„Tamonis, Mindaugas (geb. am 28. August 1940 in Vilnius) — Ingenieur, Chemiker, Technologe, seit 1968: Dr.-Prom. der Technischen Wissenschaften. 1962: Abschluß des Politechnischen Institutes in Kaunas, bis 1963 tätig als Ingenieur des Baumaterialien-Industriekombinates von Daugėliai (Rayon Šiauliai); 1966—1969: Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Institutes für Bau­wesen und Architektur; ab 1969: Leiter des Chemielabors am Institut für Denkmalserhaltung. Veröffentlichungen über die Zement- und Beton-Erhär­tung."

(Kleine Litauische Sowjetische Enzyklopädie, B. III, S. 560)

 

Die „Chronik der LKK" berichtete über M. Tamonis' Weigerung, auf dem Kreuzberg das Denkmal der sowjetischen Armee zu restaurieren und über seine Einweisung in das Psychiatrische Krankenhaus von Naujoji Vilnia. Nach dreimonatigem Zwangsaufenthalt wurde Tamonis mit schweren ge­sundheitlichen Schäden entlassen. Die Möglichkeit, an weiterführenden For­schungsprojekten des Institutes mitzuarbeiten, wurde ihm entzogen.

Am 25. Juni 1975 wandte sich M. Tamonis in einem Brief an das Zentral­komitee der KPdSU. In diesem langen Brief kommt der unrealistische Glaube eines jungen, im Sowjetregime großgewordenen Wissenschaftlers an den guten Willen der Führer der Kommunistischen Partei zum Ausdruck. Zu Anfang seines Briefes weist der Autor auf die im Lande herrschende Ver­logenheit hin, an der auch hohe Regierungsstellen nicht unbeteiligt wären. Bei so viel Kompromittierendem in den eigenen Taten, habe die Sowjetregierung kein Recht, von den Bürgern Moral und Gewissenhaftigkeit zu verlangen. Auf der Sowjetregierung laste das Blut von Millionen unschuldiger Opfer. Der zynische Lügenstrom fließe weiterhin. Nicht gerechtfertigt sei die An­sicht der Kommunisten, daß im Sozialismus die Lüge zu einer „durch den Zweck geheiligten Lüge" würde. Nun sei die Zeit für eine „Revolution der Menschlichkeit" gekommen, die, nach Tamonis, durch den XXV. Parteitag vollzogen werden sollte.

 

In sieben Punkten verdeutlicht M. Tamonis die Hauptziele und die Maß­nahmen zur Verwirklichung dieser „Revolution". Er schlägt vor, die Spuren der Ära des „Personenkultes" und des chruschtschowschen „Subjektivismus" auszumerzen, Denkmale für die Opfer des Stalinismus zu errichten sowie der Entfaltung der Wahrhaftigkeit in Kunst, Presse und Leben nicht im Wege zu stehen. Hierzu schreibt Tamonis:

„Die Liquidation der drei baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland muß als falscher außenpolitischer Schritt der Stalinzeit gewertet werden. Daß die Annektion der drei baltischen Staaten keine geschichtliche Notwendigkeit gewesen ist, beweist das Beispiel der sozialistischen Mongolei. Wie dem Zentralkomitee bekannt sein dürfte, wehrt sich die einheimische Bevölke­rung der baltischen Republiken dagegen, von den als sozialimperialistische Kolonisatoren bezeichneten Immigranten ,aufgesogen' zu werden. Diese drei Völker streben danach, was ihr gutes Recht ist, ein vollwertiges staatliches und kulturelles Leben zu führen, das dem der benachbarten sozialistischen Länder, ebenso wie dem der Entwicklungsländer Afrikas und Asiens, nicht nachsteht. Wir Litauer, die über einen längeren Zeitraum hin eine mit Polen gemeinsame Geschichte hatten, wollen unser Leben in kultureller Hinsicht ebenso frei gestalten, wie die polnischen Nachbarn oder die Negervölker . . . Die baltischen Republiken müssen — gemäß dem in der Konstitution ver­bürgten Recht auf ein Referendum — ihre staatliche Souveränität wieder­erlangen. Für diese sind im Laufe der Geschichte die besten Söhne dieser Län­der gefallen. Das kann nur ein Unmensch nicht verstehen oder einer, der großstaatlich — imperialistisch denkt. Die Rückgabe der Souveränität an diese Länder würde zur Stärkung des sozialistischen Lagers beitragen, seine Autorität vergrößern."

 

Im folgenden äußert sich Tamonis zu Fragen der Religionsausübung, wobei er für die Abschaffung der Diskriminierung der Gläubigen eintritt: „.. . Der christliche Glaube beruht auf einer ebenso festen wissenschaftlich-philosophi­schen Grundlage wie auch andere Weltanschauungen. Da dieser Glaube und die in seinem Geist geschaffene Kunst früherer Zeiten und unserer Zeit die geistigen und kulturellen Ansprüche der Gläubigen befriedigen, darf den Christen und anderen Gläubigen nicht verwehrt werden, frei nach ihren Glaubensgrundsätzen zu leben und sich dennoch als vollanerkannte Mitglie­der der Gesellschaft zu fühlen. Da die Gläubigen mit allen anderen gemein­sam am Arbeitsleben teilnehmen, sollten sie auch die gleichen Rechte erhal­ten. Damit sich jedermann ein eigenens Urteil über theologische Probleme bilden kann, sollten Druckerzeugnisse religiösen und kulturellen Inhaltes auf religiöser Basis ungehindert zugänglich sein sowie Lektorate, Radio- und Fernsehsendungen zu ausführlichen Disputationen über diesen Themenkreis freigegeben werden.. ."

 

„Die Tatsache sollte berücksichtigt werden, daß zwischen Sozialismus und Religion keine grundsätzlichen Widersprüche bestehen. Im Gegenteil, durch ihr Streben, zur Läuterung der Gläubigen beizutragen, sie moralisch zu festi­gen, ihre Zuversicht und Arbeitswilligkeit zu steigern sowie den Dienst an den hohen Idealen zu einer Gewissenssache zu machen, unterstützt die Reli­gion den Sozialismus. Religion und Sozialismus sind keine Widerparte. Beide wollen die geistige Freiheit und eine humane Lebensweise der Menschheit." Tamonis vertritt den Standpunkt, daß in der politischen Sphäre die faktisch bestehenden Begrenzungen der bürgerlichen Rechte aufzuheben seien und mit der Verfolgung Andersdenkender, deren Anzahl stetig steige, aufgehört werden müsse. Dazu schreibt er: „Das anormale, antidemokratische Einpar­teiensystem muß abgeschafft werden. Ich werde zum Beispiel, als bewußter Christ des zwanzigsten Jahrhunderts, solange an keinen Wahlen teilnehmen, bis mir die Möglichkeit geboten wird, für Vertreter zu stimmen, die die kul-turellen-geistigen Interessen des Christentums wahrnehmen." „Unter Hinweis darauf, daß die Initiative in Regierungsangelegenheiten fak­tisch allein in den Händen des höchsten Parteiapparates liegt, erkläre ich hiermit öffentlich, daß ich, ebenso wie viele andere meiner Landsleute, den Status der sozialistischen Litauischen Sowjetrepublik nicht anerkenne. Ge­stützt auf den Artikel 15 der Konstitution der Litauischen SSR, fordere ich ein Referendum zur Abänderung des staatlichen Status' von Litauen und zwar: die Schaffung von Einzelstaaten oder einer Föderation der baltischen Republiken mit einer unabhängigen inneren Ordnung, die außerhalb der Grenzen der UdSSR liegen."

 

Gegen Ende seines Briefes verurteilt M. Tamonis diejenigen Kommunisten, die sich dem Fortschritt widersetzen. Er klagt sie an, die Schuld dafür zu tragen, daß im Volk die Unzufriedenheit wachse und keine Aussicht auf Verbesserung der Lage im Land bestehe. Solche Kommunisten, sind nach Meinung Tamonis, „echte Konterrevolutionäre".

 

Der Brief schließt mit einem Plädoyer gegen den Parteikult der KPdSU und dem Wunsch, daß unter den Mitgliedern des Zentralkomitees „der Mensch" den Sieg davontragen werde.

„... Nur dafür lohnt es sich zu kämpfen. Zuerst muß jedoch mit sich selbst gerungen werden, mit der eigenen Trägheit und Verzagtheit... Der einzige Weg durch die Pforte des morgigen Tages beruht auf einem reinen Gewissen, auf Unparteilichkeit, und aufrichtiger ungeheuchelter Menschenliebe." Die Versendung dieses Briefes hatte die nochmalige Zwangseinweisung von M. Tamonis in das Psychiatrische Krankenhaus zur Folge. Zwei Tage später, am 29. Juni, starb seine Mutter. Nur nach großen Anstrengungen wurde dem Sohn erlaubt, für einige Stunden das Krankenhaus zu verlassen, um sich von der Toten zu verabschieden. Am 25. Juli wurde M. Tamonis mit der Auflage entlassen, noch drei weitere Wochen sich zu Injektionen mit dem Präparat Moditen einzufinden.

 

Ohne die Möglichkeit zu haben schöpferisch tätig zu werden, isoliert an seinem Arbeitsplatz, verfiel M. Tamonis in eine tiefe Depression, die durch das Verhalten seiner Angehörigen noch verstärkt wurde. Da Mindaugas' Vater 1941 Teilnehmer der Litauischen Aktivisten-Front (LAF) gewesen war, wurde von dem KGB diese Tatsache zu einer Erpressung genutzt. Die Sicherheitsagenten versuchten Mindaugas über seine Angehörigen zu beein­flussen. In Vilnius wurde gemunkelt, daß der KGB Schritte unternehme, um M. Tamonis zu vernichten, indem ihm keine andere Wahl gelassen werde, als sich das Leben zu nehmen.

Am 5. November 1975 starb M. Tamonis unter den Rädern eines Zuges auf der Eisenbahnstrecke Vilnius—Pavilnys.

 

Die „Chronik der LKK" druckt den von engsten Freunden des Toten ver­faßten Nachruf für M. Tamonis voll ab:

„Das Menschenleben ist kurz, wie der Flaum des Löwenzahns, — der Vogel Schicksal kann es mit nur einem Flügelschlag auslöschen ... Jedoch das Licht, das die kleine Laterne ausstrahlt, geht nicht verloren. Es entgleitet ins All, läßt die zerstobenen Löwenzahnflocken hinter sich — wie ein vom Wind ge­triebenes Flämmchen —, ins Unirdische — um sich in einer fernen Welt nie­derzulassen. . ."

(M. Tamonis in „Die Botschaft")

 

Der Zug Kaunas—Moskau donnerte in Richtung Osten. In die November­dämmerung gellte eine Sirene — wie ein Aufschrei, wie der Beginn einer To­tenklage — und wurde gleich wieder von den Nebeln aufgesogen. So ver­klangen im Osten die Wehklagen der zu Tausenden Verdammten. Würden diese Klagen zu Flüssen, so überschwemmten sie die Kasachischen Steppen und die Vorgebirge des Altais und ließen den Schnee des Nordens schmelzen. Wann kommt das Ende der Klagelieder? Und was bedeutet noch ein ein­samer Aufschrei auf dem Wege, auf dem die Seelen der verurteilten Brüder und Schwestern entglitten, die nun in der Brust ihrer Kinder weiterleben und in den Gedanken der zukünftigen Helden.

 

Eine jede Generation braucht ihre Helden. Anderenfalls wird sie wertlos, zum geschichtlichen Ballast, dem nur ein kurzes Gedenken beschieden ist. Sinnlos und leer ist das Dasein einer Generation, die sich mit dem begnügt, was andere ihr gegeben haben, die nichts weiter will, als Brot und etwas Glit-zer. Selbst die Kinder, gezeugt von dieser Generation, werden bestrebt sein, sie so schnell wie möglich zu vergessen, damit ihre Seelen nicht gezeichnet werden mit dem Siegel der Sinnlosigkeit — dem Wappen einer nutzlosen Ge­neration.

 

Sollte indes nur der Tod Heldentum bezeugen? Nein. Jedoch ist der Tod die­jenige Energiequelle, welche die vom Volk und seinen Generationen gespei­cherten Willensvorräte wieder auffüllt; das ist die Fackel in tiefster Finster­nis, die den Kindern den Weg in die Zukunft weist. Das Flammenzeichen des R. Kalanta in den Kaunaer Anlagen, der Aufschrei unserer Generation, der in Mindaugas Seele keimte, bewies, daß auch in den nach der Zeit der gro­ßen Prüfung und Not Geborenen unerschöpfliche Energien emporsprudeln. Ihr alle sollt wissen — wir besitzen noch die Hoffnung auf eine Selbstver­wirklichung, Vertrauen in unsere eigenen Kräfte, wir werden noch unseren eigenen Weg zur Vervollkommnung beschreiten, der uns durch unsere We­sensart und von Gott vorgezeichnet ist. Jahrhunderte haben uns das Ster­ben gelehrt, deshalb gibt es keine sinnlosen Tode und keine Selbstmorde. Glaubt nicht an die Worte derjenigen, welche uns als psychisch Kranke und als Vaterlandsverräter einstufen. Verräter sind die, welche dies behaupten. Irrenhäuser können unseren Geist nicht ersticken. Medikamente können un­sere Körper vernichten, uns die Augen zudrücken, dann reden wir eben wei­ter mit den Lippen unserer Freunde, und unser Glaube an das von Gott ge­wollte Gute wird die Nachunskommenden ermutigen.

 

Ein jegliches Opfer zündet auf dem Altar für Freiheit und Wahrheit einen Funken. Diese Wahrheit wird von vielen unserer dem oberflächlichen Glück nachstrebenden Brüder und Schwestern nicht mehr verstanden, von der Menge, die, von sinnlosen Losungen angeführt, in der Finsternis fremden Ge­dankengutes und der Religionslosigkeit untergeht. Für sie gibt es nichts Hei­liges mehr — weder Gott, noch Volk. Alles ist ausverkauft, und selbst die Toten, welche in die Geschichte des Volkes zum Ruhme unserer Generation eingehen werden, als Gegengewicht gegen alle gleichgültigen und verlorenen Seelen, rühren nicht mehr auf.

 

Doch es wird in Litauen immer wieder Menschen geben, die vor der Unheim-lichkeit der Irrenhäuser und der Kälte in Rußlands Lagern nicht zurück­schrecken. Bestärkt werden sie in ihrer Haltung durch ihr Daseinsverständ­nis als Christen und als Litauer. Das sind die Grundbedingungen für eine geistige Erneuerung, die unbedingt kommen wird. Vielleicht werden wir eine solche nicht mehr erleben, doch sie wird einmal Wirklichkeit werden.

Um zu dieser geistigen Erneuerung beizutragen, wollen wir die Erinnerung an diejenigen wachhalten, welche umkamen, weil sie sich für diese Ideale ein­gesetzt haben.

 

Abschied

Es läuten die Glocken

Die traurige Kunde,

Alltäglich gesellt sich ein neues Opfer

Zu den übrigen Gräbern aus dieser Runde . ..

Mindaugas Tamonis lebt nicht mehr.

Noch ein weiteres Opfer gesellt sich zu den unzähligen in Viehwaggons erfro­renen, zu den erschossenen, den in der Wilija ertränkten und zu denen, die sich selbst umbrachten.

 

Er wurde nicht erschossen, er mußte nicht im Gefängnis schmachten, er wurde nicht einmal dem Untersuchungsrichter vorgeführt. Er wurde ärztlich be­handelt. Moditen-B ist eine Arznei — wenn sie einem Kranken verabreicht wird. Dem Gesunden kann sie zu einem hinterhältigen Mordwerkzeug wer­den, das still und leise wirkt, bis nur der Körper des Menschen übrigbleibt. Unser Mindaugas ist nicht mehr. Seine hohe schlanke Gestalt durchmißt nicht mehr die Mauern von Vilnius. Er war unser Maßstab, an dem wir unser All­tagsdasein maßen; er war unser Gewissen, das uns aus dem Alltagssumpf herauszog. Er war einer der ersten unserer Generation, die sich aus dem tech­nokratischen Rausch befreiten, dieser Nachkriegsgeneration, welche ohne Gott erzogen wurde. Er war einer der ersten aus unserem Kreis, der Gott wiederfand, nicht dieses „Höhere Wesen" der Buchintellektuellen, sondern den lebendigen und warmblütigen Christengott. Er trug ihn uns zu mit der Unbeirrbarkeit eines Urzeitmenschen in seinen Gedichten und in seinem Lebensstil. Und sobald er das „Wahrhaftige, Gute und Schöne" gefunden hatte, forderte er das System, in seinen Augen die direkte Verkörperung des Bösen, heraus. Er tat das nicht, um eine Deklaration seiner Uberzeugun­gen abzugeben, sondern weil er einfach nicht mehr länger mit der Verlogen­heit leben konnte. Als Nachfahre eines alten Bojarengeschlechtes beglich er so die Schuld der litauischen Adligen an sein Land.

 

 

Die Mordchronik

Im Frühjahr 1974 schreibt Mindaugas Tamonis, promovierter Doktor der Technischen Wissenschaften, Vater zweier Kinder, doch eigentlich Dichter und Wahrheitssucher, dessen Gedichte in der Gedichtsammlung Poezijos pavasaris (Frühling der Dichtung) und in der Kulturzeitschrift Literatūra ir menas (Literatur und Kunst), aber auch in der Emigrantenzeitschrift Metme­nys (Kettfäden) gedruckt wurden, eine Erklärung, in der er seinen Willen bekundete, nicht an der Restaurierung des Denkmals für die Sowjetische Armee teilzunehmen. Im Sommer des gleichen Jahres wird er in dem Vilnaer Psychiatrischen Krankenhaus interniert. Im Dezember 1974 trägt er in das Besucherbuch der St.-Kasimir-Kirche, die zum Atheismusmuseum umfunk­tioniert wurde, eine drei Seiten umfassende Eingabe ein. 1975 beendet er sein Lebenswerk „Die Botschaft", das dem Andenken an M. Čiurlionis (litau­ischer Maler und Musiker, 1875—1911; Ubers.) gewidmet ist. Als Schluß­akkord verfaßt er im Sommer 1975 einen Brief an das Zentralkomitee, in dem er zur moralischen Erneuerung aufruft und um Religionsfreiheit bittet. Die Reaktion des Systems erfolgt brutal-direkt: uniformierte Ordnungs­hüter zusammen mit Männern in weißen Kitteln schaffen ihn abermals in das Psychiatrische Krankenhaus. Die Mutter stirbt vor Kummer. Und schließlich — am 5. November 1975, vor den „großen Feiertagen", die Eisenbahn­strecke Vilnius—Pavilnys...

Weißer Vogel, kehre heim, Bringe die Blume des Blutes zurück Weißer Vogel, kehre heim — sagte er nicht, und ging fort...

Er ging fort, von den Angehörigen nicht verstanden, von den Gleichgültigen ausgelacht, von Fremden verleumdet und ermordet. Andrej Siniavskiy, sein Schicksalsbruder, hatte ihm aus dem fernen Paris die Hand zur Hilfe ausge­streckt. Doch ihr, ihr teuren Landsleute, die ihr uns aus Übersee besucht? Einer unter euch hat ihn in diesem Sommer verraten, ein anderer ihn verleug­net, ein dritter ihn verbrannt. Und wir? Wir haben ihn im Stich gelassen und gemieden, denn ihn begleitete schon der Todesschatten. ... und dann hat sich der Herrgott erbarmt und ihn zu sich gerufen ... Wir verabschieden uns von dir und begreifen, daß wir von nun ab in deinem Zeichen stehen, und daß es uns vergönnt war, neben einem der wahrhaft Großen, die Litauens Erde immer wieder und von neuem hervorbringt, ge­lebt zu haben.