An. S. Exz. Erzbischof  Liudvikas Povilonis

Abschriften an: S. Exz. Bischof Vincentas Sladkevičius S. Exz. Bischof Antanas Vaičius S. Exz. Bischof Juozapas Preikšas Prälat Kazimieras Dulksnys Prälat Algirdas Gutauskas

Eure Exzellenz,

die Bischöfe und die Verwalter der Diözesen Litauens haben mir Ihr Schreiben vom 11. März d. J. zukommen lassen, in dem sie sich an mich wenden mit dem Vorschlag, den feierlichen Gottesdienst zum 600-jährigen Jubiläum der Taufe Litauens zu leiten, der in Vilnius in der Kirche der hei­ligen Apostel Peter und Paul stattfinden soll, und dabei die Hauptpredigt zu halten. Dieses Schreiben, Eure Exzellenzen und Ehrwürden, bietet mir eine Möglichkeit, mich zu den Jubiläumsfeierlichkeiten zu äußern. Der Jubiläumshauptgottesdienst muß das Ergebnis der dreijährigen Vorberei­tungsarbeit der Bischöfe und der Jubiläumskommission der Taufe werden.

Ich hoffe, daß sowohl die Bischofskonferenz als auch die Jubiläumskom­mission der Taufe bei ihren Sitzungen konkrete Beschlüsse, wie das 600-jährige Jubiläum der Taufe Litauens gefeiert werden soll, überlegt und beschlossen haben. Da ich an keiner der Sitzungen der Bischofskonferenz teilgenommen habe, weil ich zu Ihren Sitzungen nicht eingeladen werde, weiß ich überhaupt nicht, welche Beschlüsse gefaßt und welche Anweisun­gen gegeben wurden, die einzuhalten sind, damit die Jubiläumsfeierlich­keiten würdevoll und eindrucksvoll verlaufen. Deswegen wage ich es nicht, den Jubiläumsfeierlichkeiten vorzustehen, aus Angst, von den von der Bischofskonferenz angenommenen Beschlüssen in Fragen der Jubiläums­feierlichkeiten abzuweichen. Da ich in Žagarė, weit weg von Vilnius wohne, habe ich außerdem keine Möglichkeit, mich mit dem Pfarrer der Peter und Paul-Kirche und mit den Mitgliedern der Jubiläumskommission der Taufe über die Ordnung und den Verlauf der Jubiläumsfeierlichkeiten zu beraten.

Ich würde vorschlagen, daß die Gottesdienste in fünf Kirchen stattfinden sollten, und daß in jeder Kirche ein Bischof sie leitet, der auch die Haupt­predigt hält, oder der einen der Priester bittet, sie zu halten. Zeit, Ort und Ablauf der Jubiläumsfeierlichkeiten sollte man im voraus in allen Kirchen Litauens bekanntgeben.

Mögen die großen Jubiläumsfeierlichkeiten in Vilnius so verlaufen, daß sie zum Wohle und zur Ehre der Kirche in unserem Lande, wie auch zur Freude und zum seelischen Nutzen des gläubigen Volkes gereichen.

Mit aufrichtiger Verehrung und Liebe - Bischof J. Steponavičius

Am 28. März 1987.

An die Bischöfe und Verwalter der Diözesen Litauens

Erklärung

der Priester der Erzdiözese Vilnius

In den Bestrebungen, das 600-jährige Jubiläum der Taufe Litauens so zu gestalten, daß es dem gläubigen Volke unseres Landes in geistlicher Hin­sicht möglichst viel nützen kann, schlagen wir vor:

1.     Immer wieder den Hl. Vater zum Jubiläum und die Bischöfe der benach­barten Länder zum Hauptgottesdienst einzuladen.

2.     Den Jubiläumshauptgottesdienst in Vilnius eine ganze Woche abzuhal­ten, wobei jeder Tag einer anderen Diözese zu widmen ist. Am letzten Tag, dem 28. Juni (Sonntag), wenigstens in sechs Kirchen der Stadt Vilnius zu feiern, damit so viele Gläubige wie möglich daran teilnehmen können.

3.     Wenn es eine Möglichkeit geben wird, daß eine Priesterdelegation aus Anlaß dieses Jubiläums nach Rom fährt, schlagen wir vor, daß die Mitglie­der der Priesterdelegation, als Vertreter aller Priester, durch den Priesterrat der Diözese ausgesucht werden.

4.     Wir bitten Sie, dafür zu sorgen, daß die Vertreter der Regierung die Prie­ster und auch die Gläubigen nicht daran hindern, die Kinder in den Glau­benswahrheiten zu unterweisen.

5.     In den Mitteilungen für das Jahr 1987 ist die Rede von der Verlegung von fünf von der Kirche gebotenen Feiertagen, die auf Werktage fallen, auf die Sonntage. Die verlegten Feiertage sind von dem gläubigen Volke sehr geschätzt worden, und es haben nicht weniger Gläubige an diesen Tagen am Gottesdienst teilgenommen, als am Sonntag. Aus welchem Grund wurde das in diesem Jubiläumsjahr getan? Es ist ein großer geistiger Verlust.

J. Budrevičius        B. Andriuškevičius

A. Keina        E. Paulionis

P. Purlys        J. Vaitonis

J. Naumovičius        A. Simonaitis

D. Valiukonis        A. Belickas

J. Boruta        K. Žemėnas

J. Lauriūnas        M. Savickas

V. Černiauskas        J. Askolevičius

A. Petronis        S. Tunaitis

V. Pūkas        S. Markevičius

J. Slėnys        A. Čeponis

I. Jakutis        K. Gailius

 

 

An die Bischöfe und Verwalter der Diözesen in Litauen

Erklärung

der Priester der Erzdiözese Kaunas

In dem Bestreben, das 600-jährige Jubiläum möglichst geistig nützlich zu begehen, schlagen wir vor:

1.     Den Hl. Vater wieder zum Jubiläum und die Bischöfe der benachbarten Länder zum Hauptgottesdienst einzuladen.

2.     Den Jubiläumshauptgottesdienst in Vilnius eine ganze Woche abzuhal­ten, wobei jeder Tag einer anderen Diözese zu widmen ist; am letzten Tag, dem 28. Juni, wenigstens in sechs Kirchen in Vilnius zu feiern, damit mög­lichst viele Gläubige aus ganz Litauen daran teilnehmen können (es wäre angebracht, daß in jeder Kirche ein Bischof den Gottesdienst leiten würde).

3.     Wenn es eine Möglichkeit geben wird, daß eine Priesterdelegation aus Anlaß dieses Jubiläums nach Rom fährt, schlagen wir vor, daß die Mitglie­der der Priesterdelegation, als Vertreter aller Priester, durch den Priesterrat der Diözese ausgesucht werden.

4.     Wir bitten Sie, dafür zu sorgen, daß die Vertreter der Regierung die Prie­ster und auch die Gläubigen nicht daran hindern, die Kinder in den Glau­benswahrheiten zu unterweisen.

5.     Wir fragen an, warum anläßlich des Jubiläumsjahres sogar gebotene Feiertage aufgehoben worden sind, die die Gläubigen sehr geschätzt und nicht minder gefeiert haben, als die anderen gebotenen Feiertage.

L. Jagminas L. Semaškas J. Vaicekauskas V. Griganavičius V K. Pesliakas J. Babonas A. Imbras  Pr. Gaižauskas E. Bartulis A. Bulotas L. Kalinauskas P. Matulaitis V. Brusokas G. Jankauskas V. Ramanauskas K. Dankevičius A. Jakubauskas  J. Razmantas St. Pilka  F. Baliūnas

 

*

An die Bischöfe und Verwalter der Diözesen Litauens

Erklärung

der Priester der Diözese Telšiai und der Prälatur Klaipėda.

Wir tragen es mit Schmerzen, daß wir, ungeachtet unserer Gebete und besonderen Anstrengungen, die Feier des 600-jährigen Jubiläums der Taufe Litauens in Vilnius am 28. Juni dieses Jahres ohne den Hl. Vater Johannes Paul II. werden feiern müssen. Es ist besonders schmerzlich, da wir den Wunsch des Hl. Vaters kennen, gemeinsam mit uns bei der heiligsten Mut­ter Gottes in Aušros Vartai zu sein.

Wir danken herzlich für die fünf Hirtenbriefe anläßlich des Jubiläums­jahres. Wir bitten Sie noch um einen Brief, in dem die bedeutendsten Übel unseres Landes auf dem religiösen und sittlichen Gebiet aufgezählt und konkrete Maßnahmen, unter Einführung und Festigung folgender Traditio­nen des christlichen Lebens, im Kampf gegen sie angegeben werden:

1.        Bei der Pflege christlicher Sitten in den Familien:

a.        die besondere Aufmerksamkeit der Eltern darauf zu richten, daß sie an Sonntagen gemeinsam mit den Ihrigen am Opfer der hl. Messe teilnehmen,

b.        sie eindringlich aufzufordern, rechtzeitig ihre Kinder taufen zu lassen, sorgfältig ihre Kinder zur ersten Beichte und hl. Kommunion vorzubereiten, niemals die Osterbeichte und die hl. Kommunion auszulassen, das Familienleben nicht ohne Ehesakrament zu beginnen, religiöse Feste im Geiste tiefen Glaubens zu begehen.

2.        Im Kampf für die Nüchternheit in Litauen:

a. die Geistlichkeit zur Nüchternheit zu verpflichten und sie eifrig unter den Gläubigen zu propagieren, b.        jedes Jahr im Advent und in der Fastenzeit in den Pfarrkirchen einen Gottesdienst für die Nüchternheit abzuhalten, dabei entsprechende Predigten zu halten, Gelübde abzulegen und sie zu erneuern,

c.        den Gläubigen ans Herz zu legen, bei Beerdigungen oder Totengedenken kein alkoholisches Getränk zu sich zu nehmen und sie aufzufordern, Familienfeste und geselliges Beisammensein ohne Alkohol zu verbringen.

3.        Im Kampf für eine keusche Lebensweise:

a.        in Predigten und während der Beichte im Herzen der Jugendlichen Liebe zur Keuschheit zu hegen,

b.        ständig auf die Wichtigkeit der vorehelichen Keuschheit für die glückliche Zukunft der jungen Familien hinzuweisen,

c.        aufzufordern, die Treue des ehelichen Versprechens einzuhalten.

4.        Bei der Hege der Ehrfurcht vor dem von Gott geschenkten Leben sich immer wieder entschieden gegen Abtreibungen auszusprechen.

Unter den Priestern verbreiten sich verschiedene Gerüchte und Verdäch­tigungen über Priesterdelegationen, die bei verschiedenen Gelegenheiten ins Ausland fahren. Um Mißverständnisse zu vermeiden, würden wir vor­schlagen, die Delegierten, die zu religiösen Veranstaltungen ins Ausland fahren, in Priesterkonferenzsitzungen zu bestimmen.

Wir schlagen vor, daß die Bischöfe darum bitten sollen, an Stelle der von der Regierung angebotenen religiösen Zeitschrift, den Umfang und die Auflage des „Kalenders der Katholiken - Wissenswertes" zu vergrößern (d. h. er soll nicht nur Wissenswertes für die Priester enthalten, sondern auch ein Buch für das gläubige Volk sein), und jedes Jahr wenigstens ein Buch eines religiösen Klassikers herauszugeben, wie beispielsweise die „Nachfolge Christi" oder andere.

Es unterzeichneten die Priester:

T. Poškus        K. Žukas

B. Budrikis        J. Bučelis

J. Kauneckas        A. Arnašius

J. Tamašauskas        B. Jonauskas

J. Pauliūjas        J. Kusas

V. Vėlavičius        V. Sadauskas

L. Dambrauskas        A. Alminas

J. Petrauskas        J. Miškinis

A. Šeškevičius        B. Bacevičius

V. Šlevas        J. Šiurys

E.        Atkočiūnas        A. Beniušis
A. Lideikis        S. Anužis
A. Genutis        V. Klebonas
P. Linkevičius        A. Pakamanis

F.        Žilys        V. Žvirzdinas

 

 

An die Bischöfe und Verwalter der Diözesen Litauens

Erklärung

der Priester der Diözese Vilkaviškis

In den Bestrebungen, das 600-jährige Jubiläum der Taufe Litauens mög­lichst geistig nützlicher zu gestalten, schlagen wir vor:

1.     Den Hl. Vater wieder zum Jubiläum und die Bischöfe der benachbarten Länder zum Hauptgottesdienst einzuladen.

2.     Den Jubiläumshauptgottesdienst in Vilnius eine ganze Woche abzuhal­ten, wobei jeder Tag einer anderen Diözese zu widmen ist; am letzten Tag, dem 28. Juni (Sonntag), wenigstens in sechs Kirchen in Vilnius zu feiern, damit möglichst viele Gläubige aus ganz Litauen daran teilnehmen können (es wäre angebracht, daß in jeder Kirche ein Bischof den Gottesdienst lei­ten würde).

3.     Wenn es in diesem Jubiläumsjahr eine Möglichkeit geben wird, mit einer Priesterdelegation nach Rom zu fahren, schlagen wir vor, daß die Mitglie­der der Priesterdelegation, als Vertreter aller Priester, durch den Priesterrat ausgesucht werden.

4.     Wir bitten Sie, dafür zu sorgen, daß die Regierungsvertreter die Priester und auch die Gläubigen nicht daran hindern, die Kinder in den Glaubens­wahrheiten zu unterweisen.

5.     Wir bitten darum, daß für die Diözese Vilkaviškis für die Jubiläumsfeier­lichkeiten eine bestimmte Kirche und ein bestimmter Tag vorgesehen wird.

Es unterschrieben die Priester:

V. Jalinskas        A. Diškevičius

V. Stakėnas        J. Varkala

J. Maskvytis        J. Grudzinskas

L. Kunevičius        J. Sventickas

J. Žemaitis        B. Jarušauskas

A. Deltuva        B. Ražukas

St. Mikalajūnas        K. Kudirka

D. Brogys        T. Valianas

J. Mieldažys        A. Račkauskas

A.        Mieldažys        J. Marčiulionis

B.        Čegelskas        V. Rudzinskas
J. Gražulis        J- Malinauskas
V. Urbonas        B. Paltanavičius

V. Čėsna        A. Aleksandravičius

A. Pangonis        P. Sitka

K. Juškevičius        P. Orlickas

K. Brilius        J. Jakaitis

J. Rusinąs        V. Jackūnas

J. Šalčius        J. Būga

J. Užupis        V. Vaitauskas

J. Palukaitis        V. Bilius

R. Žukauskas        A. Vitkus

A. Gražulis        K. Montvila

V. Užkuraitis        A. Sadauskas

G. Dovydaitis        Pr. Račiūnas

I. Plioraitis        J. Poderis

P. Dumbliauskas        A. Liesis

G. Pušinaitis        J. Gumauskas

V. Bobinas

*

 

An den Generalsekretär des ZK der KPdSU, Michail Gorbatschow Abschriften an die Bischöfe Litauens

Erklärung

Vor 26 Jahren ist der Apostolische Administrator der Erzdiözese Vilnius, Bischof Julijonas Steponavičius, auf Anordnung der Organe der sowje­tischen Regierung, aus Vilnius verbannt und zwangsweise außerhalb der Grenzen der Erzdiözese in Žagarė untergebracht worden. Der Bischof wurde deswegen bestraft, weil er die Cañones der Kirche eingehalten hat, weil er sich weigerte, ungeeignete Kandidaten zu Priestern zu weihen, weil er nicht einverstanden war, in seinem eigenen Namen den Priestern zu ver­bieten, eine ihrer wichtigsten Pflichten zu erfüllen - die Kinder zu kate-chisieren, und die Minderjährigen vom Altar und von Prozessionen fern­zuhalten. Das zu tun, hat von ihm die damalige Zivilregierung verlangt. Wegen Nichterfüllung dieser Forderungen wurde der Bischof von der Zivil­verwaltung ohne gerichtliche Verhandlung mit einer unbegrenzten und im Strafgesetzbuch nicht vorgesehenen Strafe belegt. Diese ungerechte Ent­scheidung ist auch heute - in der Zeit von „Glasnost" und „Perestroika" ­noch wirksam. Das Akademiemitglied Sacharow, der ähnlich bestraft wor­den war, ist schon aus seiner Verbannung in Gorki entlassen worden, Bischof J. Steponavičius aber wird auch heute noch in der Verbannung in Žagarė gehalten.

Wir bitten Sie, Generalsekretär, veranlassen zu wollen, daß es Bischof J. Steponavičius erlaubt wird, nach Vilnius zurückzukehren und ungehin­dert sein Amt als Bischof der Erzdiözese Vilnius auszuüben.

Wir bitten Sie ebenfalls, daß die inhaftierten Priester A. Svarinskas, S. Tamkevičius, J. K. Matulionis entlassen werden. Sie sind allein deswegen verurteilt worden, weil sie die in unserer Gesellschaft vorliegenden schmerzlichen Übel, die Mißachtung der konstitutionellen Grundrechte der Bürger, den Alkoholismus und die Tatsachen der Verbreitung der Gewissenslosigkeit an die Öffentlichkeit brachten. Heute wird aufgefordert, dieselben Übel öffentlich anzuprangern. Heute wird niemand, der sie vor die Öffentlichkeit bringt, bestraft. Ein schmerzvoller Gegensatz - wegen derselben Kühnheit werden Priester in Gefängnissen gehalten.

Wir bitten Sie, Generalsekretär, auch in dieser Angelegenheit Anweisun­gen zu geben, die Prozeßakten der inhaftierten Priester zu überprüfen und sie in die Freiheit zu entlassen.

Die Priester und die Gläubigen Litauens.

Es unterschrieben:

in Vilnius,                  Kirche der Guten Hoffnung        -1883

St. Nikolai-Kirche        -1801

St. Peter und Paul-Kirche        - 847

St. Anna-Kirche        - 547

Hl. Geist-Kirche        -502

St. Raphael-Kirche        -467

St. Theresien-Kirche        -162

Kalvarien-Kirche        - 242

in Druskininkai            (Erzdiöz. Vilnius)        -1980

in Valkininkai              (Erzdiöz. Vilnius)        - 625

in Kalesninkai              (Erzdiöz. Vilnius)        -733

in Ratnyčia                 (Erzdiöz. Vilnius)        -340

in Kabeliai                  (Erzdiöz. Vilnius)        -275

in Naujoji Vilnia           (Erzdiöz. Vilnius)        -504

in Paberžė                  (Erzdiöz. Vilnius)        -817

in Dubičiai                  (Erzdiöz. Vilnius)        -382

in Butrimonys              (Erzdiöz. Vilnius)        -285

in Veisiejai                  (Diöz. Vilkaviškis)        - 708

in Sasnava                  (Diöz. Vilkaviškis)        -293
in Kapsukas               (Diöz. Vilkaviškis)        -2317

in Bagotoji                 (Diöz. Vilkaviškis)        -140

in Gižai                     (Diöz. Vilkaviškis)        -353

in Virbalis                 (Diöz. Vilkaviškis)        -344

in Kybartei              (Diöz. Vilkaviškis)        -185

in Alksnėnai            (Diöz. Vilkaviškis)        -666

in Kalvarija             (Diöz. Vilkaviškis)        - 845

in Miroslavas          (Diöz. Vilkaviškis)        -1728

in Šventežeris         (Diöz. Vilkaviškis)        -738

in Santaika             (Diöz. Vilkaviškis)        -603

in Igliauka              (Diöz. Vilkaviškis)        -764

in Vilkaviškis          (Diöz. Vilkaviškis)        -1352

in Gražiškiai           (Diöz. Vilkaviškis)        -157

in Bartininkai         (Diöz. Vilkaviškis)        -98

in Lankeliškiai        (Diöz. Vilkaviškis)        -107

in Keturvalakiai      (Diöz. Vilkaviškis)        -408

in Alksninė             (Diöz. Vilkaviškis)        - 75

in Pilviškiai             (Diöz. Vilkaviškis)        -399

in Varėna              (Erzdiöz. Vilnius)        - 470

in Eišiškės              (Erzdiöz. Vilnius)        -923

in Lielplaukė           (Diöz. Telšiai)        -161

in Lauksoda           (Diöz. Telšiai)        -102

in Viešvėnai           (Diöz. Telšiai)        -237

in Telšiai               (Diöz. Telšiai)        - 3000

in Rietavas           (Diöz. Telšiai)        -424

in Gadunavas        (Diöz. Telšiai)        -103

in Plungė              (Diöz. Telšiai)        -1167

in Mosėdis           (Diöz. Telšiai)        -426

in Skuodas           (Diöz. Telšiai)        -355

in Nevarėnai        (Diöz. Telšiai)        -320

in Žarėnai-Latveliai        (Diöz. Telšiai)        - 830

in Panevėžys        (Diöz. Panevėžys)        -3706

 

 

An den Generalsekretär des ZK der KPdSU, M. Gorbatschow

Erklärung

Wir haben große Hoffnungen auf das von Ihnen verkündete Programm der Veränderungen und der Demokratisierung des Landes gesetzt und glaub­ten, es werde die Lage der Menschenrechte in der Sowjetunion von Grund auf verbessern, die Gewissensgefangenen würden freigelassen und nie­mand werde mehr aus politischen, nationalen und religiösen Gründen ver­folgt. Der erste Schritt in dieser Richtung wurde auch schon getan. Auf Anordnung des Obersten Sowjets der UdSSR vom 2. und 9. Februar dieses Jahres wurden aus sowjetischen Gefängnissen, Lagern wie auch aus der Verbannung etwa 100 Personen befreit, die wegen sogenannter „Staatsver­brechen" verurteilt waren. Leider muß man feststellen, daß dieser Akt der Sowjetregierung, mit dem im Westen so starke Reklame gemacht wurde, keine politische Amnestie, sondern eine „Vergebung" der Strafe darstellt, die nur einen geringen Teil der politischen Gefangenen erfaßt hat. Nach uns vorliegenden Informationen ist der größere Teil der litauischen Gewis­sensgefangenen immer noch an Orten der Strafverbüßung. Wir sind um das Schicksal dieser Menschen, unserer Volksgenossen und ehemaligen Kameraden in der Unfreiheit sehr besorgt und möchten daher Ihre Auf­merksamkeit auf ihre Lage lenken.

Die Priester A. Svarinskas und S. Tamkevičius sind 1983 wegen ihrer gesell­schaftlich-religiösen Aktivitäten verurteilt worden, die nicht von dem Bestreben, die sowjetische Regierung zu stürzen, sondern von einem tiefen Verständnis ihrer menschlichen und priesterlichen Pflichten inspiriert wor­den sind. Am Anfang dieses Jahres wurden Priester A. Svarinskas und Priester S. Tamkevičius in die Isolationshaftanstalt des KGB nach Vilnius gebracht, wo ihnen angeboten wurde, ihre Freiheit mit dem Versprechen einzulösen, auf ihre Prinzipien zu verzichten. Da sie sich aber nicht für schuldig halten, waren sie nicht einverstanden, Kompromisse gegen ihr Gewissen zu schließen. Daraufhin wurde Priester A. Svarinskas in das Lager nach Perm zurückverlegt und Priester S. Tamkevičius kam an einen neuen Inhaftierungsort - nach Mordowien.

V. Petkus und B. Gajauskas sind Mitglieder der Helsinkigruppe Litauens. Sie sind 1977 verhaftet und zu je 10 Jahren Feiheitsentzug und je 5 Jahren Verbannung verurteilt worden. V. Petkus hat, gemeinsam mit den anderen Mitgliedern der Gruppe, viele Fälle von Verletzungen der Menschenrechte in Litauen angeprangert und die Sowjetregierung aufgefordert, Buchstabe und Geist der Vereinbarungen von Helsinki einzuhalten. Er hat sich auch für den Austritt Litauens aus der Union der UdSSR ausgesprochen. Gegen B. Gajauskas wurden folgende Anschuldigungen vorgelegt: Sammeln von Unterlagen über den stalinistischen Terror in Litauen, Organisieren von materieller Hilfe für die Gefangenen, Versuch, das Buch „Der Archipel GULAG" von A. Solschenizyn zu übersetzen. Insgesamt hat B. Gajauskas 35 Jahre, V. Petkus - 25 Jahre und Priester A. Svarinskas 20 Jahre in den sowjetischen Gefängnissen und Lagern verbracht.

G. Iešmantas und P. Pečeliūnas befinden sich zur Zeit in der Verbannung. Beide sind wegen ihrer Mitarbeit bei den Untergrundveröffentlichungen Perspektivos" („Perspektiven") und „Alma Mater" verurteilt worden. G. Iešmantas und P. Pečeliūnas haben sich in ihren Artikeln und Erklärun­gen für eine Reform des sowjetischen gesellschaftlich-politischen Systems, für Offenheit und Demokratisierung ausgesprochen; vor dem Hintergrund der derzeitigen Reformen erscheinen die ihnen zur Last gelegten Anschul­digungen absurd:

Heute klingen genau dieselben Aussagen ganz laut von den obersten Tribü­nen und stehen breit in der sowjetischen Presse. G. Iešmantas und P. Peče­liūnas werden dagegen auch weiterhin als „besonders gefährliche Staatsver­brecher" betrachtet.

Der Priester J. K. Matulionis verbüßt seine 3-jährige Freiheitsstrafe in einem Lager für Kriminelle im Gebiet von Tschita. Sein ganzes „Vergehen" bestand darin, daß er am Allerseelentag gemeinsam mit seinen Pfarrkin­dern an einer Prozession zum Friedhof teilgenommen hat.

Jonas Pakuckas wurde 1981 wegen des Versuchs, die Grenze zwischen der UdSSR und Finnland zu überschreiten, zum Verräter der Heimat erklärt und zu 15 Jahren Freiheitsentzug verurteilt.

Eine ganze Reihe junger Litauer sind wegen der Weigerung, in der sowje­tischen Armee Dienst zu leisten, wegen der Teilnahme an Straßenum­zügen, wegen angeblicher Verunehrung der sowjetischen Symbole zu straf­rechtlicher Verantwortung gezogen und verurteilt worden. Auch die Pro­zeßakten dieser Fälle verlangen nach Überprüfung und neuen Beschlüssen.

 

Wir haben nur die Namen der litauischen politischen Gefangenen aufge­zählt. Gemeinsam mit ihnen warten in den sowjetischen Gefängnissen, Lagern, psychiatrischen Krankenhäusern und in der Verbannung Hunderte von anderen Gewissensgefangenen auf ihre Befreiung: Ukrainer, Russen, Juden, Kaukasier, Esten, Letten usw.

Wenn Sie wirklich das in der Sowjetunion immer noch existierende Pro­blem der Menschenrechte gründlich lösen wollen, dann sind zuallererst alle politische Gefangenen zu amnestieren, Artikel 70 des StGB der UdSSR (und die entsprechenden Artikel der sowjetischen Republiken) müßte widerrufen werden, weil er antikonstitutionell, wie auch in logischer und juridischer Hinsicht absurd ist. Nur diese Maßnahmen könnten die poli­tischen, nationalen und religiösen Repressalien beenden und den Weg für ihre Wiederholung versperren.

1.     Jadvyga Bieliauskienė        8. Nijolė Sadūnaitė

2.     Petras Cidzikas        9. Julius Sasnauskas

3.     Liudas Dambrauskas        10. Liudas Simutis

4.     Anastazas Janulis        11. Vytautas Skoudis

5.     Mečislovas Jurevičius        12. Gema Stanelytė

6.     Vladas Lapienis        13. Antanas Terleckas

7.     Petras Plumpa        14. Vytautas Vaičiūnas

Am 1. Mai 1987.

*

An den Generalsekretär des ZK der KPdSU, M. Gorbatschow

An den Vorsitzenden des Rates für Religionsangelegenheiten der UdSSR,

Chartschew

Abschrift an die Bischöfe Litauens

Erklärung der Gläubigen Litauens und der Stadt Klaipėda

Am 19. und 20. Januar 1987 wandte sich eine Delegation der Gläubigen Litauens in der Angelegenheit der Rückgabe der Kirche der „Königin des Friedens" der Stadt Klaipėda an das ZK der KPdSU und an den Rat für Religionsangelegenheiten. Der verantwortliche Mitarbeiter des ZK, Krygin, hat uns empfangen und versprochen, uns innerhalb eines Monats eine kon­krete Antwort zukommen zu lassen. In der Erklärung waren die Namen und Adressen jener Menschen angegeben, denen der Beschluß der Regie­rungsorgane mitgeteilt werden sollte. Statt einer Antwort aber drohte die Stellvertreterin des Exekutivkomiteevorsitzenden der Stadt Klaipėda, Genossin Blažienė, der Bürgerin Birutė Mockienė, wohnhaft in der Stadt Klaipėda, mit vier Jahren Gefängnis, falls sie nicht aufhöre, sich um die Angelegenheiten der Kirche zu kümmern. Dem Bürger der Stadt Klaipėda, Antanas Avelis, gab Genossin Blažienė ebenfalls keine Antwort. Am 13. Februar dieses Jahres kam der Vorsitzende des Exekutivkomitees der Stadt Kaunas, Genosse Kazakevičius, zu Juozas Kazalupskas, einem Bürger der Stadt Kaunas, und verhörte ihn, anstatt ihm eine Antwort zu geben. Nach eineinhalb Monaten wandte man sich telefonisch an die Mitarbeiterin der Propangandaabteilung des ZK der KPdSU, Genossin B. M. Kuwiniowa, der die Angelegenheit der Kirche von Klaipėda übergeben war. Sie antwortete, daß die Entscheidung der Rückgabe der Kirche von Klaipėda dem Rat für Religionsangelegenheiten übergeben worden sei. Der Rat für Religions­angelegenheiten antwortete darauf, daß die Angelegenheit entschieden werde. Man wandte sich wiederholt an den Rat für Religionsangelegenhei­ten und an die Genossin Kuwiniowa. Die Antwort war, die Angelegenheit sei den Regierungsorganen der Republik - dem Ministerrat der LSSR, Genossen Česnavičius, und dem Bevollmächtigten des Rates für Religions­angelegenheiten, Genossen Petras Anilionis, zur Entscheidung übergeben worden.

Am 12. März 1987 wandte sich eine Delegation an den Bevollmächtigten des Rates für Religionsangelegenheiten P. Anilionis. Er antwortete, daß die Rückgabe des Gebäudes außerhalb seiner Kompetenz liege, diese Frage würden die Exekutivorgane entscheiden. Daraufhin wandten wir uns, wie Genossin Kuwiniowa uns angewiesen hatte, an den Ministerrat der LSSR. Dort wurden wir nicht empfangen, und es wurde uns erklärt, daß auch in Zukunft in dieser Angelegenheit niemand empfangen werde. Aus einem Gespräch mit dem Pfarrer von Klaipėda haben wir entnommen, daß es geplant sei, die weggenommene Kirche der „Königin des Friedens" zurück­zugeben, man habe aber vor, das zur Zeit noch arbeitende Kirchlein zu schließen. Wenn man Klaipėda der Einwohnerzahl nach mit anderen Städ­ten Litauens vergleicht, dann müßte Klaipeda mehr als eine Kirche haben. Deswegen könnte eine große Unruhe entstehen, wenn die Rückgabe der weggenommenen Kirche eine Schließung der noch arbeitenden Kirche bewirken würde.

Der Bevollmächtigte P. Anilionis sagte uns, daß seiner Ansicht nach die Stadt Klaipėda beide Kirchen benötige, und daß wir dies in unseren Erklärungen hätten erwähnen müssen. Darüber, daß die zur Zeit noch arbeitende Kirche geschlossen werden könnte, haben wir uns damals noch keine Gedanken gemacht. Als die Nachricht von der möglichen Schließung der noch arbeitenden Kirche sich unter den Gläubigen verbreitete, haben sie begonnen, in Gruppen Tag und Nacht durchgehend im Inneren der Kirche zu wachen, um die Schließung der Kirche zu verhindern. Die ent­standene Lage macht eine unverzügliche Entscheidung nötig.

Wir, die Katholiken Litauens, hoffen, daß diese Frage im Lichte der demo­kratischen Veränderungen positiv entschieden wird.

Wir bitten Sie, Genosse Generalsekretär, uns zu helfen und die Tätigkeit der Organe unserer Republik zu überwachen, damit der Teufelskreis um die Frage der Kirche von Klaipėda endlich durchbrochen werden kann. P.S. Wir bitten Sie um eine konkrete Antwort mit dem Hinweis auf das Datum der Rückgabe der Kirche.

Saulius Kelpšas        Vitas Rinkevičius

Laimute Truškauskaitė        Arūnas Rekašius

Aldona Raižytė        Domininkas Čepas

Gintas Sakavičius        Juozas Kazalupskas

Alfonsas Bumbulis        Salomėja Menkevičiūtė

Petras Gražulis        Petras Cidzikas

Am 16. März 1987.

*

 

An den Generalsekretär des ZK der KPdSU Michail Gorbatschow Abschriften an die Bischöfe und Verwalter der Diözesen Litauens an den Rektor des Interdiözesesanpriesterseminars zu Kaunas V. Butkus an den Vorsitzenden des Komitees für innere Sicherheit der LSSR an den Bevollmächtigten des Rates für Religionsangelegenheiten beim Ministerrat der LSSR P. Anilionis

Erklärung

Wir, die Priester, die 1987 das Priesterseminar abgeschlossen haben, sehen angesichts der schweren Lage der Kirche Litauens mit Sorge in die Zukunft der Kirche, besonders aber in die Zukunft des einzigen Priesterseminars in Litauen. Obwohl die Verfassung die Gewissensfreiheit garantiert und die Kirche vom Staat getrennt ist, gibt es in Wirklichkeit so etwas nicht. Die Gläubigen in Litauen werden auch weiterhin diskriminiert, ihre Rechte werden verletzt, und die Regierung mischt sich in die Angelegenheiten der Kirche. Das alles wird besonders anschaulich, wenn man sich an unseren Weg zum Priestertum erinnert, und wenn man weiß, daß diese Lage unver­ändert bleibt.

Ein junger Mann, der sich entschlossen hat, Priester zu werden, wird schon von der Schulbank an verfolgt, zu überreden versucht, erpreßt und verspot­tet. Die Verfolgungen hören nicht einmal während des Dienstes in der sowje­tischen Armee auf. Besonders grob tritt diese Verfolgung in Erscheinung nach dem Einreichen der Eintrittserklärung in das Interdiözesanpriester-seminar zu Kaunas. Dann beginnen ständige Vorladungen in das Militär­kommissariat, wo die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes warten, Tele­fonate oder Besuche der Mitarbeiter des Komitees für Staatssicherheit in Arbeitsstätten oder Wohnungen des Kandidaten oder seiner Eltern. Es wird abgeraten, gedroht, erpreßt, verlangt zu unterschreiben, daß man mit den Organen des Sicherheitsdienstes zusammenarbeiten und zu Begegnungen kommen werde. Widrigenfalls wird überhaupt keine Hoffnung gelassen, in das Priesterseminar eintreten zu dürfen. Die meisten jungen Männer blei­ben aber trotzdem ihren Idealen treu. Wenn die Zahl der regierungstreuen Kandidaten nicht ausreicht, werden die Regierungsorgane gezwungen, auch einen Teil der ungebrochenen jungen Männer zuzulassen. Die Verfol­gung der letzteren hört auch während des Studiums am Priesterseminar nicht auf.

Hier ein paar Beispiele:

1. Vytautas Prajara wurde in der Schule wegen seiner religiösen Überzeu­gungen verspottet, ihm wurde verboten, die Kirche zu besuchen. Als er eine Eintrittserklärung in das Priesterseminar eingereicht und die Aufnah­meprüfungen bestanden hatte, wurde er kurz darauf in das Militärkommis­sariat vorgeladen, wo ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes auf ihn war­tete. Er versuchte ihn anzuwerben, mit dem Sicherheitsdienst zu arbeiten, widrigenfalls wurde ihm mit der Nichtzulassung in das Priesterseminar gedroht. „Ihr seid in unseren Händen. Kandidaten gibt es viele, aber nur ein kleiner Teil kann eintreten. Wenn du unterschreibst - wird das Eintre­ten in das Priesterseminar garantiert." Mit diesen und ähnlichen Verlockun­gen versuchte man ihn anzuwerben. Wenn man damit nicht einverstanden ist, wird man, nachdem die nächste Begegnung festgelegt wird, wieder ent­lassen. Bis zum Monat September gab es drei Begegnungen, und es wurde jedesmal auf gleiche Weise geworben. Bei einem Verfolgten hörte die Ver­folgung auch dann nicht auf, als er schon in das Priesterseminar eingetre­ten war. Er wurde während der Ferien daheim telefonisch angerufen. Am Ende des zweiten Kursus wurde er zu der medizinischen Kommission des Militärkommissariats vorgeladen (so stand es in der Vorladung geschrie­ben), über seine Gesundheit hat sich aber niemand erkundigt. Er wurde nur in ein anderes Arbeitszimmer geführt, wo derselbe Sicherheitsbedien­stete ihn erwartete. Er brachte erfundene und unbegründete Vorwürfe gegen ihn vor und schimpfte ihn aus, weil er Verabredungen nicht einge­halten habe. Man wird niemals in den Palast des Komitees des Sicherheits­dienstes offiziell vorgeladen, sondern immer unter einer Maske, entweder zum Militärkommissariat, oder zur Autoinspektion und ähnl. Der Sicher­heitsbeamte drohte diesmal mit Entlassung aus dem Priesterseminar und forderte ihn auf, zu unterschreiben. Als V. Prajara sich weigerte, begann der Sicherheitsbedienstete zu fluchen und drohte ihm mit physischer Erle­digung: „Wenn es unmöglich ist, mit dir mit Worten einig zu werden, dann werden wir mit physischer Gewalt mit dir fertig werden. Davonlaufen kannst du uns nicht!" Die Welle der Einschüchterungen und Drohungen dauerte etwa eine Stunde lang. Außerdem konnte er einige Male beobach­ten, daß ihm Sicherheitsbeamte folgten, wenn er mittwochs in die Stadt gehen durfte.

2. Kazimieras Gražulis wurde ebenfalls in der Schule wegen seines Glau­bens verspottet und vor seinen Klassenkameraden herabgesetzt. Nach Abschluß der Mittelschule beschloß er, in das Priesterseminar einzutreten, der Sicherheitsdienst ließ aber seine Kandidatur nicht zu und verweigerte ihm vier Jahre nacheinander den Eintritt. Seitens der Leitung des Priester­seminars und der Bischöfe gab es keine Behinderungen, also die Sicher­heitsorgane erlaubten ihm nicht, in das Priesterseminar einzutreten.

Ähnlich wurden auch alle anderen Seminaristen verfolgt und terrorisiert, die nicht einverstanden waren, Kompromisse gegen das eigene Gewissen zu schließen. Manchen wurden gute Pfarreien versprochen, ja es wird sogar versprochen, einen zum Bischof zu machen und ähnliches. Was für eine grausame Lüge, wenn überall verkündet wird, daß die Regierung sich nicht in die Angelegenheiten der Kirche einmische, daß sie niemanden hindere, in das Priesterseminar einzutreten. Das sind nur einige konkrete Fakten. Die meisten der Seminaristen fürchten sich, öffentlich etwas über die Dro­hungen zu sagen, weil sie nach jedem Anwerbungsversuch eingeschüchtert worden sind, niemandem etwas über das stattgefundene Gespräch zu erzählen, weil das alles geheim bleiben müsse.

Wir bitten die sowjetische Regierung, die von uns erhobenen Fakten zu beachten und daraus positive Schlüsse zu ziehen, nämlich:

1.     die Verfolgung jener jungen Männer einzustellen, die entschlossen sind, Priester zu werden;

2.     der geistlichen Führung und der Leitung des Priesterseminars selbst die Wahl der Kandidaten für das Priesteramt zu überlassen und ihre Zahl nicht zu begrenzen;

3.     die in das Priesterseminar eingetretenen Kandidaten nicht zu erpressen, nicht einzuschüchtern und nicht anzuwerben.

Es unterschrieben Neupriester dieses Jahres:

Vytautas Prajara        Jeronimas Petrikas

Kazimieras Gražulis        Robertas Rumšas

 

 

An den Generalsekretär des ZK der KPdSU Michail Gorbatschow Abschriften: an die Bischöfe und Verwalter der Diözesen Litauens

Erklärung des Priesters Antanas Gražulis, 2. Vikars von Alytus

Schon seit einer Reihe von Jahren versucht der Apostolische Administrator der Erzdiözese Kaunas, mich zum Pfarrer oder Administrator irgendeiner

Pfarrei zu ernennen, aber durch Einmischung der Beamten der sowje­tischen Regierung werden die Ernennungen aufgehalten. Soweit ich von S Exz. Erzbischof L. Povilonis erfahren habe, bin ich schon für Veiveriai, Šeštokai, Krosna, Būdvietis, Meteliai, Ūdrija, Išlaužas und zuletzt für Žemoji Panemunė vorgesehen gewesen. Es verbreiten sich Gerüchte, daß über die Frage meiner Versetzung aus Alytus in diese kleine dörfliche Pfarrei sogar der Ministerrat der LSSR beraten haben soll. Es ist sonderbar, daß ich während meiner priesterlichen Tätigkeit in der kleinen Pfarrei Žemoji Panemunė dem Staat UdSSR „gefährlicher" sein könnte, als wenn ich in Alytus tätig wäre.

Früher wurde die Zurückhaltung meiner Ernennungen mit meiner Weige­rung begründet, das vom Bevollmächtigten des RfR ausgestellte Zeugnis im Exekutivkomitee der Stadt abzuholen. Ich benötigte als Priester dieses Zeugnis nicht, weil ich in der Stadt Alytus schon angemeldet war, als die­ses Zeugnis zugeschickt wurde. Dieses Jahr wurde ich wegen Schikanen des KGB - in meiner Wohnung war eine Abhörapparatur installiert und meine Wohnungsinhaberin war eingeschüchtert worden - gezwungen, in eine andere Wohnung umzuziehen, und bei der Ummeldung habe ich auch das genannte Zeugnis der Behörde des Bevollmächtigten des RfR abgeholt. Der frühere Grund der Unterbindung meiner ehemaligen Versetzungen ist also entfallen, der Erzbischof wird aber auch weiter an meiner Versetzung in eine andere Pfarrei gehindert.

Welche Ursache für den Verzug der neuesten Versetzung könnte es nun geben? Es könnte nur in Frage kommen, daß dies eine Repressalie wegen der Erklärung unserer Familie ist, die diese im Dezember 1986 an den Staatsanwalt der LSSR und im Mai 1987 an Sie, Generalsekretär, gerichtet hat.

Das wäre aber eine Einschränkung der Kritik und des Rechts der Bürger, sich mit Beschwerden und Erklärungen an die Regierung der UdSSR wen­den zu dürfen. Und das alles geschieht in der Zeit der Offenheit und der Reformen.

Außerdem ist eine solche Einmischung der Beamten der Zivilregierung mit den in der Verfassung der UdSSR und der LSSR deklarierten Prinzipien der Trennung der Kirche vom Staat und des Staates von der Kirche unver­einbar.

Ich bitte Sie veranlassen zu wollen, daß die Organe der sowjetischen Regie­rung nicht mehr die kirchliche Obrigkeit daran hindert, mich für ein sol­ches Amt zu ernennen, in dem sie meine Tätigkeit als nützlich für die Kir­che und die Gesellschaft sieht.

Am 12.6.1987.

An den Staatsanwalt der SSR Litauen, A. A. Nowikow

Abschrift: An das Komitee der Katholiken zur Verteidigung der Rechte der

Gläubigen

Erklärung

der Sadūnaite Felicia-Nijolė, Tochter des Jonas, wohnhaft in Vilnius, Architektų 27-2.

Am 1. April 1987 hat der KGB-Beamte Rainys § 192 des Strafgesetzbuches der LSSR verletzt. Darin wird gesagt, daß alle Gegenstände und Schrift­stücke, die während der Durchsuchung abgenommen werden, im Ab­nahme- oder Durchsuchungsprotokoll aufgeführt werden müssen. Rainys ließ aber von der Durchsuchung in der Antakalnio Straße 62-2, die er leitete und wo ich zu Gast war, keine Durchsuchungsunterlagen zurück, sondern nahm mich sofort fest und schüchterte die Wohnungsinhaberin ein, wieso sie es gewagt habe, mich als Gast aufzunehmen, obwohl sie gewußt habe, daß ich schon seit langer Zeit vom KGB gesucht werde. Nachdem er ein Auto telefonisch bestellt hatte, befahl er, mir Nahrungs­mittel und Kleider mitzugeben, denn ich würde länger in den Kellern des KGB bleiben müssen. Nachdem er mich gefragt hatte, wo meine Sachen seien, nahm er meine Handtasche an sich und sagte, alles werde mir nach der Überprüfung zurückgegeben. Rainys nahm mein Psalmen-Gebetbuch, Notizbüchlein mit religiösen Gedanken und Adressen, Fotoaufnahmen von mir teuren Menschen, darunter auch die Aufnahmen meiner verstor­benen Eltern, wie auch von mir eigenhändig geschriebene Briefe und Grüße zu Ostern an sich. Er trug diese Gegenstände, die er mir abgenom­men hatte, nicht ins Durchsuchungsprotokoll ein, er ließ nicht einmal ein Durchsuchungsprotokoll zurück und stellte mir auch keine Bescheinigung aus, daß er meine Sachen an sich genommen hat.

Das Auto, das angekommen war, brachte mich in das Amtsgebäude des KGB, Lenino 40, wo ich in einem Amtszimmer im dritten Stock, unter Aufsicht von zwei KGB-Beamten, zurückgelassen wurde. Nach etwa ein­einhalb Stunden, gegen 12 Uhr, wurde ich zum Oberst des KGB, Liniaus-kas, geführt. In seinem Amtszimmer fand ich auch den Staatsanwalt der Republik, J. Bakucionis, sitzend vor. Er bemühte sich mich zu überzeugen, daß angeblich niemand nach mir gesucht habe. Warum haben sie mich dann festgenommen? J. Bakucionis sagte nicht die Wahrheit, denn schon über vier Jahre lang wurde nicht nur in Litauen nach mir gefahndet. Auch meine Bekannten in Lettland, im Kaukasus, in Georgien, waren befragt worden. Am Bahnhof von Chosta ist auch eine Aufnahme von mir unter den Steckbriefen der Kriminalverbrecher ausgehängt gewesen; sie fahnde­ten nach mir auch in zahlreichen anderen Ortschaften. Weiter erklärte J. Bakučionis, daß nicht der KGB, sondern er selbst meinen Prozeß führen werde. Er beschuldigte mich, daß ich angeblich nirgends beschäftigt sei und keinen ständigen Wohnsitz hätte. Daraufhin habe ich ihn gebeten, er möchte mich nach Hause, in meine Kooperativwohnung Architektu 27-2 bringen, wo ich wohne und wo ich meinen Personalausweis und mein Arbeitszeugnis hätte, das am 7. März 1987 ausgestellt worden sei. In diesem Zeugnis wird bestätigt, daß ich seit 1980 in der Kirche von Paberžė (im Rayon Vilnius) als Hilfskraft beschäftigt bin, wo ich das Waschen und das Ausbessern von kirchlichen Gewändern erledige und auch auf Anweisung des Pfarrers für Sauberkeit und Ordnung auf dem Kirchhof und in der Kirche zuständig bin (das Zeugnis füge ich dieser Erklärung bei).

J. Bakučionis wurde verlegen und erklärte mir, daß er meinen Personalaus­weis nicht benötige, weil er mich persönlich kenne. Auf meine Frage, ob so viele beim KGB beschäftigte Männer sich fürchten, mich nach Lazdynai zu bringen, antwortete er, daß sie sich nicht fürchten, sondern daß es schon spät sei, obwohl es erst 12 Uhr - der Beginn eines Tages war. Warum wollte er sich nicht überzeugen, daß ich beschäftigt bin, sondern beschuldigte mich lügnerisch? Ich hatte den Staatsanwalt eingeladen, auch zu meiner Arbeitsstelle zu fahren (etwa 30 km entfernt), wo nicht nur der Pfarrer selbst, sondern auch der Sakristan und auch andere Zeugen bezeugen könnten, daß ich seit 1980 bis jetzt dort beschäftigt bin. Warum versuchte er sich herauszuwinden und hat mich weder zu mir nach Hause, noch zu meiner Arbeitsstelle gebracht? Vielleicht allein deswegen, damit er auf seine ungerechte Anschuldigung hin meine Festnahme rechtfertigen kann? J. Bakučionis und Liniauskas waren während der Vernehmung sehr auf­geregt, es war klar, daß sie in eine unangenehme Situation geraten waren.

Auf die mir vom Staatsanwalt gestellten Fragen über die „Chronik der Litauischen Katholischen Kirche" Nr. 73 und über meine Erinnerungen antwortete ich, daß ich auch jetzt, genau wie während der Vernehmungen des KGB im Jahre 1974-1975 weder auf diese, noch auf alle anderen Fra­gen, die den Prozeß betreffen, Antwort geben würde, ich würde keine Angaben machen und keine Protokolle unterschreiben. Die Begründung ist dieselbe: Die Untersuchungsbeamten begehen selber ein Vergehen, denn sie verletzen selber die sowjetischen Gesetze, die Artikel der Verfassung und der internationalen Vereinbarungen, deswegen werde ich in diesem verbrecherischen Prozeß keinen Finger rühren, um ihnen dabei zu helfen. Man muß außerdem heute in der von M. Gorbatschow propagierten Zeit der Demokratisierung und der Reformen solche Aktionen der Unter­suchungsbeamten als Widerspruch gegen die Politik M. Gorbatschows ver­stehen. Deswegen habe ich weder ihr lügenhaftes Protokoll, noch die Unterlagen meiner Festnahme unterzeichnet.

Dann führten sie mich in eine Isolationszelle für Untersuchungsgefangene, die sich im Keller des KGB befindet. Sie sperrten mich in eine Einzelzelle ein, und nach einer halben Stunde kam eine KGB-Sanitäterin und machte bei mir eine Leibesvisitation; sie nahm von meinem Hals das Kreuzchen herunter, obwohl ich sie gebeten hatte, es zu lassen, erkundigte sich nach meiner Gesundheit und sagte, ich solle mich unbedingt baden. Warum unbedingt? So etwas wird sonst niemals und bei niemandem angeordnet, sondern immer nur angeboten. Vielleicht nur dazu, damit die von mir mit­gebrachten Kleidungsstücke, Schuhe, Nahrungsmittel in der Zelle unter ihrer Aufsicht bleiben können? Sie ordnete ja an, das alles in der Zelle zurückzulassen, wo schon das Bettzeug für mich hergerichtet war und Suppe, Tee und das Teekännchen bereit standen. Rainys hatte zu mir gesagt, daß es kein Mittagessen geben werde, hier aber geschah das Gegen­teil - für alles wurde gesorgt... Die Sanitäterin brachte mich in die Dusche, sperrte mich ein und kam erst nach einer guten halben Stunde zurück. Sie führte mich in die Zelle zurück.

Meine Stimmung war den ganzen Tag feierlich erhaben, ich freute mich, daß ich mein kleines Opfer mit dem großen Opfer Christi für meine gelieb­ten irrenden Brüder und Schwestern vereinen kann. Deswegen dankte ich auch in der Zelle dem gütigen Gott dafür. Am Abend habe ich gespeist. Nach einer halben Stunde spürte ich in der Wade des linken Beines einen scharfen Schmerz, wo eine große Vertiefung bis zum Wadenbein entstand; die Muskeln zogen sich zusammen, zogen die Zehen an beiden Füßen aus­einander wie bei einem Krampf. Ich war sehr erstaunt darüber, denn es war der erste solche Fall in meinem Leben. Obwohl ich mich sofort hingelegt und die Beine massiert habe, verging noch eine gute halbe Stunde, bis die Krämpfe und die Schmerzen sich beruhigten. Darauf verspürte ich eine große Schwäche, Gleichgültigkeit für alles, eine mir ungewohnte Apathie und ich bereitete mich zum Schlafen vor. Woher ein solcher plötzlicher Wechsel der Stimmung? Mir scheint, daß sie mich mit irgendwas vergiftet haben.

Kaum waren die Krämpfe in den Beinen vergangen, da ging mit Getöse das kleine Fensterchen in der Tür der Zelle auf, und ein Soldat befahl mir, mit meinen Sachen herauszukommen. Es war etwa 20 Uhr. Er führte mich wieder in den dritten Stock hinauf, nur dieses Mal, wie ich am 7. April vom Staatsanwalt J. Bakučionis erfahren habe, in das Arbeitszimmer des stell­vertretenden Vorsitzenden des KGB, Henrikas Vaigauskas. H. Vaigauskas saß hinter seinem Tisch, ihm zur Rechten der Vorsteher der Unter­suchungsunterabteilung Baltinas und zu seiner Linken - J. Bakučionis. Auf dem Tisch standen zwei Mikrophone, von denen eines zu H. Vaigauskas, das zweite zu mir gerichtet war. Sie setzten mich H. Vaigauskas gegenüber. Alles war mir gleichgültig. Ich erkundigte mich nicht einmal, wer die zwei unbekannten Männer waren, denn ich erkannte nur J. Bakučionis, die anderen zwei sah ich zum ersten Mal. Ich beachtete überhaupt nichts und fragte nicht einmal, wozu die zwei Mikrophone aufgestellt waren. Eine solche Abstumpfung des Denkens hat es in meinem Leben noch niemals gegeben. Alle drei redeten auf mich ein, am meisten aber H. Vaigauskas. Sie erklärten, versuchten mich zu überzeugen, fragten mich aus, behaup­teten, daß ich angeblich die Farben zu dick aufgetragen habe, als ich meine Erinnerungen schrieb... Ich sagte, daß es gerade das Gegenteil ist -vieles habe ich milder gemacht. Nachher, um 21 Uhr, zeigten sie mir den Beschluß und äußerten dabei die Hoffnung, daß ich unterschreiben werde.

In diesem Beschluß war die wiederholte lügenhafte Anschuldigung enthal­ten, daß ich nirgends arbeite und keinen ständigen Wohnsitz habe. Ich reagierte darauf überhaupt nicht, wie wenn mich das überhaupt nichts angehen würde. Weiter stand geschrieben, daß ich festgenommen worden sei unter dem Verdacht, ein Vergehen gemäß §199 - 1 begangen zu haben, ohne auf irgendwelche tatsächlichen Angaben hinzuweisen, die mein „Vergehen" bestätigen könnten. Da aber diese meine „verbrecherische" Aktivität eingestellt sei, - so schreibt man weiter, - hätten sie nach einer Beratung beschlossen, mich in die Freiheit zu entlassen. Ich habe den Text einige Male durchgelesen, da mein Bewußtsein aber vernebelt war, habe ich dabei sogar zwei Mal J. Bakučionis gefragt, warum sie von mir keine Versprechungen fordern. Er erklärte, daß er wisse, daß ich eine solche Erklärung nicht unterzeichnen würde. Den genannten Beschluß hatte J. Bakučionis schon unterzeichnet gehabt. Warum hat aber H. Vaigauskas nicht unterzeichnet, der das Gespräch geführt hatte? Er hat lediglich die Hoffnung geäußert, daß ich über diese späte abendliche Unterhaltung niemandem erzählen oder schreiben werde. Warum hatte H. Vaigauskas Angst vor der Öffentlichkeit, wenn er und seine Freunde gerecht gehan­delt haben? Das widerspricht doch der Politik der „Glasnost" und der „Perestroika" von M. Gorbatschow!

H. Vaigauskas hatte mir noch dazu erklärt, daß eine Frau festgenommen worden sei, die, soweit ich verstanden habe, in die Feiheit entlassen werde, sobald ich unterschrieben habe. Auch diesen Unsinn habe ich an diesem Abend geglaubt. Ich nahm einen Kugelschreiber in die Hand, den mir J. Bakučionis gab. Die Finger der Hände waren wie aus Holz, wie nicht meine eigenen und ich begann zu unterschreiben. Ich unterschrieb und gleichzeitig wunderte ich mich darüber, daß meine Buchstaben so groß ausfallen, wo ich dagegen immer fein unterschrieben habe. Nachdem ich unterschrieben hatte, sagte J. Bakučionis mit Freude: „Zum ersten Mal haben wir gesehen, wie Nijolė unterschreibt..." H. Vaigauskas kam zu mir, drückte mir die Hand mit dem Versprechen, mich auf jede Weise zu unter­stützen und mir alle meine Sachen, die während der Durchsuchung mit­genommen wurden, bald zurückzugeben. Ich wurde um 30 Minuten nach 21 Uhr aus dem KGB-Palast entlassen. An den zwei darauffolgenden Tagen habe ich einen Brechreiz gehabt, mir war schwindlig, ich verlor den Appe­tit, und wenn ich doch etwas gegessen habe, wurde nicht verdaut und ich fühlte mich sehr schwach. Bis jetzt quält mich ein Durst und mein Mund wird immer trocken. Wo kommt das alles her? Vor dem 1. April gab es bei mir solche Anzeichen nicht.

Es sind schon beinahe vier Wochen vergangen, aber weder Rainys, noch H. Vaigauskas oder J. Bakučionis haben mir die abgenommenen Sachen zurückgegeben. Am 7. April erklärte mir J. Bakučionis, daß der KGB viel Arbeit habe: mein Gebetbuch, meine Notizen usw. müßten dechiffriert werden...

Ich bitte noch einmal, mir die von Rainys abgenommenen Sachen zurück­zugeben. Bei Nichtrückgabe sehe ich mich gezwungen, mich an entspre­chende höhere Instanzen zu wenden.

Am 27.04. 1987.