Am 1. Juli 1934 wurde Litauen dem Heiligsten Herzen Jesu geweiht. Heuer jährt es sich zum 50. Mal, daß das Herz Jesu in Seiner großen Liebe Litauen und seine Kirche auf dem harten Weg der Erprobungen führt. Wenn wir zurückschauen und die vergangenen Jahre betrachten, dann müssen wir mit Liebe dem Herzen Jesu danken, daß die Kirche Litauens in diesen Wirren, Schwierigkeiten und Verfolgungen, die sie in 6 Jahrhunderten nicht erfahren hat, von der Liebe Gottes unterstützt, nicht unterging, sondern die Unter­drückung durch die Gottlosen ertrug und unbezwungen blieb.

Wir wollen an die Zeiten Stalins zurückdenken: Erzbischof M. Reinys, Bischof T. Matulionis, Bischof Pr. Ramanauskas sind verhaftet, eingekerkert, Bischof Borisevičius durch Erschießen hingerichtet, ein großer Teil der Prie­ster geht auf den Wegen des GULAG, die Kirchen, die Priesterseminare und die Klöster werden enteignet und geschlossen. Das Volk hat keinen geeigneten Führer keine religiöse Presse, keine Kinderkatechese. Den Prie­stern wird nicht nur der Katechismusunterricht verboten sondern auch der Besuch der Gläubigen.

 Will der Pfarrer zur Ablaßfeier einen Priester als Aushilfe zu sich bitten, muß er erst von Pontius zu Pilatus laufen, um dafür die Erlaubnis von der Regierung zu erlangen; dann ist der eine der atheisti­schen Regierung gegenüber nicht loyal genug und der andere predigt zu gut usw. Als Folge der atheistischen Psychose der letzten Regierungsjahre Chruschtschows dürfen im einzigen in Litauen noch arbeitenden Priester­seminar zu Kaunas nur noch ein paar Seminaristen in einem Kursus studie­ren! Zwei Bischöfe: Julijonas Steponavičius und Vincentas Sladkevičius be­finden sich in der Verbannung; an ihrer Stelle werden Kapitularvikare zum II. Vatikanischen Konzil geschickt... Und es geschieht ein Wunder! Unter solchen Bedingungen vollzieht sich eine religiöse Wiedergeburt! Das Saatgut des Leidens der Söhne und Töchter des in den Nachkriegsjahren verfolgten Volkes und der Kirche ist nicht umsonst ausgesät worden — es bringt Früchte. Vergebens sind aber die Bemühungen der Gottlosen... Die Leiden der Vergangenheit sind der Schlüssel zu dem Neubeginn, der nicht mehr bestritten werden kann. Alle Namen, die mit der religiösen Wiedergeburt Litauens in Verbindung gebracht werden, sind in der weiten Welt bekannt: der verbannte Bischof Exzellenz Julijonas Steponavičius, S. Exzellenz Bi­schof Vincentas Sladkevičius, der lange Zeit sein Schicksal teilte, die inhaf­tierten Priester A. Šeškevičius, J. Zdebskis, V. Jaugelis, die Gefangenen N. Sadūnaitė, V. Lapienis, G. Stanelytė, A. Jaulis, die Mitglieder der Hel­sinki-Gruppe, die Verteidiger der Grundrechte der Menschen V. Petkus, V. Vaičiūnas, M. Jurevičius und eine ganze Reihe anderer. Es gab die ka­tholische Untergrundpresse, die illegal arbeitenden Männer- und Frauen­klöster, das Untergrundpriesterseminar, die Bewegung der Freunde der Eu­charistie, das Komitee der Katholiken zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen, die Abstinenzaktion, die Gebetsprozessionen nach Šiluva und zum dreimal verwüsteten, aber immer wieder von neuem mit Kreuzen ge­schmückten Berg der Kreuze von Meškuičiai.. . und an noch viele, viele schöne Gegebenheiten wird uns die Geschichte der Heimat und der Kirche aus diesen 50 Jahren erinnern. Wenn man weiß, unter welchen Unterdrük-kungsbedingungen das alles entstanden und gewachsen ist und sich ausge­breitet hat, dann kann man sich nicht vorstellen, daß dies möglich gewesen wäre ohne den Schutz des Herzens Jesu, der denen verheißen ist, die sich ihm weihen.

Der verschärfte Druck durch die Gottlosen am Vorabend des 50jährigen Jubiläums der Weihe Litauens an das Heiligste Herz Jesu ist wie ein Zeichen des Himmels, wie eine Mahnung und Aufforderung: »Schlaft nicht ein auf euren Lorbeeren; vergeßt nicht, daß das Opfer und die Treue das wichtigste sind, vergißt nicht, daß ihr mein Volk seid und deswegen gemeinsam mit mir leiden und euch opfern müßt!«

Heute möchten die Gottlosen der religiösen Wiedergeburt einen Rückschlag von etwa 20 Jahren versetzen. Die eifrigsten Priester Litauens, Alfonsas Svarinskas und Sigitas Tamkevičius, wurden verhaftet und vor Gericht ge­stellt; man versucht, die von Priestern durchgeführte organisierte Katechese mit Kindern zu unterdrücken, den Kindern das Ministrieren während der hl. Messe zu verbieten, die Priester zu zwingen, um eine Erlaubnis nachzu­suchen, wenn sie den einen oder anderen Priester zu Ablaßfeiern zur Aus­hilfe einladen wollen; der Staatssicherheitsdienst versucht, sich in die Wahlen des Priesterrates einzumischen, und ist besonders darum bemüht, daß die von ihm vorgesehenen Kandidaten zu Beratern werden; es wird auf jegliche Weise versucht, die Ablaß- und Gedenkfeiern an den großen Wallfahrts­orten Litauens herabzuwürdigen. Der Bevollmächtigte des Rates für Reli­gionsangelegenheiten, P. Anilionis, terrorisiert zum Beispiel den Bischof von Telšiai, A. Vaičius, er möge dafür sorgen, daß dieses Jahr in Žemaičiu Kalvarija kein Tag der Priester verkündet werde und daß der Bischof und die Priester nicht mit dem Volke die Kreuzwegstationen gehen sollten. Das seien Verletzungen des Statuts der religiösen Gemeinschaften. Die Priester dürften nur in den eigenen Pfarreien beten, mit den Menschen aber gemein­sam den Kreuzweg zu betrachten, dürften sie auf keinen Fall. Das Volk soll allein die Kreuzwegstationen gehen; wenn es aber allein geht, dann wer­den die Gottlosen ermutigt bis zum Äußersten gehen. Als vor ein paar Jahren ein Regierungsbeamter in Panevėžys den Dekanen der Diözese, die er eingeladen hatte, zu erklären versucht, daß die Vorsitzenden der Kirchen­komitees der Pfarreien nur Gläubige sein könnten, fragte ihn einer der Priester: »Und wie ist es dann, wenn der Pfarrer ebenfalls ein Gläubiger ist?« Damals hat sich der Beamte entschuldigt. Jetzt aber wird wieder auf jede Art und Weise versucht, den Priester von den Gläubigen zu trennen, in­dem man ihm verbietet, gemeinsam mit ihnen zu beten. Es stimmt, die Re­gierungsgottlosen versprechen sogar, die Zahl der im Priesterseminar zuge­lassenen Seminaristen zu erhöhen, aber unter der Bedingung, daß die Prie­ster »brav« sind, daß sie die verurteilten Priester Alf. Svarinskas und S. Tamkevičius vergessen, daß sie nicht öffentlich für sie beten, und nicht in verschiedenen Schriften um ihre Freilassung bitten. Was nützt aber das Ganze, wenn der Sicherheitsdienst bemüht ist, immer mehr seine Agenten in das Priesterseminar hineinzubringen ...?

Das sind nur einige Beispiele für die Unterdrückung durch die Gottlosen, unter der heute die Katholische Kirche Litauens lebt und kämpft, die ihr 50jähriges Jubiläum der Weihe Litauens an das Heiligste Herz Jesu feiert.

Als Erneuerung der vor 50 Jahren vollzogenen Weihe legen wir unsere Zuversicht in das von Liebe brennende Herz Jesu! Mit innigem Glauben wiederholen wir wie vor 50 Jahren:

Herz Jesu, möge Dein Reich auch in unser teures Litauen kommen! Dafür werden wir uns opfern und dafür arbeiten!