Heiliger Vater, das katholische Litauen dankt Eurer Heiligkeit herzlichst für Eure väterliche Sorge um die Kirche im Lande Litauen, die Sie auf so ergreifende Weise noch einmal gezeigt haben, indem Sie sich durch das hl. Meßopfer dem Jubiläumsgedenken des hl. Casimir, des Schutzheiligen unse­res Volkes, angeschlossen haben.

Mit Schmerzen bedauern wir, daß Ihnen, Heiliger Vater, nicht erlaubt wor­den ist, das Opfer der hl. Messe in unserer Hauptstadt Vilnius, am Grabe des heiligen Casimir darzubringen. Die Priester und die Gläubigen Litauens haben aber die Zuversicht nicht verloren und hoffen, Sie in ihrem Lande erwarten zu dürfen.

Ihre Aufmerksamkeit gegenüber der Kirche in unserem Lande und Ihre Zuneigung zu unserem Volke ermuntern uns, trotz aller Prüfungen, Schwie­rigkeiten und Drohungen zu noch größerer Treue zur Kirche Christi.

Im Namen des katholischen Litauen sprechen wir Ihnen, Heiliger Vater, unseren herzlichsten Dank, unsere kindliche Liebe und unsere völlige Er­gebenheit aus.

Dieses Jubiläumsjahr des heiligen Casimir ist für die Katholische Kirche Litauens ein Jahr schweren Kampfes gegen die Unterdrückung durch die Gottlosen und ihre Tücken geworden.

Nach der Festnahme der Priester Alfonsas Svarinskas und Sigitas Tam-kevičius fingen die Gottlosen an, das in der Rede des ersten Sekretärs der Kommunistischen Partei, Petras Griškevičius, bereits voriges Jahr vorge­legte Programm der Verfolgung der Kirche in die Tat umzusetzen.

Nachdem die öffentliche Tätigkeit des Komitees der Katholiken zur Vertei­digung der Rechte der Gläubigen lahmgelegt worden war, gingen die Gott­losen daran, die anderen potentiellen Herde des organisierten Widerstandes gegen den Zwang der Gottlosen auszulöschen, und zwar die Priesterräte. P. Griškevičius forderte in seiner Rede auf, die Priesterräte als antisowjeti­sche Organisationen zu erklären. 

Die Priester der Erzdiözese Vilnius haben S. Exzellenz Bischof J. Stepona­vičius anläßlich seines 29. Bischofsjubiläums folgende Gratulation geschickt:

Wir gratulieren Ihnen, Exzellenz, anläßlich des 29. Jahrestages Ihrer Bi­schofsweihe und danken Gott dem Allmächtigen und dem Heiligen Stuhl für die Ihnen und unserer Erzdiözese geschenkte kostbare Gabe. Ihnen, teure Exzellenz, sind wir dankbar für Ihre aufopferungsvolle Sorge um das Wohlergehen der Kirche unseres Landes und wünschen Ihnen noch lange Jahre, damit Sie mit Gottes Segen für das Wohl der Kirche arbeiten können.

August — September 1984.

Es unterzeichneten die Priester der Erzdiözese Vilnius:

Aškelovičius Josifas Aliulis Vaclovas Andriuškevičius Antanas Baltušis Juozas Baužys Danielius Blaževičius Genrikas Blažys Romualdas Bronickis Vytautas Charukevič Jonas Čeponis Aldas Černiauskas Ričardas Daunoras Petras Dilys Antanas Dziekan Antonis Pilipčik Antanas Gailius Kazimieras Gajauskas Konstantinas Jakutis Ignas Jankus Pijus Jeskelevičius Vytautas Jaura Bronislavas Juodagalvis Juozas

Wir danken den Bischöfen Frankreichs und der Organisation Christian Solidarity International, die sich für die eingekerkerten Priester A. Sva­rinskas und S. Tamkevičius einsetzten.

Die Priester und das gläubige Volk Litauens haben über Radio Vatikan von dieser Unterstützung bei der Verteidigung der eifrigsten und nun ver­urteilten Priester ihes Landes durch ihre Glaubensbrüder erfahren. Sie bringen ihren herzlichen Dank für die gezeigte Solidarität und für das Ver­ständnis für ihre Nöte zum Ausdruck. Es ist dies nicht nur eine sichtbare Hilfe für die verurteilten Priester selbst, sondern auch eine große moralische Unterstützung für die gesamte kämpfende Kirche in Litauen.

Auch die Bischöfe Litauens hatten vor, ein Protestschreiben wegen der Gerichtsprozesse gegen die Priester zu schreiben; der Bevollmächtigte des Rates für Religionsangelegenheiten fing aber an, einige Bischöfe telefonisch zu terrorisieren (ihnen zu drohen!), und das Schreiben blieb aus.

 

Der Bevollmächtigte des RfR, P. Anilionis, erlaubte nicht, dieses Gedicht im Kalender der Katholiken für das Jahr 1984 zu drucken, weil es von dem im Untergrundpriesterseminar ausgebildeten Priester Jonas Matulionis ge­schrieben wurde (Freie Übersetzung):

Heiliger Casimir,

Zu Deinem heiigen Sarg erhebe ich die Hände.

Sanft ruht er dort in der Stille von Antakalnis,

Wo die ungetrübte Schönheit so vollendet

Und wo alles, alles in himmlischem Gebet versinkt.

 

Mit Lebenswärme, mit erquickungsvollem Wort,

Auf edlen Wegen der Gedanken führst Du mich ...

Auf heilbringenden Wegen Deiner Jugend immer fort —

Und ich finde die heilige Güte der Wahrheit.

Eine Predigt des Priesters A. Svarinskas, gehalten in Šiluva:

»Ehre Dir, o Herr, für Deinen ewigen Weg von dem Staub der Erde, bis zu den Sternen des Himmels, Ehre Dir für die Sonne, die jeden Morgen aufgeht, und für die Größe unserer kleinen Herzen...

Brüder und Schwestern in Christus, ich bin überzeugt, daß diese Worte des Dichters Bernardas Brazdžionis am besten unsere Stimmungen, hier in Šiluva versammelt, zum Ausdruck bringen. Ganz Litauen strömt in diesen acht Tagen nach Šiluva, der Ruhm von Šiluva hat die Grenzen Litauens über­schritten. Zu Maria von Šiluva kommen die Gläubigen aus Kasachstan, Lettland, Estland, Weißrußland, und das nicht umsonst. Zwangsweise treibt sie niemand nach Šiluva, wenn die Leute aber kommen, dann bedeutet es, daß sie einen geistigen Nutzen davon haben und viele Gnaden erhalten. Heute sind in Šiluva viele Priester, ein Bischof, den wir bald empfangen werden und eine Menge Gläubige. Wir legten die Sorgen der Katholischen Kirche Litauens, ihre Klagen und ihre Ohnmacht zu Füßen Mariens nieder; wir versammelten uns hier nicht, um zu resignieren, nicht, um zu weinen, sondern im Gegenteil — um zu bitten, damit Maria von Šiluva unsere Ar­beit segnen möge, und damit wir im Geiste gestärkt in den großen Kampf für die Rechte der Kirche Gottes und des Glaubens in unserem Lande zurück­kehren. Ich will hoffen, daß wir uns alle, Priester wie Gläubige, gemeinsam mit dem hl. Bernhard zu Ihr wenden werden: »Gedenke, o gütigste Jung­frau Maria, daß es niemals gehört wurde, daß jemand von Dir verlassen worden sei, der zu Dir seine Zuflucht nahm.« Wir wollen uns also die Hoff­nung behalten, daß Maria auch uns erhören, alle unsere Sorgen verstehen, sich für uns bei Ihrem Sohn einsetzen und uns helfen wird. Wenn wir die 600jährige Geschichte der Katholischen Kirche Litauens betrachten, dann sehen wir, daß in unserer Heimat der Weg für die Kirche nicht immer ge­ebnet war, daß es dabei auch schmerzliche, große Schwierigkeiten gegeben hat. Eine davon war der Reformationszwang. 

Žagarė (Rayon Joniškis)

Am 24. August 1984 kam der Bevollmächtigte des Rates für Religionsan­gelegenheiten, Petras Anilionis, nach Žagarė zu S. Exz. Bischof Julijonas Steponavičius und stellte sich vor: »Ich bin als Vertreter der Regierung ge­kommen, um Sie zu ermahnen.«

Folgende Anschuldigungen legte der Bevollmächtigte dem Bischof Julijonas Steponavičius vor:

1.     Der Bischof habe gemeinsam mit 500 Priestern eine Erklärung gegen das Statut der religiösen Gemeinschaften unterzeichnet.

2.     Er habe eine Erklärung der Priester der Erzdiözese Kaunas wegen der Verhaftung der Priester Alfonsas Svarinskas und Sigitas Tamkevičius mit­unterzeichnet.

3.     Der Bischof fahre zu Ablaßfeierlichkeiten, Jubiläen und Beerdigungen.

Šlavantai (Rayon Lazdijai)

Am 5. Juli 1984 wurde beim Pfarrer der Pfarrei Šlavantai, Priester Juozas Zdebskis, eine Durchsuchung gemacht. Der im Protokoll eingetragene Zweck der Durchsuchung lautete: Vom Bürger Kolka gekaufte gestohlene Sachen zu finden und mitzunehmen. Die Durchsuchung wurde durchgeführt, als Priester J. Zdeskis nicht zu Hause war. Ohne abzuwarten, bis der Priester zurück­käme, brachen die Durchsucher das Tor der Garage auf und fingen mit der Durchsuchung an. Ausgeführt wurde sie vom KGB aus Vilnius unter der Maske der örtlichen Miliz und des örtlichen Sicherheitsdienstes. Offiziell geleitet wurde die Durchsuchung, die von 6 Personen ausgeführt wurde, vom Milizinspektor des Ortes, dem Oberleutnant der Miliz, Jarmala. Als vorgeladene Zeugen waren anwesend Petrauskas Martynas, Sohn des Juozas, wohnhaft im Dorf Krosna, und Blaževičienė Janina, Tochter des Jurgis, wohnhaft in Lazdijai, Lenino 3-3.

Priester Alfonsas Svarinskas schreibt:

»Ich grüßee Sie herzlichst und in Ihrer Person auch alle teuren Pfarrange­hörigen, Freunde, Bekannte. .. Wünsche Gottes Segen, Frieden des Her­zens und seelische Freude aus Anlaß des ehrwürdigen Jubiläums unseres Volkes. Gott behüte Euch alle! Ihr seid meine Freude und mein Stolz in Christus!

Vergangenen Sonntag habe ich an Sie einen Brief geschrieben. Heute werde ich wieder einen schreiben, ihn küssen, bekreuzigen und absenden. Er soll fliegen in unsere liebe, unvergeßliche Heimat, in das Bernsteinland. (...) Ich danke allen herzlichst für ihre Briefe. Es ist Euch schwer vorstellbar, wieviel Freude und Hoffnung die kurzen Nachrichten mitbringen. Wie gut ist es, wenn man weiß, daß es Menschen in der Welt gibt, die einen lieben und nicht vergessen. (...) Die im April an Sie adressierten Briefe sind zu­rückgekommen mit einem Vermerk der Post vom 25. Mai: »Nach Ablauf der Lagerungszeit an Absender zurück.« Fragen Sie bei der Post, warum das vorgekommen ist (...), denn sonst leiden wir alle darunter — Sie bekommen keinen Brief, und ich verschwende die begrenzte Stückzahl der Briefe. Man darf ja schon sowieso nur zwei Briefe im Monat schreiben! Ich konnte selbstverständlich nichts Besonderes hineinschreiben: Ich wollte nur wünschen, gut die Exerzitien zu verbringen, mich bei Ihnen für das schöne Singen bedanken und Ihnen den Segen des auferstandenen Christus wünschen (...) Wie schnell vergeht die Zeit! Seit dem 11. Juni bin ich schon das zweite Jahr hier. Im Jahre 1979 (...) habe ich mein silbernes Jubiläum gefeiert und heuer werden es am 3. Oktober schon 30 Jahre. Leider aber bin ich von der Heimat, der Kirche und von der eigenen Pfarrei weggerissen — ohne Bußsakrament, ohne Kommunion und ohne hl. Messe! Mit dem Glauben des gerechten Ijob wiederhole ich alle Tage: »Dein heiliger Wille geschehe! Amen!« (...) Freie Zeit habe ich wenig, ich arbeite 9 Stunden. Nachher kommen alle lebensnotwendigen Dinge. In der übrigen Zeit lese ich und lerne Sprachen. Ich habe ein französisch-russisches Wörterbuch und Journale bekommen. Ich vertiefe die italienische und lerne die spanische Sprache. Vielleicht werde ich dies brauchen können!... (...) Gesund und voll Lebenskraft erfülle ich seinen Willen, deswegen gibt es keine Hoff­nungslosigkeit und keine Trauer im Herzen. Und wenn Gott mir eine Mär­tyrerkrone auflegen wird, so werde ich sie mit Freuden annehmen. (...).«

Kiaukliai (Rayon Širvintai)

Am 17. Januar und am 19. April 1984 verhörten die Direktorin der Acht­klassenschule von Kiaukliai, J. Grigaitienė, der Ortsvorsitzende von Žibalai, Karaliūnas, und einige angereiste Sicherheitsbeamte die Schüler der Acht-klassenschule Elvyra Palkaitė, ihren Bruder Juozas Polkus, die zwei Schwe­stern Rūta und Julija Gudonytė und Rūta Markauskaitė. Die Schüler wurden gezwungen, Erklärungen zu schreiben, zu welchem Zweck sie im Pfarrhaus gewesen seien, was für Kurzfilme ihnen der Pfarrer, Priester Rokas Puzonas, gezeigt habe, wer sonst noch zu dem Pfarrer komme, woher die Besucher kämen, was ihnen der Pfarrer für die Kirchenbesuche und für das Mini-strieren während der hl. Messe gebe, ob sie freiwillig in die Kirche gingen oder von ihren Eltern dazu gezwungen würden usw. Als die Schüler sich weigerten, die Erklärungen zu schreiben, wurde ihnen mit der Einlieferung in die Kolonie für Kinder und Minderjährige in Čiobiškis gedroht. Die ge­ängstigten Kinder kamen verweint und nervlich stark angegriffen nach Hause. Eine Mutter der dem Terror ausgesetzten Kinder, Ona Polkienė, fuhr darauf­hin zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Rayonexekutivkomitees von Širvintai, Tvirbota, um zu erfahren, mit welcher Begründung ihre eigenen und auch andere gläubige Kinder in der Achtklassenschule von Kiaukliai geängstigt werden. Tvirbota sagte, weil sie die Kirche besuchen.

Die Verfolgung der unierten Christen in der Ukraine nimmt an Häufigkeit und an Stärke weiter zu: Die Wohnungen der Gläubigen werden durchsucht, Kinder und Erwachsene terrorisiert, die Kirchen geschlossen.

Das Gebiet von Lemberg

Am 29. September 1982 haben Sicherheitsbeamte das 28jährige Fräulein Maria Schwed umgebracht. Das Fräulein wollte am Abend nach der hl. Messe gegen 21 Uhr von Lemberg zu ihrer Mutter fahren. Auf dem Weg zum Bahnhof wurde M. Schwed in der Turgenjewstraße von Sicherheits­beamten, die Armbinden der Gefolgsmänner trugen, überfallen, in das Tor des Hauses Nr. 10 hineingezogen und dort zusammengeschlagen. Die Leute, die zusammengelaufen sind, riefen ein Sanitätsauto, das die Verletzte in das VIII, Städtische Krankenhaus in der Zelionaja-Straße brachte. Dort wurde über Maria gespottet: »Der Priester hat dich Gott geopfert.« Maria Schwed starb, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben.

Priester Alfonsas Svarinskas
Priester Sigitas Tamkevičius
Dozent Vytautas Skuodis
Jadvyga Bieliauskienė
Sergej Kowaliow
Gintautas Iešmantas
Povilas Pečeliūnas
Viktoras Petkus
Antanas Terleckas
Julius Sasnauskas
Balys Gajauskas

und andere tragen die Ketten der Unfreiheit, damit du frei leben und glauben darfst!