Grußtelegramm

Heiliger Vater,

kaum das »Habemus Papam« vernommen, eilen wir, spontan von freudigen Impulsen durchdrungen, im Gebet und aus vollem Herzen, um Rom telegra­fisch im Namen der gesamten Geistlichkeit Litauens — auch wenn wir technisch nicht alle konsultieren konnten — ebenfalls im Namen der Gläubigen und aller derer, denen Glaube und Kirche wichtiger sind als das Leben, unsere freudige Genugtuung, Liebe und Verehrung zu bekunden. Und erklären ferner feierlich — Litauen ist stets dem Apostolischen Stuhle treu.

Heiliger Vater, besser als sonst jemand kennen Sie unsere Probleme, Hoffnun­gen und Erwartungen. Mögen die Probleme der katholischen Kirche Litauens einen entsprechenden Platz in Ihrer edlen Seele finden. Wir selbst wollen mit und durch den ehrenvollen Diener Gottes Jurgis Matulevičius für Sie Segen und Hilfe Gottes des Höchsten erflehen, zur Verwirklichung lebensnotwendiger Hoffnungen von Millionen Gläubigen und Menschen guten Willens.

Litauen-Kaunas      Die Pfarrer:

Mykolas Buožius Pranciškus Gaižauskas Liudvikas Siemaška Jonas Rakauskas Jonas Kazlauskas Jonas Augustauskas Juozas Vaičeliūnas Romas Macevičius Juozas Čepėnas Alfonsas Svarinskas

Vilnius

Atheisten bekümmert um kirchliche Disziplin

Nur zweimal im Jahr reisen unsere Oberhirten zur Erteilung des Sakraments der Firmung in die Provinz. Das bedeutet, außer in den Zentren erteilen sie die Sa­kramente jährlich nur an zwei zusätzlichen Stellen. Was Wunder, daß sich bei diesen Anlässen Menschenballungen ergeben, die Menschen ermüden und die Würde des Vorgangs nicht immer gewahrt bleibt. Dem ist so, weil die Atheisten es so wollen. Die kanonischen Bestimmungen der Kirche verlangen, daß ein Bi­schof jede seiner Gemeinden wenigstens einmal in fünf Jahren visitiert. Doch gibt es viele Gemeinden, in denen das Sakrament der Firmung zwanzig und mehr Jahre nicht mehr gespendet wurde.

Noch trauriger ist die Lage im Bistum Vilnius, dessen Administrator, Č. Krivai­tis, sich bereits vor einigen Jahren der pastoralen Arbeit entfremdet, vom Altar, der Kanzel und dem Beichtstuhl zurückgezogen hat. Am Altar sieht man ihn nur an großen Festtagen in den Kirchen von Vilnius. Auch sonst ist er eher als Liebhaber rauschender Feste bekannt. Dies gereicht vielen Menschen zum Är­gernis, und Geistliche haben Hemmungen, ihn selbst zum Spenden des Fir­mungssakramentes ihre Kirche betreten zu lassen. In diesem Sommer (1978) ha­ben manche Pfarrer daher begonnen — in Übereinstimmung mit den kanoni­schen Bestimmungen, von sich aus das Sakrament der Firmung zu spenden (z. B. in den Pfarreien Adutiškis, Dubičiai, Kalesnikai, Eišiškės, Butrimonys, Valkininkai). Für die Menschen war dies eine große Erleichterung — die Fir­mung ging in ihrer Muttersprache vonstatten, es gab kein Gedränge (das Sakra­ment wurde nur älteren Jugendlichen gespendet).

Angesichts dieser Lage überkam die Atheisten allerdings große Unruhe. Alle Priester, sogar einige Dekane (Švenčionėliai) wurden von den Rayongewaltigen zur Ordnung gerufen und getadelt, weil sie gegen die Kirchendisziplin verstießen und sich nicht mit dem Administrator Č. Krivaitis abgestimmt hätten. Sie wur­den gewarnt, von solchen Dingen Abstand zu nehmen, und es könne ihnen spä­ter evtl. leid tun.

Wie soll man eigentlich die Tatsache interpretieren, daß sich ausgerechnet athei­stische Organe dafür einsetzen, daß diesem Bistumsadministrator Gehorsam ge­leistet werde.

Viduklė

An P. Anilionis, Bevollmächtigter des Rates für die religiösen Angelegenheiten

Hiermit bestätige ich den Empfang Ihres Befehls, mich am 3. Oktober, 10 Uhr, in Vilnius zu melden.

Ein Erscheinen ist mir aus folgenden Gründen nicht möglich: Mein Assistent ist zur Zeit krank, und ich bin allein tätig. Ich sehe keine Möglichkeit, mich für längere Zeit von meinem Amt zu entfernen.

Ihr Schreiben enthält keinerlei Begründung für mein Erscheinen. Wir Geistliche haben bereits einige Erfahrung mit den Extravaganzen und Schimpfkanonaden verschiedener Beauftragter. Im Lauf der Jahrzehnte ist es bereits Tradition ge­worden, daß der Denunziant immer recht erhält und der Geistliche für schuldig erklärt wird. Auf solche Treffen muß man sich daher gründlicher vorbereiten — und die kirchlichen Codices wie auch die internationalen Verpflichtungen der UdSSR konsultieren.

Der Rat für religiöse Angelegenheiten erfüllt seine Aufgabe — Vermittler zwi­schen Staat und Kirche zu sein — in keiner Weise. Vielmehr ist der Rat die offi­zielle Peitsche der Gottlosen zur Züchtigung der Geistlichen, ihrer Beschimp­fung und Strafversetzung von einem Ort zum anderen. Nicht vermitteln, son­dern bei der Zerstörung der Kirche mitzuwirken ist die Aufgabe des Rates. Wegen einer ganz gewöhnlichen Schimpfkanonade noch extra nach Vilnius zu fahren, in acht Stunden 400 km Autofahrt zu leisten, halte ich für überflüssig. Übrigens eignen sich auch Orte wie (das nahe) Raseiniai oder Viduklė selbst zur Erteilung von Standpauken. Letztlich war ich am 19. Januar d. J. nach Vilnius vorgeladen. Allzuoft nach Vilnius zu reisen, habe ich weder den Willen noch die Gesundheit.

Zukünftig empfiehlt sich zweckmäßigerweise eine Erledigung über die Kurie.

2. Oktober 1978                       gez. A. Svarinskas

Gemeindepfarrer von Viduklė

Raseiniai

Die Rayonzeitungen in Jurbarkas und Šakiai berichteten über Pfarrer A. Laz-dauskas, der Familienvater sei, trotzdem als Priester amtiere und die Gläubigen betrüge. Die Rayonzeitung Šviesa (Jurbarkas) schrieb dazu — »gleichzeitig muß man an der Ehrlichkeit der Gemeindepfarrer von Paluobiai und Skirsnemunė zweifeln. Nicht ohne Grund äußern Gläubige in ihrem Brief an die Redaktion Empörung über P. Račiūnas, der sich öfters der Dienste von A. Lazdauskas be­dient.«

Einige Gemeindepfarrer — P. Račiūnas, M. Buožius, V. Požėla — sind auf die­se Vorwürfe in ihren Predigten eingegangen. Pfarrer A. Lazdauskas ist ein katholischer Geistlicher des östlichen Ritus und voll berechtigt, sein Priesteramt auszuüben. Es ist nicht Sache der Atheisten, sich in innere Angelegenheiten der Kirche einzumischen.

Die atheistischen Behörden attackieren Pfarrer A. Lazdauskas und mit ihm an­dere im Untergrund tätige Priester, weil diese ihr Amt ohne Genehmigung der

Staatsmacht ausüben. Die Regierungsstellen möchten verhindern, daß noch mehr Geistliche ohne staatlichen Segen tätig werden.

Ignalina

An L. Breznev, Generalsekretär des ZK der KPdSU, Präsidiumsvorsitzender des Obersten Sowjets der UdSSR

Durchschriften an:

 - Bevollmächtigter des Rates für religiöse Angelegenheiten der UdSSR,

 - Präsidium des Obersten Sowjets der Litauischen SSR,

 - Bevollmächtigter des Rates für religiöse Angelegenheiten der Litauischen SSR,

 - Kurie des Erzbistums Vilnius

 

Erklärung

des Kirchenkomitees Ignalina, Litauische SSR

Im Jahre 1975 unterzeichneten 35 Staaten in Helsinki die Schlußakte der Konfe­renz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Das Schlußdokument wur­de von Ihnen, Herr Generalsekretär, persönlich unterzeichnet, woraus zu schlie­ßen ist, daß die darin zugesagten Rechte und Freiheiten auch den Bürgern der UdSSR garantiert sind. Dort heißt es unter anderem: »Die Teilnehmerstaaten werden die Menschen- und Grundrechte achten, einschließlich Gedankenfrei­heit und Gewissensfreiheit, die Freiheit der Religionen und Weltanschauungen für alle garantieren ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprachen oder des Glaubensbekenntnisses.« Dies bedeutet, daß in dem Dokument eine allgemeine Gedankenfreiheit und Freiheit der Religionen und Weltanschauun­gen proklamiert wird. Auch die Verfassung der UdSSR (Art. 52) und die Ver­fassung der Litauischen Sozialistischen Sowjetrepublik (Art. 50) garantieren den Sowjetbürgern, wenn auch in abgeschwächter Form, die Gewissensfreiheit, das heißt, das Recht, jede Religion oder keine Religion zu bekennen und religiö­se Kulte zu praktizieren.

Wir, die Gläubigen von Ignalina, können unser Recht auf Praktizierung religiö­ser Kulte nicht voll wahrnehmen, denn wir verfügen nicht über entsprechende Räumlichkeiten. Unsere jetzige Kirche ist ein einfaches,im Zusammenbruch be­findliches Haus, das nicht in der Lage ist, alle Gläubigen aufzunehmen. Gegen­wärtig (Stand vom Januar 1978) zählt Ignalina 4800 Einwohner, in der Mehr­heit handelt es sich um gläubige Menschen. Ignalina ist republikunmittelbare Stadt und wird an Sonntagen von zahlreichen Einwohnern der Umgebung aus verschiedenen Anlässen aufgesucht, deren Mehrzahl bei dieser Gelegenheit be­müht ist, auch ihren religiösen Pflichten, z. B. Teilnahme an der hl. Messe, nachzukommen. Außer diesen Gläubigen besuchen uns auch zahlreiche Touri­sten, besonders aus Leningrad und Moskau . . . Unsere sogenannte »Kirche« ist aber keineswegs in der Lage, allen Platz zu bieten, und die Menschen müssen selbst bei Kälte und Regen draußen auf der Straße stehen.

Das noch im Bau befindliche Gotteshaus der Kirchengemeinde Ignalina wurde in den Nachkriegsjahren von den Ortsbehörden enteignet und in ein Kulturhaus umgewandelt. Um unsere Kirche wiederzubekommen, haben wir vielfach an die verschiedensten Instanzen geschrieben. Einige der Empfänger seien hier er­wähnt:

1. Schreiben vom 14. März 1971 an den Vorsitzenden des Ministerrates der Li­tauischen SSR — unterschrieben von 1026 Personen.

2. Eingabe des Kirchenkomitees vom 7. April 1971 an dieselbe Adresse.

3. Am 13. April 1971 wurde unser Gemeindepfarrer I. Jakutis von dem Be­vollmächtigten des Rates für religiöse Angelegenheiten, Rugienis, vorgela­den.

4. Am 24. Mai 1974 schreibt das Kirchenkomitee an den Bevollmächtigten des Rates für religiöse Angelegenheiten der Litauischen SSR.

5. Am 14. Juni 1974 eine Eingabe beim Vorsitzenden des Rayon-Exekutiv­komitees von Ignalina.

6. Im Verlauf des Jahres 1974 wenden sich das Kirchenkomitee, Delegationen der Gläubigen und Einzelpersonen mehrmals persönlich an das Rayon-Exe­kutivkomitee von Ignalina.

7. Am 9. September 1975 begibt sich, aus Anlaß des Bauabschlusses des neuen Kulturhauses Ignalina, eine Delegation des Kirchenkomitees zum Bevoll­mächtigten des Rates für religiöse Angelegenheiten, der die Delegation erst gar nicht empfängt.

8. Am 10. September 1975 wandten wir uns an Sie, Herr Generalsekretär.

9. Am 13. September 1975 begab sich das Kirchenkomitee erneut zum Bevoll­mächtigten des Rates für religiöse Angelegenheiten der Litauischen SSR.

10. Am 19. Januar 1976 geht eine Eingabe an den Vorsitzenden des Rayon-Exe­kutivkomitees.

11. Am 4. Februar 1976 schrieben wir an den Ministerrat der Litauischen SSR.

12. Am 19. Februar 1976 erfolgt eine weitere Eingabe an Sie, Herr General­sekretär.

13. Am 24. April 1976 folgt ein weiteres Schreiben an den Bevollmächtigten des Rates für religiöse Angelegenheiten der Litauischen SSR.

14. Im Jahre 1977 erfolgt die mündliche Genehmigung des Bevollmächtigten des Rates für religiöse Angelegenheiten, K. Tumėnas, zur Rekonstruktion bzw. Erweiterung des jetzigen Kirchenraumes. Auf unseren Wunsch reiste unser Gemeindepfarrer, I. Jakutis, mehrfach nach Vilnius, schließlich spra-

Chol wir selbst — Mitglieder des Kirchenkomitees — wiederholt beim Be­vollmächtigten des Rates für religiöse Angelegenheiten vor, die Zusage wird jedoch nicht eingehalten.

Merkwürdigerweise erhalten wir von keiner Instanz, auch von Ihnen, Herr Ge­neralsekretär, keinerlei sachbezogene Antwort, abgesehen von gelegentlichen Mitteilungen, unsere Eingaben seien an untergeordnete Instanzen weitergeleitet. Wozu eigentlich dies Weitersenden an untergeordnete Instanzen, denen ja Durchschriften längst zugesandt worden waren? Ist dies etwas anderes, als Su­chen nach Ausflüchten, in der Absicht, sich mit unserer Angelegenheit nicht be­fassen zu müssen und konkrete Antworten zu meiden?

Die Bürger von Ignalina freuen sich heute über das neue Kulturhaus, aber noch nicht über ihren Kirchbau. Doch hoffen wir, daß Sie unserer Bitte diesmal statt­geben und uns unsere Kirche zurückgeben werden.

Unterschrieben von 19 Mitgliedern des Kirchenkornitees Ignalina, am 10. Okto­ber 1978

 

Antwort erbeten unter: M. Juodagalvis, Ignalina, Laives 8, Litauischen SSR.

Šiauliai

Nah dem Osterfest 1978 wandten sich einige Gläubige der Stadt Šiauliai an ihren Gemeindepfarrer Mažonavičius um festzustellen, warum der Geistliche den Kindern das Ministrieren während der hl. Messe verbietet, warum keine Glocken geläutet werden, warum er Kindern das Abzeichen der »Freunde der Eucharistie« abnimmt und warum er jugendlichen Ministranten die Teilnahme am Kreuzweg untersagt. (Vor dem Abendgottesdienst pflegen die Schüler die Kreuzwegstationen der Kirche St. Peter und Paul abzugehen.) Gemeindepfarrer Mažonavičius erklärte, er habe genug Ministranten, und die Kirche sei schließlich kein Kinderheim der Redaktion. Glockengeläut gebe es an Festtagen, erklärte der Gemeindepfarrer (zweimal im Jahr — die Redaktion). Abzeichen der Eucharistiefreunde habe er niemand abgenommen, nur das Tra­gen untersagt. Der Geistliche bestätigte ferner, Ministranten die Teilnahme an Kreuzwegbegehungen verboten zu haben.

Am 18. Mai 1978 rüstete sich der Kirchenvorstand (des Vorjahres) zur Konzelc-bration der hl. Messe in der Kirche St. Peter und Paul, wobei ihr Mitkursant Pfarrer J. Kauneckas predigen sollte. Um sich bei der Obrigkeit beliebt zu ma­chen, ließ Gemeindepfarrer Mažonavičius eine Predigt des Pfarrers J. Kau­neckas nicht zu. Daraufhin lud die Plarrgemeinde den Pfarrer von Ceikiniai, K. Garuckas, ein, die Predigt zu halten. Im letzten Moment und angesichts der ver­sammelten Gemeinde hinderte der Gemeindepfarrer seinen Amtsbruder K. Ga­ruckas daran zu predigen und begründete sein Verhalten mit dem Argument, die zivile Obrigkeit könne deswegen ungehalten sein usw. Wie bedauerlich, daß der Gemeindepfarrer so ängstlich ist. »Chronik der Litauischen Katholischen Kirche« schlägt Pfarrer Mažonavičius vor, die Taktik zu ändern oder aber sein Amt einem mutigeren Geistlichen zu überlassen.

Klaipėda

Am 10. Dezember 1977 wandten sich die Gläubigen von Klaipėda an das Amt des Bevollmächtigten des Rates für religiöse Angelegenheiten in Vilnius mit der Bitte, wenigstens die Reparatur und Erweiterung des jetzigen Kirchenraumes zu gestatten. In der Eingabe heißt es unter anderem: »Der jetzige Kirchenraum ist viel zu klein. An jedem Sonntag müssen Kirchgänger in Kälte und Regen drau­ßenstehen, der Fußboden ist aus Zement, es gibt keinen Raum zur Unterbrin­gung kirchlicher Geräte.

Die Zustände in Klaipėda sind tatsächlich besorgniserregend, und Menschen werden während des Gottesdienstes ohnmächtig. Die Gläubigen verlangen, daß der Administrator des Bistums Telšiai und der Gemeindepfarrer von Klaipėda sich energischer um die Angelegenheiten der Kirche kümmern. Bei voller Billi­gung der Anliegen der Gläubigen meint die Chronik der Litauischen Katholi­schen Kirche jedoch, die Katholiken selbst sollten sich bei den zuständigen Stel­len intensiver für Besserung der Zustände einsetzen.

Telšiai

Am 14. Juli 1978 wurden der Gemeindepfarrer der Kathedrale, J. Pačinskas, und Vikar J. Kauneckas vom Exekutivkomitee des Rayons Telsiai vorgeladen. Ihr Gesprächspartner war der Vorsitzende des Exekutivkomitees, Rasimavičius, in Gegenwart des Leiters der Kulturabteilung, Savickas. Der Vorsitzende Rasi­mavičius erkundigte sich, welche Prätensionen an die Adresse des Exekutivko­mitees der Vikar, Pfarrer J. Kauneckas, vorzubringen habe. Dieser erklärte, im Zusammenhang mit der Entfernung eines Kapellenpfostens habe man ihm wi­derrechtlich das Telefon gesperrt, was er schriftlich dem Vorsitzenden mitgeteilt habe. Der Vorsitzende Rasimavičius antwortete daraufhin in vorwurfsvollem Ton: »Es ist bekannt, daß Pfarrer Kauneckas zusammen mit den Gläubigen we­gen der Entfernung des Kapellenpfostens und anderer Dinge ein Protestschrei­ben an Breznev unterzeichnet hat.« Dazu erklärte der Pfarrvikar: »Die im Pro­testschreiben geübte Kritik und die vorgebrachten Forderungen sind berechtigt, daher auch meine Unterschrift.« Rasimavičius lenkte ein: »Wir betrachten dies auch nicht als Verleumdung. Der Protest ist zur Kenntnis genommen und ent­sprechende Maßnahmen eingeleitet worden.«

Der Vorsitzende äußerte sodann seinen Unwillen darüber, daß während des Gottesdienstes in der Kathedrale Glaubenswahrheiten erklärt würden. Damit handle es sich, wie er meinte, um Versammlungen, die nichts mit der Ausübung religiöser Kulthandlungen zu tun hätten. Falls Pfarrer J. Kauneckas nicht damit aufhöre, sie zu organisieren, werde das Exekutivkomitee das Kirchenkomitee absetzen, und falls auch dies nichts fruchte, werde man die religiöse Gemein­schaft Telšiai überhaupt schließen. Außerdem könnte auch der Pfarrer selbst aus Telsiai verschwinden und sich in Upyna wiederfinden (kleinste Gemeinde des Rayons Telšiai, die keinen Pfarrer hat).

Am 17. Juli erfolgte eine zweite Vorladung durch das Rayon-Exekutivkomitee Telšiai — diesmal an die Adresse des Kirchenkomitees der Kathedrale und Ge­meindepfarrer J. Pačinskas. Auf Grund der Verordnung des Obersten Sowjets der Litauischen SSR vom 28. Juli 1976 wurde ihnen vorgeworfen, in der Kathe­drale fänden Versammlungen statt, die nichts mit religiösen Kulthandlungen zu tun hätten. Das Mitglied des Kirchenkomitees, Jalinskas, ersuchte um Einsicht­nahme des Textes der erwähnten Verordnung. Er wurde grob zurechtgewiesen und keinerlei Dokument vorgewiesen.

Das Rayon-Exekutivkomitee ließ auch die Kirche zur Himmelfahrt der hl. Jungfrau Maria nicht unbehelligt. Hier wurden Chorproben verboten, weil Kin­der im Chor mitwirken, obwohl nach der Verordnung vom 28. Juli 1976 Chöre nicht verboten sind. Sollte der Vorsitzende des Exekutivkomitees die eigenen Gesetze nicht kennen? An wen sollen sich die Einwohner eines Rayons eigent­lich wenden, wenn selbst der ranghöchste Regierungsbeamte des Rayons ihre Rechte mit Füßen tritt? Wenden sich Gläubige an höchste Regierungsinstanzen der UdSSR, so werden die Beschwerden den Rayonverwaltungen zur Entschei­dung übersandt. Auf diese Art und Weise werden in der Sowjetunion Beschwer­den gegen Mißachtung der Gesetze von den Gesetzesbrechern selbst überprüft. Doch noch schlimmer ist es, wenn sich Geistliche ungerechten Forderungen der Beamten beugen und von sich aus das religiöse Leben der Gläubigen behindern. So hat der Gemeindepfarrer Bagdonas der erwähnten Kirche zur Himmelfahrt Mariens, angesichts der Drohungen des Exekutivkomitees, dem Organisten von sich aus verboten, Chorproben anzusetzen.

Aus Anlaß der Ablaßfeiern von Parcinkuli erschien in der Kathedrale am 6. Au­gust 1978 während des Gottesdienstes der Inspektor der Finanzabteilung des Exekutivkomitees, Vendzinskis, und verlangte, die Pfarrer sollten den Verkauf von Devotionalien verbieten. Als die Geistlichen dem entgegenhielten, es gebe kein gesetzliches Verbot des Devotionalienhandels, mobilisierte der Beamte von sich aus einen Haufen stadtbekannter Rowdies, überfiel die Devotionalienhänd­ler auf dem Kirchengelände und nahm ihnen ihre Ware ab. Wie demokratisch ist doch die Sowjetmacht, daß ihre Beamten selbst mit Rowdies zusammen­arbeiten! . . .

Pandėlys

Am 30. Juli erwarteten die Gläubigen von Pandėlys und Umgebung die Visite ihres Oberhirten, des Bischofs von Panevėžys. Doch auch die örtlichen Sowjet­aktivisten ruhten und rasteten nicht. In der Nacht vom 28. zum 29. Juli hängten sie die eisernen Tore zum Kirchengelände aus und setzten der Christusstatue ei­ne billige Weinflasche aufs Haupt. Vermutlich handelt es sich um einen Nach­weis über das Honorar der höheren Stellen für die Ausführenden dieses plan­mäßigen Unternehmens.

Kybartai

An P. Griškevičius, Sekretär der KP der Litauischen SSR Eingabe

der Gläubigen von Kybartai

Am 1. November dieses Jahres begaben wir uns, Gläubige von Kybartai, gegen 18 Uhr in einer Prozession zum Friedhof, um dort für die Verstorbenen zu be­ten. Noch vor Betreten des Friedhofgeländes, auf dem unsere Väter, Brüder und Schwestern begraben sind, wurden wir von Lautsprechergedröhn und der Übertragung von Gedichten und Ansprachen empfangen. In der Rayonzeitung und den Anschlägen der Stadtverwaltung war zwar bekanntgegeben worden, eine zivile Totenehrung werde erst um 19 Uhr beginnen. Die hiesigen Gottlosen sorgten jedoch für eine Vorverlegung des Termins, um uns bei unserem Gebet zu stören. Nachdem wir den Friedhof betreten hatten, wurden während der gan­zen liturgischen Handlung unentwegt Gedichte deklamiert. Wir sind höchst empört über dieses Benehmen der Gottlosen von Kybartai und ersuchen, darauf zu reagieren und dafür zu sorgen, daß unser religiöses Gefühl nicht verhöhnt wird.

Dessen nicht genug, zwei Tage später belegte die Administrative Kommission des Rayons Vilkaviškis unseren Gemeindepfarrcr mit 50 Rubel Geldstrafe, da er zusammen mit uns in einer Prozession zum Friedhof gegangen war. Unser Glaube verlangt von uns, zu Allerseelen auf dem Friedhof für unsere Toten zu beten. Was ist das für eine »Glaubensfreiheit«, wenn Gottlosen gestattet wird, auf dem Friedhof an den Gräbern unserer gläubigen Verstorbenen nach eige­nem Gutdünken gottlose Gedichte zu rezitieren — während wir, die Gläubigen, um uns zum Gebet zu versammeln, erst umständliche Genehmigungen einholen müssen, die man ohnehin niemand erteilt.

Wir ersuchen darum, die Gläubige diskriminierenden Instruktionen umgehend zu revidieren und schnellstens aufzuheben.

Unterschrieben von 740 Gläubigen aus Kybartai Kybartai, 5. November 1978

Slabadai, Rayon Vilkaviškis

Erneut haben die Gläubigen der Gemeinde Slabadai dem Bevollmächtigten des Rates für religiöse Angelegenheiten, K. Tumėnas, und dem stellvertretenden Vorsitzenden des Rayon-Exekutivkomitees Vilkaviškis, J. Urbonas, eine Einga­be übersandt (16. Juli 1978). Darin wird die Registrierung der religiösen Ge­meinschaft Slabadai und Bestätigung des gewählten Kirchenkomitees verlangt. In den Eingaben wurde an die Zusage der staatlichen Organe erinnert, das Kir­chenkomitee nach einem Jahr anzuerkennen. Die Zusage erfolgte am 30. Juni

1977anläßlich der Besichtigung der reparierten Kapelle in Slabadai. Der Vorsit­zende des Komitees der Gemeinschaft, Jonas Busauskas, wurde am 7. August

1978vom stellvertretenden Vorsitzenden des Exekutivkomitees, J. Urbonas, nach Vilkaviškis vorgeladen. Erschienen waren außerdem noch andere Mitglie­der des Komitees. Die Anwesenden ersuchten um Bestätigung des Komitees und Registrierung ihrer Kirche. J. Urbonas erwiderte, das Komitee werde nicht aner­kannt, und er werde die Kirche nicht registrieren. Die Leute von Slabadai könn­ten drei Vertreter ins Komitee nach Didvyžiai wählen, und alles wäre in Ord­nung. Die Pfarrgemeinden würden ohnehin vergrößert. Frau Ona Bušauskienė, Mitglied des Komitees, erklärte, daß sich in Slabadai viele Gläubige versammel­ten und eine Registrierung der Kirche notwendig sei. Außerdem ersuchten die Erschienenen um Zuweisung eines kleinen Zimmers, damit sich der Slabadai be­suchende Geistliche umkleiden und die Hände waschen könne. J. Urbonas wei­gerte sich, diese Bitte zu erfüllen, obwohl dies durchaus möglich war — denn der »Feldscher-Punkt« (für med. Betreuung) war soeben geräumt worden. Ur­bonas meinte, Pfarrer A. Lukošaitis sei energisch genug und bedürfe solcher Bequemlichkeiten nicht. Die Erschienenen gaben nicht nach und erklärten, sie würden sich zwecks Erfüllung ihrer Bitte an den Bevollmächtigten des Rates für religiöse Angelegenheiten in Vilnius wenden.

Žalioji, Rayon Vilkaviškis

An das ZK der KP der Litauischen Sozialistischen Sowjetrepublik (LSSR)

Erklärung

der religiösen Gemeinschaft katholischer Gläubiger des Kirchspiels Žalioji

Wir möchten erneut daran erinnern, daß die katholischen Gläubigen des Kirch­spiels Žalioji schon seit langem bei verschiedenen sowjetischen Behörden vor­stellig geworden sind. Wiederholt haben wir an das Rayon-Exekutivkomitee Vilkaviškis geschrieben, auch persönlich vorgesprochen und um die Rückgabe unserer Kirche gebeten. Mehrmals wurden Eingaben an den Bevollmächtigten des Rates für religiöse Angelegenheiten versandt, und wir haben ihn in Vilnius persönlich aufgesucht, um zu erreichen, daß man die uns gehörende Kirche zu­rückgebe. Wir erhielten die mündliche Auskunft, es sei einfacher in Vilnius eine Kirche zu eröffnen als in unserem Rayon. Somit war alles vergeblich. Wir haben eine kollektive Eingabe beim Vorsitzenden des Ministerrats, J. Maniušis, und beim Generalsekretär des ZK der KP der Litauischen SSR, P. Griškevičius, ge­macht. Schließlich wandten wir uns nach Moskau an den Rat für religiöse An­gelegenheiten und den Generalsekretär der KPdSU, L. Brežnev. Jedoch alle un­sere Schriften landeten im Papierkorb des Rayon-Exekutivkomitees, und von dessen stellvertretendem Vorsitzenden hörten wir, daß unsere Kirche nicht wie­dereröffnet werde.

Mit diesem Schreiben wenden wir uns nochmals an das ZK der KPdSU und bit­ten um Wiedergutmachung des uns zugefügten Unrechts — Rückgabe der Kir­che von Žalioji. Wir stützen uns dabei auf Artikel 58 der neuen Sowjetverfas­sung, die uns zu dieser Forderung berechtigt. Sollen wir Gläubige weiter nur rechtlose Bürger bleiben, während die Atheisten weiter unbeschränkte Möglich­keiten haben uns zu verhöhnen? Sollte auch diese unsere Bitte unerfüllt bleiben, behalten wir uns das Recht vor, die Menschenrechtskommission der UNO ein­zuschalten.

Mitglieder der religiösen Gemeinschaft katholischer Gläubiger in Žalioji — 51 Unterschriften