kreuz wurde auf dem Gemeindefriedhof Mežoniai aufgestellt. Bald aber war es über Nacht wieder verschwunden und es ist bis heute nicht festzustellen wohin die Atheisten dieses Kreuz brachten.

 

Marienland lebt

1974 haben in Litauen tausende von Kindern und Jugendlichen das Sakra­ment der Firmung empfangen. Die unten angeführten Zahlen zeugen davon, daß das religiöse Leben in Litauen trotz den Anstrengungen der Atheisten gedeiht.

In Dotnuva In Tutuvėnai In Prienai In Šilalė In Alanta In Griškabūdis In Obeliai

wurden 1526 wurden 2456 wurden 2702 wurden 5100 wurden 2000 wurden 1200 wurden 2860

Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen gefirmt. gefirmt. gefirmt. gefirmt. gefirmt. gefirmt. gefirmt.

 

Kreuzberg

Wenn man das echt launenhafte Litauen kennen lernen will, wandere man von Šiauliai in Richtung Joniškis. Nach 12 km steht auf der rechten Seite ein Wegweiser der nach Daumantai 1 km weist. Nach einem Kilometer wieder auf der rechten Seite sieht man eine Anhöhe mit Kreuzen, es ist der Hügel Jurgaičiai. Geht man weiter, ist das Ufer des Flusses mit Büschen umwachsen und der Weg führt auf einen sattelförmigen Hügel. Auf der Höhe der nördlichen Seite ruht ein gewaltiger Stein auf welchem Daten eingemeißelt sind: 1861—1864 Aufstand und seine Bekämpfung. Eine traurige Erinnerung litauischer Geschichte.

Nach den Erzählungen der Einwohner stand am Fuße des Hügels von Jurgaičiai eine Kapelle, wohin einst die Aufständigen zum Beten kamen. Die Kosaken kamen und verriegelten die Tür dieser Kapelle und nach drei Tagen überschütteten sie die Kapelle mit den darin betenden Aufständigen mit Erde. Nach langer Zeit erkannte man am sattelförmigen Gebilde der

Oberfläche, daß die aufgeschüttete Erde das Dach der Kapelle einstürzen-ließ.

Anfangs gedachten die Bewohner der Toten, später kamen die Menschen dorthin, beteten zu Gott für diese toten Aufständigen und brachten Opfer, dann stellten sie für die Toten Kreuze auf. Tausende von Kreuzen waren aufgestellt. Auf Anordnung der Diržinskaitė — Piliucenko wurden diese Kreuze vernichtet. Aber über Nacht sind sie wie Pilze nach dem Regen wieder aufgestellt worden. Die Sicherheitsorgane stellten nachts Wachen, führten Untersuchungen durch, drohten und terrorisierten die Einwohner, aber die Kreuze wuchsen weiter auf dem Hügel der Aufständigen, als ob die Seelen der toten Aufständigen riefen, „nicht aufgeben". Die letzte Aktion der Zerstörung der Kreuze fand 1973 statt. Ein Jahr verging und hunderte von Kreuzen waren wieder neu gewachsen, ent­weder eingegraben, an Masten befestigt oder an Bäume gehängt worden. Vielleicht triebt der Haß die Atheisten wieder dazu, die Kreuze zu ent­fernen, aber eines ist gewiß, sie werden wieder da sein. Heute sind nicht die Zeiten Muravjovs, Aufständige werden nicht mit Erde überschüttet, aber sie werden mit psychischen Mitteln bekämpft oder verkommen in den Gefängnissen des Sicherheitsdienstes wie

Fall M. Tamonis Fall P. Pluira Fall V. Jaugelis J. Gražys J. Stašaitis, P. Petronis

N. Sadunaite u. a. die verhöhnt und verachtet worden sind.

Wenn Christen vernichtet werden, wie die Kreuze auf dem Hügel Jurgaičiai, werden andere sie ersetzen.

Aber der Kampf gegen die Gewalt, gegen die Unwahrheit und für die Menschenrechte wird weitergeführt werden.

Museum des Atheismus

Im Jahre 1965 wurde in die Kathedrale von St. Kazimir, Patron Litauens, in Vilnius ein antireligiöses Museum eingerichtet. In den Tageszeitungen erschienen Annoncen über Ankauf von jeglichen religiösen Gegenständen gegen Bargeld. Dieselben Annoncen wurden auch in Kreiszeitungen ver­öffentlicht. Unterstrichen wurde, daß diese Gegenstände nicht vernichtet, noch der Verspottung preisgegeben, sondern zur Aufbewahrung für die Zukunft in Verwahrung genommen würden. Es stellte sich heraus, daß auch Gebetbücher und Bibeln von Atheisten für das Museum angekauft wur­den, die in großer Auflage hergestellt waren. Das Politechnische Institut von Kaunas, die Litauische Landwirtschaftliche Akademie und weitere Institute erteilten ihren Studenten eine atheistische Belobigung für ein ab­gegebenes Gebetbuch oder eine Bibel. Die Verwaltung dieses Museums reiste durch ganz Litauen, getarnt als Altertumsforscher, Geschichtsforscher, Hei­matforscher oder Mitarbeiter Ethnographischer Museen, doch nie als Athei­sten. Und wenn man sie reden hörte, war eine Bibel oder ein religiöser Gegenstand für sie das heiligste und teuerste was man denken konnte. Kein Katholik gab etwas her ohne den Gedanken, daß junge Menschen darin lesen und ihr Wissen dann weitergeben sollten.

Nach einiger Zeit waren diese betrogenen Leute ernüchtert, sie merkten, daß sie ihre wertvollen Bibeln oder religiösen Gegenstände an die Atheisten verschenkt hatten. Diese getarnten Forscher verlangten von den Verwal­tungen, daß sie die Bevölkerung nicht darüber aufklären sollten, daß sie vom atheistischen Museum kämen. Die Leitung dieser Expedition besaß Ausweise vom „historischen Ethnographischen Museum". Und um Kunst oder religiöse Gegenstände zu erwerben griffen sie zu Lügen und erbar­mungsloser Gewalt. Der atheistische Museumsmitarbeiter nahm mit Hilfe des dortigen Regierungsbeamten die Schlüssel von der Friedhofskapelle von Mosedschiai und wollte von dort ein heiliges Kunstwerk mitnehmen. Auf den Protest einer Frau reagierten sie mit Gewalt. Um eine hohe Besucher­zahl im Atheistischen Museum zu erreichen, organisiert man ein trügeri­sches Programm, das nichts mit Atheismus zu tun hat. Theaterstücke werden gezeigt, Vorträge von Reiseerlebenissen mit A. Poška u. a. Zu einem Vortrag über Indien wurde eingeladen, aber dann wollten die Veranstalter einen Film über Atheismus zeigen. Erst nach intensiven Protestpfiffen und Rufen der Zuhörer wurde die Entschuldigung vorge­bracht, daß der Filmprojektor defekt sei. Obwohl der Eintritt frei war, kamen wenige Interessenten. Nach Vilnius kommen Schüler, um die Sehens­würdigkeiten der Stadt zu bewundern, so bleiben Besuche im Atheistischen Museum natürlich nicht aus.

Trotz der Bestrebungen dem Museum einen würdigen Rahmen zu geben, bricht es doch dem gläubigen Christen das Herz, wenn er die heiligen weihevollen Reliquien sieht, die dort im Museum der Atheisten vulgär zur Schau gestellt sind, wo außerdem religiöse Karikaturen an den Wänden hängen usw.

Eintragungen im Gästebuch bezeugen, daß viele Menschen tief empört sind, daß aus der Kirche ein Atheistisches Musum gemacht wurde. Als 1812 Napoleon hier in dieser Kirche ein Lager aufschlug, entwürdigte er diesen Platz nicht so wie heute die Atheisten.

»Ich war hier und habe gesehen und zum ersten Mal habe ich jetzt gespürt, daß ich an Gott glaube." A. R. (Eintrag eines Besuchers im Gästebuch des Museums.)