An den verehrten Bruder Julijonas Steponavičius — Titularbischof von Antarado

Zum bevorstehenden glücklichen 25jährigen Jahrestag Deines von Dir über­nommenen ehrenvollen Amtes als Bischof, erfüllt von großer seelischer Freude, übersenden wir Dir mit großem Wohlwollen diesen Brief. Da wir schreiben, eilt in der Tat unser Geist zu Dir, verehrter Bruder, in das entfernte Land Litauens, zu dem berühmten Volk dieses Landes, das uns wegen seines christlichen Glaubens sehr lieb ist und vom Heiligen Stuhl besonders geschätzt wird, aus dem Du entstammst, in dem Du bisher gelebt hast und gegenwärtig lebst. Uns erscheint es, als ob wir, während wir diesen Brief schreiben, bei Dir wären, uns unterhalten und dieses angenehme Fest, das sich schon nähert, feiern würden.

Dich sollen von Herzen die besten Wünsche erreichen und Dir alles Gute sagen. Ebenso möchten wir Dir die wohlverdiente Verehrung kundtun, die wir Dir für Deinen reinen Glauben, den bischöflichen Eifer, für die geistigen und intellektuellen Eigenschaften und großen Verdienste, die Du Dir würde­voll und mit Fleiß durch die Ausübung des heiligen Amtes, in Sorge um die Erlösung menschlicher Seelen erworben hast, von ganzem Herzen über­mitteln. In Vorbereitung auf diese heilige Amt und in ihrer eifrigen Aus­übung hast Du fast Dein ganzes Leben verbracht. Du folgtest den lichten Spuren jener Männer, die in der Vergangenheit lebten, die, fleißig und aus­dauernd zur größeren Ehre Gottes zum Wohl der Katholischen Kirche ge­arbeitet, und unseren Herrn Jesus Christus bekannt haben durch staunens­werte Worte und Taten.

Nachdem Du die Grundschule im heimatlichen Dorf Miciūnai beendet hat­test, erwarbst Du das Abitur in Vilnius, am litauischen Gymnasium Vytautas des Großen. Später studiertest Du Philosophie und Theologie an der Uni­versität derselben Stadt. Nach der Priesterweihe 1936 wurdest Du nach Gardinas geschickt, um das Amt des Religionslehrers und des Schulpfarrers auszuüben. Drei Jahre später wurdest Du als Pfarrer nach Palūšė, Daugė­liškis und Adutiškis gesandt und gleichzeitig warst Du als Dekan im Dekanat Švenčionys tätig. Auf die Bitte des Bischofs von Panevėžys, Kazimieras Paltarokas, an den Heiligen Stuhl, hat unser Vorgänger ehrwürdigen Anden­kens Pius XII, Dich zum Titularbischof von Antarado ernannt und Dich zum Auxiliar dieses Hirten bestimmt. Nachdem er gestorben war, wurdest Du Apostolischer Administrator, zunächst in der Diözese Panevėžys und später in dem Teil des Erzbistums, das sich auf dem Territorium Litauens befindet.

Dies, verehrter Bruder, sind die wichtigsten Momente Deines Lebens, die wir, abgesehen von allen anderen, gesondert erwähnen wollten. »Wenn du die Jahre zählst — ist es eine kurze Zeit, wenn du aber die vollbrachten Taten aufzählst — dann bewertest du das Leben« (Plinijus II. 4. Brief 24,6).

Deswegen heb an diesem ehrenvollen Tag, an dem Du auf den zurückgeleg­ten Weg schaust und Dich der Vergangenheit entsinnst, die Augen empor. Dank dem lieben Gott herzlich und gebührend für die reichliche Unterstüt­zung und Gnade, mit der er Dich großzügig in vielen und großen Schwierig­keiten und Kreuzen des heiligen Dienstes belebt hat, damit Du ein wahrer Nachfolger Christi und ein guter Hirt wirst.

 

Eingedenk seiner unendlichen Barmherzigkeit und Güte, preise freudig den Allmächtigen mit dem gebührenden Lob, — freue Dich in ihm und übergebe Dich mit großem Vertrauen in seine Hände, denn, — wie der Psalmist sagt: »Wer auf den Herrn vertraut, steht fest wie der Zionsberg, der niemals wankt, der ewig bleibt« (Ps. 124, 1).

 

Die heiligste Jungfrau Maria, die Mutter der Barmherzigkeit, an die sich das Volk Litauens mit besonderer Frömmigkeit wendet und sie verehrt, möge Dich liebevoll beschützen. Christus, der »sich in seiner Menschwerdung gewissermaßen mit jedem Menschen vereinigt« (Gaudium et Spes 22) möge Dich mit der Kraft des Heiligen Geistes unterstützen und Dich mit reich­licher Gnade des Himmels bescheren.

 

Zum Schluß Unseres Briefes möchten Wir die Gelegenheit wahrnehmen, um die im Herrn gläubigen Litauer zu grüßen und sie väterlich dazu auffordern, sie mögen immer in ständiger Einheit mit ihren Bischöfen, »vom Glauben geformt, von der Hoffnung gestärkt und durch die Liebe verbunden«, leben (Hl. Augustin, Serm. 337: P. L. 3 d, 1476). Auch möchten Wir ihnen mit­teilen, daß sie uns besonders lieb und teuer sind, daß Wir sie sehr verehren und mit besonderem Wohlwollen innig lieben. Sie sollen wissen, spüren und vergewissert sein, daß der Bischof Roms — Petri Nachfolger und Stellver­treter Christi auf Erden — jetzt und künftig immer mit ihnen sein wird, denn Wir glauben, daß es sich dem Obersten Hirten am meisten geziemt, sich besonders um die Kinder zu kümmern, die in schwierigeren Verhält­nissen leben.

 

Außerdem, damit dieses Jubiläum für Dich und Deine Gläubigen frucht­bringend und heilsam sei, gewähren Wir Dir die Vollmacht, zur gegebenen

 

Zeit, nach der feierlichen Messe, in Unserem Namen den Teilnehmern dieser Feierlichkeit den Segen mit dem vollkommenen Ablaß zu erteilen, unter Einhaltung der von der Kirche vorgeschriebenen Riten und der approbierten liturgischen Form.

Letztendlich, als Bekräftigung der obig erwähnten Worte und als Beweis Unserer brüderlichen Liebe zu Dir, erteilen Wir den Apostolischen Segen, den Wir aus dieser erhabenen Stadt mit besonderer Liebe, Dir, verehrter Bruder, sowie den anderen Bischöfen, Priestern, den Personen, die sich durch ein Gelübde dem Dienst Gottes geweiht haben, — den Frauen und Männern, und auch dem ganzen Volk dieses liebsten Landes gewähren.

Vatikan, 20. August 1980

Im zweiten Jahr unseres Pontifikates

— Papst Johannes Paulus II.

 

Im Januar 1981 beteten die Priester Litauens und die Gläubigen aus Anlaß des 20. Verbannungsjahres Seiner Exzellenz, des Bischofs Julijonas Stepona­vičius (er ist ohne Gerichtsbeschluß am 18. Januar 1961 verbannt worden) für den verbannten Bischof und sandten ihm Grußworte. Hier der Text eines Grußes aus Vilnius:

»Wir haben uns zusammengefunden, um Ihnen und Gott zu danken, daß er während der schweren Prüfungszeit für Kirche und Volk das Steuer des Bistums Ihnen anvertraut hat. Obwohl Seine Exzellenz nicht in Vilnius weilt, so sind Sie im Geiste mit uns. Welch eine Unterstützung für uns, Sie im Sturm ungebrochen, unbeirrbar in den Wirbeln der List und Lüge, zu sehen! Die Lockung der Versprechungen hat Sie nicht verführt und Dro­hungen fürchten Sie nicht, — Sie wurden zu einem Leuchtturm, den nicht nur der Litauer an den Ufern des Nemunas, sondern auch die ganze Welt erblickte.

Sie — unser Führer

Sie — unser Vater

Sie — die Ehre unseres Volkes und der Kirche

Wir danken Ihnen! Wir lieben Sie! Wir beten für Sie!

Am 17. April 1981 sind es genau 22 Jahre, seitdem Seine Exzellenz, Bischof Vincentas Sladkevičius die Fesseln der Verbannung trägt. Im Jahre 1959 teilte der Bevollmächtigte des Rates für Religionsangelegen­heiten, Rugienis, Seiner Exzellenz, dem Bischof V. Sladkevičius mit, daß er aufgrund des Beschlusses des Ministerrates der Litauischen SSR, Kaunas zu verlassen und sich in Nemunėlio Radviliškis einzufinden habe. Die Miliz meldete ihn sofort in Kaunas ab, und am 17. April begann der Bischof das Leben eines Verbannten.

Seine Exzellenz, Bischof Vincentas Sladkevičius, befindet sich ohne Ge­richtsbeschluß schon 22 Jahre in der Verbannung!