Die Kurie der Erzdiözese Vilnius erhielt eine Mitteilung, daß der verstor­bene Bischof der Erzdiözese Vilnius, Mečislovas Reinys, auf Beschluß des Obersten Gerichts der SSR Litauen vom 20. Februar rehabilitiert ist.

Bischof Mečislovas Reinys wurde im Jahre 1884 im Kreis Utena, Pfarrei Daugailiai, Dorf Madagaskaras geboren, absolvierte das Priesterseminar zu Vilnius und studierte anschließend Psychologie und Philosophie an den Universitäten in Louvain und Fribourg. Bischof M. Reinys ist Professor am Priesterseminar von Vilnius und an der Universität Vytautas des Großen in Kaunas gewesen und war Doktor der Philosophie, Außenminister des unabhängigen Litauens, einer der Gründer der Christlich-Demokratischen Partei, ab 1925 Coadiutor-Bischof der Diözese Vilkaviškis. Im Jahre 1940 wurde er zum Erzbischof und Suffraganbischof des Erzbischofs von Vil­nius R. Jalbrzykowski ernannt. Ab 1946 war er als Apostolischer Admini­strator der Erzdiözese Vilnius tätig. Im Jahre 1947 wurde Bischof M. Reinys verhaftet, der antisowjetischen Tätigkeit angeklagt und zu 8 Jahren Gefäng­nis verurteilt. Den Haftbefehl hat der Mittäter der Tragödie im Wäldchen von Rainiai, P. Raslanas, unterzeichnet. Bischof M. Reinys ist im Jahre 1953 im Gefängnis von Wladimir gestorben. Das Grab Bischofs M. Reinys ist unbekannt. In der letzten Zeit werden Bemühungen unternommen, das Grab Bischof M. Reinys zu finden und seine irdischen Überreste nach Litauen zu überführen.

Anschließend geben wir den Text der Abschrift des Dokumentes wieder, den das Oberste Gericht der Kurie von Vilnius zugeschickt hat.

Mitgeteilt durch J. Burneikis

Strafprozeß Nr. BK-2/89 Im Jahre 1989.

Gerichtsbeschluß. Vilnius

den 20. Februar 1989.

Das Gerichtskollegium für Strafprozesse des Obersten Gerichts der SSR Litauen, zusammengesetzt aus dem Vorsitzenden J. Burneikis und den Mitgliedern L. Žilienė und St. Četrauskas, tagte bei Anwesenheit des Staatsanwaltes A. Kirijanko nach der Ordnung des Revisionsverfahrens in einer öffentlichen Gerichtssitzung entsprechend dem Einspruch gegen den im Zuständigkeitsbereich des Staatsanwaltes der SSR Litauen stehenden Beschluß der Sonderberatung beim Minister für Staatssicherheit der UdSSR. Daraus ergab sich:

Reinys Mečislovas, Sohn des Jeronimas, geboren 1884 im Kreis Utena (Rayon Zarasai), Dorf Madagaskaras, Inhaber hoher theologischer Ausbil­dung, bis zu seiner Festnahme wohnhaft in Vilnius, Pilies g-vė 8-1, ist gemäß § 17 und § 58-la, § 58-10 Teil 2 wie auch 58-11 des StGB der RSFSR aus dem Jahre 1926 zu 8 Jahren Gefängnis verurteilt worden, weil er der in der Republik Litauen tätigen Christlich-Demokratischen Partei (bis 1926) zugehört und ihrem führenden Zentralorgan angehört hatte. Er führte einen aktiven Kampf gegen die Sowjetunion, schrieb und vervielfältigte lügenhafte antisowjetische Artikel. Während des großen vaterländischen Krieges forderte er durch seine antisowjetischen Artikel und Predigten die Bürger Litauens zum Kampf gegen die UdSSR auf. Er nahm im September 1944 an einer Konferenz der Bischöfe Litauens teil, bei der Fra­gen besprochen wurden, die eine Gegnerschaft zur Sowjetregierung signali­sierten.

Im Dezember 1945 versuchte er den Bischof Vincentas Borisevičius zu überreden, nicht mit den Regierungsorganen zusammenzuarbeiten.

In der Betrachtung, daß in der Tätigkeit des M. Reinys, wegen der er gefan­gengehalten wurde, kein Bestand eines Vergehens nach § 17 und § 58-la, § 58-10 Teil 2 wie auch des § 58-11 des StGB der RSFSR zu finden ist, bittet der Staatsanwalt der SSR Litauen, den Beschluß der Sonderberatung beim Minister für Staatssicherheit zu annullieren und den Strafprozeß gegen M. Reinys einzustellen.

Nach der Anhörung des Berichtes eines der Gerichtsmitglieder, das gebeten hat, dem erhobenen Einwand stattzugeben, stellte das Gerichts­kollegium folgendes fest:

Dem § 4 des StGB der RSFSR des Jahres 1926 entsprechend, durften Aus­länder nur für solche Vergehen nach den Strafgesetzen der Sowjetunion zur Verantwortung gezogen werden, die sie auf ihrem Territorium began­gen haben.

Das StGB der RSFSR aus dem Jahr 1926 trat aber erst am 1. Dezember 1940 in Litauen in Kraft. Aus diesem Grunde trug M. Reinys für seine Taten, die er auf dem Territorium des souveränen Staates Litauen (bis zum 3. Dezember 1940) begangen hatte, nach den Strafgesetzen der RSFSR auch in dem Falle keine Verantwortung, wenn sie auch strafbar gewesen wären.

Die Tätigkeit des M. Reinys, seine Zugehörigkeit zu der Christlich-Demo­kratischen Partei des souveränen Staates - der Republik Litauen - wie auch seine Teilnahme an der Tätigkeit des führenden Organes dieser Partei ist also kein Vergehen.

Durch die Beweise dieses Prozesses wurde festgestellt, daß die Tätigkeit des M. Reinys in den Jahren 1940 bis 1947 nicht gegen die sowjetische Regierung, sondern darauf gerichtet war, die Rechte der Geistlichen und der Gläubigen zu verteidigen, die durch die Verfassung der SSR Litauen garantiert sind. Auf Grund des Gesagten ist der Einwand des Staatsanwal­tes zu befürworten.

Ausgehend von § 5 Punkt 2 und § 425 Punkt 2 der StPO der SSR Litauen hat das Gerichtskollegium für Strafprozesse beschlossen:

Dem Einwand des Staatsanwaltes der SSR Litauen aus seinem Zustän­digkeitsbereich stattzugeben, den Beschluß der Sonderberatung beim Minister für Staatssicherheit der UdSSR vom 15. November 1947 zu annul­lieren und den Strafprozeß gegen Reinys Mečislovas, Sohn des Jeronimas, einzustellen, da in seiner Tätigkeit kein Bestand eines Vergehens zu fin­den ist.

Der Vorsitzende J. Burneikis Mitglieder: L. Žilienė, St. Četrauskas

Wappensiegel

Das Oberste Gericht der SSR Litauen.