Anfang 1979 hat der Administrator des Erzbistums Vilnius, Monsignore Česlo­vas Krivaitis, schriftlich seinem Amte »entsagt«. Die Berater des Erzbistums Vilnius, die Priester Algis Gutauskas, K. Gajauskas und J. Morkūnas, haben daraufhin Pfarrer Algis Gutauskas, Gemeindepriester der Pfarrei der St. There­se in Vilnius, zum neuen Administrator »gewählt«.

Oberflächlich gesehen scheint alles normal: Der eine wollte seelsorgerisch in ei­ner Gemeinde tätig werden — und trat von seinem Amt zurück, während der andere für die vakante Stelle gewählt wurde.

In Wirklichkeit jedoch vollzogen sich »Rücktritt« wie »Neuwahl« unter der Re­gie eines geheimnisvollen Zauberstabes des KGB. Fast von selber stellt sich die Frage, warum das KGB eigentlich an einem neuen Administrator des Erzbis­tums Vilnius so sehr interessiert ist. Die Antwort lautet — weil der bisherige Verwalter jegliche Autorität eingebüßt hatte und keine Aussicht mehr bestand, daß ihn der Heilige Stuhl jemals zum Bischof machen würde. Doch ist die Sowjetmacht sehr daran interessiert, auf dem Stuhl des Oberhirten des Erzbis­tums Vilnius einen residierenden Bischof zu haben — jeden — außer dem exi­lierten rechtmäßigen Oberhirten Julijonas Steponavičius. Nach der Wahl Jo­hannes Pauls II. war dem KGB sofort klar, daß das Erzbistum einen neuen Ad­ministrator braucht, der Aussicht hat, Bischof,evtl. sogar Kardinal zu werden. Als geeigneter Kandidat galt hier Pfarrer Algis Gutauskas, der unter den Geistli­chen Polens viele Bekanntschaften hat, die ihn als geeigneten Kandidaten für ein Bischofsamt empfehlen könnten. Ferner hat sich Pfarrer A. Gutauskas mo­ralisch nicht kompromittiert und ist ängstlich genug, um der Sowjetmacht wi­derspruchslos Gehorsam zu leisten. In Vilnius konnte man sich nicht genug dar­über wundern, wie eifrig er Kinder aus Prozessionen entfernte, weil sowjetische Anordnungen eine Teilnahme an Prozessionen verbieten. Ebenso eifrig setzte er sich für den Kleriker R. Jakutis ein, über dessen Zusammenarbeit mit dem KGB diese »Chronik« ausgiebig berichtet hat.

Die Geistlichen des Erzbistums Vilnius zweifeln nicht daran, daß der neue Ad­ministrator, Pfarrer A. Gutauskas, dem KGB längst in die Falle gegangen ist. Sie vertrauen daher fest darauf, daß Papst Johannes Paul II. ihn niemals in die hierarchische Rangordnung der katholischen Kirche aufnehmen wird.