der Obersten Verwaltung der Besserungsarbeitslager der UdSSR (GUITU) Gesuch

der Frau Elena Lapieniene, Vilnius, Dauguvietisstr. 5—11

Mein Ehemann Vladas Lapienis, geb. 1906, verbüßt seine Strafe in Mordavien (Rayon Tengusev, Barasev, Ucr. Zx 385/3—5). Die dortige Lagerverwaltung hat ihn bereits zweimal zu einer Karzerstrafe verurteilt und droht mit »PKT«-Haft (gefängnismäßige Unterbringung), da er angeblich die Arbeit verweigert. In Wirklichkeit ist mein Mann seit 1966 Rentner und wiederholt krank gewesen. Eineinhalb Jahre Gefängnishaft haben seine Gesundheit vollends zerstört. Trotzdem bescheinigte ein Lagerarzt nach einer Unterhaltung von wenigen Mi­nuten, eine »Ärztekommission hat befunden«, daß mein Mann in der Lage sei, schwere körperliche Arbeit zu verrichten. Die Lagerverwaltung zwingt ihn, Kohle zu schippen, Öfen zu heizen und sonstige schwere Arbeit zu verrichten, die nur gesunden Menschen zuzumuten ist. Mein Mann muß Handschuhe ferti­gen, obwohl der Lagerverwaltung wohl bekannt ist, daß er dazu wegen schwin­dender Sehkraft nicht in der Lage ist. Seit mein Mann sich weigert, gesundheit­lich unzumutbare Arbeiten zu leisten, wird er von der Lagerverwaltung laufend mit verschiedenen Strafen belegt.

Ich bitte die Lagerverwaltung anzuweisen, mit der Verfolgung meines Mannes durch Einteilung zur Schwerarbeit aufzuhören — und Strafen wie Karzerhaft, Verbot des Päckchenempfangs, Besuchsverbot und Einkaufsverbot im Lager­kiosk aufzuheben.

10. April 1978                                                 gez. E. Lapieniene

Eine analoge Eingabe wurde dem Leiter der Medizinalabteilung des Innenmini­steriums der UdSSR übersandt. Ende April reiste Frau E. Lapieniene selbst nach Mordavien, um ihren Mann zu besuchen. Ein kurzes Zusammentreffen und Übergabe von Lebensmitteln wurde genehmigt. V. Lapienis berichtete bei dieser Gelegenheit, zwei Lagerärzte hätten ihn in Gegenwart des Majors Alek-sandrov untersucht und als Invaliden zweiten Grades eingestuft. Ihm wurde eine Arbeit von täglich sechs Stunden in der Nähabteilung zugewiesen. Die Gefange­nen beschwerten sich über die Brutalität des Majors Aleksandrov.