Was ließest du zurück dem blinden Schicksal von Tod und Gewalt

als du das Heimatland der Ahnen so plötzlich verlassen hast?

Die alten Burgruinen, die Siedlungen, den Weg des Morgensterns, -

damit sie dem Verirrten leuchten, wenn der Himmel finster wird,

wenn die Hoffnung und Wege sich verstricken.

 

Was nahmst du mit, als die Schmerzensrute hart die Erde traf,

und du das Gehöft der Heimat so plötzlich verlassen hast?

Das Blut der Ahnen, ihren Namen und in deinem Herzen Freiheitslicht, -

wie ein ew'ges Denkmal trag es auf deiner langen Reise,

wie einen großen Reichtum trag es im Herzen mit dir.

 

Wie ihre heiligen Spuren sind von Bedrängnis geprägt,

so sind auch deine Tage dem Kampf, den Entbehrungen geweiht.

Wenn das Schicksal deiner Heimat einen neuen Morgen schenkt, -

dauern sie fort, wie ein Testament aus unvergänglichem Granit,

für alle Tage, für dein Kind und Kindeskind.

(B. Brazdžionis)

 

»Meine Brüder und Schwestern in Christus, alles, was gut ist, vergeht sehr schnell. Noch vor einigen Tagen haben wir meinen Empfang gefeiert, heute heißt es für mich schon wieder Abschied nehmen. Ich danke herzlichst meinen Mitbrüdern im Priesteramt, meinen geliebten Pfarrangehörigen und allen, die sich heute in Viduklė versammelt haben, um mit mir zu beten und uns gegenseitig zu stärken, damit wir wieder auf dem Weg des Lebens weiterwandern können. Es ist ja Gottes Wille. Wir haben auf dieser Erde keine bleibende Stätte, sondern wir suchen nach der zukünftigen, und nach dieser zukünftigen Stätte suchen wir jeder auf seine Weise; allen gemeinsam ist nur das eine - daß wir gewissenhaft unsere Pflichten erfül­len und ein gesundes Empfinden besitzen, daß wir Christen, Katholiken und Litauer sind.

Es fällt mir nicht leicht, heute zu Ihnen zu reden... wenn man scheiden muß. Damit wir aber deswegen nicht traurig sind, verspreche ich Euch, daß ich bei der nächsten Gelegenheit in die Heimat zurückkommen werde -wann, nach einer Woche, nach einem Monat oder nach einem Jahr, ist ohne Bedeutung, ich komme aber zurück; ich komme, wenn ich meine Aufgabe erfüllt habe. Ich verstehe noch nicht genau, was Gott mit mir vor hat, welche Aufgabe auf mich wartet, ich fahre als Priester weg und ich hoffe, daß ich den Katholiken nützlich sein werde, in erster Linie meinen Landsleuten, und später, wenn es nötig wird, auch anderen.

Diese meine zusammenhanglosen Worte sollen wie ein geistiges Testa­ment, ein Gebot der Liebe sein. Zuerst danke ich allen für ihre Gebete, für ihre Briefe, wenn auch die meisten von ihnen mich nicht erreicht haben. Ich habe mich einmal mit dem Staatsanwalt von Tschusawow unterhalten. Ich fragte ihn, warum mir meine Briefe nicht ausgehändigt werden, die Leute schreiben mir doch bestimmt. Der Staatsanwalt antwortete mir: Ja, auf Ihre Adresse kommen Briefe massenweise, was aber schreiben Ihnen die Leute?! Sie schreiben, Sie möchten alles ertragen und in die Heimat zurückkehren... Und das ist, nach ihrer Auffassung, schon ein Vergehen. Ich danke Ihnen für Ihre moralische Unterstützung und für die Blumen. Es war erfreulich, im Lager zu hören, daß Sie sich alle diese Jahre hindurch am 26. jeden Monats in der Kirche von Viduklė versammelt haben, um für mich und für alle Leidenden zu beten. Das hätte ich mir nicht ausgedacht, das hat Euer lebendiger Glaube und Eure Liebe erfunden. Die Gefangenen anderer Nationalitäten wunderten sich und waren begeistert darüber, daß die Litauer eine so große Stütze haben, die Katholische Kirche. Wir wol­len, meine lieben Brüder, auch weiter dem Glauben treu bleiben, denn er ist ein großes Geschenk, ein Steuer durch das Leben. Wenn wir den leben­digen Glauben bewahren, werden wir alle Stürme des Lebens bestehen, wir werden uns nicht verirren, nicht auf seichten Stellen stranden und nicht untergehen.

In der alten Literatur hat Homer beschrieben, wie die Griechen Troja über­fallen haben, es aber nicht einnehmen konnten. Da ersannen sie eine List -sie schufen ein großes hölzernes Pferd, in dem sich ihre Soldaten versteck­ten. Sie ließen das Pferd stehen und zogen sich selber zum Schein zurück. Die Trojaner zogen das Pferd selber in ihre Stadt. In der Nacht stiegen die Soldaten aus dem Pferd heraus, sperrten das Stadttor auf, und so konnten die Griechen Troja einnehmen. Es wurde, und es wird auch jetzt und in der Zukunft versucht, in die Katholische Kirche Litauens ein trojanisches Pferd hereinzuführen. Da man es aber mit grober Gewalt hereinbringen will, ist es leicht zu entlarven und ihm entgegenzutreten. Ich habe gehört, daß in Litauen Sekten und verschiedene religiöse Bewegungen auftreten. Mancherorts sind vielleicht solche Bewegungen auch keine schlimme Sache, in unserer Lage aber besteht akute Gefahr, sich zu verirren und auch die anderen irrezuführen. Der hl. Paulus hat gesagt: „Wenn jemand einen anderen Glauben verkündet als ich euch verkünde, wäre es auch ein Engel, er sei ausgestoßen". Wir haben das uns vor 600 Jahren verkündete Evangelium, wir haben unsere kirchliche Obrigkeit, wir haben die hl. Messe, die Sakramente, mit einem Wort, wir haben alles, was wir für das Seelenheil benötigen, wir wollen also unseren Hirten von Herzen gehor­chen, in erster Linie dem Kardinal, der der Katholischen Kirche Litauens vorsteht; wir wollen uns gegenseitig unterstützen und untereinander vertra­gen, dann werden wir ganz sicher jegliche Provokationen vermeiden und keinen Schaden erleiden. Wir wollen uns keinen Versuchungen ergeben, uns miteinander beraten, einander fragen, das letzte Wort soll aber der Obrigkeit der Kirche überlassen werden. Wir wollen ihr gehorchen, denn sie sieht viel besser, was die Kirche benötigt.

Christus hat gesagt: Alle werden erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe habt zu einander. Wir wollen, meine Brüder, einander lie­ben, nicht kleinlich sein, wegen Kleinigkeiten einander nicht beschuldigen, wir wollen einer dem anderen vergeben. Die Russen haben ein gutes Sprichwort: Miß siebenmal, schneide aber erst beim achten Mal ab. Wir wollen es auch so machen, denn ein Wort kommt manchmal unüberlegt heraus, es kann aber einem anderen großen Schaden anrichten. Wir wollen mit unseren Worten vorsichtig umgehen. Es ist doch viel besser, hundert mal selbst zu leiden, als ein einziges Mal jemanden zu verletzen. Wir wol­len Gott von ganzem Herzen lieben, dann wird alles gut. Mir scheint, daß das Leben nicht so kompliziert ist, wir verirren uns nur selber ab und zu darin, wir folgen der Mode der Zeit. Sollte jemand sagen, daß es keinen Gott gibt, glaubt es nicht. In der Heiligen Schrift steht geschrieben, daß nur ein Narr sagte: Es gibt keinen Gott. Es gibt Gott, und Er führt jeden von uns auf wundersamen Wegen; was uns nottut, ist nur das eine: sich dem Willen Gottes nicht widersetzen. Wir sollen ein gutes Leitmaterial sein.

Wir wollen uns dem Geist der Zeit nicht ergeben, unsere Kirchen sollen immer voll sein, wir wollen oft zur hl. Kommunion gehen, damit wir, gestärkt mit dem Leib und Blut Christi, in der Lage sind, einen guten Kampf zu kämpfen und auch zu gewinnen. Wir wollen, soweit es möglich ist, unseren Glauben vertiefen. Ich habe gehört, daß die Regierung die Priester bei der Katechese der Kinder nicht mehr behindert. Wir müssen alle uns gut dazu vorbereiten und die Katechese gewissenhaft durchführen. Wir müssen aber nicht nur die Kinder unterrichten, sondern wir alle, meine Brüder, müssen lernen und lernen. Wir wollen zur Winterszeit, wenn wir mehr freie Zeit haben, auch an Werktagen öfters in die Kirche kommen, um dort das Wort Gottes anzuhören. Die meisten von uns haben die eine oder andere Lehre abgeschlossen; wir wollen uns aber auch um Weiterbildung bemühen und öfters ein religiöses Buch zur Hand nehmen. Fragt doch bei Priestern oder aktiveren Gläubigen danach! Ich glaube, daß es mit der Zeit mehr solche Bücher geben wird. Wir müssen uns alle der Katechesearbeit anschließen, denn nur dann können wir gute Ergebnisse erwarten. Wir wollen uns entschließen, jeden Sonntag und auch sonst zu jeder arbeitsfreien Zeit wenigstens eine Stunde Zeit unseren Nächsten zu widmen; wir wollen unsere Freunde, Verwandte, Nachbarn besuchen und zu ihnen und mit ihnen von Gott reden. Wir haben genug über das Vergängliche dieser Erde gesprochen. Es wird außerdem vergehen; es ist die Zeit gekommen, um über Gott zu sprechen. Wir wollen uns also dazu entschließen und es auch in die Tat umsetzen. Wenn wir die göttliche Wahrheit in uns immer tiefer aufnehmen, werden keine trojanischen Pferde uns eine Bedrohung sein, denn wir werden selbst das Korn von der Asche unterschieden können.

Es genügt nicht, ein Gebetbuch, einen Rosenkranz zu besitzen und ab und zu in der Kirche zu erscheinen. Es ist notwendig, die Gebote Gottes zur Grundlage unseres Lebens zu machen. Möge alles, was gegen die Gebote Gottes ist, fremd in unserem Leben sein. Ein Christ darf kein passiver Beobachter sein. Niemals. Das Leben ist kein Schauspiel. Wir werden für jede Stundes dieses Lebens Rechenschaft ablegen müssen und deswegen sage ich, daß jeder von uns ein Kämpfer sein muß, der gegen die derzei­tigen Übel vorgehen muß.

Ein Übel, das wir seinerzeit nicht zugeben wollten, das jetzt aber zu einer schweren Krankheit unserer Gesellschaft geworden ist, ist die Alkohol­sucht. In der hl. Schrift steht geschrieben, daß alles, was Gott geschaffen hat, gut ist. Auch ein Glas Wein ist also gut, wenn aber unsere Gesellschaft krank ist, wenn sie das Maß verloren hat, wenn sie nicht mehr die Kraft hat, sich zu erheben, müssen wir ein Beispiel der Enthaltsamkeit setzen. Ich meine, daß wenigstens bis zum 20. Lebensjahr die Jugendlichen Anti­alkoholiker sein sollten. Die Menschen reiferen Alters, wenn sie sich von den alkoholischen Getränken nicht überhaupt enthalten möchten, mögen wenigstens nüchtern bleiben. Was bedeutet das? Das bedeutet, daß man bei Gelegenheit, wenn man beispielsweise Gäste hat, keinesfalls aber bei Beerdigungen oder Totengedenken, sondern bei der Hochzeit, bei der Kindtaufe, wenn alte Freunde nach längerer Zeit sich begegnen, nicht mehr als 100 Gramm alkoholische Getränke zu sich nehmen sollte. Die Norm wurde von früheren gebildeten Männern Litauens festgelegt, die auch jetzt sehr schön sich zum Wöhle unseres Volkes betätigen und unter dem Namen „Bewegung zur Umgestaltung" uns allen bekannt sind. Sollten Sie auch einmal was trinken, trinken Sie dann nicht auf den Feldern eines Kolchos, in einem Lager, in einem Stadtpark oder irgendwo hinter einem Gebüsch, sondern trinken Sie an einem weißgedeckten Tisch, denn einen Tisch weiß decken kann nur eine Mutter, eine Ehefrau oder eine Schwe­ster. Wenn einer selbst trinken möchte, soll er niemals auch einen anderen dazu auffordern. Diese Regeln soll man streng einhalten.

Gott liebt das litauische Volk und führt es. Er gab uns viele gute Priester, mutige Laien und im letzten Jahr einen seligen Erzbischof Jurgis Matulaitis, einen Kardinal und viele andere Gaben. Er hat das alles nicht umsonst gegeben. Das ist eine Entlohnung für alle jene Opfer, die unsere Lands­leute in diesen Nachkriegsjahren dargebracht haben und die dazu ent­schlossen sind, wenn es nötig ist, sich auch in der Zukunft zu opfern. Ich bin fest davon überzeugt, daß wir noch viele Opfer in der Zukunft brau­chen werden, daß das Leben noch viel von uns abverlangen wird. Als ich noch im Lager war, habe ich zu meinen Schicksalsgenossen gesagt: Seid nicht traurig, ich werde nach Litauen zurückkehren, aber andere Priester werden zu euch kommen. Nach meinem Verstand möge Gott zulassen, daß jährlich einige Priester wegen ihrer Treue zu Christus festgenommen wer­den sollten. Man darf deswegen nicht in Panik geraten oder hoffnungslos traurig sein. Ein Priester wird im Lager sehr, sehr benötigt. Rußland ist auf der Suche nach Gott, und wir müssen ihn ihm zeigen. Es ist die Pflicht der Gläubigen, das zu tun, war Ihr getan habt - für die Verhafteten zu beten, darunter auch für die Priester, damit sie aushalten und, soweit sie können, Zeugnis für Christus ablegen. Fürchtet Euch nicht, für Gott leiden zu müs­sen. Wir sehen das Leben nicht durch eine Geldmünze, nicht mit Augen eines Händlers, sondern mit den Augen eines Christen. Wir wollen zuerst nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit suchen, und alles andere wird uns dazu gegeben werden. Wir wollen mit ganzem Herzen gegen Alkoholismus und Drogensucht antreten. Wir wollen gegen die moralische Zügellosigkeit antreten, die bei uns so weit verbreitet ist, die aber schon öffentlich als Übel angesehen wird.

Nach meiner Rückkehr bin ich in Litauen herumgefahren und habe mich noch einmal davon überzeugt, daß ein Apfel nicht weit von seinem Stamm fällt; dort, wo die Eltern überzeugte Christen sind, dort sind auch die Kinder ihrem Glauben treu und sittsam. Es gibt aber auch Ausnahmen -die Eltern sind anständig, die Kinder befinden sich aber auf Irrwegen. In solchen Fällen wollen wir beten, und die hl. Monika, die jahrelang für ihren Sohn Augustinus betete, möge für uns ein Beispiel sein. Wir wollen Gott vertrauen und beten.

Wir wollen, als Christen, uns hüten, jemandem ein schlechtes Beispiel zu geben. Schlechte Beispiele wirken auf Menschen unserer Zeit wesentlich mehr, als je zuvor. Wir wollen das Beispiel eines guten Benehmens sein und dadurch ein Zeugnis für Christus ablegen. Ich möchte diese Gelegen­heit dazu benutzen, um mich bei der Jugend von Viduklė zu bedanken. Sie hat durch ihr Vertrauen der Kirche einen Dienst erwiesen und mir eine große Freude bereitet. Der Sekretär der Kommunistischen Jugend der Berufsschule von Raseiniai hat sich vor Gericht beklagt, daß es schwer sei, mit den Schülern aus Viduklė zu arbeiten. „Ich konnte zu ihnen reden, wie ich nur wollte, sie gaben mir immer zur Antwort: Der Pfarrer hat zu uns gesagt, daß man sich in der Fastenzeit nicht vergnügen darf, und so immer... - der Pfarrer hat gesagt...", - erzählte der Sekretär. Die Jugend hat eine gute Tat vollbracht. Die Gottlosen haben gehorcht und sich gewundert, daß heutzutage die Jugend dem Pfarrer folgt. Folgt mir, meine Brüder und Schwestern, auch weiter.

Ich habe in meinem Leben nicht wenig gesehen und erlebt. Ich habe Not und Leid ertragen müssen und ich freue mich, daß mein Herz frei von Haß geblieben ist. Möge Gott allen vergeben, die mir Böses getan haben und ich selbst bitte Gott und Sie alle um Vergebung, wenn ich jemandem weh getan habe, wenn ich nicht alles getan habe, was ich tun konnte und sollte. Danke noch einmal dafür, daß Sie für mich gebetet und Ihren Glauben lebendig bewahrt haben. Es tut einem Priester gut zu wissen, daß die Men­schen ihn lieben. Diese Liebe gibt ihm Kraft und Stärkung, auf dem Weg des Lebens zu gehen, gewissenhaft die Last des Amtes und der Opferbe­reitschaft zu tragen. Ich habe etliche Pfarreien besucht, aber diese Liebe, die Sie mir entgegenbringen, habe ich nicht verdient. Ich bin nur ein ein­facher Streiter Gottes. Ich bin davon überzeugt, daß Sie mit ihrem Verhal­ten und durch ihre mir gezeigte Liebe, ein Beispiel den anderen, besonders den jungen Priestern Litauens zeigen. Ihr bezeugt noch einmal überzeu­gend, daß niemand, nicht einmal die gottlose Regierung oder Gefängnisse und Lager in der Lage sind, einen Priester bloßzustellen. Sich bloßstellen kann nur er selbst.

Als ich im Lager war, sehnte ich mich von ganzem Herzen danach, Litauen wieder zu sehen, noch einmal auf seinen Wegen reisen zu dürfen... Ich dachte an die Heimat, sang ihre Lieder, und ich sang sie so, wie ich sie sin­gen konnte, damit nachher niemand sagen kann, daß die Litauer im Ural nicht gesungen haben. Manche alten Gefangenen meinten, als sie dies sahen: Er ist wahrscheinlich durch das lange Sitzen mit seiner Vernunft in Konflikt gekommen. Sie konnten uns, die Gläubigen, manchmal nicht be­greifen, woher wir nicht selten in den bedrohlichsten Momenten unsere Kraft nahmen. Wir haben diese sonderbare Kraft aus dem Kreuz Christi, aus unserem Gebet geschöpft.

Meine Brüder und Schwestern in Christus, wir wollen auch weiter fürein­ander beten. Ich weiß es nicht, wo ich hinkommen werde, ich möchte aber auf meinen Knien und mit meinem Herzen alle heiligen Stätten besuchen, so, wie wir es in Šiluva getan haben. Aus Dank für all das Gute werde ich in meinen Gebeten Eurer wie auch unserer gemeinsamen Anliegen und Ziele gedenken. Ich wünsche nur innigst, daß dies alles Euch herausfordert, nur Gutes zu tun, nur gute Glieder der Kirche zu sein. Ich könnte noch lange reden, aber es ist genug. Wir haben uns wieder gesehen, uns gegenseitig gestärkt, uns erholt und jetzt werden wir gehen, nach der zukünftigen Stätte zu suchen, die wir hier, auf dieser Erde nicht haben. Ich hoffe, daß wir uns hier in der Heimat sicher noch sehen werden. Dreimal bin ich von meiner „Dienstreise" in den Osten zurückgekommen, ich werde auch aus dem Westen zurückkommen. Das Warten auf das Wiedersehen und die Freuden mögen unsere Kräfte beleben, damit wir weiter leben und arbei­ten können. Wenn ich selbst nicht zurückkommen werde, werde ich zurückgebracht, um neben Maria von Viduklė beerdigt zu werden, damit die Pfarrfamilie Viduklė mir zum letzten Mal die Kreuzwegstationen sin­gen kann. Das möchte ich und danach sehne ich mich, jedoch Sein heiliger Wille geschehe. Es ist vor allem wichtig, daß wir uns im Himmel begeg­nen dürfen. Ich möchte mit dem Glückwunsch des großen Präsidenten R. Reagan schließen: „Möge Gott Euch alle segnen." Amen.«

Ich rufe das Volk, von der GPU gejagt,

zerstreut, wie das herbstliche Laub:

Auf einen neuen Weg, in ein neues Leben,

wo es der Wind aus dem Norden verschont.

 

Ich rufe den Litauer, sich mit dem Litauer zu vereinen,

lebendiges Herz mit lebendigem Herzen.

Wenn sie die finstere Nacht überstanden -

nun sollen sie leben und blühen für morgen.

 

Kommt aus Finsternis, aus Dämmerung hervor,

entzündet ein neues Feuer in euren Herzen!

Laßt doch die Sklaven in ihrer dunklen unheimlichen Not! -

Ich rufe euch alle, ich, eurer Urahnen Geist.

 

Ich rufe die Millionen der Hände zur Arbeit:

Für neues Schaffen laßt klingen die Glocken...

in Speichern der neuen Freude, in Scheunen der neuen Ernte,

nicht aber in Kerkern, in Sümpfen, im Grab.

 

Ich rufe euch auf im Namen der Heimat, der armen,

rufe mit der Stimme der Burgen, der Wiesen und Wälder:

Übet nicht Rache, damit nicht als ewiger Fluch

auf eure Kinder und Enkel komme das Blut!

 

Ich rufe aus der Ewigkeit: - Nicht wert ist der Zukunft,

wer nicht wirkte, die Gegenwart des Volks zu gestalten,

wer seinem Stiefkind die Wunden, in seinem Herzen klaffend,

mit der Flamme des zwiespältigen Feuers ausbrannte.

 

Ich rufe mit den Stimmen der Götter von Ramovė,

doch auch mit der Taufe, dem Licht der Versöhnung:

Steht fest hier und ewig so, wie die Sonne steht fest!

Dazu rufe ich auf, ich, eurer Urahnen Geist.

(Bernardas Brazdžionis)