Biržai

Kanonikus Adolfas Sabaliauskas war, unter dem Künstlernamen Žalia Rūta (Rautengrün), ein bekannter Schriftsteller und hochverdienter Sammler von Folklore, Exponaten bäuerlicher Volkskunst und Volksmusikinstrumenten. Er ließ auf dem kleinen Friedhof seiner Heimatgemeinde Mielaišiai, im Rayon Bir­žai, eine kleine Kapelle im litauischen Volksstil errichten und hinterließ seinen Anverwandten den Wunsch, daß man ihn selbst hier einmal beerdigen möge. Die Einwohner dieser Gegend nutzten die Friedhofskapelle: Hier bahrten sie ihre Toten auf, und sie hielten die nächtliche Totenwache, um sie am nächsten Morgen, nach Ankunft des Pfarrers und dem Totenamt, zur letzten Ruhe zu betten. Später, zur Sowjetzeit, ließ der Kreisvorsteher von Geidžiūnai die Kapel­le verschließen, nahm den Schlüssel an sich, und verbot den Menschen, in der Kapelle zu beten. Angeblich wollte er aus der Kapelle einen Getreidespeicher machen.

Als Kanonikus A. Sabaliauskas 1950 starb, brachten seine Freunde, dem Wunsch des Verstorbenen eingedenk, seinen Leichnam zur Bestattung zur Friedhofskapelle. Da sie das Gebäude verschlossen fanden, schlugen sie eine Bresche in die Mauer in Höhe des Altars, deponierten dort den Sarg mit den sterblichen Überresten des Stifters und mauerten die Öffnung zu. Im Jahre 1966 plante die Leiterin des ethnographischen Heimatmuseums Biržai, an der Kapelle eine Gedenktafel für den Dichter anzubringen und eine Hinweis­tafel am Wege aufzustellen. Doch sieben Jahre vergingen, ohne daß sich etwas tat.

Auf Initiative der Freunde des Toten wurde schließlich eine marmorne Gedenk­tafel hergestellt und am 19. August 1973 an der Mauer angebracht, hinter der die Gebeine des Dichters ruhen. Doch nach knapp einem Jahr wurde die Tafel von unbekannten Barbaren zerschlagen und so zerstückelt, daß von ihr nichts mehr übrigblieb. So »ehrt« man in Biržai das Andenken an einen hochverdien­ten Kulturpfleger des Landes, zu dessen hundertstem Geburtstag . . .