Der Redaktion der »Chronik der LKK« ist es gelungen, einen nicht geringen Teil der Erklärungen zusammenzutragen, die aus Protest gegen die Ver­haftung des Priesters A. Svarinskas von den Gläubigen Litauens an die verschiedensten Behörden Litauens oder der Sowjetunion geschickt oder gebracht worden sind. Die anschließend wiedergegebenen Erklärungen und Auszüge aus Erklärungen werden helfen, sich ein ungefähres Bild zu ver­schaffen, wie das gläubige Volk nach der Festnahme seines wertvollen Priesters reagiert hat.

Die Gläubigen von Prienai schreiben in ihrem Protest, adressiert an den Generalsekretär der KPSU Andropow, unter anderem: »Wir, die Gläubigen der Pfarrei Prienai, erleben mit großen Schmerzen die Verhaftung des Pfarrers der Pfarrei Viduklė und des Mitgliedes des Ko­mitees der Katholiken zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen, des Priesters Alfonsas Svarinskas, und protestieren gegen seine Verhaftung und gegen die Anklage wegen antikonstitutioneller und antisowjetischer Tätig­keit (...).

Gargždai (Rayon Klaipėda)

Am 26. Januar 1983 wurde in der Wohnung, in der Garage und auf dem Dachboden des Vikars der Pfarrei Gargždai, des Priesters Antanas Šeške­vičius, eine Durchsuchung gemacht, die der Untersuchungsrichter für beson­dere Prozesse, A. Barasevičius, anführte. Die Tschekisten suchten dabei nach dem Archiv der Dokumente des Komitees der Katholiken zur Vertei-digung der Rechte der Gläubigen wie auch nach Literatur, die die sowjetische Ordnung verleumdet. Mitgenommen wurden: 2 Schreibmaschinen (eine des Priesters A. Šeškevičius, die andere des Organisten), 10 Magnetophonbänder mit Aufnahmen von Predigten und Kirchengesängen, Kopien der an die Regierungsorgane abgeschickten Schreiben, wie auch andere Schreiben — insgesamt 31; vom Dachboden wurde die Nr. 55 der »Chronik« mitgenom­men. Während der Durchsuchung hielten die Tschekisten alle fest, die zu Priester A. Šeškevičius kamen, einen Pfarrangehörigen nicht ausgenommen, der gekommen war, den Priester zu einem Kranken zu fahren. Vom Priester A. Šeškevičius wurde verlangt, anzugeben, welche Verbindungen er zu dem Priester Alfonsas Svarinskas hatte. Die Durchsuchung dauerte 5 Stunden.

Am 23. Februar 1983 fand in Elta zu Vilnius ein geschlossener Vortrag für die Presseleute statt, den der Stellvertreter des Bevollmächtigten des Rates für Religionsangelegenheiten E. Juozėnas hielt. Die Zuhörer bekamen Anweisung, nichts aufzuschreiben. Wir geben die Grundgedanken des Red­ners wieder:

Der Redner legte statistische Daten über die allgemeine Lage der Katho­lischen Kirche und der anderen religiösen Gemeinschaften vor und unter­strich, daß das eine greifbare Macht in unserer Republik sei.

Die Direktiven für die Katholiken würden vom Vatikan ausgehen. Diese Lage sei nicht normal, und dadurch äußere sich religiöser Extremismus, würden Predigten gegen die Öffentlichkeit gehalten und die sowjetischen Aktivisten verleumdet. Die Priester fordern die Leute auf, die Gesetze nicht einzuhalten. Extremistische Priester gäbe es etwa 50, von denen der aktivste Alfonsas Svarinskas sei. In der Öffentlichkeit würden Unterschriften unter Bittschriften gesammelt, wie z. B. »Wir wollen gegen die Ermordung der Priester kämpfen.«

An die Redaktion der Zeitung »Tiesa« Verehrte Redaktion,

Ich nehme die von der Verfassung garantierten Presse- und Redefreiheiten (Artikel 50) in Anspruch und wende mich an Sie mit der Bitte, diese meine Erklärung in der »Tiesa« (»Die Wahrheit«) veröffentlichen zu wollen:

Ein offener Brief an Vytautas Grinius. Verehrter Vytautas Grinius,

nach dem Durchlesen Ihres Artikels »Kam jie tarnauja?« (»Wem dienen sie?«), abgedruckt in der »Tiesa« (»Die Wahrheit«) am 6. Februar 1983, möchte man auch Sie fragen: »Und wem dienen Sie?« Dem eigenen Volke oder seinen Feinden, der Wahrheit oder der Lüge? Der Artikel ist lang, viele Probleme sind darin aufgeworfen, und deswegen bemühe ich mich, dieses Mal nicht alle Fragen aufzugreifen. Wir wollen nur einige Stellen des Artikels gemeinsam betrachten.

Vor einigen Jahren verehrten die Katholiken Irlands den verfolgten Katho­liken Litauens ein symbolisches Geschenk: eine Marienstatue, die in Aušros Vartai (Tor der Morgenröte) zu Vilnius aufgestellt werden sollte. Die so­wjetische Regierung erlaubte es nicht, daß diese Statuette nach Litauen ge­bracht wurde, deswegen hat man sie vorläufig in der St.-Kasimir-Kirche in Dublin aufbewahrt.

Im Januar 1983 reiste eine »ökumenische Delegation« von Geistlichen aus der Sowjetunion durch England und Irland. Diese Delegation hat der Rat für Religionsangelegenheiten organisiert; ihr Ziel war nicht der Ökumenis­mus, sondern die Propaganda, daß es in der Sowjetuion Religionsfreiheit gäbe. Während der Instruktion in Vilnius, wo den Geistlichen Verhaltens­regeln für die Reise gegeben wurden, fragte der Dekan von Šakiai, Mgr. J. Žemaitis, einen verantwortlichen Mitarbeiter des RfR, was er machen solle, wenn die Katholiken Irlands ihn bitten würden, die Statue der Heilig­sten Jungfrau Maria nach Litauen mitzunehmen. Der Beamte antwortete, daß er sie mitnehmen dürfe. Es sieht so aus, als ob die Katholiken Irlands mit ihren Forderungen, die Statue nach Litauen zu schicken, der sowjeti­schen Regierung derart lästig geworden sind, daß diese sich entschloß, diese Delegation zu Überbringern der Statue nach Litauen zu benützen. Die Mit­arbeiter der sowjetischen Botschaft in Dublin waren ungeheuer froh, daß sie endlich die Marienstatue loswerden konnten.

Vilnius

Alle Bischöfe Litauens haben vom Sekretariat des Vatikans eine Einladung zum Ad-limina-Besuch des Papstes erhalten. Unter den Eingeladenen war auch der verbannte Bischof Julijonas Steponavičius. Die sowjetische Regie­rung aber ließ aus Angst, daß ihre Pläne hinsichtlich der Katholischen Kirche Litauens zusammenbrechen könnten, den verbannten Bischof nicht nach Rom fahren, und zwar mit der lügenhaften Begründung, daß die Zeit zu kurz gewesen wäre, um einen Auslandspaß zu bekommen. Wenn die so­wjetische Regierung nur gewollt hätte, so hätte sie den Auslandspaß inner­halb von zwei Tagen ausstellen können.

Povilas Pečeliūnas wurde nach der Verbüßung seiner Lagerstrafe zu seinem Verbannungsort im weiten Norden gebracht. Seine jetzige Adresse:

626806

Tiumenskaja obl. Berezovskij rajon. pos. Igrim,

ul. Entuziastiv d. 16 kv. 13 Pečeliūnas Povilas, Juozo.

Gargždai

Am 15. Dezember 1982 brachte die Redaktion des »Sovietinis mokytojas« (»Der sowjetische Lehrer«) den Artikel des Korrespondenten Vytautas Mockevičius »Advokatas be jgaliojimų« (»Der Anwalt ohne Vollmachten«), in dem dieser den Vikar der Pfarrei Gargždai, Priester Antanas Šeškevičius, beschuldigt, er habe sich ohne irgendwelche Vollmachten wegen der atheisti­schen Bildung der Schüler an den Mittelschulen zu Gargždai an die Volks­bildungsabteilung des Rayons Klaipėda gewandt und dadurch die Anord­nung des Präsidiums des Obersten Rates der LSSR vom 18. Dezember 1982 verletzt. Den genannten Artikel druckte auch die Rayonzeitung von Klaipėda »Banga« (»Die Welle«) ab.

Als Antwort auf diesen Artikel des Korrespondenten V. Mockevičius schickten am 15. Januar 1983 der Vikar der Pfarrei Gargždai, Priester Šeškevičius sowie die gläubigen Schüler der I. und der II. Mittelschule von Gargždai und deren Eltern eine Erklärung mit etwa 200 Unterschriften an das Bildungsministerium der LSSR, in der sie die Tatsachen der Diskrimi­nierung der Schüler hervorheben:

Die Lehrerin J. Skurskienė an der I. Mittelschule zu Gargždai befragte die Schüler ihrer VI. Klasse, wer von ihnen an Gott glaube, wer zweifele usw.

Ukrainische SSR

Gebiet von Lwow

In der Kirche der Unierten Katholiken in Dobrianic wurde am 27. Sep­tember 1982 die Titularablaßfeier gehalten. (Die Unierten Katholischen Kirchen in der ganzen Ukraine sind von der Regierung nicht registriert). Die Sicherheitskräfte und die Miliz umzingelten die Kirche und warteten auf den Priester der Unierten Katholiken, der kommen sollte. Als sie nicht mehr warten konnten, drangen sie in die Kirche ein und suchten dort den Priester. Die aktiveren Beter, besonders die Beamten, lenkten die Auf­merksamkeit der Tschekisten auf sich. Später wurden sie alle mit Admini­strativstrafen belegt.

Vor Ostern 1982 wurde die Kirche der Unierten Katholiken in Morsin aus­geraubt. Die Schüler der Berufstechnischen Schule, die in die Kirche hinein­getrieben worden waren, sammelten alle liturgischen Gefäße, Gewänder, Heiligenbilder ein, verpackten sie in Autos und transportierten alles irgend­wohin weg.

»Aušra« (»Die Morgenröte«), Nr. 34/74. Herausgegeben im Dezember 1982.

»Lietuvos ateitis« (»Die Zukunft Litauens«), Nr. 5.

Priester Alfonsas Svarinskas        
Doc. Vytautas Skuodis

Jadvyga Bielisauskienė        
Mečislovas Jurevičius

Sergej Kowaliow        
Vytautas Vaičiūnas

Anastazas Janulis        
Balys Gajauskas

Antanas Terleckas        
Gintautas Iešmantas

Julius Sasnauskas        
Viktoras Petkus

Povilas Pečeliūnas        
Algirdas Statkevičius

und andere tragen die Ketten der Unfreiheit, damit du frei leben und glauben darfst!