Am 14. April 1970 erschien in der Zeitung Vilnis (Die Welle) ein Interview des Journalisten E. Baleisis mit dem Beauftragten für religiöse Angelegenheiten, Rugienis. Folgendes berichtete er über das Priesterseminar inKaunas:

Rugienis Aussagen über das Priesterseminar:

„Das überregionale Priesterseminar befindet sich in Kaunas. Seine Leitung und der Lehrkörper werden von den Ordinariaten Litauens ernannt. Ein Kandidat für dieses Priesterseminar muß eine Empfehlung des Pfarrers seiner Heimatge­meinde vorlegen. Die Leitung des Priesterseminars entscheidet dann unter Be­rücksichtigung dieses Empfehlungsschreibens, seines Abiturzeugnisses und seiner Persönlichkeit, ob der Jugendliche in das Seminaraufgenommen wird. Die ausgewählten Kandidaten werden vom Rektor des Seminars, Dr. Viktoras Butkus, in Übereinstimmung mit dem Schirmhemn des Priesterseminars, seiner Ex­zellenz, dem Apostolischen Administrator des Erzbistums Kaunas, Bischof Juozapas Labukas, aufgenommen. Der Lehrplan des Priesterseminars wird, wie auch der anderer römisch-katholischer Universitäten, von der Vatikanischen Studienkongregation in Rom festgelegt. Die Ausbildung dauert hier fünf Jahre. Der Unterhalt der Seminaristenwird durch Spenden der Gläubigen finanziert, die nicht zurückgezahlt werden müssen.

DIE VERFOLGUNG DER LEHRERIN O. BRILIENĖ WEGEN EINES ERSTKOMMUNIONPHOTOS IHRERKINDER

Im Oktober 1969 gerieten zufällig Photos, die die Kinder der Lehrerin O. Brilienė bei der Erstkommunionzeigten, in die Hände von Frau Kerusauškienė, Lehrerin an der Mittelschule Vilkaviškis. Frau Kerusauškiene übergab diese Bilder dem Direktor der Schule, Čekanavicius. Sofort wurde eine nichtöffent­liche Sitzung der Parteimitglieder der Schule einberufen. Nach der Sitzung er­hielt die Lehrerin Frau Brilienė, die Aufforderung,eine schriftliche Erklärung abzugeben. Die Lehrerin gab an, daß es sich hier um Familienaufnahmen han­dele.Unter Berufung auf die Lehren Lenins schlug sie vor, man solle sich nicht in Familienangelegenheiten einmischen. Daraufhin fingen die Schikanen an. In der Klasse der Lehrerin, Frau Brilienė, wurde täglich die Sauberkeit überprüft und ihre Unterrichtsführung kontrolliert. Alles wurde fürschlecht befunden, ob­wohl das Verhalten der Lehrerin Brilienė bis dahin ohne Tadel gewesen war.

Der Terror durch die Parteiorganisation in der Schule

Eines Tages kommt es zur Untersuchung.

Rayon Lazdijai

Kampf der Bevölkerung für die Instandsetzung der Kirche

Die kleine Pfarrgemeinde Kučiūnai befindet sich an der Grenze zu Polen. Noch vor dem Ersten Weltkrieg wurdehier eine kleine provisorische Holzkirche er­richtet. 1939 begannen die Gläubigen der Gemeinde Kučiūnai mitdem Bau einer Steinkirche. Der Zweite Weltkrieg verhinderte die Fertigstellung. Unvoll­endet blieben das Dachund die Innenausstattung.

1951 entsandte die Rayonverwaltung Arbeiter, um die Kirchenmauer abzureißen. Doch die Gläubigen verjagtensie mit Stöcken. Darauf wurden Soldaten eingesetzt, aber auch sie mußten dem Widerstand der Bevölkerungweichen. In den Jahren 1957 - 1959 suchte der Pfarrgemeinderat sogar drei mal bei ver­schiedenen Stellen derRepublik um die Erlaubnis nach, die Kirche instandsetzen zu dürfen. 1959 besichtigte eine Kommission unterFührung von Frl. Dzirzins-kaitė die alte Holzkirche und gab folgenden Bescheid: „Setzt die alte Kirche wiederinstand".

Vilnius

1 100 Gläubige richten ein Schreiben an Moskau und fordern Freiheit für die Kirche.

Am 16. Juli dieses Jahres schickten die Katholiken Litauens eine Eingabe nach Moskau, in der Freiheit für diekatholische Kirche Litauens gefordert wird.

An das

Zentralkomitee

der Kommunistischen Partei der Sowjetunion Eingabe

der Katholiken der Litauischen SSR

Wir, die Gläubigen der Litauischen SSR, wenden uns an die Oberste Regierung der UdSSR mit der Bitte, einigeunerfreuliche Erscheinungen unseres Lebens abzustellen.

Die Verfassung unseres Landes garantiert die Religions- und Gewissensfreiheit. Doch für unsere Kinder bestehtkeine Möglichkeit, Religionsunterricht zu er­halten. Wir haben keine Lehrbücher für Religion und verstehenselbst wenig von der Religionslehre. Und wenn wir diejenigen bitten, die imstande sind, in Reli­gionslehre zuunterrichten, so werden sie bestraft. Zum Beispiel wurden vor kurzem die Pfarrer von Prienai und Girlanis mitgefängnis bestraft, weil sie den Kindern Religionsunterricht erteilt hatten. Unlängst wurde der Pfarrer von Valkininkai, noch früher der Pfarrer von Dubingiai verurteilt. Die Verfassung garantiert die Freiheit derReligionsausübung, aber uns wird nicht gestattet, ausreichend Pfarrer anzustellen. Die Priesteramtskandidaten werden gehindert, in das Seminar einzutreten. Viele Pfarrgemeinden werden von alten invaliden Priesternbetreut. Unseren Kindern ist es verboten, bei der heiligen Messe zu dienen.

Klaipėda

Ein Brief von 2 023 Gläubigen an Brežnev

Im Juli wandten sich erneut die Gläubigen der Stadt Klaipėda an den General­sekretär des ZK der KPdSU,Breznev, wie folgt:

„Am 19. März 1972 sandten die katholiken der Stadt Klaipėda dem General­sekretär des ZK der KPdSU, L.Brežnev, eine Bittschrift, die von 2.023 Gläu­bigen unterschrieben worden war. Nach einiger Zeit bekam der Absender des Briefes, Herr Jonas Saunorius, wohnhaft in Klaipėda, Tarybinės Armijos Str. 41-5 eine Benachrichtigung von der Post, daß die Bittschrift dem Empfänger übergeben worden sei. Aber nach einigen Tagen erschien bei Herrn J. Saunorius ein KGB-Funktionär und holte die Postbenachrichtigung wieder ab. Aus Mos­kau kam keine amtliche Antwort.

Rayon Kapsukas

Warum der Pfarrer Dumbliauskas von Šunskai in Ungnade fiel

Als sich Kinder am 19. Juni 1972 in der Kirche von Šunskai zum Katechismus­unterricht versammelt hatten,erschienen einige Beobachter aus dem Rayon Kapsukas und hörten zu, was der Pfarrer den Eltern und Kindernsagte. Am 22. Juni kamen dann aus der Rayonsverwaltung vier Funktionäre: der stell­vertretende Vorsitzende des Rayons, Markevičius, der Leiter für Finanzen, Karkockas, die Sekretärin der kommunistischen Jugendorganisation von Šunskai und wahrscheinlich ein Funktionär des KGB. Pfarrer Petras Dumbliauskas er­wartete die Funktionäre vor der Kirche, aber sie waren nicht gekommen, um mit dem Pfarrer zu sprechen,sondern um zu prüfen, wie die Kinder in der Religions­lehre unterweisen würden.

Die Funktionäre zählten in der Kirche 58 Kinder und 18 Eltern. Es wurde sofort ein Protokoll aufgesetzt, das der Pfarrer unterschrieb.

Rayon Biržai

Bischof Sladkevičius bleibt unbestraft, weil der Vatikan seine Aufmerksamkeit bekundet hat

Schon seit mehr als 10 Jahren befindet sich S.E. der Bischof Vincentas Sladkevi­čius in Verbannung in derPfarrgemeinde N. Radviliškis, an der Grenze Lett­lands. Zur Zeit versieht er den Dienst des Pfarrers derPfarrgemeinde N. Radvi­liškis, weil Rugienis sich weigert, für diese Pfarrgemeinde einen Pfarrer zu ernennen.

Am 21. Juli dieses Jahres (1972) versammelten sich annähernd 30 Kinder, die die erste heilige Kommunionempfangen wollten, in der Kirche. Während S.E. der Bischof die Kinder prüfte, kamen drei Frauen in die Kircheund beobachteten alles, was hier geschah.

Eine Lehrerin und ein Polizist hielten vor der Kirche Wache und warteten auf die herauskommenden Kinder.Jedes Kind wurde nach seinem Namen und Vor­namen gefragt. Manche Kinder versuchten auszureißen, wurdenaber vom Polizisten eingeholt und zu der Lehrerin zurückgebracht, die den Namen des Kindes notierte.

Rayon Alytus

Der Vikar Tamkevičius vor Gericht:,,Mörder und Räuber haben das Recht, sich zu verteidigen, mir, einem Priester, wurde dieses Recht verweigert

Hier geben wir die Eingabe des Vikars aus Simnas, Hochw. Sigitas Tamkevičius an die Staatsanwaltschaft derLitauischen SSR wieder:

Am 29. April 1972 wurde ich vom Exekutivkomitee des Rayons Alytus vorge laden. Im Amtszimmer des Rayonvorsitzenden befanden sich folgende Mit­glieder der Kommission: der Vorsitzende des Rayons, zweistellvertretende Vor­sitzende, der Leiter der Abteilung für Propaganda und Agitation und ein Korre­spondent vom Rat für religiöse Angelegenheiten. Als Zeugen waren vorgeladen: der Pfarrer von Simnas, Hochw. Matulevičius,der Dekan von Alytus. Hochw. J. Grigaitis und der Dekan von Daugai. Hochw. Turčinskas. Ungefähr eineStunde lang beschuldigte mich der stellvertretende Vorsitzende des Rayons, Genosse Jančauskas; Vergehenbegangen zu haben, die ich nicht einmal im Traum tun würde. Es wurde mir nicht gestattet, mich zu verteidigen.

 Versuchte ich zu sprechen, unterbrach mich Genosse Jančauskas: „Wir sind nicht hier, um zu diskutieren". Alsich versuchte, Stellung zu einer Verleumdung zu nehmen, sagte der Bevollmächtigte des Rates für religiöseAngelegenheit schnippisch: „Bei der Staatsanwaltschaft können Sie Erklärungen abgeben!" Deswegen mußte ichmich auch bei den schwersten Vorwürfen still verhalten. Mörder und Räuber haben das Recht, sich zuverteidigen, mir, einem Priester, wurde dieses Recht verweigert. Außerdem nannte der Genosse Jancauskas dieses Schauspiel „Verwarnung höchsten Grades". Er behauptete ferner: „Wir sind sehr human" und „in der erstenNachkriegszeit hätte niemand so milde mit dir gesprochen..."