Der Delegation der Föderation von Helsinki, die Ende Januar 1988 in Moskau auf Einladung der Regierung der UdSSR zu Gast war, haben die Katholiken Litauens folgendes Dokument überreicht:
Über die Lage der Gläubigen in Litauen.
Die Lage der Gläubigen in der UdSSR, also auch in der einverleibten SSR Litauen, bestimmen die Gesetze der UdSSR, in denen - wenn auch oft nur versteckt - gesagt wird, daß die Religion in der UdSSR abgelehnt werden soll. Und nur deswegen, weil die Gesetze oft nur oberflächlich beachtet werden, ist es den Gläubigen bislang gelungen, einige ihrer Positionen aufrecht zu erhalten.
In der Einleitung der Verfassung der UdSSR wird gesagt: „Das höchste Ziel des sowjetischen Staates ist der Aufbau der klassenlosen kommunistischen Gesellschaft..., den Menschen der kommunistischen Gesellschaft zu erziehen..." Im Artikel 39 steht: „Die Nutzung der Rechte und Freiheiten durch die Bürger darf den Interessen der Gesellschaft und des Staates... keinen Schaden zufügen."
Da der Mensch der kommunistischen Gesellschaft ausnahmslos ein Atheist ist, bedeutet es, daß jegliche Nutzung der Gesetze und Freiheiten zu Gunsten der Religion eine Verletzung der Verfassung bedeutet.
Artikel 25: „In der UdSSR besteht und entwickelt sich ein einheitliches System der Volksbildung, das... der kommunistischen Erziehung der Jugend dient..."
Für die Gläubigen ist kein Platz mehr übrig gelassen. Die jungen Menschen, die sich wie durch ein Wunder der atheistischen (kommunistischen) Erziehung nicht unterziehen, werden im besten Falle zu Bürgern zweiter Klasse.
Die Gewissensfreiheit wird in der Verfassung (Artikel 52) als „Recht, religiöse Kulthandlungen auszuüben oder atheistische Propaganda zu betreiben ...", definiert.
Das bedeutet, daß man die Religion und die Gläubigen mit allen Mitteln der Kommunikation angreifen darf, die Gläubigen aber dürfen sich nicht verteidigen, keine Gegenpropaganda, geschweige denn eine religiöse Propaganda führen. Auf solche und ähnliche konstitutionellen Fundamente gestützt, geben die zentralen und die örtlichen Regierungsorgane Gesetze, Verordnungen, Vorschriften heraus, die die Gläubigen diskriminieren, und die Beamten wissen es genau, daß man im Kampf gegen die Religion den Knüppel aus dem Sack lassen darf und es riskant ist, ihn nicht herauszulassen, weil man seine Stelle verlieren kann.
Am klarsten spiegelt sich die Diskriminierung der Gläubigen in dem „Statut der religiösen Gemeinschaften", das durch eine Anordnung des Präsidiums des Obersten Sowjets der SSR Litauen am 28. Juli 1976 bestätigt wurde und das bis jetzt in Kraft ist. Punkt 17 dieses Statuts sagt: „Die religiösen Gemeinschaften haben nicht das Recht, soziale Arbeiten mit Kindern und Jugendlichen zu veranstalten. Den religiösen Gemeinschaften ist es verboten, spezielle religiöse, aber auch andere Versammlungen einzuberufen, wie auch Arbeits-, Literatur- oder andere Kreise und Gruppen zu gründen, die keine Verbindung mit der Ausübung des Kultes haben." Punkt 18: „Religionsunterricht zu erteilen ist nur in den geistlichen Seminaren erlaubt, die nach einer bestimmten Ordnung errichtet werden". In Litauen ist nur eine derartige Schule mit einer von der Regierung streng begrenzten Zahl von Studierenden zugelassen - das Interdiözesanpriester-seminar zu Kaunas.
Nicht nur diese zwei Punkte dieses Status sind diskriminierend, sondern auch alle anderen. Es steht durchgehend nur „verboten, verboten, verboten..." Aus diesem Grunde hat die absolute Mehrheit der Priester Litauens eine an die Regierung gerichtete Erklärung unterzeichnet, in der sie verweigerten, den Forderungen dieses Statuts zu gehorchen. Die Regierung hat aber darauf nicht reagiert, und die Beamten, die sich auf dieses Statut stützen, terrorisieren bis heute die Gläubigen, besonders aber die Jugend.
Die Perestroika hat das Verhalten der Regierung den Gläubigen gegenüber in Litauen nicht erfaßt. Die Gesetze sind dieselben geblieben, die Tendenz zur Austilgung der Religion ist nicht nur geblieben, sondern wurde durch die neuen Aufrufe von Gorbatschow und in Litauen durch die vom Sekretär des ZK der KP, Griskavicius, den Kampf gegen die Religion zu verschärfen, sogar noch verstärkt.
Dieses Jahr ist für die Katholiken Litauens ein Jubiläumsjahr - 600 Jahre seit der Taufe Litauens. Aus diesem Anlaß hatten die Litauer gehofft, sich mit dem Papst treffen zu dürfen. Umsomehr deswegen, weil der Papst selbst dies wünschte. Die Regierung der UdSSR, die die Umgestaltung propagiert, erlaubte es aber nicht. Viele Katholiken Litauens wollten an den Jubiläumsfeierlichkeiten im Vatikan teilnehmen, die Regierung der UdSSR aber, die 1975 in Helsinki versprochen hat, die Kontakte zwischen den Menschen verschiedener Länder zu erleichtern, ließ... 8 (acht) Personen zum Vatikan fahren, die vorher vom KGB ermahnt wurden, wie sie sich dort verhalten sollten. Entgegen den Vereinbarungen von Helsinki ist bis jetzt die Einfuhr religiöser Literatur nach Litauen aus dem Ausland ebenso wie ihre Herstellung im Inland verboten.
Was der „Bulldozer-Atheismus" (so nennen die Atheisten selbst das Toben der Regierungsgottlosen in der UdSSR) in den Zeiten der Sowjetherrschaft in Litauen angerichtet hat und was er auch jetzt anrichtet, kann man in der „Chronik der Litauischen Katholischen Kirche" nachlesen. In dieser einzigen und auch nur illegal herausgegebenen periodischen Veröffentlichung der Katholiken Litauens kommen - wir können es versichern - Ungenauig-keiten und Fehler (die unter Untergrundbedingungen als unvermeidbar erscheinen sollten) nur sehr selten vor. Die „Chronik der Litauischen Katholischen Kirche" ist erhältlich bei den Gesandtschaften Litauens in den USA, beim Vatikan und in manchen anderen Ländern in englischer, deutscher, französischer und anderen Sprachen. Wir sind der Überzeugung, daß ein normales, aktives religiöses Leben in Litauen dann und nur dann möglich wird, wenn die Regierung ihre Anschauung bezüglich der Religion radikal ändern und sie durch Gesetze sichern wird.
Litauen, im November 1987.
S. Exz. Bischof von Vilnius, Julijonas Steponavičius in Žagarė
Priester Jonas Danyla in Bijutiškis
Priester Jonas Zubrus in Kirdeikai
Priester Zenonas Navickas in Saldutiškis
Priester Rokas Puzonas in Kiaukliai
Priester Kazimieras Gražulis in Šiauliai
Priester Gustavas Gudanavičius in Žagarė
Priester Edmundas Atkočiūnas in Kuršėnai
Robertas Grigas in Kiaukliai
Nijolė Sadūnaitė in Vilnius
Liudas Simutis in Kaunas
Petras Plumpa in Kulautuva
Saulius Kelpšas in Garliava
Petras Gražulis in Sasnava
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An den Generalsekretär der KPdSU, den Genossen M. Gorbatschow Abschrift an die Bischöfe Litauens
Erklärung der Priester Litauens Schon seit einiger Zeit behaupten die Verantwortlichen der sowjetischen Regierung, daß ein neues Statut der religiösen Gemeinschaften vorbereitet wird, das der jetzigen Politik der Umgestaltung und der Demokratisierung der sowjetischen Regierung entspricht. Als das heute gültige Statut der religiösen Gemeinschaften 1976 vorbereitet wurde, haben sich die Bischöfe und die Priester der Katholischen Kirche Litauens an die sowjetische Regierung mit der Bitte gewandt, daß dieses Statut mit den Cañones der Kirche in Einklang gebracht werden sollte, damit es die gläubigen Katholiken und die Priester, ohne gegen ihr Gewissen zu verstoßen, einhalten können. Bedauerlicherweise wurden diese Wünsche nicht beachtet, und das Statut, das das religiöse Leben in unserem Lande regelt, wurde von atheistisch gesinnten Beamten der Regierung allein vorbereitet. Damit nicht wieder eine solche paradoxe Situation entsteht, wenden wir uns auch dieses Mal an Sie, Generalsekretär, mit der Bitte, die Aufmerksamkeit der Beamten, die dieses neue Statut vorbereiten, auf die Cañones der Katholischen Kirche sowie auf die internationalen Verpflichtungen der UdSSR zu lenken, die sie durch das Unterschreiben der Deklaration der Menschenrechte wie auch der Schlußakte der Vereinbarungen von Helsinki auf sich genommen hat.
Der Codex des Kirchenrechts (Can. 211) verpflichtet jeden Gläubigen, zur Verbreitung des Glaubens, d. h. zur Verbreitung der Heilsbotschaft, in allen Ländern der Welt beizutragen. Das bisherige Statut der religiösen Gemeinschaften wie auch die Verfassung der UdSSR und der LSSR (entsprechend den Artikeln 52 und 50) garantiert den Gläubigen nur das Recht der Ausübung der Kulte, den Ungläubigen dagegen garantiert es das Recht, atheistische Propaganda zu führen.
Das ist mit den von derselben Verfassung proklamierten Prinzipien der Gleichberechtigung aller Bürger ganz eindeutig unvereinbar. Dieses Prinzip einzuhalten, hat sich die Regierung der UdSSR durch das Unterschreiben der Deklaration der Menschenrechre der Vereinigten Nationen und der Schlußakte der Vereinbarungen von Helsinki verpflichtet.
Die Cañones der Kirche (Can. 213 und 278) fordern die Gläubigen, Laien wie Priester, auf, sich zwecks Unterstützung der sozialen Gerechtigkeit, Taten der Nächstenliebe oder der Frömmigkeit wie auch der Pflege des christlichen Lebens zusammenzuschließen. Das bisherige Statut der religiösen Gemeinschaften (Art. 17 und 45) gibt den Gläubigen dieses Recht nicht. Den Katholiken des Ost-Ritus ist es sogar verboten, Kulthandlungen auszuüben und zu diesem Zweck sich in religiösen Gemeinschaften zusammenzuschließen.
Das Kirchenrecht (Can. 528 und 776) verpflichtet die Pfarrer in besonderer Weise, sich um die christliche Erziehung und Katechese der Kinder und der Jugendlichen zu sorgen. Canon 776 verpflichtet sie, den Eltern bei der Erfüllung ihrer christlichen Erziehungspflichten behilflich zu sein. Wie die Katechese der Jugend und der Kinder durchgeführt werden soll, wird in sieben Cañones des Kirchenrechts (Can. 773 bis 780) beschrieben. Die von dem Staat erlassenen Gesetze verbieten aber den Priestern und den für diesen Zweck ausgebildeten Katecheten, die Kinder zu katechisieren. Die Glaubenswahrheiten zu unterrichten, ist nur in den „geistlichen Schulen" erlaubt, die nach bestimmter Ordnung errichtet werden, d.h. in Priesterseminaren, in die die Jugendlichen nur nach erlangter Volljährigkeit aufgenommen werden dürfen (siehe Art. 17 und 18 des Statutes der religiösen Gemeinschaften). Das Recht, die Kinder in den Wahrheiten des Glaubens zu unterrichten, ist allein den Eltern zugesprochen. Die atheistischen Eltern dagegen dürfen, um ihre Anschauungen ihren Kindern übermitteln zu können, die Unterstützung der qualifizierten Propagandisten des Atheismus, der Lehrer wie auch der Schulen für allgemeine Bildung in Anspruch nehmen. Das ist eine deutliche Mißachtung der Gleichberechtigung der Gläubigen. Die Priester wie auch die Laien-Katecheten, die diese wichtige Pflicht der Kinder- und der Jugendkatechese erfüllen, geraten in eine Konfliktsituation mit den von der sowjetischen Regierung erlassenen Gesetzen.
Canon 1374 des Codex des Kirchenrechts verlangt, jene Gläubigen mit einer entsprechenden Strafe zu belegen, die Organisationen beitreten, die Machenschaften gegen die Kirche betreiben, wer aber die Tätigkeit solcher Organisationen aktiv unterstützt, zieht die kirchliche Strafe des Interdikts auf sich. Die gläubigen Schüler werden aber gezwungen, den atheistischen, gegen den Glauben kämpfenden Organisationen (der Kommunistischen Jugend, den Pionieren, den Atheistischen Gruppen) beizutreten. Junge Männer, die in das Priesterseminar eintreten wollen, und manche Priester oder Laien werden angeworben, Mitarbeiter der faktisch gegen die Kirche arbeitenden Organisation des Sicherheitsdienstes zu werden. Durch solchen Zwang und solche Anwerbung wird das Gewissen der Gläubigen und der jungen Generation vergewaltigt, das Verfassungsprinzip der Gewissensfreiheit verletzt.
Die Cañones der Kirche (Can. 529) verpflichten die Pfarrer, die ihnen anvertrauten Gläubigen kennenzulernen und ihre Familien zu besuchen, das verbietet aber das derzeitige Statut der religiösen Gemeinschaften (Art. 45) den Priestern. Nicht einmal die Bischöfe dürfen die Pfarreien ihrer Diözesen ohne Einverständnis der Zivilregierung besuchen. Die Cañones der Kirche legen fest, daß der Pfarrer mit Hilfe der gläubigen Laien der Pfarrei vorsteht, ihre Rechtsgeschäfte wahrnimmt und sie vertritt (Can. 532 - 537). Das von dem Staat betätigte Statut der religiösen Gemeinschaften verlangt aber, daß nur ein aus Laien allein gebildeter Zwanzigerrat oder ein Exekutivorgan der Gemeinschaft die Pfarrei verwalten soll, in dessen Bestand einen Priester aufzunehmen verboten ist (Artikel 11 und 23). Übrigens, weder dem Zwanzigerrat noch dem Exekutivorgan der religiösen Gemeinschaft verleihen die Gesetze des Staates den Status einer juristischen Person.
Die Cañones der Kirche verleihen einem Priester, der die Weihen empfangen hat, von dem eigenen Bischof dazu die Befugnis besitzt und nicht von der kirchlichen Obrigkeit suspendiert ist, das Recht und die Pflicht, überall, d.h. auf der ganzen Welt, zu predigen (Can. 762 und 764): Jeder Priester, der von seinem Ordinarbischof die Beichtbefugnis hat, hat das Recht (bei den sterbenden Kranken sogar eine strenge Pflicht), überall die Beichte entgegenzunehmen (Can. 967) und ebenfalls überall in der Welt die hl. Messe zu feiern (Can. 903). Das derzeitige Statut der religiösen Gemeinschaften (Art. 19) schränkt „die Region der Tätigkeit der Kultusdiener und der Prediger auf die Grenzen des Wohnorts der von ihm versorgten Mitglieder der religiösen Gemeinschaft" ein. Wegen der Aushilfe in anderen Pfarreien während der Ablaßfeierlichkeiten, wegen der bei solchen Feierlichkeiten gehaltenen Predigten werden Priester von auswärts mit Geldstrafen belegt oder mit Verwarnungen des Bevollmächtigten des RfR bestraft. Die Atheisten dürfen für ihre atheistischen Vorträge eine begabten Redner einladen, die Gläubigen dagegen benötigen, wenn sie einen talentierten Prediger einladen wollen, eine Erlaubnis der den Atheismus propagierenden Beamten der sowjetischen Regierung. Ist es nicht sehr fraglich, ob die Atheisten sich damit abfinden würden, wenn die Kandidatur des Redners für einen atheistischen Vortrag mit dem Ortspfarrer abgestimmt werden müßte? Das jetzige Statut der religiösen Gemeinschaften stellt jedoch die Gläubigen in eine entsprechende Lage. Dies ist mit dem Prinzip der konstitutionellen Gleichberechtigung der Bürger unvereinbar.
Canon 235 § 2 sieht eine Möglichkeit für junge Männer vor, unter Aufsicht eines vom Bischof gewählten Priesters, sich für die Priesterweihe auch außerhalb des Priesterseminars vorzubereiten. Priester jedoch, die auf diese Weise die Priesterweihe bekommen, werden von der Regierung nicht anerkannt. (Ist es aber nicht sonderbar, daß die Geistlichen der Orthodoxen Kirche, die auf diese Weise vorbereitet werden, von der sowjetischen Regierung anerkannt werden.) Die Bestimmungen der Kirche machen den Priestern zur Pflicht (Can. 279), auch nach Empfang der Priesterweihe die theologischen Studien weiter zu betreiben, dazu ist aber seriöse theologische und katholisch-philosophische Literatur nötig. Die Katholiken der UdSSR haben keine Möglichkeit, solche Literatur an Ort und Stelle zu drucken, ebensowenig wie aus dem Ausland (z. B. aus volksdemokratischen Ländern wie Polen oder der Deutschen Demokratischen Republik) zu beziehen. In der SSR Litauen wird nur die für die Ausübung der Zeremonien notwendige Literatur zugelassen. Die Gläubigen dürfen keine Bibliotheken, keine Buchhandlungen, keine Druckereien für religiöse Literatur gründen, sie dürfen zwecks Verbreitung der religiösen Gedanken weder das Radio noch das Fernsehen in Anspruch nehmen, wogegen die Atheisten zur Verbreitung ihrer Weltanschauung bei allen Massenmedien die größten Privilegien genießen. Das ist eine deutliche Tatsache der Mißachtung der Gleichberechtigung zwischen den Gläubigen und den Atheisten.
Die Mehrheit der Einwohner in Litauen sind gläubige Katholiken, wir bitten Sie, ihnen die Möglichkeit zu geben, wenigstens das Weihnachtsfest (am 25. Dezember) feiern zu dürfen.
Es gibt nicht wenige Einrichtungen für Invaliden, Altenheime, wo ein Besuch des Priesters vollkommen von der Gnade des Leiters dieser Einrichtung abhängt. Solche Einrichtungen müßten ein separates Zimmer -eine kleine Kapelle haben, wo die gläubigen Insassen solcher Einrichtungen ihren religiösen Pflichten nachkommen könnten. Der Artikel 49 des jetzigen Statuts der religiösen Gemeinschaften verbietet dies aber.
Bei der Vorbereitung eines Statuts, das die Beziehungen zwischen der Kirche und dem sowjetischen Staate regelt, wäre es angebracht, eine gemeinsame Kommission aus Vertretern der Kirche und des Staates zu bilden. Die neuen Bestimmungen dürften nicht das innere Leben der Kirche reglementieren (beispielsweise dürften sie keine Hinweise beinhalten, wer der Gemeinschaft der Gläubigen, der Pfarrei, vorstehen soll.)
Wir bitten Sie, Generalsekretär, veranlassen zu wollen, daß bei der Vorbereitung des neuen Statutes der religiösen Gemeinschaften die Wünsche und die Erwartungen der Gläubigen berücksichtigt werden, daß die Bestimmungen mit den Normen des kirchlichen Rechts in Einklang gebracht werden, damit diese Bestimmungen die Gläubigen nicht zwingen, gegen die Forderungen der christlichen Moral zu verstoßen und damit auch sie von ihrem Gewissen nicht gezwungen werden, diese Bestimmungen zu mißachten.
Am 12.3.1988.
Priester der Diözese Vilkaviškis:
Priester Vitas Urbonas Priester Dek. Juozas Barteška
Priester Juozas Mieldažys Priester Vaclovas Stakėnas
Priester Kazimieras Burba Priester Antanas Gražulis
Priester Albinas Deltuva Priester Antanas Liesis
Priester Vaclovas Degutis Priester Jonas Boruta
Priester Albinas Jaudegis Priester Juozas Gumauskas
Priester Juozas Šalčius Priester Pranas Račiūnas
Priester Juozas Matulaitis Priester Jonas Baranauskas
Priester Boleslovas Čegelskas Priester Kęstutis Bekasovas
Priester Antanas Mieldažys Priester Jonas Rusinas
Priester Jonas Maksvytis Priester Tadeušas Valianas
Priester Kazimieras Kudirka Priester Kazimieras Skučas
Priester Juozas Matulevičius Priester Lionginas Kanevičius
Priester Vytautas Būdas Priester Valerijus Rudzinskas
Priester Vytautas Insoda Priester Jonas Malinauskas
Priester Gvidonas Pušinaitis Priester Vytautas Užkuraitis Priester Pranas Liutvinas Priester Jonas Būga Priester Juozas Marčiulionis Priester Gintautas Skučas Priester Antanas Lukošaitis Priester Petras Sitka Priester Jonas Baliūnas Priester St. Mikalajūnas Priester Pranas Perlaitis Priester Vladas Jackūnas Priester Boleslovas Ražukas Priester Jonas Grudzinskas Priester Vincas Jalinskas Priester Ignas Plioraitis Priester Juozas Radzevičius Priester Pranas Adomaitis Priester Jurgis Sventickas Priester Kęstutis Brilius Priester Dek. Msgr. Andrius
Gustaitis Priester Petras Dumbliauskas Priester Vytautas Prajara
Priester Vincas Čėsna Priester Vincas Petruševičius Priester Juozas Užupis Priester Jonas Palukaitis Priester Vaclovas Radzevičius Priester Dek. Msgr. Juozas Žemaitis Priester Leonardas Kavaliūnas Priester Vladas Bobinas Priester Raimondas Žukauskas Priester Bronius Klemensas
Paltanavičius Priester Gintautas Steponaitis Priester Antanas Vitkus Priester Antanas Liubšys Priester Algimantas Pasilauskas Priester Juozas Gražulis Priester Alfonsas Sadauskas Priester Juozas Pečiukonis Priester Gvidonas Dovydaitis Priester Dek. Vytautas Vaitauskas Priester Juozas Klimavičius Priester Vladas Bilius Priester Kazimieras Montvila
Es verweigerten ihre Unterschrift:
Priester Juozas Barkauskas Priester Vytautas Simonas Guogis Priester Vytautas Tėvelis
Priester Petras Vagneris Priester Juozas Jakaitis Priester Antanas Maskeliūnas
Die restlichen wurden nicht angetroffen.
An den Generalsekretär der KPdSU, M. Gorbatschow
Erklärung der Priester Litauens
Wir sind erschüttert über die neuen terroristischen Überfälle auf katholische Priester und Laien in Litauen. Am 28. August 1987 wurden der Priester Rokas Puzonas, der Sakristan derselben Pfarrei, Robertas Grigas, und
die eifrige Katholikin Nijolė Sadūnaitė, ohne Vorlage ihrer Papiere oder einer Anordnung der Staatsanwaltschaft, von Terroristen in Zivilkleidung und in der Uniform der Miliz mit Hilfe von Mitarbeitern der Autoinspek-tion entführt. Die Entführten wurden durch Litauen und Weißrußland kutschiert: N. Sadūnaitė, bei Ablösung der Terroristengruppen, 30 Stunden lang, Priester Rokas Puzonas 10 Stunden und Robertas Grigas 8 Stunden lang. Priester R. Puzonas wurde in Weißrußland in einem Wald, etwa 100 km von Vilnius entfernt, freigelassen. Dem Sakristan Robertas Grigas ist es gelungen, in der Stadt Joniškis, etwa 300 km von Vilnius entfernt, den Terroristen zu entwischen. Nach dieser Zwangsspazierfahrt drohten die Terroristen, daß es ihnen noch schlimmer ergehen werde, wenn sie ihre Haltung hinsichtlich der Religion und in nationalen Fragen nicht ändern. Die Terroristen machten keinen Hehl daraus, daß sie Sicherheitsbeamte sind.
Ein ähnlicher Terrorakt wurde in der Nacht zum 22. August 1985 gegen das Mitglied des Komitees der Katholiken zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen und Pfarrer der Pfarrei Kriokialaukis, Priester Vaclovas Stakėnas, verübt. Ihn haben die Terroristen unter dem Vorwand, daß angeblich ein Krankenbesuch gemacht werden müsse, nachts aus dem Haus geholt, in einen Wald gebracht, ihn dort mit gebundenen Händen und Füßen und geknebeltem Mund gepeinigt und in der Einsamkeit des Waldes zurückgelassen. Diese Übeltäter sind bis jetzt noch nicht ermittelt worden.
Nicht ermittelt sind auch die Übeltäter, die am 10. September dieses Jahres, in Uniform der Milizoffiziere, den Pfarrer der Pfarrei Gruzdžai, Priester Juozas Čepėnas, überfallen haben. Sie waren um etwa 21 Uhr in das Pfarrhaus eingedrungen, wo sie den Pfarrer fesselten und ein paar Stunden im Pfarrhaus hausten; anschließend stahlen sie sein Auto und fuhren unerkannt weg.
Wir wenden uns an Sie, Generalsekretär, mit der Bitte, die Aufmerksamkeit der entsprechenden Regierungsorgane auf diese Vorfälle zu lenken und zu verlangen, daß ähnlichen Vorfällen Einhalt geboten wird und die Schuldigen ermittelt und bestraft werden.
Gleichzeitig bitten wir Sie, daß anläßlich des Umgestaltungsprozesses, bei dem viel von der Wiedergutmachung der Fehler der Vergangenheit gesprochen wird, die verurteilten Priester Alf. Svarinskas und S. Tamkevičius in die Freiheit entlassen werden und der Bischof der Erzdiözese Vilnius, Julijonas Steponavičius in sein Amt eingesetzt wird.
Im Januar 1988.
Priester der Diözese Kaišiadorys:
Priester J. Danyla in Bijutiškis, Rayon Molėtai
Priester Dek. Z. Navickas in Saldutiškis, Rayon Utena
Priester K. Kazlauskas in Žiežmariai, Rayon Kaišiadorys
Priester R. Puzonas in Kirdeikiai, Rayon Utena
Priester Dek. Ign. Milašius in Molėtai
Priester J. Kaminskas in Kuktiškis, Rayon Utena
Priester J. Zubrus in Kiaukliai, Rayon Širvintai
Priester L. Smalinskas in Musninkai, Rayon Širvintai
Priester V. Kiškis in Vievis, Rayon Trakai
Priester A. Černa in Vievis, Rayon Trakai
Priester P. Krikščiukaitis in Čiobiškis, Rayon Širvintai
Priester L. Puzonas in Labanoras, Rayon Švenčionys
Priester A. Šatas in Stirniai, Rayon Molėtai
Priester A. Araminas, Rayon Molėtai
Priester E. Kraujalis in Butrimonys, Rayon Alytus
Priester Z. Stančiauskas in Palomenė, Rayon Kaišiadorys
Priester J. Čeberiokas in Daugai, Rayon Alytus
Priester L. Baliūnas in Molėtai
Priester P. Venckus in Skudutiškis, Rayon Molėtai
Priester P. Šiugžda in Šešuoliai, Rayon Ukmergė
Priester P. Civilis in Žilinai, Rayon Varėna
Priester S. Stankevičius in Alovė, Rayon Alytus
Priester R. Rumšas in Alytus
Priester Kan. P. Lauskauskas in Merkinė, Rayon Varėna Priester J. Kaušyla in Pivašiūnai, Rayon Alytus Priester A. Šilkinis in Punia, Rayon Alytus Priester N. Novickis in Nemunaitis, Rayon Alytus Priester Dek. Z. Gustaitis in Birštonas, Rayon Prienai Priester J. Voveris in Vievis, Rayon Trakai Priester J. Lunius in Nemaniūnai, Rayon Prienai
Zwei Unterschriften sind unleserlich.
*
An den Generalsekretär der KPdSU, Genossen Gorbatschow
Erklärung der Katholiken Litauens
Im Jahre 1987, als wir das 600-jährige Jubiläum der Taufe Litauens begangen haben, wurden wir traurig gestimmt, weil wir dieses uns kostbare Jubiläum nicht in der historischen Kathedrale von Vilnius, also nicht an der Stelle feiern durften, an der die Taufe Litauens begonnen wurde und wo die irdischen Überreste eines der Täufer Litauens - Vytautas des Großen -ruhen. Die Kathedrale von Vilnius, die Zentralkirche der Katholiken Litauens und der Erzdiözese Vilnius, ist schon seit mehr als 35 Jahren in eine Gemäldegalerie und einen Konzertsaal umgewandelt. Bei den Vorbereitungen des 1000-jährigen Jubiläums der Taufe Rußlands wurde der Orthodoxen Kirche das Kloster Danilow zurückgegeben.
Wir bitten Sie darum, aus Anlaß der Feier des 600-jährigen Jubiläums der Taufe Litauens, auch uns das Zentralheiligtum unseres Landes, die Kathedrale von Vilnius, zurückzugeben.
Im Jahre 1987, Jubiläumsjahr der Taufe Litauens.
Es unterschrieben die Katholiken Litauens:
In Rudamina - 214 in Veisiejai - 546
in Alksnėnai - 145 in Alytus - 3759 Gläubige,
in Aleksotas - 321 in Kupiškis - 938
in Prienai - 1773 in Ukmergė - 993
in Igliauka - 182 in Utena - 1394
in Patilčiai - 30 in Uliūnai - 102
in Kalvarija - 107 in Pasvalys - 463
in Šakiai - 824 in Biržai - 429
in Liudvinavas - 270 in Vadokliai - 367
in Daukšiai - 158 in Klovainiai - 77
in Šiluva - 650 in Rozalimas - 75
in Pilviškiai - 285 in Pakruojis - 370
in Sasnava - 129 in Anykščiai - 504
in Lazdijai - 1015 in Kėdainiai - 831
in Kapsukas - 3201 in Pumpėnai - 338
in Kirokialaukis - 341 in Miežiškiai und Velykiai - 336
in Kazlų Rūda - 500 in Eišiškiai - 456
in verschiedenen Pfarreien - 1059 in Ramygala - 218
in Veiveriai - 91 in Smilgiai - 306
in Skriaudžiai - 102 in Rokiškis - 735
in Vilkaviškis - 1372 in Krinčinas - 305
in Vilnius (St. Nikolaus) - 1836 in Krekenava - 184
in Vilnius (Kirche der Unbefl. in Jurbarkas - 184
Empfängnis der heiligsten Jungfrau in Jurbarkas - 463
Mariae im Stadteil Žvėrynas) - 2257 in Naujamiestis - 384
in Kybartai - 1080 in Radviliškis - 550
in Simnas - 968 in Taujėnai - 259
in Sasnava - 222 in Šiauliai (St. Georg) - 1814
in Kalesninkai - 70 in Šeduva - 592
in Šiluva - 837 in Panevėžys (Kathedrale) - 4168
*
An den Erzbischof der Erzdiözese Kaunas und der Diözese Vilkaviškis, S. Exz. L. Povilonis
Erklärung der Gläubigen der Pfarrei Kybartai
Innerhalb der letzten fünf Jahre haben wir, die Pfarrangehörigen der Pfarrei Kybartai, wie selten eine Pfarrei, viele Repressalien sowohl seitens der Regierung wie auch seitens des KGB erfahren und schmerzlich erleben müssen.
Am 6. Mai 1983 wurde in Vilnius der Pfarrer unserer Pfarrei, Priester Sigitas Tamkevičius, zu Unrecht angeschuldigt und festgenommen. Darauf folgten Vernehmungen der Gläubigen. Die Sicherheitsbeamten haben etwa 200 Gläubige von Kybartai verhört, angefangen mit minderjährigen Kindern bis zu alten Analphabeten. Aber keiner von uns ließ sich durch die Versprechungen der ausgebildeten Sicherheitsbeamten verlocken, keiner geriet in die von ihnen gestellte Falle. Im Gegenteil, mit Hilfe Gottes haben wir die Versuchungen so bestanden, daß sich sogar die Sicherheitsbeamten selber wunderten, daß sie aus unserer Mitte keinen „geeigneten" Zeugen für den Prozeß gegen Priester Sigitas Tamkevičius finden konnten.
In dieser für unsere Pfarrei schmerzlichen Zeit hat uns der damalige Vikar unserer Pfarrei, Priester J. K. Matulionis, sehr viel geholfen. Er war einige Zeit nach der Festnahme Priesters S. Tamkevičius, auf Veranlassung Eurer Exzellenz, unser einziger geistlicher Führer. Dafür sind wir Ihnen und ihm unendlich dankbar, denn niemand sonst hat uns in dieser für die Pfarrei Kybartai so schmerzlichen Zeit so viel Aufmerksamkeit gezeigt und seelischen Beistand geleistet wie dieser eifrige, seiner Berufung ergebene Priester. Leider haben 1984 die Sicherheitsbeamten Priester J. K. Matulionis zusammen mit dem Kirchendiener R. Žemaitis deswegen verhaftet, weil er seine Pflichten als Priester gewissenhaft erfüllt, am Allerseelentag in einer Prozession den Friedhof besucht hat. Nach diesen Festnahmen folgte wieder eine Woge von neuen Repressalien: Durchsuchungen, Vernehmungen, Drohungen. Von dem Beispiel der Opferbereitschaft der Priester Alf. Svarinskas, S. Tamkevičius wie auch J. K. Matulionis beeinflußt, haben wir uns entschlossen bemüht, soweit unsere Vernunft es uns erlaubte, der Lüge und der Gewalt nicht nachzugeben, den geistigen Werten treu zu bleiben und unter der uns auferlegten schweren Last der Erprobungen nicht zusammenzubrechen. Wir baten Gott, uns und unsere leidenden Priester zu stärken.
Und siehe da, dank der im Lande durchgeführten Demokratisierung wurde Priester J. K. Matulionis dieses Jahr rehabilitiert. Am 17. Oktober wurde er aus dem Lager von Tschita entlassen. Wir haben uns gefreut und dankten Gott, daß der von uns allen geehrte Priester, der so viel gelitten hat, endlich in seine Heimat Litauen und an seinen ehemaligen Arbeitsplatz - in die Pfarrei Kybartai - zurückkehren würde. Es sind, leider, schon fast drei Monate seit der Rückkehr Priesters J. K. Matulionis vergangen, aber eine ständige Arbeitsstelle hat er bis jetzt noch nicht. Statt dessen hören wir bösartiges Gerede der Gottlosen, das nicht nur den Priester J. K. Matulionis sondern auch den Bischof verleumdet, daß der Priester J. K. Matulionis angeblich ein Verrufener sei, der weder eine Priesterweihe, noch eine dazu nötige Ausbildung habe.
Wir wenden uns an Sie, verehrte Exzellenz, mit der Bitte, die außerordentlichen Schwierigkeiten zu berücksichtigen, die die Gläubigen der Pfarrei Kybartai erdulden mußten, und diesen eifrigen Priester J. K. Matulionis für unsere Pfarrei zu ernennen.
Hochachtungsvoll und ergebenst, die Gläubigen von Kybartai -unterzeichnet von 801 Personen.
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An den Bevollmächtigten des RfR für die LSSR, P. Anilionis.
Erklärung der Gläubigen der Pfarrei Kybartai
Wir, die Gläubigen der Pfarrei Kybartai, haben uns mit einer Erklärung, die 800 Gläubige und der Pfarrer der Pfarrei, Priester A. Sadauskas, unterschrieben haben, an unsere Bischöfe gewandt. Wir haben in dieser Erklärung die Aufmerksamkeit der Bischöfe darauf gelenkt, daß schon beinahe drei Monate vergangen sind, seit der von der Regierung rehabilitierte Priester Jonas-Kąstytis Matulionis aus dem Lager von Tschita nach Litauen zurückgekommen ist und trotzdem bis jetzt noch keine ständige Arbeitsstelle hat. Da Priester J. K. Matulionis bis zu seiner Festnahme im Jahre 1984 das Amt des Vikars der Pfarrei Kybartai ausgeübt hatte, und weil wir ihn außerdem als eifrigen, seiner Berufung ergebenen Priester gut kennen, haben wir den Bischof gebeten, den genannten Priester für die Pfarrei Kybartai zu ernennen.
Eine von der Pfarrei bevollmächtigte Delegation der Gläubigen überreichte am 10. Januar 1988 diese Erklärung S. Exz. dem Bischof J. Preikšas und bekam von ihm eine mündliche Antwort, daß die Bischöfe Litauens ihn ungeachtet dessen, daß Priester J. K. Matulionis das Untergrundpriesterseminar abgeschlossen hat, als Priester der Römisch Katholischen Kirche anerkennen. Er habe die dazu nötige Ausbildung und von einem Bischof die Priesterweihe erhalten. Seine Priesterweihe ist, genau wie die Priesterweihe der anderen, die das Priesterseminar zu Kaunas oder das Untergrundpriesterseminar abgeschlossen haben, richtig, gültig und bedarf keiner Wiederholung; die Priesterweihe wird nur einmal gespendet und ist unwiderruflich. Wegen der Ernennung des Priesters J. K. Matulionis zum Vikar der Pfarrei Kybartai machen die Bischöfe ihrerseits ebenfalls keinerlei Schwierigkeiten. Die freie Verfügung, wenn es darum geht, die Priester nach eigenem Ermessen für die Pfarreien zu ernennen, überträgt der Papst der Römischen Katholischen Kirche auf die Bischöfe, - Sie aber, verehrter Bevollmächtigter P. Anilionis, verbieten es.
Wir bitten Sie, verehrter Bevollmächtigter, uns zu erklären, mit welcher Begründung Sie sich in die Angelegenheiten der Kirche einmischen? Mit welchem Recht bestimmen Sie, welche Priesterweihe rechtens ist und welche nicht? Und schließlich, welchen Wert besitzen die dauernd in der Presse gedruckten, schön klingenden Worte der Verfassung: „Die Kirche ist vom Staat getrennt", „Der Staat mischt sich nicht in die inneren Angelegenheiten der Kirche", wenn die Wirklichkeit des Lebens anders aussieht?
Diese Fakten sind schändlich und bezeugen eindeutig, wie rechtlos die Katholische Kirche in Litauen ist.
Wir bitten Sie, verehrter Bevollmächtigter, die Diskriminierung unserer ehrwürdigen Bischöfe unverzüglich einzustellen. Wir, die Gläubigen, verehren und lieben unsere Bischöfe und Priester, und deswegen können wir uns nicht damit abfinden, daß sie gezwungen sind, Marionetten der Behörde des Bevollmächtigten des RfR zu sein. Wir haben unsere Kirche, ihre Bischöfe und Priester schon immer verteidigt und wir werden sie auch weiter verteidigen. Wenn man sich auch weiter in die inneren Angelegenheiten der Kirche einmischt, wenn auch weiter die Priester ignoriert werden, die das Untergrundpriesterseminar abgeschlossen haben, darunter auch der von uns geliebte Priester J. K. Matulionis, werden wir solange um Hilfe und Fürsprache bei höheren Instanzen ersuchen, bis die von der Verfassung der UdSSR garantierten Rechte der Gläubigen tatsächlich verwirklicht werden, bis sie wirklich der Praxis des Lebens entsprechen werden.
Am 11.1.1988.
Die Glaubigen der Ptarrei Kybartai
An den Verteidigungsminister der UdSSR, Jazow
Abschriften: An den Generalstaatsanwalt der UdSSR
An den Kommissar des Kriegskommissariats von Vilkaviškis, LSSR,
Vozgirda
Erklärung
Ich wurde einberufen, um am 13. November 1984 meinen Militärdienst in der sowjetischen Armee anzutreten. Als ich am 12. November 1984 im Kriegskommisariat in Vilkaviškis eintraf, kamen zwei in Zivil gekleidete Personen auf mich zu und forderten mich gleich im Saal auf, ihnen zu folgen. Da ich mit dieser Aufforderung nicht einverstanden war, legten sie mir Handschellen an, führten mich aus dem Saal des Kriegskommissariats hinaus und erklärten mir, daß ich verhaftet sei. Ich wurde zusammen mit dem Priester J. K. Matulionis vom Obersten Gericht der LSSR gemäß § 199 Teil 3 und §201 des StGB der LSSR zu zwei Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Man beschuldigte mich der Organisation eines religiösen Umzugs wie auch der aktiven Teilnahme daran und des Widerstandes gegen einen Beamten. Ich hatte keines der mir vorgeworfenen Vergehen begangen,
1. weil es einen religiösen Umzug überhaupt nicht gab. Am 1. November, Festtag Allerheiligen, gibt es nicht einen Umzug zum Friedhof, sondern eine Gebetsprozession, die im Zeremonienbuch der Römisch Katholischen Kirche genau definiert ist;
2. weil kirchliche Zeremonien, darunter auch Prozessionen, niemand organisiert. Das sind nicht irgendwelche Mai- oder Oktoberdemonstrationen, für die man beträchtliche Prämien, Versprechungen oder Drohungen benötigt, um die Bevölkerung dazu zu bewegen. Die Gläubigen gehen sowohl zu einfachsten Gottesdiensten wie auch zu großen religiösen Feiern ganz freiwillig. Und jeder, vom Priester bis zum geringsten Gläubigen, weiß, wohin er in der Kirche gehört und was er während des Gottesdienstes zu tun hat. Eine spezielle Organisation ist hier überhaupt nicht nötig. Auf welche Weise hätte ich denn als einfacher Gläubiger im Alter von 18 Jahren einen Umzug zum Friedhof organisieren können?!
3. Der Widerstandsleistung gegen einen Beamten wurde ich deswegen beschuldigt, weil ich dem Vorsitzenden des Exekutivkomitees der Stadt Kybartai, Gudžiūnas, den Weg zum Priester versperrt habe. Er hatte nämlich versucht, den Priester an der Ausübung des religiösen Kultes zu hindern. In diesem Falle war der Vorsitzende des Exekutivkomitees nach dem Gesetz nicht im Recht; er hatte nicht das Recht, einen Priester bei der Ausübung der religiösen Kulte zu hindern. Zudem habe ich gegen den Beamten weder physische Kraft noch beleidigende Worte verwendet. In dieser Situation ist es die Pflicht eines jeden anständigen Menschen, erst recht eines jeden Gläubigen, einen Priester zu verteidigen. In diesem Falle habe ich und kein anderer den Priester verteidigt, weil ich Priester J.K. Matulionis während der religiösen Zeremonien am nächsten gestanden habe.
Nach der Verbüßung der mir zu Unrecht aufgebrummten zweijährigen Haftstrafe wurde ich am 9. Juni 1987 wiederum einberufen, den Militärdienst in der sowjetischen Armee abzuleisten. Zum festgelegten Termin traf ich im Kriegskommissariat von Vilkaviškis ein, wo ich erklärt hatte, daß ich den Militärdienst ableisten, nicht aber den militärischen Eid ablegen werde. Wegen meiner Weigerung, den militärischen Eid zu leisten, haben mich die Bediensteten des Kriegskommissariats von Vilkaviškis terrorisiert, mir gedroht, mich dorthin zu bringen, wo es „weiße Bären" gibt, wo es schwerer ist, als in einem Lager. Einer der Mitarbeiter des Kriegskommissariats von Vilkaviškis hat öffentlich erklärt, daß man solche, wie ich es bin, überhaupt erschießen müßte. Aus dem Kriegskommissariat von Vilkaviškis wurde ich nach Vilnius gebracht. Hier versammelten sich etwa 30 Beamte in Zivilkleidung und in Uniform um mich, die einige Stunden lang versuchten mich zu überzeugen, daß ich den militärischen Eid ableisten müsse, denn widrigenfalls würde ich der strafrechtlichen Verantwortung unterworfen. Nach meiner kategorischen Weigerung, den militärischen Eid zu leisten, wurde ich entlassen und nicht zum Militärdienst eingezogen.
Am 6. Dezember 1987 wurde ich erneut zum Militärdienst einberufen. Ich mußte wiederum die Stunden des Terrors durchmachen und wurde wiederum aus Vilnius nach Hause entlassen. In die Armee wurde ich nicht aufgenommen. Und wieder mußte ich von Anfang an nach Arbeit suchen und meine Papiere in Ordnung bringen.
Am 25. März 1988 erhielt ich wieder eine Aufforderung, in das Kriegskommissariat der Stadt Vilkaviškis zu kommen. Dort erklärte ich diesmal, daß ich mich weigere, in der sowjetischen Armee zu dienen. Diesen Beschluß zu fassen, haben mich folgende Umstände bewogen:
1. Zur Zeit findet in der ganzen Sowjetunion ein Prozeß der Umgestaltung und der Demokratisierung statt, die Gläubigen Litauens erfaßt er aber nicht:
a. Bis jetzt sind die den Gläubigen weggenommenen Kirchen (Kirche der Königin des Friedens in Klaipėda, die Kathedrale von Vilnius und andere) nicht zurückerstattet;
b. Die politischen Gefangenen (Priester Alf. Svarinskas, Priester S. Tamke-vičius, B. Gajauskas, P. Gražulis und andere) werden auch weiter in sowjetischen Lagern gefangengehalten;
c. Die Gewissensgefangenen, die ihre Strafe in sowjetischen Lagern verbüßt haben, werden auch weiter von den Mitarbeitern des KGB terrorisiert (Priester J. K. Matulionis wird nicht erlaubt, offiziell sein priesterliches Amt auszuüben, mich scheuchen die Staatsanwaltschaften und Kriegskommissariate herum, versuchen mich einzuschüchtern, drohen mir usw.);
d) Der Gewissensgefangene P. Gražulis ist vor meinen Augen im Gerichtssaal von Milizbeamten zusammengeschlagen worden.
2. In der sowjetischen Armee herrscht Willkür, derzufolge oft unschuldige Menschen sinnlos ums Leben kommen. Im November 1987 wurde mein guter Freund, Ričardas Griškaitis, in einem Metallsarg aus Alma Ata zurückgebracht. Dieser junge, lebenslustige, tiefgläubige Mann, der unter zweifelhaften Umständen während seines Dienstes in der sowjetischen Armee ums Leben kam, wurde des Selbstmordes durch Erhängen bezichtigt. Alle mit diesem Fall zusammenhängenden Umstände sprechen deutlich dafür, daß dies absurd ist. Außerdem bin ich in diesem Zusammenhang in das Kriegskommissariat der Stadt Vilkaviškis vorgeladen worden, wo mich der Major Spricin ermahnt hat, keine Reden zu halten, weder am Grab des verstorbenen Ričardas Griškaitis noch in der Kirche, denn sonst würden sowohl ich als auch die Verwandten von R. Griškaitis Unannehmlichkeiten haben. Ist das nicht eine Verfolgung der Gläubigen?
Aus Protest gegen diese negativen Erscheinungen weigere ich mich so lange kategorisch, Dienst in der sowjetischen Armee zu leisten, bis der Prozeß der Umgestaltung und der Demokratisierung auch die Gläubigen Litauens erfaßt. Ich verlange, daß alle Gewissensgefangenen öffentlich durch die Presse rehabilitiert werden. Und zwar nicht irgendwann, nicht in 60 Jahren, d. h. nach ihrem Tode, wie es mit manchen der Opfer des Stalinismus getan wurde, sondern jetzt gleich, heute noch.
Am 4. April 1988. Romas Žemaitis
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