Vilkaviškis

An den Apostolischen Administrator der Erzdiözese Kaunas und der Diözese Vilkaviškis

Gesuch

der Priester der Diözese Vilkaviškis.

Die Ordinarbischöfe Litauens haben das Jahr 1981 zum Eucharistischen Jahr erklärt. Die erste Hälfte des Jahres ist schon vergangen, aber man spürt nur sehr schwach, daß es ein Eucharistisches Jahr ist. Der Wunsch vieler Priester und Gläubigen, am Eucharistischen Kongreß in Lourdes teil­nehmen zu dürfen, ist ebenfalls ohne Erfolg geblieben. Deswegen möchten wir sehr gerne, daß in Litauen ein Eucharistischer Kongreß vorbereitet werde. Am besten eignet sich zu diesem Zweck die Ablaßfeier der Šilinės in Šiluva, besonders die Tage des 12. und 13. September.

Am 5. Juli 1981

N.B. Viele Priester der Diözese Vilkaviškis unterzeichneten diese Erklärung, aber einen Kongreß zu organisieren, wurde aus Furcht, die sowjetische Re­gierung reizen zu können, nicht einmal versucht.

Kaunas

Folgenden Jugendlichen erlaubte die sowjetische Regierung nicht, am Prie­sterseminar zu studieren:

1.     Kazimieras Gražulis

2.     Saulius Kelpša

3.     Justinas Jukevičius

4.     Adžius Teresius

5.     Kęstutis Žemaitis

6.     Remigijus Ivanauskas

4.        Am 11. Mai 1981 reichte Remigijus Ivanauskas seine Erklärung an das Priesterseminar zu Kaunas ein. Am 18. Mai wurde er in das Kriegskom­missariat in Raseiniai vorgeladen. Als er dort ankam, wunderte er sich, dort wartende ältere Kraftfahrer vorzufinden, die zur Arbeit nach Kasachstan gebracht werden sollten. Er ist doch kein Kraftfahrer, wozu haben sie ihn vorgeladen? Der Junge zeigte einem an der Tür stehenden Offizier seine Vorladung. Dieser hieß ihn warten. Nach einiger Zeit kam zu dem Offizier ein unbekannter Mann, beide unterhielten sich, und der Offizier befahl dem Remigijus, mit dem Unbekannten auf die andere Straßenseite — zur Miliz zu gehen. Dort begann eine Befragung: »Wo ist Dein Vater, hast Du noch

Brüder, Schwestern, wie sind Deine weiteren Pläne?« Er stellte sich als Tschekist vor. Remigijus begriff, daß er deswegen verhört werde, weil er eine Erklärung an das Priesterseminar abgegeben habe. Es ergossen sich die Fragen:

»Was hat Dich bewogen, in das Priesterseminar zu gehen?« Ob er den Prie­ster Alfonsas Svarinskas, den Priester Vytautas Skiparis und andere eifrige Priester kenne?

Nach einiger Zeit kam der Vorsteher des KGB und wieder ergossen sich ähnliche Fragen. Er fragte ihn außerdem, ob ihm niemand was von dem Untergrundpriesterseminar erwähnt habe. Nach zwei Stunden, nachdem sie befohlen hatten, am 22. Juni in das KGB wiederzukommen, entließen sie den Jüngling. Diesesmal begannen die Tschekisten, den Ivanauskas zur Mitarbeit anzuwerben: wenn er im Priesterseminar sein werde, dann müßte er ihnen mitteilen, ob nicht jemand Untergrundliteratur verbreite, ob nicht jemand gegen die Gesetze verstoße und ähnliches. Remigijus widersetzte sich ihnen:

»Lieber gehe ich in kein Priesterseminar, als daß ich ein Schuft werde!«

Nach drei Stunden ließen sie den Jungen gehen, nachdem sie ihm befohlen hatten, wieder herzukommen, wenn er aus dem Priesterseminar eine Antwort erhalten habe. Als er eine negative Antwort aus dem Priesterseminar er­halten hatte, reiste Remigijus wieder zum KGB, wo sie ihm sagten: »Dieses Jahr hast Du Dir selbst den Weg versperrt, versperre ihn nicht für das nächste Jahr! Wenn Du uns hilfst, dann helfen wir Dir auch. Und wenn nicht — wirst Du das Priesterseminar nie sehen!«

»Lieber werde ich 10 oder 15 Jahre warten, aber nie ein Judas werden!« — entschlossen verwarf Remigijus Ivanauskas das niederträchtige Angebot.

 

An den Vorsitzenden der Bischofskonferenz Litauens Seine Exzellenz Bischof Liudvikas Povilonis

Erklärung

Wir sind besorgt und bewegt über die schwere Lage des einzigen Priester­seminars zu Kaunas. Es ist uns bekannt, daß im Herbst des vergangenen Jahres 17 Kandidaten nicht in das Priesterseminar zu Kaunas aufgenommen wurden. Diese verwarf nicht die Leitung des Priesterseminars, sondern der Bevollmächtigte des Rates für Religionsangelegenheiten. Der Seminarist im IV. Kursus aus der Diözese Telšiai, Aloyzas Volskis, wurde des Priester­seminars verwiesen. Er wurde auf eine Anordnung desselben Bevollmäch­tigten verwiesen, aber nicht auf einen Beschluß der Leitung des Priester­seminars. So behandelte die Zivilregierung die Kandidaten und die Alumnen des Priesterseminars durch die ganzen Nachkriegszeiten hindurch.

Wir lesen in der sowjetischen Presse, hören im Rundfunk und Fernsehen, und manchmal erklären uns auch die Redner, daß die sowjetische Regierung sich nicht in die inneren Angelegenheiten der Kirche hineinmischt. Wenn es so ist, warum denn bestimmt die Regierung, wen man in das Priesterseminar aufnehmen soll, wieviele man aufnehmen soll, wen man ablehnen soll, wen des Priesterseminars verweisen?

Wir, die Gläubigen, erhalten das Priesterseminar durch unsere Spenden. Unsere Familien geben dem Priesterseminar die Kandidaten. Sie sind die schönsten Blüten der Familien. Wir können nicht gleichgültig zuschauen, wenn die normale Arbeit des Priesterseminars eingeschränkt wird. Außer­dem bleiben immer mehr Pfarreien ohne Pfarrer. Es scheint so, daß der Mangel an Priestern nicht wegen des Mangels an Berufungen besteht.

Deswegen bitten wir und trauen uns zu fordern, daß Sie, unsere Hirten, alles unternehmen möchten, daß alle Kandidaten, die gewillt und geeignet sind, im Priesterseminar studieren dürfen.

Wir, die Gläubigen, werden Euch und das Priesterseminar auf jede Weise unterstützen.

Die Unterzeichneten:

In Batakiai — 117 Gläubige        in Žygaičiai — 187 Gläubige

in Sartininkai — 167 Gläubige        in Plungė — 1490 Gläubige

in Pagramantis — 133 Gläubige        in Alsėdžiai — 254 Gläubige

in Varduva und Zern. Kalvarija —        221 Gläubige

in Šateikiai — 140 Gläubige        in Rietavas — 501 Gläubige

in Plateliai — 640 Gläubige        in Kuliai — 155 Gläubige

in Tveriai und Medingėnai — 360        Gläubige

in Tirkšliai — 353 Gläubige        in Kontaučiai — 83 Gläubige

in Skuodas — 423 Gläubige        in Žemalė — 158 Gläubige

in Ylakiai — 287 Gläubige        in Mosėdis - 310 Gläubige
in Tauragė — 2097 Gläubige

 

Telšiai

Noch vor dem Feiertag der Allerheiligen am 1. November 1981 ermahnte der Stellvertreter des Vorsitzenden des Rayonexekutivkomitees von Telšiai, Jankus, den Pfarrer J. Pačinskas und den Verwalter der Diözese, A. Vaičius, daß es verboten sei, am 1. 11. auf dem Friedhof von Telšiai die Weihe der Denkmäler und irgendwelche religiösen Zeremonien durchzuführen. Sollte dieses Verbot mißachtet werden, dann werden die Kapellchen auf dem Berg der Mädchen und am Ehrenhügel abgerissen (vom Staat geschützte Volks­kunstdenkmäler, wo seit Menschengedenken die Kapellchen stehen und

Kreuze aufgestellt werden). Außerdem sei es nur dem Priester J. Pačinskas erlaubt, die Gottesdienste in Viešvėnai durchzuführen. Obwohl diesem Ver­langen der Gottlosen entsprochen wurde: die Durchführung der Gottesdienste in Viešvėnai übernahm der Priester J. Pačinskas, hat der Autoinspektor von Telšiai, Vaičys, den Personenkraftwagen, in dem der Priester J. Pačinskas mit seinen Mithelfern, den Priestern Vytautas Mikutavičius und Jonas Kauneckas zum Gottesdienst nach Viešvėnai fuhren, angehalten. Ungeachtet dessen, daß der Priester J. Pačinskas sich beklagte, daß er keine Zeit habe, zu spät hinkäme, wurde das Auto und sogar der Gepäckraum kleinlich genau untersucht. Die Priester mußten ihre Reise zu Fuß beenden. Diese Kontrolle wurde speziell organisiert, um die Priester zu behindern: vorher und nachher wurden keine Autos kontrolliert (nur ein oder das andere, zum Schein, in Eile). Die zu spät zum Gottesdienst angekommenen Priester konnten bis zum Ende des Gottesdienstes nicht alle Beichten abnehmen. Die wegen der Behinderung aufgeregten Gläubigen von Viešvėnai richteten eine Beschwerde an den Staatsanwalt der LSSR.

Dem Kraftfahrer war streng verboten worden, nach dem Gottesdienst die Priester nach Telšiai zurückzubringen, obwohl der Verkehr in alle anderen Richtungen nicht verboten war. Die Rayonbeamten hofften, daß es die Priester nicht mehr schaffen, bis zur Trauerprozession auf den Friedhof von Telšiai zurückzukommen. Aber nach dem Gottesdienst haben sich sogar mehrere Autofahrer angeboten, die Priester nach Telšiai zurückzubringen.

Bei dem Friedhof von Telšiai sammelten sich die Leute mit Blumen und Kerzen in den Händen. Vor dem Friedhof wartete die Miliz auf sie und auf dem Friedhof auch die Tschekisten, außerdem war auch ein kleiner Trupp Soldaten, bewaffnet mit Seitengewehren und Revolvern, dabei. In der Nähe des Grabes der Märtyrer von Rainiai stand eine Gruppe von Milizmännern — diese Streitkräfte der Gottlosen ermunterten geradezu die Menschen, sich demonstativ vor diesem Grab, das in einem Meer von Kerzen versank, zu versammeln. Die Gläubigen wurden von den zum Friedhof gekommenen Priestern bestärkt:

»Ihr braucht keine Angst zu haben, wir sind mit Euch!« Die Zeremonien der Allerseelenprozession führten der Dekan von Telšiai, Priester Antanas Striukis und der Priester J. Kauneckas durch (die Teilneh­mer der Prozession, wer weiß von wem veranlaßt, nahmen selber daran nicht teil). Es sangen die Chöre der Kathedrale und der Pfarrkirche. Die Gott­losen übertrugen aber zu der Zeit durch die Lautsprecher eine symphonische Musik. Einige Frauen gingen hin, um zu bitten, die Anlage abzuschalten. Die die Apparatur bewachenden wohlbemützten Sicherheitsbeamten erwi­derten aber:

»Ausgeschlossen!«

Die kreischende Begleitmusik, die nur aufhörte, wenn die Gottlosen ihr eigenes Programm abwickelten, übertönte die Gebete der Gläubigen und sogar das feierliche »Libera« des gemeinsamen Chores.

 

Plungė

Am 20. Oktober 1981 wurde der plötzlich verstorbene Ortspfarrer Adomas Milerius beigesetzt. Er hatte sich als äußerst energischer Priester ausgezeich­net, der wegen seines Fleißes schon öfters gelitten hatte. In den Nachkriegs­jahren arbeitete der Priester A. Milerius im Dom von Telšiai sehr erfolgreich mit der Jugend, wurde deswegen von den Gottlosen aus seiner Wohnung hinausgeworfen und wohnte in einem Zelt auf dem Kirchhof. Als er später Pfarrer in Gaurė war, organisierte er einen Kinderchor — dafür wurde er von der Regierung wieder bestraft —, dann arbeitete er als einfacher Arbeiter im Torfmoor. Im Frühjahr 1981 organisierte er die Dekane, damit diese, wenn der Bevollmächtigte des Rates für Religionsangelegenheiten sie einlüde, zu den Gesprächen mit ihm nicht hinführen. Priester A. Milerius veranlaßte den Priester Leonas Šapoka, seine Verbindungen mit dem Sicherheitsdienst abzubrechen. (Die Nr. 17 der »Dievas ir Tėvynė (»Gott und Vaterland«) weist darauf hin, daß die Hauptfigur der Beschreibung »Naktis« (»Die Nacht«), der Priester, der mit dem Sicherheitsdienst arbeitete, dessen Leben mit dem Märtyrertod endete, in Wirklichkeit der Priester Leonas Šapoka ist).

Die Gottlosen versuchten noch einmal, Rache an Priester Milerius zu üben — sie erlaubten nicht, ihn auf dem Kirchhof zu beerdigen. Die daraus ent­standenen Folgen waren unvorhergesehen. Die Beisetzungsprozession lähmte die ganze Stadt.. Die Behörden und die Kaufläden arbeiteten nicht. Alle eilten auf die Straße und schlössen sich dem Trauerzuge an. Eine derartige Demonstration, eine derartige Zusammenrottung von Menschen hat Plungė noch nie gesehen.

An der Beerdigung nahmen etwa zehntausend Menschen und über hundert Priester teil. Der Priester A. Pridotkas brachte in seiner Predigt Beweise vor, daß die Kirche von Gaurė von den Atheisten in Brand gesteckt worden sei. Der Priester Bulika bedankte sich in seiner Predigt bei den Führern des Rayons dafür, daß sie den Priester Milerius den Führern der Industrie als Beispiel vorstellten, wie man die Umgebung ordnen und die Menschen organisieren solle. Er äußerte in seiner Predigt außerdem den Gedanken, daß der Hl. Vater der Kampfstimmung einiger Priester gegen den Atheismus nicht beipflichte, denn dies könne eine gefährliche Konfrontation hervor­rufen. Der Priester Gedvilą und der Priester J. Kauneckas sprachen von der Notwendigkeit, den Glauben zu verteidigen, und der Verwalter der Diözese, der Priester A. Vaičius, bedankte sich bei dem Priester Milerius für seinen Fleiß und seine Treue.

Pamūšys

An den ersten Sekretär des ZK der SSR Litauen P. Griškevičius Erklärung

der Gläubigen von Pamūšys

Ein schweres Unglück hat uns getroffen. Am 8. August dieses Jahres, um 17 Uhr, wurde unser Pfarrer Leonas Mažeika ermordet. Wir fürchten uns, ohne Pfarrer bleiben zu müssen. Wir bitten Sie zu erlauben, mehr junge Männer in das Priesterseminar aufzunehmen, damit sie sich auf das Priester­amt vorbereiten können und der Bischof mehr Priester bekommt, von denen er uns einen als Pfarrer ernennen könnte, denn viele Pfarreien sind ohne Pfarrer geblieben. Dieses Schicksal könnte auch unsere Pfarrei ereilen.

Am 10. August 1981        Unterschrieben von 271 Gläubigen

Šiauliai

Am 29. Sepember 1981 wurde in Šiauliai bei dem Priester F. Baliūnas, wohnhaft in Komjaunimo 17-1, eine Durchsuchung gemacht. An der Durch­suchung nahmen 4 Tschekisten und 2 Geladene teil. Mit der Durchsuchung wurde um 9 Uhr in der Frühe begonnen und sie wurde um 17 Uhr beendet. Sie durchsuchten das Zimmer des Priesters, sein Auto und sein Motorrad. Während der Durchsuchung beschlagnahmten sie eine Schreibmaschine »Optima«, die Nr. 12 der »Tiesos Kelias« (»Der Weg der Wahrheit«), »Laiskai sesutės« (»Schwesterchens Briefe«) 2 Stück »Lietuvos istorija« (»Die Geschichte Litauens«) von Z. Ivinskis, die Gedichtbände »Kraujas ir ašaros« (»Blut und Tränen«) und »Erškėčiams žydint« (»Wenn die Dornen blühen«) 35 Magnetophon-Kassetten, verschiedene Notizen und Adressen. Nach der Durchsuchung brachten sie den Priester F. Baliūnas zum Sicher­heitsdienst und dort verhörten sie ihn eine Stunde lang. Sie verlangten Aus­kunft, von wem er die beschlagnahmten Sachen bekommen habe.

 

Šiauliai

Am 1. September 1981 wurde bei dem Dozenten des Pädagogischen Instituts zu Šiauliai, Alminas, eine Durchsuchung vorgenommen.

 

Prienai

Am 2. Juli 1981 sind zu Kazimieras Buzas, wohnhaft in Rayon Prienai, Dorf Bačkininkai, eine zivil angezogene Person (man vermutet, das sei ein neuer Mitarbeiter des KGB im Rayon Prienai) und zwei Milizmänner ge­kommen. Ohne sich vorgestellt zu haben, verlangten die Angekommenen nach den Personalausweisen. Da Buzas ein Jäger ist, befahl ihm ein Miliz­mann zu zeigen, wo das Gewehr aufbewahrt sei. Etwas später sagten sie, daß sie auch die Isolation der elektrischen Leitungen durchprüfen werden. Seit wann kontrollieren die Tschekisten und die Milizmänner die Elektri­zität? Unter dem Vorwand der »Elektrizitätsprüfung« gingen sie durch die Zimmer und andere Räume und kontrollierten aufmerksam die dort be­findlichen Gegenstände.

Am selben Tag wurde noch bei zwei anderen Einwohnern des Dorfes die »Elektrizität« geprüft.

Das ist die neue Art, Hausdurchsuchungen zu machen.

 

Vilnius

Am 26. September 1981 in der Frühe bemerkte man, daß der Keller von Jonas Sadünas ausgeraubt war, und unter anderem alle Briefe, die Nijolė Sadūnaitė aus dem Lager geschrieben hatte, mitgenommen waren. Jonas Sadūnas bat zwei Tage lang die Miliz, zu dem Tatort zu kommen, sie kamen aber erst am dritten Tage.

Am 5. Oktober um 11 Uhr wurde in der Wohnung von Jonas Sadūnas angeblich aus der Miliz angerufen und es wurde gebeten, in die Milizab­teilung zu kommen, um die Akte über den Diebstahl anzulegen. Die zu Hause befindliche Ehefrau des Jonas Sadūnas weigerte sich hinzugehen, deswegen versprach der Beamte, am Abend selbst vorbeizukommen. Nach 15 Minuten wurde Jonas Sadūnas aus Schweden angerufen. Der angebliche Milizmann erschien nicht mehr; man wollte, bestimmt, ein Gespräch mit dem Ausland verhindern.

 

Vilnius

Am 10. Juli 1981 wurde Eduardas Bulach, ein gläubiger Mann, wegen seines Wunsches, ins Ausland auszuwandern und wegen des Verzichtes auf die sowjetische Staatsangehörigkeit in die Milizabteilung des Leninrayons zu Leutnant Vasiliauskas vorgeladen und dort verhört. Auf Anweisung des Oberleutnants Adomaitis haben sie E. Bulach aus der Miliz in das psycho-neurologische Krankenhaus nach Nauja Vilnia zu einer gerichtsmedizinischen Expertise gebracht (er wird gemäß § 211 des StGB — der Militärdienstver­weigerung beschuldigt). In dem psychoneurologischen Krankenhaus erklärten sie der Frau Bulach, daß allein schon der Umstand, daß ihr Mann auswan­dern wolle, zeige, daß er psychisch krank sei, denn ein normaler Mensch könne so etwas nicht wollen.

Am 21. Juli wurde E. Bulach endlich für gesund erklärt und in die Freiheit entlassen. Die Freiheit dauerte aber sehr kurz. Am 9. September 1981 ver­urteilte daß Volksgericht in Vilnius den Eduardas Bulach zu einem Jahr Freiheitsentzug; die Strafe sei in einem Lager mit allgemeinem Regime zu verbüßen. Sie verurteilten ihn nach demselben § 211 des StGB. Das Oberste Gericht in Vilnius bekräftigte am 14. Oktober 1981 dieses Urteil — 1 Jahr Freiheitsentzug für E. Bulach. Die Verteidigerin erklärte vor Gericht, daß E. Bulach überhaupt unschuldig sei und verlangte die Einstellung des Verfahrens. Der Staatsanwalt erwiderte darauf, daß die Strafe klein sei und schlug vor, bei 1 Jahr zu bleiben, was das Gericht auch tat.

Auf die Beschwerden der Frau des E. Bulach an das Oberste Gericht der LSSR und an die Staatsanwaltschaft vom 22. Oktober 1981 antworteten der Vorsitzende des Obersten Gerichts I. Misiūnas und der Oberjustizrat für Kriminalprozesse J. Murauskas ihr schriftlich, daß Eduardas Bulach zu recht verurteilt sei und daß seine Strafe nicht allzu groß sei, obwohl ihm gemäß § 211 die Höchststrafe zugesprochen worden war. Im Gefängnis zu Lukiškis drohten die Gefangenen dem E. Bulach, daß er, wenn er seinen Glauben an Gott nicht verleugne, umgebracht werde. Diese Einschüchterung erschreckte den Eduardas nicht. Zur Zeit befindet sich E. Bulach im Lager zu Pravieniškės.

Zu Hause blieb seine Frau mit drei minderjährigen Kindern zurück. 

Krakės (Rayon Kėdainiai)

Im September 1981 wurden in der Staatsanwaltschaft des Rayons Kėdainiai die Kinder der Pfarrei Krakės vernommen, die sich vorbereitet hatten, die Erstkommunion zu empfangen. Unter anderem wurden sie auch gefragt, wer ihnen die Katechismen, Gebetbücher, Rosenkränze, Medaillons gegeben habe. Einige Kinder wurden gefragt, warum sie den Priestern am Tag der Erstkommunion Rosen überreicht hätten.

 

Šilalė

Am 13. Oktober 1981 wurde der Pfarrer von Šilalė, der Kanonikus Feliksas Valaitis, zum Stellvertreter des Vorsitzenden des Rayonexekutivkomitees Petras Baguška vorgeladen. Zwei Stunden lang attackierten P. Baguška und der Vorsteher des Sicherheitsdienstes von Šilalė, Ališauskas, den Kan. F. Valaitis wegen der »Unordnung« in der Kirche von Šilalė. Und zwar, warum er den Vikar von Šilalė, V. Skiparis, der sehr antisowjetisch gesinnt sei, nicht zur Vernunft bringe, warum der Nijolė Sadūnaitė erlaubt wurde, in der Kirche zu reden? Sie brachten ihre Unzufriedenheit auch über den zweiten Vikar von Šilalė, den Priester Aloizas Lideikis zum Ausdruck, der, ihnen zu Folge, sich dem schlechten Einfluß des Priesters V. Skiparis ergebe.

Šilalė

Am 14. Oktober 1981 waren zu dem Stellvertreter des Vorsitzenden des Rayonexekutivkomitees folgende Mitglieder des Kirchenkomitees vorgeladen: Juozas Štembergas, Julijonas Aužbikavičius und Jonas Masidunskas. P. Baguška las ihnen ein Schreiben vor, in dem geschrieben war, daß man die Kirche von Šilalė werde schließen müssen, wenn man den Vikar von Šilalė, den Priester Vytautas Skiparis, nicht zur Raison bringen werde. J. Štem­bergas und J. Aužbikavičius unterzeichneten dieses Schreiben, J. Masi­dunskas weigerte sich aber entschieden zu unterschreiben, mit der Begrün­dung, daß der Priester Vyt. Skiparis nichts Böses lehre, niemanden aufhetze, sondern von der Kanzel die Wahrheit verkündige.

 

Laukuva (Rayon Šilalė)

In der Nacht zum 23. August 1981 wurde in die Kirche von Laukuva ein­gebrochen. Die Verbrecher brachen mit einem Brecheisen den metallenen Tabernakel auf und trugen das Kommuniongefäß weg, und das Allerheiligste Sakrament schütteten sie auf dem Altar aus.

 

Palanga

Am 23. August 1981 wurde in der Nacht die Kirche von Palanga beraubt. Die Verbrecher drangen durch das obere Kirchenfenster ein und stahlen die gesamte Verstärkeranlage.

 

Tauragnai (Rayon Utena)

In der Nacht vom 23. zum 24. August 1981 brachen Übeltäter in die Kirche von Tauragnai ein und raubten das Allerheiligste Sakrament, zwei Kom­munionsgefäße, zwei Meßkelche und ein Gefäßchen mit Krankenöl. Am 11., 12. und 13. September fanden in der Kirche zu Tauragnai Fürbitte­gottesdienste und Anbetung des Allerheiligsten Sakramentes statt. Am ersten und letzten Tag beteten die Mädchen und die Frauen das Allerheiligste Sakrament an, und am zweiten Tag — die Knaben und die Männer. An jedem Tag wurde der Rosenkranz gebetet und wurden die Kreuzwege gegangen. An den Gottesdiensten nahmen auch die Priester aus der Nachbarschaft und eine große Schar von Gläubigen aus der eigenen und aus den Nachbar­schafts-Pfarreien teil. Während der Hl. Messe am Sonntag sangen die Mäd­chen. Sie gingen die Kreuzwege und beteten den Rosenkranz. Wegen der Arbeiten bei der Kartoffelernte wurden zahlreiche Pfarrkinder und Schüler verhindert und konnten nicht zu den Gottesdiensten kommen. An den Für­bittetagen wurden beinahe 1000 Hl. Kommunionen ausgeteilt.

 

Akmenė

Im Sommer 1981 wurde das Denkmal-Kreuz vom Grabe des Prälaten Dr. Kalikstas Kosakauskis zerstört. Das Kreuz war in der Liste der vom Staat geschützten Denkmäler eingetragen. Auch die Proteste der Gläubigen und eine Klage des Priesterrates der Diözese Telšiai an den Generalstaatsanwalt der UdSSR sind unberücksichtigt geblieben.

 

Vembutai (Amtsbezirk Viešvėnai, Rayon Telšiai)

Am 4. September 1981 in der Frühe haben die Leute an Stelle eines Kreuzes, das hier schon einige Jahrzehnte gestanden hatte, nur ein Loch vorgefunden. Die Gläubigen tragen schwer an dieser Untat der atheistischen Strolche. Das Kreuz wurde von den Gläubigen immer besucht, gepflegt und geschmückt.

 

Lieplaukė (Rayon Telšiai)

Am 30. Oktober 1981 spazierten um die Kapelle, die neben dem Anwesen von Delpša im Zentrum von Lieplaukė steht, zwei Milizmänner und zwei Herren mit Hüten herum. Die Leute sprachen besorgt: »Die reißen bestimmt unser schönes Kapellchen ab.« Und tatsächlich, in der darauf folgenden Nacht verschwanden die Figürchen des Kapellchens, die Vitrage und die Verzierungen.

 

Šiauliai

Jadvyga Kaušienė (wohnhaft in Komunarų 7-9) arbeitete 25 Jahre lang als Pädagogin. Als gute Spezialistin, Logopädin, war sie von allen geschätzt und beliebt. Es gibt nur wenige Logopäden und Schulleiter in Litauen, die beim Besuch von Šiauliai nicht das durch ihre Bemühungen eingerichtete Logopädische Kabinett (in der II. Hilfs-Schule) besucht hätten. Es wurde als eines der besten in seiner Einrichtung und den Lehrmitteln bezeichnet. Jadvyga Kaušienė — eine bekannte Spezialistin in der ganzen Republik, hat ein Herz für alle gehabt, die mit ihr Arbeitserfahrungen und Wissen teilen wollten. Ihr Sohn, Rolandas Kaušas, besuchte die V. Mittelschule in Šiauliai. Das Lernen machte ihm keine Schwierigkeiten; weder in der Schule noch in der Familie hat es Konflikte gegeben. Es schien, wie wenn alles bestens ginge. Jedoch im Dezember 1978 ruft die Direktorin der Schule, Jakimčienė, den Rolandas in ihr Arbeitszimmer und beginnt mit der »Erziehungsarbeit«. Sie habe gehört, daß Rolandas die Kirche besuche, daß er die Absicht habe, in das Priesterseminar einzutreten. Die entsetzte Direktorin schimpft ihn aus und ermahnt ihn, er solle ja nicht wagen, es zu tun, denn sonst wäre es schlecht um ihn bestellt. Am 22. Dezember desselben Jahres lädt den Ro­landas außerdem die Sekretärin der Kommjugend der Schule zu einem Ge­spräch zu demselben Thema vor. Die Sekretärin ist besonders darüber erbost, daß der Schüler mit dem Priester Feliksas Baliūnas befreundet ist. Am 30. Dezember schaltet sich die »schwere Artillerie« — das KGB — in die »Erziehungsarbeit« ein. Als man Rolandas im Hause allein antraf, bringen die Tschekisten ihn in ihrem Auto in ihren Amtssitz. Dort wird ein »prophylaktischer« Kursus durchgeführt: sie fragen ihn aus, ob er die Untergrundliteratur lese, mit welchen Priestern er befreundet sei, ob er wirklich in das Priesterseminar zu gehen beabsichtige, und zwingen ihn, eine Selbstrechtfertigung zu schreiben.

Im Februar 1979 werden in der Schule die Beurteilungen der Schüler be­raten, die die XI. Klasse abschließen. Die Direktorin Jakimčienė befiehlt dem Rolandas, sich im Angesicht der Lehrer und Schüler zu rechtfertigen, warum er sich mit den Priestern trifft, warum er in das Priesterseminar gehen wolle.

Am 1. März 1979 lädt der Direktor der II. Hilfsschule, Baltraitis, die Mut­ter des Rolandas, die dort als Logopädin arbeitet, die Lehrerin Jadvyga Kaušienė vor. Gemeinsam mit ihm nimmt auch die Sekretärin der Partei­organisation der Schule Vičkutė daran teil. Es begann ein Verhör: Sie hätten gehört, daß der Sohn der Lehrerin Kaušienė in das Priesterseminar einzu­treten beabsichtige. Nachdem er die Lehrerin ausgescholten hatte, drohte ihr der Direktor: »Weißt Du, was Dich erwartet? Wenn Dein Sohn in das Priesterseminar geht, wird es schlecht für die ganze Schule. Warum hast Du Deinen Sohn so schlecht erzogen?

Am 13. März wird J. Kaušienė zu dem Leiter der Bildungsabteilung der Stadt Šiauliai, Kleišmanas vorgeladen. Der Direktor Baltraitis kommt eben­falls hinzu. Kaušienė wird wieder ausgefragt, wegen der »schlechten« Er­ziehung ihres Sohnes getadelt. Kleišmanas erklärt: »Wenn Ihr Sohn in das Priesterseminar gehen sollte, dann würde es schlecht nicht nur für die Schule, sondern auch für die ganze Stadt Šiauliai.« Er gibt ihr den Rat, es sich zu überlegen und auf ihren Sohn einzuwirken. Schließlich, am 19. Juni, wird Kaušienė in die Abteilung des KGB der Stadt Šiauliai geladen. Zwei Tsche­kisten verhören sie. Sie beschuldigen sie, weil die Lehrerin mit schlechten Menschen befreundet sei — mit Priester F. Baliūnas, mit Jadvyga Petke­vičienė, warum sie Briefe in das Konzentrationslager nach Mordwinien an den dort schon über 20 Jahre inhaftierten politischen Gefangenen Algirdas

2ipre schreibe, warum ihr Sohn »nicht auf dem richtigen Weg« bleibe, usw. Die Tage vergehen. Endlich beendet Rolandas Kaušas die Schule. Um weiter-zustudieren, geht er auf das Politechnische Institut nach Kaunas. Es schien so, als ob sich alles beruhigt hätte. Aber »das wachsame Auge und das empfindsame Ohr« läßt die Familie Kaušas nicht in Ruhe. Am 6. Februar

1980        wird die Lehrerin Kaušienė wieder vom Direktor Baltraitis vorgeladen, um sich wegen der von ihr bezogenen, für eine sowjetische Pädagogin unvereinbaren Position in Bezug auf die »schlechte« Erziehung ihres Sohnes zu rechtfertigen. Im Juni desselben Jahres, nach endgültigem Entschluß, reicht ihr Sohn Rolandas eine Erklärung an das Priesterseminar zu Kaunas ein.
Nach einer »Aktion« des KGB und der Kollaborateure — wird der Erklärung
nicht entsprochen.

Durch die andauernden Angriffe des KGB und seiner Handlanger, durch den Ärger, die nervlichen Belastungen, wird Kausiene im Juni krank und kommt in das TBC-Krankenhaus nach Romainiai, wo sie beinahe ein halbes Jahr liegen bleibt. Nachdem sie sich etwas erholt hat, kommt sie im Januar

1981        in ihre Arbeit wieder zurück. Der Direktor Baltraitis geht sofort zur Attacke über. Er befiehlt der J. Kaušienė, eine Erklärung zu schreiben, daß sie die Arbeit aufgebe. Auf die Frage, was sie verbrochen habe, antwortet er, daß es wegen ihres Sohnes sei, Kaušienė schreibt die Erklärung nicht.
Es kommt die Zeit der großen Ferien. Jetzt beginnen telefonische »Attacken«.
Der Direktor ruft sie zu Hause an:

»Bringen Sie Ihre Erklärung. Sie haben kein moralisches Recht, an einer sowjetischen Schule zu arbeiten!«

Er warnt sie, sie solle es ja nicht wagen, nach den Ferien in die Arbeit zu­rückzukommen. Aber am Ende der Ferien kommt J. Kaušienė wieder in ihre Schule zurück. Noch am selben Tage schimpft der Direktor Baltraitis die Lehrerin wieder aus, er schreit, daß das alles nicht von ihm abhänge, daß ihm befohlen sei, sich ihr gegenüber so zu verhalten, damit sie von selbst ihre Arbeit aufgebe.

Die Tage verstreichen. J. Kaušienė arbeitet noch, aber immer dunklere Wolken brauen sich zusammen. Am 19. Februar wird J. Kaušienė wieder zum Direktor befohlen, um sich zu rechtfertigen. Baltraitis schlägt sich gegen die Brust: sie gäben ihm keine Ruhe, sie lüden ihn, angeblich, andauernd vor und, wenn Kaušienė nicht »freiwillig« die Schule verlasse, werde es ihm schlecht ergehen.

Und so finden andauernde Überredungen statt. Am 2. März, die Lehrerin Kaušienė ist wieder in sein Dienstzimmer vorgeladen, schreit Baltraitis tobend:

»Wenn Du nicht gehst, dann werde ich strengere Maßnahmen ergreifen. Ich bin hier der Direktor, und ich muß die Angelegenheit in Ordnung bringen.« Nachdem sie die Geduld verloren hatte, schreibt die Lehrerin Jadvyga Kaušienė eine Erklärung, daß sie, einem Befehl der Regierung folgend, aus der Arbeit ausscheide; aber Baltraitis ist mit der Formulierung nicht ein­verstanden:

»Sie werden mich einen Narren nennen, wenn ich ihnen eine solche Erklä­rung hinbringe ...«

Zur selben Zeit wird der Sohn der J. Kauškienė, Rolandas, schwer krank. Er kommt in ein Krankenhaus zu einer Operation. Die Lehrerin, von allen Nöten geplagt und noch im Glauben an die Reste des Gewissens bei ihren Kollegen, schreibt eine Erklärung an den Leiter der Bildungsabteilung der Stadt Šiauliai, Kleišmanas, er möge ihr erlauben, von der Arbeit solange fortzubleiben, bis das Schuljahr zu Ende sei, bis ihr Sohn gesund werde, bis sie eine andere Arbeit finde. Aber alles umsonst! Der Leiter der Bildungs­abteilung Kleišmanas befiehlt dem Direktor Baltraitis: »Behandele sie so, daß sie so bald wie möglich die Schule verläßt und die Lust verliert, Bittgesuche zu schreiben...« Zu der Zeit pflegte Kaušienė ihren schwerkranken Sohn. Am 14. März rief die Lehrerin Stakvilavičienė telefonisch an und befahl der Kaušienė, unbedingt in die Schule zu kommen und die Erklärung, den Ver­zicht auf die Arbeit, mitzubringen.

Inzwischen hat Kaušienė die Hoffnung noch nicht verloren, daß der Leiter der Bildungsabteilung, Kleišmanas, ihre schwere Lage berücksichtigen werde und sie für einige Zeit in Ruhe lassen werde. Alles umsonst! Am 16. März wird sie gezwungen, ihren kranken Sohn alleinzulassen und in die Schule zu kommen.

In der Schule findet sie die schon versammelten Inquisitoren: den Direktor Baltraitis, seinen Stellvertreter Ruškus, die Lehrerin Stankvilevičienė und die Sekretärin der Schule. Auf ihre Frage, was sie von ihr wollten, beginnt die Sekretärin ein Schreiben über ihre Entlassung vorzulesen. Kaušienė wollte, bevor das »Urteil« zu Ende gelesen war, zur Tür hinausgehen, aber Baltraitis sprang schnell auf, versperrte ihr den Ausgang und schob ihr irgendsoein Schreiben zu, das sie unterschreiben sollte. J. Kaušienė unter­zeichnete nicht und ging fort. So war ein »freiwilliger« Verzicht auf die Arbeit vorbereitet. So wurde die Pädagogin-Logopädin Jadvyga Kaušienė für ihre langjährige aufopferungsvolle Arbeit und ihre Liebe zu den Kindern belohnt.

 

Šiauliai

Während einer Versammlung der Parteiführer der Industriebetriebe und Behörden am 2. September 1981 sagte der erste Parteisekretär der Stadt Šiauliai, J. Lukauskas, daß es genug sei, sich um Frieden mit den Bet­schwestern herumzuplagen, die Reden des Vatikans zu beachten, man müsse den Befehl geben, den »Berg der Kreuze« zu beseitigen...

Dorf Dambrava (Rayon Prienai)

 

An den ersten Sekretär des ZK der KP der SSR Litauen Griškevičius Erklärung

 

Im Jahre 1919 errichteten unsere Eltern zu Ehren des Heilands und der heiligen Maria im Dorf Dambrava eine kleine Kapelle. Gutwillige Menschen haben diese schadhaft gewordene Kapelle im Sommer 1981 restauriert. Das blieb von den Parteiaktiven nicht unbemerkt. Am 28. September riß es der Rayonarchitekt von Prienai, Lėkštutis mit zwei Männern (Gefangenen) ab. Den dadurch erschütterten gläubigen Frauen Dievynienė und Slavinskienė ist es gelungen, aus dem beladenen Auto eine kleine Marienstatue und ein Kreuz herauszuholen.

Die Gläubigen stellten die kleine Statue und das Kreuz auf das Fundament der abgerissenen Kapelle. Die Frauen schmückten die geweihte Stelle und pflanzten rings um das Fundament Blumen.

Die Liebe zu Gott und die Treue zum eigenen Glauben mißfiel den verant­wortlichen Mitarbeitern der Partei. Am 9. Oktober kam zu dieser Stelle die Sekretärin der Parteiorganisation des MSV des Rayons Prienai, Levanaus-kienė hergefahren. Man hat sich wundern müssen, mit welchem Haß und welcher Wut sie die angepflanzten Blumen zertrampelte, auf das Kreuz und die kleine Statue einhieb. Das geschändete Kreuz und die kleine Statue nahm Frau Levanauskienė mit.

Das Fundament der verwüsteten Kapelle blieb nicht leer und öde. Die Frauen pflanzten wiederum Blumen, schmückten die Umgebung. Der Haß der Gott­losen kennt aber keine Grenzen!

»Dem Erdboden gleichmachen!« — beschlossen sie. Die Mitarbeiter des Rayons jagten aus dem MSV den Weißrussen Putschkow mit einem Traktor her, der Traktorist weigerte sich aber, das Fundament zu zerstören.

Mit Blumen bepflanzt, von der Liebe der Gläubigen umgeben und mit Ent­schlossenheit verteidigt, steht das Fundament der Kapelle bis jetzt noch da.

Wir, die unterzeichneten Gläubigen, verlangen, daß die verantwortlichen Mitarbeiter der Partei nicht den Namen des »demokratischsten Landes« beschmutzen dürfen, uns nicht in den Stand entrechteter Neger versetzen sollen, das uns angetane Unrecht wiedergutmachen sollen. Die Kapelle muß auf ihrem Platz stehen!

• Es unterzeichnete 46 Gläubige

Gargždai (Rayon Klaipėda)

Das Pfarrkomitee von Gargždai im Rayon Klaipėda wandte sich am 2. Au­gust 1981 mit einer Erklärung an den Bevollmächtigten des RfR, P. Anilio-nis, mit der Forderung, den Gläubigen die Möglichkeit zu schaffen, auf die Gräber der Gläubigen religiöse Denkmäler — Kreuze aufzustellen. In der Erklärung wird geschrieben, daß die Gläubigen der Pfarrei Gargždai sich mehr als nur einmal an die Oberarchitekten des Rayons Klaipėda, Kebli-auskienė gewandt hätten mit der Bitte, zu erlauben, ein Kreuz auf dem Grab eines Gläubigen aufstellen zu dürfen; aber sie hätten immer eine nega­tive Antwort bekommen. Ihnen wurde angeboten, ein Denkmal aus einem zugelassen Musteralbum auszusuchen — ohne ein religiöses Zeichen. Kann man vielleicht einen Menschen nach seinem Tode zum Atheisten machen? — wird in der Erklärung gefragt.

Am 21. August 1981 bekam das Pfarrkomitee von Gargždai vom Bevoll­mächtigten des RfR P. Anilionis folgende Antwort:

»Nach der Überprüfung der in Ihrer Erklärung erhobenen Fragen teile ich Ihnen mit, daß in Übereinstimmung mit den »Regeln der Friedhofsordnung«, bestätigt vom Ministerrat der SSR Litauen am 30. November 1979 durch den Beschluß Nr. 386 die den Friedhof beaufsichtigende Organisation Fried­hofsbauwerke zu errichten gestattet hat. Die Bauwerke müssen, wie üblich, von einer Organisation für die Versorgung mit Lebensnotwendigem nach vorliegenden oder, in Vereinbarung mit den Städte- (Rayon-) Architekten nach individuellen Entwürfen, angefertigt werden. Es gibt keinen Zwang, Denkmäler auf Friedhöfen zu errichten, die Bürger dürfen selber wählen, welches Denkmal sie errichten wollen, und um ihnen dabei zu helfen, sind spezielle Alben geschaffen worden.

Das von Ihnen erwähnte Schreiben der Kurie der Diözese Telšiai ist, soweit bekannt, mit keinen Regierungsorganen abgestimmt und hat selbstverständ­lich auch keine Gesetzeskraft. Die Friedhöfe werden von den Organen der Ortsverwaltung verwaltet und ihre Anweisungen müssen befolgt werden.« Am 30. August 1981 haben die Gläubigen der Pfarrei Gargždai, Rayon Klaipėda, eine Erklärung an den Rat für Religionsangelegenheiten in Mos­kau geschrieben. Der Inhalt der Erklärung entspricht der Erklärung vom 2. August 1981, die an den Bevollmächtigten des RfR Anilionis adressiert war. Die Erklärung unterzeichneten Hunderte von Gläubigen. Aus Moskau erhielt man eine positive Antwort: Es ist erlaubt, Kreuze aufzustellen.

Vilnius

Am 27. Oktober 1981 schickten Nijolė Sadūnaitė und ihr Bruder Jonas Sadünas an den Verkehrsminister eine Erklärung ab. Darin wird mitgeteilt, daß die Stellvertreterin des Vorstehers der Zentralpost zu Vilnius, G. Sa-moilowitsch, in ihrer Antwort vom 8. Juni 1981, wegen 74 gesuchter einge­schriebener Briefe ins Ausland, mit Ostergrüßen, wieder lügenhaft behaup­tet, daß ». .. die gesuchten eingeschriebenen Briefe rechtzeitig abgeschickt und den zuständigen Adressaten zugestellt worden sind.« Weiter wird in der Erklärung aufgeführt: »Seit Juli 1980 ist uns jede Korrespondenz mit un­seren Freunden im Ausland vollkommen unterbunden worden. Über das Verschwinden der von uns geschickten Briefe an Fr. Hieronymus, der in Israel lebt, teilte uns der von dort nach Vilnius hergereiste Innocentiy Iazwikow persönlich mit. Er bestätigte, daß Hieronymus seit Juni 1980 keinen Brief von uns bekommen hat. Deswegen ist die Behauptung der G. Samoilowitsch, daß die von uns geschickten eingeschriebenen Briefe an Fr. Hieronymus Nr. 348, 431, 350, 82, 253, 788 und 954 dem zuständigen Adressaten zugestellt worden sind, lügenhaft. Von den aus den USA herge­reisten Touristen haben wir erfahren, daß unsere 1981 eingeschriebenen abgeschickten Briefe nicht bekommen haben: L. Jankauskaitė — Nr. 254 und 791, M. Grušienė - Nr. 255 und Nr. 38, S. Dambrauskas - Nr. 256, M. Vasys — Nr. 253, D. Juozaponis — Nr. 311 und andere. Von unseren Freunden in der Bundesrepublik Deutschland haben wir erfahren, daß seit Juli 1980 keinen unserer eingeschriebenen Briefe bekommen haben: Mi­chaela Baumann - Nr. 912, 359, 789 und 956, Erich Weiss — Nr. 790 und 953, D. Trefter - Nr. 494 und 257, S. Exz. Bischof Stimpfle - Nr. 260, C. Starrmann — Nr. 957, H. Nalbach - Nr. 312, Claudia Damm — Nr. 317, Hans Valks - Nr. 318, A. Neufeld - Nr. 320, A. Schuster - Nr. 236, Ursula Kustner - Nr. 238, V. Schefeld - Nr. 240, L. Zarncke - Nr. 495, Benigna Kaiser — Nr. 258, Egon Mergelmeyer — Nr. 259, G. Bilger — Nr. 319, G. Herres - Nr. 431, G. Hoogen - Nr. 432, G. Heidner - Nr. 433, E. A. Fischer — Nr. 501 und viele andere Freunde.

Mit welcher Begründung schreibt uns also die G. Samoilowitsch auf schablo­nenhafte Weise immer dieselben Antworten: »Die von Ihnen gesuchten eingeschriebenen Briefe sind rechtzeitig abgeschickt und den zuständigen Adressaten zugestellt worden«?

G. Samoilowitsch konnte uns dokumentarisch nicht belegen, daß wenigstens ein eingeschriebener Brief von den 74 gesuchten den Adressaten erreicht hat.«

Weiter wird der Minister in der Erklärung gebeten, er möge die Samoilo­witsch ermahnen, daß sie keine lügenhaften Antworten mehr zuschicken solle und daß sie die Auslagen, die durch die Verschickung der 74 eingeschrie­benen Briefe mit Rückschein C-5, die nicht zurückgekommen sind, und Aus­lagen, die beim Suchen der 74 verschwundenen eingeschriebenen Briefe ent­standen sind, ersetzen soll.

Šaukėnai (Rayon Kelmė)

Am 16. September 1981 wurde in Šaukėnai der Tierarzt Petras Liešius bei­gesetzt. Er war gläubig, vor seinem Tode wurde er mit Sterbesakramenten versehen und er wollte, daß man ihn kirchlich beerdigen soll. Leider bereitete ihm seine Frau Veronika Liešienė, durch Drohungen der Regierungsgott­losen erschreckt, eine gottlose Beerdigung. Der Bruder des Verstorbenen, der Priester Antanas Liešius, hielt beim Abschiednehmen am Grabe seines Bruders eine inhaltsvolle Predigt und begeisterte damit die Versammelten. Unzufrieden waren nur einige Regierungsgottlose, unter ihnen die Lehrerin der Mittelschule von Šaukėnai, die Atheistin Irena Rakauskienė, die den Priester beim Reden mit ihren Zwischenrufen zu hindern versuchte:

»Was für Märchen erzählst Du da jetzt? Weg von hier! Wir werden selber reden.«

Diese Lehrerin zeichnet sich auch in der Schule durch ihren Zynismus aus, sie beleidigt die gläubigen Schüler und verspottet sie. Die Leute freuten sich, als sie das Wort der Wahrheit des Priesters Liešius hörten, daß man den letzten Willen eines Verstorbenen nicht vereiteln dürfe.

Kybartai

Am 21. Oktober 1981 hielt der Rayonsekretär der Kommjugend von Vil­kaviškis, Tėvelis, in Kybartai einen Vortrag. Nach der Ankündigung, daß er über eine effektive Anwendung der Ökonomik reden werde, wich der Redner nach einigen Sätzen über Ökonomik von dem angesagten Thema ab und sprach durchgehend nur über die Religion. Der Sekretär der Komm­jugend erboste sich, daß in Litauen immer noch Kreuze errichtet werden und außerdem noch an sichtbaren Stellen — neben den Straßen. Tėvelis ver­sicherte, daß man die Kreuze niedergerissen hat und sie auch weiterhin niederreißen werde, denn ohne ihre Erlaubnis darf man Kreuze nicht einmal auf dem eigenen Hof errichten. Die sowjetische Regierung ist besonders dar­an interessiert, daß die junge Generation gottlos aufwächst. Seiner Meinung nach habe die Geistlichkeit einen großen Einfluß auf die Menschen, beson­ders aber die extremistisch gesinnten Priester, wie der Pfarrer von Kybartai, der Priester Sigitas Tamkevičius, der Priester Jonas Kauneckas, der Priester Alfonsas Svarinskas. Besonders viel und böse sprach der Redner über den Priester Sigitas Tamkevičius. Er warf ihm vor, daß er den verstorbenen Priester Virgilijus Jaugelis beschützte, an dessen Grab, wie an dem eines Heiligen, jetzt die Menschen beteten. Der Verstorbene sei nach der Meinung des Sekretärs der Kommjugend kein Priester gewesen, sondern ein Auf­schneider, wie auch der jetzt in Kybartai vikarierende Priester Jonas Ma­tulionis, der kein Registrierungszeugnis der Regierung besitze.

»Wer hat ihm das Recht gegeben zu predigen?«, rief Tėvelis.

Der Redner erinnerte sich auch an die Prozession nach Šiluva, die am 23.

August stattfinden sollte:

»Wir werden nicht zulassen, daß solche Prozessionen organisiert werden, wir werden nicht zulassen, daß so etwas geschieht, was der Lage in Polen ähnlich sieht! Die Macht ist auf unserer Seite, und wir besitzen ausreichend Mittel, um mit den Organisatoren fertig zu werden...« Gegen die extre­mistischen Geistlichen würden strengere Maßnahmen angewendet werden.

 

Kėdainiai

An den ersten Sekretär der KP der SSR Litauen P. Griškevičius Erklärung

Wir, die Gläubigen von Kėdainiai, sind über die Taten der Gottlosen furcht­bar entsetzt, welchen der Stellvertreter des Rayonvorsitzenden die Anwei­sungen gibt.

Die Rayonatheisten ließen uns den ganzen Sommer lang nicht in Ruhe beten, wir haben geduldet und geschwiegen, jetzt können wir aber nicht mehr schweigen, weil sie alle Grenzen des Menschlichen überschritten haben. Im Sommer haben die Atheisten, die unsere Pfarrkirche aufsuchten, die Namen der Kinder aufgeschrieben, die in die Kirche kamen, später diese Listen dem Stellvertreter des Rayonvorsitzenden Juškevičius gegeben, und der leitete sie an die Staatsanwaltschaft weiter. Deswegen werden jetzt un­sere Kinder und wir selber vernommen.

Uns wundert es sehr, daß gegen gute Kinder sogar die Staatsanwaltschaft eingesetzt wird, mit den Verbrechern aber versöhnt man sich, deswegen liegt der Gedanke nahe, daß zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht. Durch ein derartiges Vorgehen ignorieren die Gottlosen gänzlich die so­wjetische Verfassung, die es erlaubt, wenigstens noch in der Kirche zu beten. Unsere Kinder stehlen nicht und rauben nicht, sie stehen auch nicht an Bier­kneipen mit einer Flasche in der Hand, und wenn sie beten, dann sollten sich alle darüber freuen, denn die Kirche lehrt nur Gutes. Die gesamte Lehre der Kirche ist auf folgendem Gebot aufgebaut: »Liebe Gott den Herrn von ganzem Herzen, und jeden Menschen wie dich selbst.«

Wir möchten gerne, im Bewußtsein der Verantwortung für die moralische Erziehung der Kinder, Ihre Aufmerksamkeit noch auf eine weitere Tatsache lenken.

Neben unserer Kirche zu Kėdainiai befindet sich auf einer Seite das Schul­haus, auf der anderen der Kaufladen »Vilnis«, in dem man bis jetzt mit Wein und anderen alkoholischen Getränken handelt. Aus diesem Grund können wir uns der Betrunkenen nicht mehr erwehren, das wichtigste aber, sie geben ein grauenhaftes Beispiel der jungen Generation — den Schülern. Es stimmt, auf Bemühungen der Direktorin der I. Mittelschule und der Ab­geordneten dieses Rayons ist diese Frage diskutiert worden, und man kam zu dem Beschluß, daß in dem Kaufladen »Vilnis« ab 1. Mai dieses Jahres keine alkoholischen Getränke mehr geführt werden. Leider sind jedoch all diese Beschlüsse in der Schublade liegengebieben, denn mit Wein wird weiter gehandelt und darüber hinaus wurde noch eine Bierbude hergebracht und auf der Hofseite aufgestellt.

Deswegen protestieren wir gegen derartige Willkür und Unordnung und verlangen:

1.     Daß unsere Kinder in Ruhe gelassen und nicht geängstigt werden, weil die sowjetischen und internationalen Gesetze den Eltern das Recht zuspre­chen, ihre Kinder in dem Glauben zu erziehen, den sie selber bekennen. Ein derartiges Verhalten der Gottlosen untergräbt aber die Autorität der so­wjetischen Regierung.

2.     Wir verlangen, daß die alkoholischen Getränke und der Bierkiosk, der dem Kaufladen »Vilnis« gehört, so weit wie nur möglich von der Schule und unserer Umgebung entfernt werden.

Am 18. 10. 1981        Es unterzeichneten 491 Gläubige

Rayon Klaipėda

Am 19. April 1981 haben sich die Einwohner der Dörfer Lapės, Pikteikiai, Utriai, Pažvelsiai, Greičiūnai und anderer Dörfer im Rayon Klaipėda, wie auch die gläubigen Mitarbeiter und Pensionäre des Kolchoses »Julius Ja­nonis« schriftlich mit dem Wunsch, an Feiertagen die nächstgelegene Kirche besuchen zu können, an das ZK der KP Litauens wie auch an den Bevoll­mächtigten des RfR Anilionis gewandt; dazu trugen sie die Bitte vor, auf die Leitung des Kolchoses einzuwirken, damit diese ihnen erlaube, den Autobus des Kolchoses oder einen einer interkolchosischen Organisation zu benützen. Unter der Erklärung unterzeichneten 50 Gläubige. Wie es sich später herausstellte, übersandte das ZK der KP Litauens die Erklärung an die örtliche KP Organisation zur Überprüfung. Deswegen ist Anfang Mai 1981 bei dem Absender der Erklärung, Pranas Brauklys, der Sekretär der KP von Gargždai, Rayon Klaipėda, Rudys, vorstellig geworden und teilte ihm mündlich mit, daß er in der Angelegenheit, einen Autobus zu bekommen, nicht helfen könne — »es gebe keinen Autobus und es gebe auch keine andere Möglichkeit.«

Am 22. Mai 1981 wandten sich die Gläubigen wiederholt mit einer gründ­licheren Erklärung an den ersten Sekretär des ZK der KP LSSR, P. Griške­vičius:

»Wenn wir alle unsere Kräfte dem Kolchos hergeben, verlangt dann nicht die Menschlichkeit, daß der Kolchos, jeglichen Fanatismus vergessend, auch uns helfen würde ... Veranlaßt nicht die unbefriedigende Antwort des Se­kretärs der KP von Gargždai, Rudys, sich so zu verhalten, wie sich die polnischen Arbeiter verhalten haben, als die Partei ihren Belangen keine Aufmerksamkeit schenkte? Wenn der Kolchos uns und unseren Kindern nicht die Bedingungen schafft, daß wir gemäß Artikel 52 der Verfassung leben dürfen, dann werden wir vielleicht moralisch dazu gezwungen, ihn zu ver­lassen und günstigere Lebensbedingungen für uns zu suchen?« — schließt eine Gruppe der Gläubigen des Kolchos »J. Janonis« ihre Erklärung.

 

Ylakiai (Rayon Skuodas)

Am 9. Mai 1980 starb in den Kliniken zu Kaunas die verdiente Lehrerin Birutė Vindašiūtė. Sie arbeitete während des Krieges und die ganze Zeit nach dem Kriege an der Mittelschule zu Ylakiai. Auf ihr Bitten wurde sie vor ihrem Tode mit den Sterbesakramenten versehen. Außerdem bat sie ihre Familienangehörigen, daß sie mit kirchlichen Zeremonien beigesetzt würde. Als die Vorsitzende des Exekutivkomitees von Ylakiai, V. Zubavičiūtė, der Sekretär des Rayonkomitees der KP von Skuodas Jonas Zalepūga und die anderen Gottlosen der Regierung das vernahmen, fuhren sie förmlich aus der Haut, daß man durch Versprechungen und Drohungen die Familienan­gehörigen überrede, die sterblichen Überreste der verstorbenen Birutė ohne Priester zu beerdigen. Sie versprachen, sie auf eigene Kosten zu beerdigen, alle Feierlichkeiten vorzubereiten: für Orchester, Blumen, Kränze zu sorgen und alle Lehrer und Schüler der Mittelschule mitgehen zu lassen. Als die Familienangehörigen erklärten, damit nicht einverstanden zu sein, also nicht gegen den Willen der Verstorbenen handeln zu wollen, begannen sie zu drohen:

»Wenn sie vom Priester beerdigt wird, dann wird kein einziger Lehrer, kein einziger Intellektueller, kein einziger Schüler daran teilnehmen usw.« Das schüchterte die Familienangehörigen nicht ein. Am 11. Mai fand die Beisetzung statt. Aus ganz Litauen kamen die wahren Freunde der verstor­benen Birutė, ihre gewesenen Schüler, und füllten die Kirche. Der Pfarrer der Pfarrei Ylakiai unterstrich in seiner Predigt, daß die Verstorbene uns auch heute noch lehrt, wie man leben und sterben muß. Anschließend, vom Kreuz angeführt, begleitete eine kilometerlange Trauer­prozession den Sarg zum Friedhof. In dieser Menschenmenge fehlten nur die Schüler der Mittelschule von Ylakiai und die Mitarbeiter der Verstor­benen — die Lehrer, die dem Verbot der Gottlosen gehorchten. Hinter einem Gebüsch versteckt, beobachteten die Vorsitzende des Ortes, V. Zubavičiūtė, der Rayonsekretär der KP aus Skuodas Jonas Zalepūga und der Stellver­tretende Redakteur der Rayonzeitung von Skuodas »Mūsų žodis« (»Unser Wort«) J. Kurtinaitis und andere Regierungsgottlose die Teilnehmer der Beerdigung mit Ferngläsern, sie notierten sich in ihre Notizbücher die Na­men der Bekannten und die Autonummern, damit sie diese Leute später terrorisieren könnten.

Monate vergingen, aber die letzte und die würdigste Unterrichtsstunde der verstorbenen Birutė nach ihrem Tode gab den Atheisten von Skuodas keine Ruhe. Am 13. Dezember 1980 erschien in der Rayonzeitung von Skuodas »Mūsų zodis« ein Artikel des Stellvertretenden Redakteurs J. Kurtinaitis: »Ko rauda paukštis medžio virsüneje?« (»Warum weint der Vogel im Wipfel des Baumes?«), — in dem gejammert wird, »Warum sie nicht so beerdigt wurde, wie es sich gehört...« Der Verfasser flucht über den Priester K. Arlauskas, den früheren Beichtvater der verstorbenen Birutė, welcher der Verstorbenen die letzten Dienste erwiesen hat. Weiter schreibt er: »Obwohl schon einige Monate seit der Beerdigung vergangen sind, haben die Einwohner von Ylakiai nicht vergessen, daß die Schüler in der Trauerpro­zession hinter dem Sarg nicht mitgegangen sind, daß die Worte der großen Verehrung und des Dankes unausgesprochen blieben...« Für den Unmut gab es wahrhaftig Grund genug. Aber wer anders war schuld daran, wenn nicht der Fanatismus der Atheisten von Ylakiai und des Rayons Skuodas?

Alle, die an der Beerdigung teilgenommen haben, sind auch jetzt noch ange­tan von der Grundsatztreue der Familienangehörigen, ihrer großen Liebe und Verehrung zur Verstorbenen; sie sind begeistert darüber, daß sie sich von allen Drohungen nicht erschrecken und durch Versprechungen nicht ver­locken ließen.

Žarėnai (Rayon Telšiai)

Am 23. September 1981 schickte der Priester A. Pridotkas an die Oberste Verwaltung für Energie der LSSR eine Erklärung folgenden Inhalts ab:

Die Gläubigen der Pfarrei Žarėnai sind zum größten Teil Arbeiter des So­wjetgutes. Sie arbeiten für den Staat. Im allgemeinen Leben, selbst die Trink­gelage nicht ausgenommen, zahlt man für die Elektrizität 6 Kopeken pro Kilowatt. Wenn dieselben Arbeiter sich in der Kirche zum Beten versam­meln, dann müssen sie schon 6 mal teurer pro Kilowatt bezahlen. Jene Bür­ger, die an atheistischen Versammlungen, an atheistischen Veranstaltungen teilnehmen, zahlen für die Elektrizität überhaupt nichts. Und wenn jemand für sie auch bezahlt, dann zahlt er auch nicht 25 Kopeken pro Kilowatt. Daß jemand ebenfalls 25 Kopeken bezahlt, solche Fakten sind mir unbekannt. Oder kennen Sie vielleicht welche? Wenn die Elektrizität einem Kuh- oder Schweinestall zugeführt wird, nimmt auch niemand von dem Eigentümer den sechsmal teuereren Preis. Wenn aber Elektrizität in einer Kirche instal­liert wird, dann verlangt man 600 Prozent mehr. Wo ist da die Gerechtigkeit? Ich bitte Sie, mir zu erklären:

1.     Aus welchem Grund wird die Elektrizität sechsmal teurer berechnet, wenn sich dieselben sowjetischen Bürger in der Kirche zum Beten versam­meln?

2.     Warum diese Diskriminierung der Gläubigen, wenn man ihre Lage mit der Lage der Atheisten, der Trinker und der Tiere vergleicht?

3.     Wann wird der Preisunterschied von 600 Prozent für dasselbe Kilowatt beseitigt?

4.     Vielleicht haben Ihnen andere Behörden einen Hinweis gegeben, von den in der Kirche betenden Gläubigen für die Elektrizität mehr zu verlangen? Dann bitte ich Sie, mir mitzuteilen, wer solchen Hinweis gegeben hat. Ich werde mich an den wenden.

Ich werde auf die Antwort auf alle vier Fragen gemäß den festgesetzten Terminen für Antworten auf Erklärungen der Bürger warten; meine Adresse: 235612 Rayon Telšiai, Žarėnai, Priester Pfarrer Alfonsas Pridotkas.

 

Kretinga

Die Mitarbeiterin der Bibliothek zu Kretinga, Irena Pelionytė, wurde am 28. Juli 1981 telefonisch aus der Arbeit zum Leiter der Kulturabteilung V. Lit­vinas befohlen, wo auf sie der Vorsteher des KGB von Kretinga, Kormilcew wartete. Litvinas verließ sogleich sein Arbeitszimmer, und der Tschekist Kormilcew sperrte die Tür ab und sagte dabei, daß er es nicht gern habe, wenn jemand bei einem ernsten Gespräch störe. Auf die Frage der I. Pe­lionytė, wer er sei, stellte er sich als Vorsteher des KGB vor. Der Tschekist bekundete der Irena sein Beileid wegen ihres vor kurzem verstorbenen Vaters; er beschuldigte den Stalin, daß die Eltern der Irena seinetwegen nach Sibirien gebracht wurden, und begann sie nachher auszufragen, wieviele Freunde der Eucharistie es in Kretinga gebe, wer sie anführe, ob sie die »Chronik der LKK« lese? Irena antwortete, daß sie nichts von diesen Sachen wisse. Der Tschekist begann zu schreien, daß sie lüge, versuchte das Mäd­chen zu erschrecken, aber es gelang ihm nicht. Dann erzählte er der Irena, daß auch die Priester für sie — die Tschekisten — arbeiten, und daß sie dafür diesen Priestern große Pfarreien zuteilen. Irena wunderte sich, daß der Vor­steher des KGB, Kormilcew, zugab, daß nicht die Kurie die Priester für die Pfarreien ernennt, sondern die Angestellten des KGB. Anschließend begann Kormilcew die Irena wegen der Šiluva zu verhören und sie auszufragen, wer sie gezwungen habe, an der Prozession teilzuneh­men. Irena antwortete, daß zum Beten alle freiwillig gehen: gezwungen werde man nur, in die Kommjugend einzutreten. Der Tschekist legte dem Mädchen Fotoaufnahmen der Prozessionen der Vorjahre vor und befahl, die Teilnehmer zu identifizieren. Das Mädchen erklärte aber, daß sie zum Beten gegangen sei, nicht aber, um Bekanntschaften anzuknüpfen, und außerdem werde sie keinen Menschen verraten. Erzürnt goß der Vorsteher des KGB Galle über die Jadvyga Stanelytė, den Klosterfrauen, den Jesuiten und den extremistischen Priestern fluchend, daß nur sie, ihm zufolge, die Jugend in die Prozession hineingezogen hätten, und das ist schon Politik.. . Als er nichts herausbekommen hatte, belehrte der Tschekist die Irena, ihre Kollegen anzulügen, daß Litvinas ihr eine Arbeit gegeben habe, und sie deswegen so lange gebraucht habe und befahl ihr, zu unterschreiben, daß sie von diesem Gespräch niemandem erzählen werde. Die junge Frau unter­schrieb nicht. Bei der Entlassung setzte er ihr den Termin für eine neue Begegnung am 14. August um 11 Uhr bei dem Erholungsheim »Pušynas« (»Kieferwald«) in Palanga fest und drohte ihr, wenn sie nicht kommen würde, dann werde er befehlen, sie zu liquidieren.

 

Kretinga

Am 22. Oktober 1981 wurde Jadvyga Žiliūtė zum stellvertretenden Vor­sitzenden des Rayonexekutivkomitees von Kretinga, A. Dauneckas, befohlen. Im Arbeitszimmer befanden sich A. Dauneckas selbst, die III. Sekretärin des Rayonparteikomitees D. Liutkienė, der Vorsteher der Abteilung für innere Angelegenheiten, A. Akinskas, und die Vorsitzende des Exekutiv­komitees der Stadt Kretinga, A. Kubilinskienė.

Kaum daß die Lehrerin das Arbeitszimmer betreten hatte, begann A. Dauneckas sie zu beurteilen:

»Eine frühere Lehrerin, mit Hochschulbildung, jetzt eine Pensionärin, hat eine Wohnung, Telefon, und treibt trotzdem verbrecherische Arbeit: zieht die Jugend in die Kirche, bereitet Versammlungen für die Jugend vor.« Die O. Liutkienė fügte hinzu:

»Schwärzt der Jugend das Bewußtsein, macht sie unglücklich und schadet so der Allgemeinheit und dem Staat.«

»Wie könnte ich, ein unbedeutsames Menschlein, dem Staat Schaden zu­fügen, wo sind die Beweise?« fragte Jadvyga Žiliūtė. »Wir werden Ihre Wohnung zu einer Spelunke erklären!« »Das ist aber ungerecht. Befände sich hinter der Wand eine richtige Spe­lunke, und es wird dort Tag und Nacht gesoffen, dann beachtet das niemand.« »Das ist unser Fehler«, gab Akinskas zu.

Der früheren Lehrerin wurde gedroht, daß sie wegen ihrer religiösen Akti­vitäten und wegen des Organisierens der Jugend bestraft werde: zuerst mit einer Geldstrafe, später nähme man ihr die Wohnung weg, dann ihre Pen­sion, und bringe sie in einem Altenintemat unter, um sie zu »isolieren«. Weiter ergossen sich Anschuldigungen:

»Sie machen die Jugend unvollwertig, unglücklich, Sie treiben apolitische Arbeit.«