An die XIX. Konferenz der KPdSU

Erklärung der Priester der Katholischen Kirche Litauens

Die Worte, die der Generalsekretär des ZK der KPdSU, M. Gorbatschow, in einer seiner Reden gesprochen hat: „Die Gläubigen sind sowjetische Menschen, arbeitende Menschen, Patrioten, und sie haben das vollkom­mene Recht, dementsprechend ihre Anschauungen zum Ausdruck zu brin­gen. Die Umgestaltung, die Demokratisierung und die Transparenz erfas­sen auch sie, und zwar vollkommen, ohne jegliche Einschränkung" („Tiesa" vom 30.4.1988), diese Worte erfreuen uns und geben uns große Hoffnun­gen. Wir empfinden die Verpflichtung, uns an jene wenden zu müssen, die die Pläne des gesellschaftlichen Lebens für die Zukunft aufstellen, und ihnen die Meinung der Gläubigen über die Ungerechtigkeiten vorzubrin­gen, die sie erlebt haben. Zu den Zeiten Stalins und der Stagnation haben viele Menschen verschiedener Berufe unseres Volkes unheimlich viel gelit­ten, darunter auch die Gläubigen und die Priester. Es ist schmerzlich, daß, obwohl jetzt auch viel von der Wiedergutmachung geredet wird, der Prozeß der Umgestaltung hinsichtlich der Religion seitens der Regierungs­organe fast nicht zu merken ist.

Deswegen bitten wir Sie:

1. Unverzüglich auch zu jetziger Zeit noch andauernde Ungerechtigkeiten wiedergutzumachen, und zwar:

- Bischof Julijonas Steponavičius, der seit 1961 ohne Gerichtsbeschluß nach Žagarė verbannt ist, zu erlauben, nach Vilnius zurückzukehren und sein bischöfliches Amt ungehindert auszuüben;

- jene Menschen, die der Vergangenheit wegen ihres Kampfes für die Demokratisierung und die Verwirklichung der Prinzipien der Gleichberech­tigung inhaftiert worden sind, sofort in die Freiheit zu entlassen; es sind dies die Priester Alfonsas Svarinskas und Sigitas Tamkevičius und die Laien Viktoras Petkus, Balys Gajauskas, Petras Gražulis und andere;

- den Gläubigen die wichtigsten Heiligtümer Litauens, die Kathedrale und die St. Casimir-Kirche zu Vilnius, die ihnen zwangsweise weggenommen wurden, zurückgegeben und die Rückgabe der Kirche „Königin des Frie­dens" von Klaipėda zu beschleunigen;

- zu erlauben, die niedergebrannten Kirchen in Ryliškės, Batakiai, Gaurė, Kiaunoriai, Kaltinėnai wiederaufzubauen;

-        den Katholiken zu erlauben, Kirchen in neuen Städten und in den neuen Mikrorayons der großen Städte zu errichten.

 

2.        Bei den Bemühungen, die in der Verfassung der UdSSR und der LSSR unterstrichene Gleichberechtigung der Gläubigen und der Ungläubigen zu erreichen, ist es unbedingt notwendig, sie so einzurichten, daß die Katholiken sowohl juridisch als auch faktisch frei nach dem kanonischen Recht und der durch ihren Glauben festgelegten Ordnung ihr inneres Leben führen dürfen.

- Bei der Erfüllung der internationalen Verpflichtungen ist es notwendig, den gläubigen Eltern dieselben Möglichkeiten, ihre religiösen Überzeugun­gen ihren Kindern zu übermitteln, zu garantieren, wie sie die ungläubigen Eltern hinsichtlich ihrer Kinder haben; es ist notwendig zu garantieren, daß kein Bürger - kein Schüler, kein Student, kein Lehrer, kein Arbeiter, kein hoher Beamter - wegen seines Glaubensbekenntnisses oder seines öffentlichen Praktizierens verhöhnt oder erniedrigt wird;

- es muß verboten werden, daß irgendwelche Beamte der Zivilregierung jene jungen oder erwachsenen Männer terrorisieren, die Priester werden wollen, wie es auch notwendig ist, es den letzteren zu erlauben, frei, ohne jegliche Einschränkungen, in das Priesterseminar einzutreten;

- es ist notwendig dafür zu sorgen, daß jeder Gläubige an seinen großen Feiertagen von der Arbeit befreit wird.

 

3.        Auf dem organisatorisch-gesellschaftlichen Gebiet müssen den Gläubigen ganau dieselben Rechte eingeräumt werden, wie sie die Atheisten haben, und zwar: Es muß erlaubt werden, sich in den Bewegungen oder Vereinen der Gläubigen, die dem Fortschritt des religiösen Lebens oder der Sittlichkeit der Gesellschaft dienen (z. B. der katholischen Abstinenzbewegung oder Wohlfahrts- und Hilfs-Vereinigungen) zu betätigen.

-        Es muß den Vertretern der Katholischen Kirche erlaubt werden, zur Ver­breitung des Glaubens und zur Pflege der Moral die Massenmedien frei zu benutzen.

-        Die Gläubigen dürfen nicht gehindert werden, so viele und solche Bücher oder Zeitschriften zu drucken, wieviel und welche sie haben wollen.

Wir hoffen, daß zu dieser Zeit der Umgestaltung und der Demokratisie­rung in den Bemühungen nach allgemeiner Gerechtigkeit und Wahrheit (diese Bemühungen befürworten auch wir, die Gläubigen), das Prinzip der konstitutionellen Gleichberechtigung aller Bürger, der gläubigen wie der ungläubigen, das einzuhalten die Regierung der UdSSR sich durch die Unterzeichnung der Deklaration der Menschenrechte der Vereinten Natio­nen und der Schlußakte der Vereinbarungen von Helsinki verpflichtet hat, endlich realisiert wird.

Es unterzeichneten:

Priester Leonas Kavaliauskas, Josvainiai, Rayon Kėdainiai,

Priester Jonas Boruta, Vilnius,

Priester Jonas Kastytis Matulionis, Vilnius,

Priester Dekan Juozapas Pačinskas, Telšiai,

Priester Ferdinandas Žilys, Stulgiai, Rayon Kelmė,

Priester Algirdas Pakamanis, Žarėnai-Latveliai, Rayon Šiauliai,

Priester Donatas Valiukonis, Vilnius,

Priester Dekan Dr. Petras Puzaras, Tauragė,

Priester Liudas Šarkauskas, Kretinga,

Priester Vincentas Vėlavičius, Telšiai,

Priester Juozapas Razmantas, Žalpiai, Rayon Kelmė,

Priester Petras Meilus, Eržvilkas, Rayon Jurbarkas,

Priester Vincentas Gauronskis, Viekšniai, Rayon Akmenė,

Priester Jonas Kauneckas, Skaudvilė, Rayon Tauragė,

Priester Alfonsas Bulotas, Vadžgirys, Rayon Jurbarkas,

Priester Juozapas Šlurys, Seda, Rayon Mažeikiai,

Priester Jonas Bučelis, Mažeikiai,

Priester Boleslovas Jonauskas, Šaukėnai, Rayon Kelmė,

Priester Algirdas Keina, Valkininkai, Rayon Varėna,

Priester Mykolas Petravičius, Dubičiai, Rayon Varėna,

Priester Antanas Simonaitis, Navikai, Rayon Ignalina,

Priester Vytautas Rudis, Kalesninkai, Rayon Šalčininkai,

Priester Jonas Kukta, Palūšė, Rayon Ignalina,

Priester Antanas Andriuškevičius, Druskininkai,

Priester Česlovas Taraškevičius, Rudnia, Rayon Varėna,

Priester Steponas Tunaitis, Tverečius, Rayon Ignalina,

Priester Ignas Jakutis, Ignalina,

Priester Jonas Vaitonis, Vilnius,

Priester Petras Purlys, Kabeliai, Rayon Varėna,

Priester Josifas Aškelovičius, Eišiškės, Rayon Šalčininkai,

Priester Alfonsas Petronis, Ceikiniai, Rayon Ignalina,

Priester Antanas Čeponis, Dūkštas, Rayon Ignalina,

Priester Petras Tarvydas, Rayon Šalčininkai,

Priester Albertas Ulickas, Švenčionys,

Priester Edmundas Paulionis, Daugėliškis, Rayon Ignalina,

Priester Leonas Savickas, Adutiškis, Rayon Švenčionys,

Priester Marijonas Savickas, Mielagėnai, Rayon Ignalina,

Priester Kazimieras Pukėnas, Nemenčinė, Rayon Vilnius,

Priester Vaclovas Aliulis, Vilnius,

Priester Kazimieras Vasiliauskas, Vilnius,

Priester Juozas Tunaitis, Vilnius,

Priester Stasys Markevičius, Paluknys, Rayon Trakai,

Priester Vladas Černiauskas, Marcinkonys, Rayon Varėna,

Priester Vytautas Pūkas, Butrimonys, Rayon Šalčininkai,

Priester Medardas Čeponis, Vilnius,

Priester Jordanas Slėnys, Varėna,

Priester Aušvydas Belickas, Daugėliškis, Rayon Ignalina, eine unleserliche Unterschrift.

*

 

An den Generalsekretär der KP der UdSSR, M. Gorbatschow Abschriften an die Bischöfe und Verwalter der Diözesen Litauens

Erklärung der Priester der Diözese Panevėžys

Während der Vorbereitung des Statutes der religiösen Gemeinschaften im Jahre 1976 wandten sich die Bischöfe und die Priester der Katholischen Kirche Litauens mit einem Schreiben an die sowjetische Regierung mit der Bitte, daß dieses Statut in Einklang mit den Cañones der Katholischen Kir­che gebracht werde. Diese Wünsche wurden leider damals nicht berück­sichtigt - das Statut wurde vorbereitet, ohne die Rechte der Gläubigen zu berücksichtigen.

Die Priester und die Gläubigen sind verpflichtet, die Cañones der Kirche einzuhalten, als Bürger des Staates müssen sie aber auch die Gesetze des Staates einhalten. Das ist jedoch unmöglich, weil die Verfassung der UdSSR zwar selbst die Gleichberechtigung aller Bürger verkündet, sie aber gleich in zwei Klassen - die Gläubigen und Ungläubigen teilt. Den Ungläu­bigen wird das Recht gegeben, atheistische Propaganda zu betreiben, den Gläubigen aber nur, die religiösen Kulthandlungen auszuüben.

Wenn man die Gleichberechtigung der Nichtgläubigen und der Gläubigen verwirklichen will, muß der Atheismus genauso vom Staat getrennt werden, wie die Kirche. Der Atheismus muß, genau wie die Religion, eine private Sache sein. Wird die Kirche ohne Unterstützung des Staates durch die Spenden der Gläubigen erhalten, so soll der Atheismus ebenfalls durch eigene Aufwendungen erhalten werden. Die Kirche ist vom Staat getrennt, es soll ihr also erlaubt werden, selbständig zu wirken. Warum drängen sich die atheistischen Regierungsbeamten in das innere Leben der Kirche, ja sogar in ihre kanonische Tätigkeit! Sie legen das Alter der Personen fest, die die Religion praktizieren dürfen, sie verlangen, daß den religiösen Gemeinschaften nicht ein Priester, sondern von der Regierung bestätigte, ja sogar von ihr vorgesehene Personen vorstehen, sie legen die Zahl der Seminaristen für das Priesterseminar fest; ohne Kontrolle und Einverständ­nis der Sicherheitsorgane dürfen keine Kandidaten in das Priesterseminar eintreten, darf keine Leitung und dürfen keine Lehrkräfte berufen werden. Ohne ihre Erlaubnis darf auch kein Priester für eine Pfarrei oder ein Bischof für ein Bistum ernannt werden. Es ist schon so weit gekommen, daß zur Zeit schon ein Viertel der Pfarreien Litauens ohne eigenen Priester und die Diözese Panevėžys ohne Bischof ist.

Die Auflage der in früheren Jahren herausgegebenen Gebetbücher und Katechismen ist so klein gewesen, daß man viele Gläubige damit nicht ver­sorgen konnte. Es ist schon die zweite Hälfte des Monats Mai, und es gibt immer noch keinen „Kalender der Katholiken", den die Priester seit dem 1. Januar 1988 schon benötigen. Von einem religiösen Buch oder sonstiger Literatur redet schon niemand mehr ernsthaft.

Der Krieg war 1945 zu Ende. In der Diözese Panevėžys wurde keine Erlaubnis erteilt, die verbrannten Kirchen wiederaufzubauen oder die benötigten neu zu errichten.

Nicht einmal die obersten Regierungsbeamten anerkennen die Gleichbe­rechtigung zwischen Gläubigen und nicht Gläubigen: In offiziellen Reden wird aufgefordert, aktiv gegen die Religion zu kämpfen, wie gegen Verbre­cher, und die atheistische Propaganda zu stärken! Unter den derzeitigen Bedingungen darf man nicht einmal denken, daß jemand von der Regie­rung zu Gunsten der Gläubigen sprechen würde. Wenn es offiziell auch verneint wird, werden die gläubigen Schüler und Beamten praktisch dis­kriminiert.

 

Deswegen bitten wir:

1.     Bei der Vorbereitung des neuen Statuts der religiösen Gemeinschaften die wahre Gewissensfreiheit unter Berücksichtigung der Gläubigen zu garantieren. Bei der Beratung des Statuts sollten auch die Vertreter der Bischöfe Litauens beteiligt sein.

2.     Zur Entwicklung eines erfolgreichen Kampfes gegen die verschiedenen Übel der Gesellschaft der Kirche das Recht zu geben, die entsprechenden Mittel in Anspruch zu nehmen, wie Presse, Rundfunk, Fernsehen, die Tätigkeit der Antialkoholismus- und der Wohlfahrts-Vereine zu erlauben, die Priester beim Besuch ihrer Pfarrkinder nicht zu behindern, den Gläubi­gen für die religiösen und geistigen Belange Verkehrsmittel zu vermieten.

3.     Die Vorbereitung der Kinder zu den hl. Sakramenten nicht zu behin­dern, zu erlauben, die Kinder und Jugendlichen in Religion zu unterrichten (so wie es z. B. in den sozialistischen Ländern Ungarn, Polen und and. ist).

4.     Die Katholiken nicht zu hindern, ihre obligatorischen religiösen Feste zu feiern.

5.     Der religiösen Gemeinschaft der Pfarrei das Recht der juristischen Person zuzuerkennen.

6.     Die Vorsteher der religiösen Gemeinschaften (Vorsitzenden des Pfarrko­mitees) müssen die Priester und nicht Laien sein, denn das verlangen die geistlichen Aufgaben der Kirche und die Cañones des Kirchenrechts. (Auch Sanitäter und Krankenwagenfahrer können keine Leiter eines Kran­kenhauses sein.)

7.     Die Obrigkeit der Kriche bei der Wahl der geeigneten Kandidaten für das Priesteramt, bei der Berufung der Leitung und des Lehrkörpers für das Priesterseminar, bei der Ernennung der Priester für die Pfarreien wie auch der Kandidaten für das Bischofsamt für die Diözesen nicht zu behindern.

8.     Die Prozessionen zum Friedhof zur Ehrung der Verstorbenen am Aller­seelentag nicht zu behindern.

Es kann keine Gewissensfreiheit geben, solange der Atheismus nach staat­lichem Maß mit allen Mitteln unterstützt, die Gläubigen aber diskriminiert werden.

1.

Priester

Petras Adomonis

16.

Priester

Kazimieras Baronas

2.

Priester

Bronius Antanaitis

17.

Priester

Henrikas Bernatovičius

3.

Priester

Juozapas Antanavičius

18.

Priester

Vladas Braukyla

4.

Priester

Boleslovas Babrauskas

19.

Priester

Adolfas Breivė

5.

Priester

Jonas Bagdonas

20.

Priester

Petras Budriūnas

6.

Priester

Juozas Bagdonas

21.

Priester

Feliksas Čiškauskas

7.

Priester

Bronius Balaiša

22.

Priester

Povilas Čiučkis

8.

Priester

Antanas Balaišis

23.

Priester

Algirdas Dauknys

9.

Priester

Vytautas Balašauskas

24.

Priester

Saulius Filipavičius

10.

Priester

Jonas Balčiūnas

25.

Priester

Steponas Galvydis

11.

Priester

Juozas Balčiūnas

26.

Priester

Juozas Garška

12.

Priester

Jurgis Balickaitis

27.

Priester

Juozas Giedraitis

13.

Priester

Kostas Balsys

28.

Priester

Antanas Gobis

14.

Priester

Petras Baltuška

29.

Priester

Kazimieras Girnius

15.

Priester

Petras Baniulis

30.

Priester

Alfonsas Gražys

 

Es unterschrieben:

Am 23. Mai 1988.

31.

Priester

Antanas Gružauskas

73. Priester

Vladas Rabašauskas

32.

Priester

Klemensas Gutauskas

74. Priester

Antanas Rameikis

33.

Priester

Gaudentas I karnas

75. Priester

Jonas Rimša

34.

Priester

Vincentas Inkratas

76. Priester

Edmundas Rinkevičius

35.

Priester

Tadas Ivanovskis

77.

Priester

Pranas Sabaliauskas

36.

Priester

Alfonsas Jančys

78.

Priester

Raimundas Saprigonas

37.

Priester

Povilas Jankevičius

79.

Priester

Aurelijus Simonaitis

38.

Priester

Juozas Janulis

80.

Priester

Bronius Simsonas

39.

Priester

Vytautas Jasiūnas

81.

Priester

Leonardas Skardinskas

40.

Priester

Jonas Jatulis

82.

Priester

Eugenijus Staleronka

41.

Priester

Povilas Juozėnas

83.

Priester

Vincentas Stankevičius

42.

Priester

Jonas Jurgaitis

84.

Priester

Sigitas Stepšys

43.

Priester

Antanas Juška

85.

Priester

Mykolas Stonys

44.

Priester

Alfonsas Kadžius

86.

Priester

Bronius Strazdas

45.

Priester

Antanas Kairys

87.

Priester

Alfonsas Strielčiūnas

46.

Priester

Vytautas Kapočius

88.

Priester

Povilas Svirskis

47.

Priester

Stasys Kazėnas

89.

Priester

Ignas Šiaučiūnas

48.

Priester

Petras Kiela

90.

Priester

Bronius Šlapelis

49.

Priester

Antanas Kietis

91.

Priester

Povilas Šliauteris

50.

Priester

Anicetas Kisielius

92.

Priester

Gediminas Šukys

51.

Priester

Povilas Klezys

93.

Priester

Juozas Šumskis

52.

Priester

Vladas Kremenskas

94.

Priester

Albertas Talačka

53.

Priester

Stanislovas Krumpliauskas

95.

Priester

Leonardas Tamošauskas

54.

Priester

Petras Kuzmickas

96.

Priester

Pranas Tamulionis

55.

Priester

Jonas Labakojis

97.

Priester

Stasys Tamulionis

56.

Priester

Petras Liubonas

98.

Priester

Petras Tarulis

57.

Priester

Juozas Lukšas

99.

Priester

Petras Tijušas

58.

Priester

Leonas Lukšas

100.

Priester

Vytautas Tvarijonas

59.

Priester

Aleksandras Masys

101.

Priester

Benediktas Urbonas

60.

Priester

Vytautas Masys

102.

Priester

Sigitas Uždavinys

61.

Priester

Algirdas Miškinis

103.

Priester

Antanas Valančiūnas

62.

Priester

Povilas Miškinis

104.

Priester

Antanas Valantinas

63.

Priester

Antanas Mitrikas

105.

Priester

Juozas Varnas

64.

Priester

Kazimieras Mozūras

106.

Priester

Povilas Varžinskas

65.

Priester

Jonas Nagulevičius

107.

Priester

Antanas Vaškevičius

66.

Priester

Lionginas Neniškis

108.

Priester

Virginius Veilentas

67.

Priester

Petras Nykštus

109.

Priester

Stasys Zubavičius

68.

Priester

Albinas Paltanavičius

110.

Priester

Antanas Zulonas

69.

Priester

Algimantas Petkūnas

111.

Priester

Bronius Žilinskas

70.

Priester

Albinas Pipiras

112.

Priester

Stasys Stanikūnas

71.

Priester

Jonas Pranevičius

113.

Priester

Leonas Linda

72.

Priester

Robertas Pukenis

     

An den Ersten Sekretär des ZK der KPL, Šepetys

Erklärung

der Priester der Diözese Telšiai und der Prälatur Klaipėda

Das Herz der Stadt Vilnius ist das Territorium seiner Burgen, der gesamte Komplex aus Hügeln und Tälern wie auch Einrichtungen, dessen vielsei­tige Bedeutung man erst nur zu erahnen beginnt.

Ein wichtiges Element der Gesamtheit dieses Feldes ist der Plikasis, der Drei-Kreuze-Berg. Die Tradition der Kreuzskulpturen auf diesem Gipfel geht schon fast vier Jahrhunderte zurück. Die im Jahre 1613 errichteten und im Jahre 1740 erneuerten Kreuze standen hier bis 1869, bis sie vollkommen zerfielen. Die Regierung des Zaren erlaubte jedoch nicht, sie wieder zu errichten. Das wurde erst in den grausamen Jahren des Krieges 1918 getan. Den Entwurf für dieses Denkmal fertigte der adelige Architekt Niederlitauens, Antanas Vivulskis, an. Für die Verwirklichung dieses Ent­wurfs, für die Wiedererrichtung der Drei Kreuze also, sorgten Bürger aller Nationalitäten der Stadt Vilnius. Die Drei Kreuze erinnerten die Bürger der Stadt Vilnius an den Anfang des Christentums in dieser Stadt und spendeten ihnen das Gefühl des Friedens und der Geborgenheit. In einer Nacht des Jahres 1960 wurde dieses Denkmal der Drei Kreuze aus Eisenbe­ton leider gesprengt. Damals verlor die Stadt Vilnius auch sakrale Skulptu­ren, wie die Heiligenstatuen über der Fassade der Kathedrale von T. Riggi oder die Skulpturen über der Fassade der Evangelischen Kirche von Prof. K. Jelinskis und andere.

Wir fordern Sie auf, auf dem noch übriggebliebenen Fundament die von A. Vivulskis entworfene Skulptur der Drei Kreuze wiederzuerrichten, damit die langjährige Tradition aufrechterhalten und der Berg nicht im vollen Sinne des Wortes der Kahle Berg bleibt.

Am 5. August 1988.

Es unterschrieben:

Priester V. Vėlavičius, Telšiai Priester J. Šiurys, Telšiai Priester A. Arnašius, Kuršėnai Priester B. Jonauskas, Šaukėnai Priester A. Svarinskas, Viduklė Priester J. Gedvila, Mažeikiai Priester B. Talaišis, Kretinga Priester J. Tamašauskas, Darbėnai Priester J. Pačinskas, Plungė Priester J. Paulauskas, Gargždai

Priester D. Skirmantas, Laukžemė Priester M. Šulcas, Klaipėda Priester V. Juškys, Alsėdžiai Priester J. Šukys, Telšiai Priester A. Putramentas, Skuodas Priester A. Genutis, Seda Priester V. Gauronskis, Viekšniai Priester T. Poška, Telšiai Priester A. Gylys, Židikiai Priester J. Petrauskas, Varniai Priester Br. Burneikis, Klaipėda Priester J. Miklovas, Palanga Priester V. Šievas, Žygaičiai Priester A. Pudžemys, Mosėdis Priester A. Striukis, Akmenė Priester Br. Latauskas, Rietavas Priester Br. Bagužas, Salantai Priester J. Pakalniškis, Laukuva Priester J. Razmantas, Žalpiai Priester K. Žukas, Viekšnaliai Priester A. Šeškevičius, Gargždai Priester J. Boruta, Vilnius Priester V. Mikutavičius, Telšiai Priester V. Matekaitis, Vėžaičiai Priester K. Rūmkus, Nemakščiai Priester K. Velioniškis, Tveriai Priester L. Dambrauskas, Ž. Kalvarija Priester K. Jadviršis, Akmenė Priester L. Veselis, Gargždai Priester A. Ričkus, Plateliai Priester P. Palšis, Skuodas Priester P. Puzaras, Tauragė Priester A. Pranckaitis, Eigirdžiai Priester A. Budvius, Telšiai Priester J. Bučelis, Mažeikiai Priester N. Sobkovskis, Telšiai

Ein offener Brief an den Staatsanwalt der LSSR, Liudas Sabutis, die Bewegung zur Umgestaltung und die Redaktion der Zeitung „Komjaunimo Tiesa".

Vilnius. Obwohl es erst acht Uhr morgens ist, stehen die Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes und die Verantwortlichen für öffentliche Ord­nung schon vollkommen dienstbereit.

Auch am 3. Mai 1983 war in aller Frühe das ganze Territorium um den Gerichtspalast in Vilnius bis zum Lenin-Prospekt schon unter der Aufsicht der wachsamen Verteidiger der Interessen des Staates und der Mitarbeiter der Rechtsordnung. Auch alle Nebenstraßen und Gäßchen, die zum Gerichtspalast führen, waren vollkommen blockiert. Die Beamten waren bereit, in vollem Ernst gegen alle anzutreten, die versuchen würden, Inter­esse an dem gegen Priester Alfonsas Svarinskas erhobenen Strafprozeß zu zeigen, bei dessen Verlauf noch ein weiterer Priester - Sigitas Tamkevičius -festgenommen wurde.

Gegen 9 Uhr wurde erst klar, daß diese Sicherheitsmaßnahmen nicht umsonst waren: Einige Hundert Gläubige versuchten wahrhaftig, „bedroh­lich" sich dem Gerichtspalast zu nähern. Die Beamten legten sich ernsthaft ins Zeug, mischten sich sofort gleich hier auf der Straße in eine Menschen­menge, packten die „Verbrecher", bevor sie noch ihren Mund aufreißen konnten, einen nach dem anderen unter den Armen, schleppten sie zur Milizabteilung, klagten sie auch an und verurteilten sie wegen unmöglich­ster Sachen zu tagelangem Arrest oder zu Geldstrafen. Es hat sich gezeigt, daß zwei ganz ordentlich gekleidete Mädchen gegen Milizbeamte mit Gewalt vorgegangen sind, oder daß ein gläubiger Jüngling, der überhaupt kein Wort gesagt hat, 10 Tage Arrest bekam, weil er „fluchte", oder zwei Mädchen deswegen in den Arrest gebracht wurden, weil sie vor dem Gerichtspalast wagten, direkt vor der Nase der Beamten, mit Schuhen Schwarzhandel zu treiben, von denen sie nicht mehr und nicht weniger als jede je einen an einem Fuß hatten.

Alle Versammelten festzunehmen, schafften auch die eifrigsten Ordnungs­hüter nicht. Sie haschten die anderen, pferchten sie in bereitstehende Autos hinein und brachten sie in die Wälder hinaus. Nein, nein. Erschos­sen haben sie sie nicht. Damals erschoß man die Leute im Wald nicht. Man brachte sie 30 bis 50 km von Vilnius weg und ließ sie aus den tiefen Wäldern von Nemenčinė und Dubingiai einzeln oder zu zweit zu Fuß zurückgehen.

Diese hier beschriebene Episode ist keine aus Stalins Zeiten. Das ist die breschnewsche Epoche, die von jemandem aufklärend Stagnation genannt worden ist. Wenn auch sehr langsam, so verschwindet jetzt diese Stagna­tion allmählich aus allen Lebensbereichen. Ach ja, sie verschwindet, umgeht aber aus irgendeinem Grunde die Gläubigen, denn wie sollte man die Tatsache anders nennen, daß man es sogar zu diesen Zeiten der Offen­heit nicht für nötig hält, auf schriftliche Proteste, die Zehntausende von Gläubigen unterzeichnet haben, eine Antwort zu geben. Der Rundfunk, das Fernsehen und die Presse behaupten zwar genau wie früher, daß der Glaube frei sei, daß die Rechte der Gläubigen nicht eingeschränkt seien, man versucht aber nicht einmal, die konkreten, zwischen den Gläubigen und dem Staat entstandenen Probleme zu klären. Nach wie vor werden jeden Tag die schablonenhaften Sprüche geklopft, die einem schon zum Halse heraushängen - „Alles bessert sich", „sie werden freundlicher", „es normalisiert sich", wie wenn überhaupt nichts gewesen wäre. Inwiefern „bessert" sich etwas, wird jemand „freundlicher" oder „normalisiert" sich die Lage, wenn der Alltag das Gegenteil zeigt?! Es stimmt, man verspricht die Kirche der „Königin des Friedens" von Klaipėda den Gläubigen zurückzugeben, wurden aber diejenigen der Öffentlichkeit vorgestellt, die sie widerrechtlich enteignet haben? Wurde die Tatsache veröffentlicht, wie „Hexenjagd" auf die Unterschriftensammler geführt wurde? Wie die Blätter mit Unterschriften den Gläubigen aus den Händen gerissen und an Ort und Stelle vernichtet wurden? Wo sind noch alle die Überprüfungen der zuständigen Behörden, wer unterschrieb, warum, unterschrieb er wirklich, oder nicht, usw., usw.? Und das alles geschah noch nicht vor langer Zeit, gestern noch, man könnte fast sagen erst heute.

Es ist unmöglich, alle diese Ungerechtigkeiten auf einmal aufzutischen - es gibt viel zu viel. Wir wollen nur eine herausnehmen, die als Thema der Nachkriegszeiten, wie der Schriftsteller R. Gudaitis sagt, direkt ins Herz Litauens, in diesem Falle ins Herz der Gläubigen traf. Es ist die Festnahme jener Priester, die die Gläubigen verteidigt haben - Alfonsas Svarinskas und Sigitas Tamkevičius, und ihre Einkerkerung. Sie haben aber nicht irgendwelche angemaßten Rechte verteidigt, sondern das durch Artikel 50 der Verfassung der LSSR garantierte Recht, frei den gewählten Glauben zu bekennen.

Etwas Umfassendes über Priester A. Svarinskas zu sagen ist auch heute noch schwer, überhaupt für uns, die Gläubigen der Pfarrei Kybartai. Er ist einfach zu früh geboren. In den Nachkriegsjahren hat ihm der stalinistische „Säuberungsmechanismus" der Völker das Aufklebeschild „Bandit" auf­geklebt und ihn in ein Gefängnis nach Sibirien geschickt, dorthin, wohin der größte Teil der gebildeten Menschen in jenen Zeiten geschickt wurde. Das Gericht hat während des Prozesses dieses Aufklebeschild nur noch verschönert, es machte einen „Banditen und Antisowjetler" daraus... Übri­gens, weder wir noch der größte Teil der anderen Bürger, die Priester

A. Svarinskas ein bißchen kennen, glauben dieser Geschichte. Es gelang auch nicht, mit dem Dokumentarfilm „Wer sind Sie, Priester Svarinskas?" die Leute von der Geschichte zu überzeugen.

„Banditen" zu verteidigen versuchen, auch solche, die niemals eine Waffe in der Hand hatten, ist auf jeden Fall noch viel zu früh. Wir wollen gedul­dig abwarten, bis die Geschichte auf alle „i" ihre Punkte aufgesetzt hat, oder wie es heutzutage die Mode ist zu sagen, die „weißen Flecken" der Geschichte endlich ausgefüllt sind.

Wir wollen uns über Priester Sigitas Tamkevičius unterhalten. Er ist uns persönlich bekannt. In den Nachkriegszeiten „besuchte er noch die Mittel­schule in Seirijai" - so schreibt die Journalistin Stase Mockuvienė über ihn in dem schockierenden Artikel „In einer Hand den Rosenkranz, in der anderen einen Prügel" (vergl. „Tiesa" vom 2.12.1983). Man kann doch einen Heranwachsenden noch nicht einen Banditen nennen. Und was war eigentlich der Prügel, mit dem Priester S. Tamkevičius so eifrig ans Werk ging?

In erster Linie war es das Wort der Wahrheit von der Kanzel, das vor Gericht von den Beamten und verantwortlichen Funktionären einstimmig als „antisowjetische Propaganda und Agitation", „Verleumdung des sowjeti­schen Lebens" angesehen wurde. Wie sollen denn wir, die Gläubigen, see­lenruhig zuschauen, wo die heutigen Zeitschriften und Journale mit noch schärferer Kritik vollgestopft sind, wo politische Fehler ganzer Jahrzehnte genannt werden, die das Volk bis zur Stagnation gebracht haben, wo die Übel nacheinander herausgehoben werden, ihre Verursacher aber, anstatt als Gegner, als Befürworter der Umgestaltung, als aktive Unterstützer dem Volke vorgestellt werden?! Wo bleibt hier die Logik?!

Heute freuen wir uns darüber, daß die Regierung keine Bemühungen scheut, damit die Nüchternheit im Leben sich verbreitet. Der Kampf gegen Alkohol und gegen die Schnapsbrenner ist so scharf geworden, daß er sogar bis zu „Zuteilungskarten" für Zucker geführt hat. Wer hat aber als erster diesen Kampf gegen Alkoholismus begonnen? Die ersten Rufer zu einer nüchternen Lebensweise waren die Priester, darunter vor allem die Priester Alfonsas Svarinskas, Sigitas Tamkevičius und der verstorbene Prie­ster Juozas Zdebskis und viele andere. Sie waren die ersten, die den vom Alkohol angerichteten Schaden an Personen, Familien und am Volke erkannt haben. Sie forderten mutig von der Kanzel herab alle auf, die Lebensweise zu ändern, sie haben die Abstinenzbewegung ins Leben geru­fen, sie haben den Regierungsapparat kritisiert, der viel zu leichtsinnig die alkoholischen Getränke hergestellt und verkauft hatte.

Ja, die Herstellung der alkoholischen Getränke wurde verringert, der Ver­kauf eingeschränkt und... dabei „vergaß" man, das „Anti" dem herunter­zunehmen, der, ohne auf einen günstigen Moment zu warten, als erster den Kampf gegen das Übel aufnahm.

Priester Sigitas Tamkevičius forderte von der Kanzel aus auf, auf die Fami­lien zu achten, nach ihrer Beständigkeit zu streben, in besonders scharfer Form griff er die Abtreibungen, als den Menschen demoralisierende Erscheinung an. „Wenn es keine beständigen Familien mehr geben wird, wenn die Familie weniger als zwei Kinder großziehen wird, werden wir uns selber auslöschen...", sind die Worte des Priesters S. Tamkevičius. Und wenn es auch sonderbar erscheinen könnte, dieser Gedanke wird in der heutigen Presse beinahe Wort für Wort wieder herausgestellt.

Auch in Nationalfragen blieb Priester S. Tamkevičius nicht gleichgültig. Er hat sich öffentlich von der Kanzel herab gegen die Einführung der russi­schen Sprache in Kindergärten ausgesprochen. Er sagte, daß der Litauer in Litauen in seiner litauischen Muttersprache sprechen darf und muß, und auch das, daß es unsere, der Litauer, eigene Schuld ist, wenn die Menschen aus anderen Republiken, die seit langen Jahren bei uns leben, noch nicht litauisch sprechen können.

Hier aber ein Zitat aus einer Resolution der XIX. Unionskonferenz des ZK der KPdSU über die Frage der Nationalitäten und ihre Beziehungen: „Ein sehr wichtiges Prinzip unseres multinationalen Staates ist der, daß alle Bür­ger der UdSSR frei ihre Muttersprache entwickeln und sie gleichberechtigt benutzen dürfen. (...) Man soll dazu ermutigen, daß die Bürger anderer Nationalitäten, die auf dem Territorium einer anderen Nationalität leben, die Sprache des Volkes erlernen, dessen Namen die Republik trägt (...)."

Ist es nicht sonderbar, daß die Gedanken der Resolution und die des Prie­sters S. Tamkevičius dieselben, die Schicksale der Urheber dieser Ideen, leider, nicht dieselben sind...

Als Priester konnte Priester Sigitas Tamkevičius noch einer anderen negati­ven Erscheinung unserer Gesellschaft gegenüber nicht gleichgültig bleiben - der Verfolgung und dem Terror gegenüber Kindern, Jugendlichen wie auch Erwachsenen wegen ihrer religiösen Überzeugungen. Er hat öffentlich von der Kanzel aus die verdrehte atheistische Erziehungsarbeit an den Schulen kritisiert, brachte Tatsachen an die Öffentlichkeit, wenn z.B. die Lehrer ihre gläubigen Schüler zwangen, den atheistischen Organisationen beizutreten, oder wenn sie sie nötigten, entgegen ihren eigenen Überzeu­gungen zu reden oder zu schreiben und sie verspottet haben. Daß der Priester S. Tamkevičius die Wahrheit gesprochen hat, ist uns allen klar. Wir und unsere Kinder haben das am eigenen Leibe zu spüren bekommen.

Das jämmerlichste ist aber, daß auch heute noch die Lage in dieser Bezie­hung sich nur wenig geändert hat, worüber auch die Atheisten selber, wenn auch noch nicht laut, schon reden: „Die ,Sitten' der Vergangenheit sind immer noch lebendig, als das Spotten über den Gläubigen beinahe zum guten Ton gehörte. Auch die konstitutionelle Gewissensfreiheit blieb, leider, nur auf dem Papier", - schreibt Andrius Užkalnis („Moksleivis" -„Der Schüler", Nr. 1, Januar 1988).

Oder der Beobachter der sowjetischen Nachrichtenagentur APN, A. Igna-tiew schreibt: „Ich bin gerade aus der Gegend von Rostow in der Kasachi­schen SSR aus der Ortschaft Kamenalom zurückgekommen, wo ich zwei Seiten eines gewöhnlichen Konflikts angehört habe. Tatjana Duriagina beklagte sich beim Redakteur der von APN herausgegebenen Veröffent­lichung „Religija SSSR", daß sie in das Exekutivkomitee vorgeladen wor­den ist, wo ihr eine öffentliche Verwarnung angedroht wurde, weil ihre Kinder die Kirche nicht gemeinsam mit ihr besuchen, wie es sich gehört, sondern mit der Großmutter oder ganz allein. Die Lehrer hätten daraufhin zu diskutieren begonnen, warum die Kinder an Gott glauben, ob es einen Gott gibt und wer ihn gesehen hat." („Vakarinės naujienos" - „Abendnach­richten", 30.3.1988).

Und siehe da, den Priester S. Tamkevičius beschuldigte das Gericht wegen der Nennung solcher Tatsachen in der Öffentlichkeit der „Verleumdung der Politik unseres Staates hinsichtlich der Kirche und der Gläubigen". Man behauptete sogar, daß dies „auf Grund der Aussagen von Zeugen" belegt worden sei. Wer waren denn diese Zeugen? Die Gläubigen? Oder die Schüler, die die religiöse Diskriminierung erfahren haben? Oh nein. Wenn es auch sonderbar erscheinen mag - es waren die Pädagogen. Ja, dieselben Pädagogen, die selber den Artikel 50 der Verfassung der SSR Litauen dau­ernd verletzten. Sie haben unsere Kinder verspottet, sie erniedrigt, und sie haben auch ausgesagt, daß sie „verleumdet" wurden. Und dem Gericht waren solche „Zeugen" die geeigneten.

Die Untersuchungsbeamten des Sicherheitsdienstes fanden es nicht für nötig, die etwa 200 vernommenen Gläubigen in das Untersuchungsproto­koll einzutragen und Fakten des religiösen Terrors gegen unsere Kinder vor Gericht anzuwenden. Auch keine begründete Aussage zur Verteidigung unseres Pfarrers Sigitas Tamkevičius wurde verwendet!

Und noch etwas: Die wahrscheinlich wichtigste Anschuldigung war, daß Priester S. Tamkevičius dem Komitee der Katholiken zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen angehört und aktiv an seinen Tätigkeiten teilgenom­men hat. Das Komitee veröffentlichte oft seine Dokumente im Ausland und eine die Gläubigen verteidigende Erklärung war sogar an die UNESCO adressiert.

Man wird, leider, auch zu dieser Zeit der Offenheit, wo allseitig Verbindun­gen zu ausländischen Staaten erweitert werden, kaum jemanden noch mit dieser Angelegenheit verwundern können. Der Begriff der Offenheit schließt nur die Veröffentlichungen der militärischen und staatlichen Geheimnisse aus. Dies ist aber weiß Gott kein militärisches Geheimnis... Und schließlich, an wen sollte man sich wenden, wenn die sowjetischen Behörden auf Erklärungen und Proteste nur mit neuen Repressalien antworten?!

Während des Gerichtsprozesses wurde festgestellt, daß „Priester S. Tamke­vičius gewußt hat, daß er sich möglicherweise vor dem Gesetz verantwor­ten muß". Ja er wußte es. Und trotzdem stand er nicht auf der Seite der eigenen Interessen, sondern auf der Seite der Wahrheit! Und deswegen: „Das Oberste Gericht der SSR Litauen hat nach der Überprüfung des Pro­zeßmaterials und nach der Vernehmung der Zeugen S. Tamkevičius gemäß §68. Teil 1 (antisowjetische Agitation und Propaganda) für schuldig be­funden und ihn zu 6 Jahren Freiheitsentzug und zusätzlich zu 4 Jahren Verbannung verurteilt".

Oh nein. Jetzt sind nicht Stalins Zeiten. Auch in Wäldern von Dubingiai und Nemenčinė ist niemand von uns durch Erschießen hingerichtet worden...

So wurde Priester S. Tamkevičius wie auch Priester A. Svarinskas in einem Prozeß unter Ausschluß der Öffentlichkeit verurteilt, genau so, wie es zur Zeit Stalins gemacht wurde. In einem verschlossenen, nur mit Zeugen und Vertrauten des Sicherheitsdienstes (ausgenommen die Familienmitglieder) besetzten Saal fand dieser „öffentliche" Gerichtsprozeß statt.

Ungeachtet dessen, daß die Sicherheitsbeamten bei der Befragung von bei­nahe 200 Gläubigen unerlaubte Methoden der Vernehmung (wie Suggestiv­fragen, Drohungen, Vernehmung der Kinder in Abwesenheit ihrer Eltern) angewendet hatten, und sogar ungeachtet dessen, daß sie unter den Zeu­gen keine fanden, die gegen diese Priester ausgesagt hätten, haben sie sie trotzdem verurteilt. Und nicht zu einem Jahr, nicht zu zwei, sondern zu einem Jahrzehnt.

Das wundert uns überhaupt nicht mehr, und wir finden das nicht sonder­bar. Wir, die Gläubigen, sind schon so etwas gewöhnt, wir können uns mit dieser Lage aber nicht abfinden. Deswegen bitten wir Sie, uns zu erklären, wie man das alles mit der Offenheit und der Demokratisierung vereinbaren kann?! Wann wird die sozialistische Gerechtigkeit auch dem Gläubigen und dem Priester zuteil?

Ein Zusatz für die Redaktion der „Komjaunimo Tiesa". Wir wenden uns an Ihre Zeitschrift, weil sie am weitesten auf dem Weg der Demokratisierung und der Offenheit fortgeschritten ist. Wir hoffen, daß sich darin auch Platz finden wird, um die Probleme der Gläubigen zu diskutieren. Im Falle der Veröffentlichung bitten wir, diesen Text nicht zu kürzen - wir sind die Auszüge satt.

Am 12.7.1988.

Es unterzeichneten die Bürger der Stadt Kybartai:

 

1.

Kostas Abraitis

19.

Ona Langaitienė

2.

Rimantas Baltrušaitis

20.

Matilda Mališkienė

3.

Marija Baltrušaitienė

21.

Bernadeta Mališkienė

4.

Benius Baltrušaitis

22.

Kęstutis Mačiulaitis

5.

Alfonsas Bilickas

23.

Anastazija Mačiulaitenė

6.

Juozas Bindokas

24.

Lina Mačiulaitytė

7.

Teresė Bruožienė

25.

Eugenija Menčinskienė

8.

Birutė Briliūtė

26.

Vytas Norkus

9.

Ona Dailidavičiūtė

27.

Stanislava Norkienė

10.

Gintas Dobiliauskas

28.

Jeronimas Samuolis

11.

Elena Dobiliauskienė

29.

Salomėja Samuolienė

12.

Ona Grigalevičienė

30.

Ona Šarkauskaitė

13.

Romas Griškaitis

31.

Teresė Šioraitienė

14.

Ona Griškaitienė

32.

Dalia Verbylaitė

15.

Evaldas Jūras

33.

Romas Žemaitis

16.

Ona Jasaitienė

34.

Arvydas Žemaitis

17.

Ona Kavaliauskaitė

35.

Petras Žemaitis

18.

Aušra Karaliūtė

36.

Edmundas Žemaitis